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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.07.2003
Aktenzeichen: 5 St RR 174/03
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 49 Abs. 1
Es liegt ein sachlich-rechtlicher Fehler vor, wenn das Berufungsgericht ohne nähere Begründung eine gleich hohe Strafe wie der Erstrichter verhängt, obwohl es von einem wesentlich geringeren Strafrahmen ausgeht.
Tatbestand:

In der Nacht vom 11. auf den 12.10.2001 besuchte der Angeklagte mit Freunden verschiedene Lokale in der N'er Innenstadt und nahm dabei alkoholische Getränke im größeren Umfang zu sich. Gegen 4.45 Uhr wollte der Angeklagte die Gaststätte "W." aufsuchen, die die ganze Nacht über geöffnet hat. Da die Gaststätte zu diesem Zeitpunkt aber überfüllt war, wurde er vom Türsteher nicht eingelassen. Er stand zusammen mit anderen Personen, u.a. auch den später Geschädigten i. vor der Gaststätte. Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite hielt der Zeuge POM M. mit seinem Streifenwagen. Der Angeklagte ging hinüber zu dem Streifenwagen und redeten den Zeugen POM an. Anschließend ging er über die Straße zu der vor der "W." wartenden Gruppe zurück und schlug plötzlich ohne ersichtlichen Grund dem Zeugen J. mit der Faust ins Gesicht, sodass dessen Oberlippe aufplatzte und blutete. Außerdem schwoll die Oberlippe leicht an. Die Schwellung war jedoch am nächsten Tag wieder weg. Der Geschädigte suchte keinen Arzt auf. Der Angeklagte wurde anschließend vom Zeugen POM M. zur Dienststelle der PI N. verbracht. Dort wurde um 4.55 Uhr eine Atemalkoholmessung vorgenommen, die eine Atemalkoholkonzentration von 2,30 Promille ergab.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 2.10.2002 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zur Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährungsaussetzung. Mit Urteil vom 16.1.2003 verwarf das Landgericht die Berufung des Angeklagten.

Die Strafkammer ging abweichend vom Amtsgericht davon aus, dass beim Angeklagten zur Tatzeit aufgrund der erheblichen Alkoholisierung die Hemmungsfähigkeit vermindert war im Sinne des § 21 StGB.

Die Revision des Angeklagten hatte nur zum Teil Erfolg.

Gründe:

1. Soweit sich das Rechtsmittel gegen den Schuldspruch richtet, ist es offensichtlich unbegründet und muss nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen werden.

2. Dagegen hält der Rechtsfolgenausspruch einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Es liegt ein sachlich-rechtlicher Fehler vor, wenn das neuentscheidende Tatgericht ohne nähere Begründung eine gleich hohe Strafe wie im früheren Urteil verhängt hat, obwohl es von einem wesentlich geringeren Strafrahmen ausgegangen ist.

a) Das Amtsgericht hat von der Anwendung der Vorschriften des § 21 StGB keinen Gebrauch gemacht und ist in der Strafzumessung insoweit nicht von einer Strafmilderung ausgegangen.

b) Im Gegensatz dazu erachtete das Landgericht die Voraussetzungen der verminderten Schuldfähigkeit für gegeben und gelangte dem gemäß zu einer Verschiebung des Strafrahmens des § 223 Abs. 1 StGB von ursprünglich fünf Jahren Freiheitsstrafe als Höchststrafe zu einer solchen von drei Jahren neun Monaten Freiheitsstrafe (§§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Trotzdem verhängte es dieselbe Freiheitsstrafe wie das Amtsgericht, ohne dies jedoch zu begründen.

c) Zwar verstößt das Landgericht als Berufungsgericht nicht gegen das Verschlechterungsverbot (§ 331 StPO), wenn es trotz rechtlich milderer Beurteilung der Tat auf die selbe Strafe erkannte wie das Amtsgericht (Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 331 Rn. 11). Jedoch ist es in einem solchen Fall gehalten, seine Rechtsfolgenentscheidung eingehend zu begründen, zumal der Angeklagte im Gegensatz zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht in der Berufungshauptverhandlung nunmehr einräumte, "jemanden einen Faustschlag verpasst" zu haben.

Der Angeklagte hat einen Anspruch darauf zu erfahren, warum er, obwohl ein wesentlich geminderter Strafrahmen Anwendung gefunden und er zumindest ein Teilgeständnis abgelegt hat, die gleiche Strafe auferlegt erhält (OLG Stuttgart NStZ-RR 2001, 16; OLG Zweibrücken StV 1992, 469/470; vgl. auch BGH Stv 1991, 19).

Darüber hinaus wird nur durch eine eingehende Begründung des für den Angeklagten nicht ohne weiteres begreifbaren Ergebnisses die Funktion der Strafe als Mittel zur Einwirkung auf den Angeklagten erfüllt (BGH StV 1983, 14/15).

Die Ausführungen des Landgerichts, "Trotz der gegenüber dem Erstgericht vorgenommenen Reduzierung des Strafrahmens hält die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten für schuld- und tatangemessen", genügt in keiner Weise dem besonderen Begründungsgebot in diesem Falle.



Ende der Entscheidung

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