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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 5 St RR 209/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 127 Abs. 1 Satz 1
Eine Privatperson kann § 127 Abs. 1 Satz 1 StPO einen auf frischer Tat Betroffenen nicht nur zur Feststellung der Identität sondern auch zur vorläufigen Anwesenheitssicherung festnehmen, sofern Anlaß zu der Annahme besteht, daß der Täter flüchten will.
Tatbestand:

Am 02.02.2001 gegen 1.00 Uhr steckte der Angeklagte in der Aldi-Filiale im Gewerbegebiet 18 in Bad Endorf eine Flasche Brandy im Wert von 12,98 DM in seine Jackeninnentasche, um sie ohne Bezahlung für sich zu behalten.

Nachdem der Angeklagte weitere Waren an der Kasse bezahlt hatte, begab er sich zu seinem Pkw, der vor dem Geschäft geparkt war.

Der im Laden als Detektiv beschäftigte Zeuge K. hatte das Einstecken der Flasche beobachtet und er folgte dem Angeklagten zu seinem Pkw. Während der Angeklagte die erworbenen Waren auf der Rückbank seines Pkws verstaute, sprach ihn der Zeuge K. auf den Diebstahl der Flasche Brandy an, worauf der Angeklagte die Tat leugnete. Unter Vorbehalt seines Detektivausweises forderte der Zeuge K. den Angeklagten auf, ihm die Flasche Brandy zu übergeben und ihm seine Personalien zu nennen. Der Angeklagte leugnete weiter die Tat, übergab dem Zeugen K. aber seinen Führerschein. Der Zeuge K. wollte "die Sache zu Ende bringen" und den Angeklagten der Polizei übergeben. Da der Angeklagte Anstalten machte, dem Zeugen K. nicht zu folgen und mit seinem Pkw wegzufahren, beugte sich der Zeuge K. auf der Fahrerseite in das Wageninnere, um den Fahrzeugschlüssel abzuziehen und eine Wegfahrt des Angeklagten zu verhindern. Dieser konnte den Zeugen K. vom Fahrzeug zurückziehen und während der Angeklagte einstieg, stieß er bewusst mit einem Ellenbogen nach hinten und traf dabei den Zeugen K. in der Magengegend. Dieser erlitt hierdurch Schmerzen. Der Angeklagte verriegelte sofort seinen Pkw und flüchtete nach Hause.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen Diebstahls und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 25 DM.

Die Revision des Angeklagten war unbegründet.

Gründe:

Die vom Angeklagten verübte Körperverletzung war rechtswidrig, weil der Ladendetektiv und Zeuge K. bei seinem Versuch, die Fahrzeugschlüssel abzuziehen, um den Angeklagten am Wegfahren zu hindern, rechtmäßig handelte. Der Zeuge K. war auch nach Aushändigung des Führerscheins durch den Angeklagten noch zur vorläufigen Festnahme des Angeklagten berechtigt. § 127 Abs. 1 Satz 1 StPO lässt die vorläufige Festnahme des auf frischer Tat betroffenen bzw. verfolgten Täters durch eine Privatperson nicht nur zur Feststellung der Identität, sondern, als weiteren Festnahmegrund, auch zur Anwesenheitssicherung bei Fluchtverdacht zu, wenn die Gefahr besteht, der Täter werde sich der Strafverfolgung entziehen (Kleinknecht/ Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. 127 Rn. 10).

Dies war beim Angeklagten zu befürchten. Nach den Urteilsfeststellungen machte der Angeklagte Anstalten, mit seinem Pkw wegzufahren, er leugnete gegenüber dem Zeugen die Tat und hatte diesem nur seinen Führerschein übergeben, aus dem der gegenwärtige Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Angeklagten nicht zu entnehmen war. Im Zeitpunkt der Augenblicksentscheidung war für den Zeugen daher die Annahme gerechtfertigt, der Angeklagte werde sich der Verantwortung entziehen, wenn er nicht bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten werde.

Ende der Entscheidung

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