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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 07.11.2001
Aktenzeichen: 5 St RR 285/01
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 234
StPO § 329 Abs. 1 Satz 1
StPO § 411 Abs. 2 Satz 1
Der Verteidiger kann eine schriftliche Vollmacht im Einvernehmen mit dem Angeklagten auch mit seinem Namen unterzeichnen.
Tatbestand:

Das Landgericht verwarf am 6.7.2001 die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 18.5.2000 gemäß § 329 Abs. 1 StPO, weil zu der Hauptverhandlung vom 6.7.2001 nur der Verteidiger, nicht aber die Angeklagte erschienen war. Nach Auffassung des Berufungsgerichts lagen die Voraussetzungen, unter denen sich die Angeklagte durch einen Vertreter vertreten lassen konnte, nicht vor, weil der Verteidiger nur eine unterzeichnete Vollmachtsurkunde vorlegte, die er aufgrund mündlich erteilter Vollmacht der Angeklagten für diese mit seinem Namen unterzeichnet hatte.

Die auf die Anklage der Verletzung des formellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hatte Erfolg.

Gründe:

Die Voraussetzungen für eine Verwerfung der Berufung wegen unentschuldigten Ausbleibens der Angeklagten (§ 329 Abs. 1 StPO) liegen nicht vor, weil die Angeklagte in zulässiger Weise durch einen in der Hauptverhandlung erschienenen Verteidiger vertreten wurde.

Ist das Verfahren, wie hier, durch einen Strafbefehl eingeleitet worden, so kann sich der Angeklagte nach § 411 Abs. 2 Satz 1, § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO auch in der Berufungsverhandlung durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen. Ein solcher Vertretungsfall lag hier vor.

Dass die dem Gericht vorgelegte Vollmacht aufgrund mündlich erteilten Auftrags der Vollmachtgeberin vom Bevollmächtigten für die Angeklagte mit seinem Namen unterzeichnet worden war, ist unschädlich. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Vollmachtsurkunde nach mündlicher Ermächtigung durch den Angeklagten auch von einem Dritten unterzeichnet werden kann (Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 234 Rn. 5). Dabei macht es keinen rechtlich bedeutsamen Unterschied zur vorliegenden Fallgestaltung, dass bei der in den Urteilsgründen zitierten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 20.11.1962 (BayObLGSt 1962, 282) eine Büroangestellte, mithin eine Dritte, vorliegend aber der zur Vertretung Bevollmächtigte selbst die schriftliche Vollmacht unterzeichnet hat. Maßgeblicher Gesichtspunkt ist, dass der Vollmachtgeber einen anderen ermächtigen kann, für ihn, den Vollmachtgeber, die Vollmachtsurkunde zu unterzeichnen, und dass eine derartige Ermächtigung, die grundsätzlich keiner besonderen Form bedarf (§ 167 BGB), auch mündlich erteilt werden kann.

Es schadet auch nicht, dass Assessor Jürgen Z. die Vollmachtsurkunde nicht mit dem Namen der Angeklagten, sondern mit seinem Namen für die Angeklagte unterzeichnet hat; denn die von ihm gewählte Unterzeichnung "Für Tania Z.: Jürgen Z." lässt zweifelsfrei erkennen, dass der Unterzeichner aufgrund der ihm erteilten Ermächtigung der Angeklagten für diese nicht als bloßes Werkzeug, sondern als Vertreter im Willen handelte.

Bedenken dahingehend, dass bei einer Unterzeichnung der Vollmachtsurkunde durch die mit der Verteidigung zu beauftragende Person diese sich im Wege eines Insichgeschäfts die Verteidigervollmacht selbst erteilt, greifen nicht durch. Zutreffend weist die Revision insoweit darauf hin, dass zwischen der Erteilung der Vollmacht und der hierüber zu erstellenden Vollmachtsurkunde zu unterscheiden ist. Der Vorlage einer schriftlichen Vollmacht, die das Gesetz in den §§ 234, 411 Abs. 2 Satz 1 StPO verlangt, kommt nur eine Nachweisfunktion gegenüber dem Dritten, demgegenüber die Vertretung stattfinden soll, zu. Dieser Nachweis ist im Fall des § 411 Abs. 2 Satz 1, § 329 Abs. 1 StPO gegenüber dem für die Entscheidung zuständigen Berufungsgericht zu erbringen. Dagegen ist die Erteilung der Vollmacht selbst, wie allgemein nach § 167 BGB, formfrei. Dies gilt grundsätzlich auch für die Beauftragung des Wahlverteidigers (Kleinknecht/Meyer-Goßner vor § 137 Rn. 9), wobei im vorliegenden Fall noch hinzukommt, dass Assessor Z. bereits durch Beschluss des Amtsgerichts vom 1.10.1999 gemäß § 138 Abs. 2 StPO mit Genehmigung des Gerichts, die sich auf das ganze Verfahren erstreckt (Kleinknecht/Meyer-Goßner § 138 Rn. 14), zum Verteidiger der Angeklagten bestellt worden war.

Wie die Verteidigerbestellung selbst, ist auch die davon zu trennende Ermächtigung zur Ausstellung der schriftlichen Vollmacht des § 411 Abs. 2 Satz 1 StPO für den urkundlichen Nachweis der Vertretungsvollmacht formfrei. Sie konnte daher, wie geschehen, Assessor Z. auch mündlich erteilt werden.

Ende der Entscheidung

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