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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.07.1999
Aktenzeichen: 5St RR 147/99
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 309
StGB § 308
StGB § 306
StGB § 2 Abs. 3
StGB § 308 Abs. 1 2. Alternative
StGB § 306 Nr. 2
StGB §§ 306 bis 306
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 354 Abs. 1
StPO § 464 Abs. 1
StPO § 464 Abs. 2
StPO § 467 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerisches Oberstes Landesgericht

Beschluß

5St RR 147/99

Der 5. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Brießmann sowie der Richter Kehrstephan und Hilger

am 23. Juli 1999

in dem Strafverfahren

gegen

W.

wegen

fahrlässiger Brandstiftung

auf Antrag der Staatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. Februar 1999 aufgehoben.

II. Der Angeklagte W. wird freigesprochen.

III. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

I.

Das Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. verurteilte den Angeklagten W. am 24.7.1998 wegen fahrlässiger Brandstiftung zur Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 DM. Die Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht am 18.2.1998 mit der Maßgabe, daß dem Angeklagten Ratenzahlungen von monatlich 100 DM bewilligt wurden.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte am 23.2.1998 Revision eingelegt und das Rechtsmittel mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet.

II.

1. Das Landgericht hat zum Sachverhalt folgende Feststellungen getroffen:

In den 14 Tagen vor dem 4.10.1997 lagerte der Angeklagte mehrfach noch nicht völlig ausgekühlte Asche und Katzenstreu neben dem auf seinem Anwesen in S., Ortsteil E. befindlichen Holzschuppen (4,50 m lang und 3,70 m breit) ab. Die Ablagerungen erfolgten dabei auf der dem Hof und dem Wohnhaus des Angeklagten zugewandten Seite. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen und ihm zumutbaren Sorgfalt hätte der Angeklagte erkennen können und müssen, daß der Schuppen infolge der noch nicht ausgekühlten Asche würde Feuer fangen können. Tatsächlich geriet der Schuppen infolge der vom Angeklagten abgelagerten Asche am 4.10.1997 gegen 2.30 Uhr in Brand und brannte vollständig nieder. In dem Schuppen waren unter anderem ca. 6 Ster Holz, ein Schutzgasschweißgerät mit einer Gasflasche, ein Elektroherd, ein Ölofen, eine Papiertonne sowie verschiedene Arbeitsgeräte (Schaufel und Rechen u.s.w.) gelagert. Der Schuppen wurde durch den Brand völlig zerstört. Nach den Angaben des Angeklagten entstand am Schuppen selbst ein Totalschaden in Höhe von 20.000 DM und ein Geräteschaden von 3.000 DM. Diese Beträge wurden dem Angeklagten von der Brandversicherung nicht ersetzt, da der Schuppen nicht mitversichert war. Bei diesem Brand wurde auch das vom Schuppen 3,40 m entfernt stehende Wohnhaus des Angeklagten in Mitleidenschaft gezogen: Durch die Hitzeentwicklung wurde eine Fensterscheibe zertrümmert und eine auf Putz gelegte Elektroleitung mit Stecker angeschmort. Der dadurch am Wohnhaus entstandene Sachschaden von 2.000 DM wurde dem Angeklagten durch die Brandversicherung ersetzt. Zur Brandzeit schlief der Angeklagte in dem neben dem Schuppen stehenden Wohnhaus.

Am 3.10.1997 gegen 13.30 Uhr trafen sich die beiden Frauen Anna D. und Kreszenz A. vor dem Anwesen des Angeklagten, nahmen dort eine Rauchfahne wahr, welche vom Schuppen und aus dem Schuppen herauskam. Die Hausfrau Anna D. ging daraufhin zum Wohnanwesen des Angeklagten, holte ihn aus seinem Anwesen heraus und wies ihn auf die Rauchentwicklung hin. Der Angeklagte nahm daraufhin einen Rechen und verteilte die am Schuppen liegende Asche. Er schüttete auch drei bis vier Kannen Wasser darüber. Er unterließ es jedoch, die unter der Asche von ihm hingebrachten Sägespäne auf einen Brandherd zu untersuchen, weshalb anschließend in der Nacht der Schuppen abbrannte und das Feuer auf das Wohnhaus übergriff.

Das Landgericht hat die Verurteilung gestützt auf §§ 309, 308, 306 StGB a.F.

2. Die getroffenen Feststellungen tragen jedoch im Hinblick auf die geänderte Gesetzeslage (§ 2 Abs. 3 StGB) eine Verurteilung nicht.

Da der Schuppen im Eigentum des Angeklagten stand, kam eine Verurteilung wegen fahrlässiger Brandstiftung nur in Betracht, weil die Beschaffenheit und Lage des Schuppens geeignet waren, das Feuer dem Wohnhaus des Angeklagten mitzuteilen (§ 308 Abs. 1 2. Alternative mit § 306 Nr. 2 StGB a.F.). Der Tatbestand war nach dieser Gesetzeslage als potentielles Gefährdungsdelikt ausgestaltet.

Durch das 6. StrRG vom 26.1.1998 (BGBl I 164) sind die Regelungen über die Brandstiftung (§§ 306 bis 306 f) neugestaltet worden. Dabei ist die "mittelbare Brandstiftung" im Sinne von § 308 Abs. 1 2. Alternative StGB a.F. entfallen (BGH NStZ 1999, 32, 33; Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 306 Rn. 1). An dessen Stelle ist § 306 a Abs. 2 StGB n.F. getreten. Diese Vorschrift beinhaltet nunmehr ein konkretes Gefährdungsdelikt, dessen Voraussetzungen im vorliegenden Fall in zweifacher Hinsicht nicht erfüllt sind.

Zum einen hätte durch das Abbrennen des Schuppens, das Wohnhaus in Brand gesetzt oder durch Brandlegung ganz oder teilweise zerstört werden müssen. Dazu ist erforderlich, daß von der Brandzehrung ein für den bestimmungsgemäßen Gebrauch wesentlicher Teil des Wohngebäudes betroffen ist (Tröndle/Fischer § 306 Rn. 13 m.w.N.). Dies war nicht der Fall, da nach den Feststellungen lediglich die Scheibe eines Fensters durch Hitzeeinwirkung geborsten und eine an der Außenwand auf Putz gelegte Elektroleitung mit Steckdose angeschmort war.

Zum anderen hätte durch die Inbrandsetzung des Wohngebäudes eine konkrete Gefahr einer Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen eintreten müssen. Die Gefährdung des Täters erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Nach den Feststellungen wurde das Wohnhaus alleine vom Angeklagten bewohnt, der sich zur Brandzeit auch alleine im Wohnhaus aufgehalten hatte.

III.

1. Da der Senat ausschließen kann, daß zum Sachverhalt weitere tatsächliche Feststellungen möglich sind, konnte er nach Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Sache selbst mit Freispruch für den Angeklagten entscheiden (§ 349 Abs. 4 mit § 354 Abs. 1 StPO).

2. Die Entscheidung ergeht einstimmig (§ 349 Abs. 4 StPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 464 Abs. 1 und 2, § 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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