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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Urteil verkündet am 10.09.2001
Aktenzeichen: 5Z RR 10/00
Rechtsgebiete: GG, BayEG, ZPO


Vorschriften:

GG Art. 14
BayEG Art. 10
BayEG Art. 11
ZPO § 287
Zur Frage der Höhe der Entschädigung, wenn ein Jagdrevier durch Abtretung von Grundstücksflächen für den Straßenbau die Qualität eines Eigenjagdbezirks verliert.
Der 5. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich, Kenklies, Seifried und Zwirlein aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2001

in dem Rechtsstreit

wegen Enteignungsentschädigung

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 17. Mai 2000 aufgehoben.

II. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens, dessen zusammenhängende Grundflächen in einer Größe von 82,208 ha einen Eigenjagdbezirk bildeten. Für den Bau einer Teilstrecke der Bundesautobahn A 93, die den Grundbesitz des Klägers durchschneiden sollte, veräußerte er mit notariellem Vertrag vom 16.3.1977 zur Abwendung einer Enteignung eine Anzahl von Teilflächen an die Beklagte. Als Zeitpunkt des Besitzübergangs wurde der Tag der Beurkundung vereinbart. Die Beklagte verpflichtete sich, für die Wertminderung der Eigenjagd einen Pauschalbetrag von 4200 DM zu zahlen sowie eine angemessene Entschädigung nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen, wenn das Anwesen durch die Grundstücksabtretungen das Eigenjagdrecht verlieren würde. Die Entschädigung sollte im Verfahren nach Art. 29 Abs. 2 BayEG festgesetzt werden, wenn keine gütliche Einigung erzielt würde.

Mit Nachtragsvertrag vom 23.5.1984 legten die Parteien die Größe der Erwerbsfläche auf 3,2169 ha fest und erklärten die Auflassung. Am 9.8.1985 wurde der Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen. Mit der Verkleinerung seines Grundbesitzes auf 78,9911 ha ging der Eigenjagdbezirk des Klägers unter.

Am 23.2.1978 hatte der Kläger sein Jagdausübungsrecht für die Zeit vom 1.4.1978 bis 31.3.2005 verpachtet; der Pachtzins beträgt 2460 DM pro Jahr.

Da sich die Parteien über die Entschädigung für den Verlust der Eigenjagd und für Umwege nicht einigen konnten, setzte das Landratsamt mit Beschluss vom 1.2.1996 eine Geldentschädigung von insgesamt 76976,75 DM fest. Auf der Grundlage eines Gutachtens des Sachverständigen W. berechnete es die Entschädigung für die Minderung des Jagdwerts in den Jahren 1977 bis 1985 und für den anschließenden Verlust der Eigenjagd auf insgesamt 57190 DM.

Der Kläger hat beim Landgericht Klage auf Zahlung einer weiteren Entschädigung von insgesamt 208917,84 DM erhoben, davon weitere 145018,50 DM wegen des Eingriffs in sein Jagdausübungsrecht. Außerdem hat er Ansprüche auf Umwegentschädigung geltend gemacht. Das Landgericht hat nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen G. durch Urteil vom 27.7.1999 die Beklagte zur Zahlung einer weiteren Entschädigung von 134753,33 DM verurteilt, davon 118572 DM wegen des Verlusts der Eigenjagd.

Die Beklagte hat nur insoweit Berufung eingelegt; sie hat beantragt, die auf den Eingriff in das Jagdausübungsrecht gestützten Ansprüche des Klägers abzuweisen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte am 17.5.2000 verurteilt, über die vom Landratsamt festgesetzte Entschädigung hinaus weitere 100185,33 DM zu zahlen, davon 84004 DM als Entschädigung für den Verlust der Eigenjagd. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiterverfolgt. Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Beklagte habe sich mit dem Kaufvertrag vom 16.3.1977 ausdrücklich verpflichtet, den Kläger wegen des Verlusts der Eigenjagd nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen angemessen zu entschädigen. Die bereits bezahlte Summe genüge dem nicht.

Der zu entschädigende Rechtsverlust sei bereits im Zeitpunkt der vereinbarten Besitzüberlassung am 16.3.1977 eingetreten, denn aufgrund dieser Maßnahme habe der Grundbesitz des Klägers die Qualität eines Eigenjagdbezirks verloren. Der Umstand, dass das Jagdpachtverhältnis vom Erlöschen der Eigenjagd unberührt geblieben sei, ändere daran nichts.

Zweck der Entschädigung nach Art. 14 Abs. 3 GG sei es grundsätzlich, dem Enteigneten abstrakt die Beschaffung eines gleichen Objekts zu ermöglichen. Hier fehle es jedoch an einem Markt, auf dem Ersatzland mit Punktberührung zum Jagdbezirk des Klägers beschafft werden könne. Es könne deshalb nicht festgestellt werden, wie der Mehrpreis gegenüber dem ortsüblichen Bodenpreis anzusetzen sei. Daher müsse eine direkte Bewertung des originären Jagdausübungsrechts vorgenommen werden. Daneben sei die Jagdwertminderung infolge der Durchschneidung des Grundbesitzes des Klägers zu berücksichtigen.

Zur Bewertung des Eigenjagdrechts könne nicht allein auf die Differenz zwischen den Pachtzinsen, die bei der Verpachtung als Eigenjagd einerseits und als Bestandteil einer Genossenschaftsjagd andererseits erzielbar seien, abgestellt werden. Diese Ertragswerteinbuße sei zwar zu berücksichtigen, da sie einen Teil des Eigenjagdwerts ausdrücke. In die Wertermittlung seien jedoch weitere Bestandteile mit einzubeziehen. Bei der Zusammenrechnung der verschiedenen Wertanteile, die erst gemeinsam den zu ermittelnden Eigenjagdwert ausmachten, vermöge der Senat keine Doppelbewertung zu erkennen. Der Sachverständige habe keinen Teil doppelt bewertet. Auch der von der Entschädigungsfestsetzungsbehörde herangezogene Sachverständige W. sei in gleicher Weise vorgegangen. Die von den beiden Gutachtern angewendete Additionsmethode werde auch in der Literatur für richtig gehalten.

Zu Recht verlange die Beklagte, dass der derzeit noch unverändert laufende Pachtvertrag bei der Bemessung der Entschädigung berücksichtigt werde. Es sei zwar möglich, jedoch nicht notwendig, dies durch lineare Kürzung des Kapitalisierungsfaktors zu tun. Dieser Faktor solle der Endgültigkeit des Rechtsverlusts Rechnung tragen. Der Kläger habe auch nach dem Auslaufen des derzeitigen Pachtvertrags für immer keine Eigenjagd mehr. Der Senat halte es daher für richtiger, die zur Zeit noch unveränderten Pachteinnahmen durch Abzug vom ermittelten Eigenjagdwert zu berücksichtigen, wie es die beiden Sachverständigen getan hätten.

Die Höhe der Entschädigung sei nach den Grundsätzen der Steigerungsrechtsprechung sowohl für den Stichtag 31.12.1995 wie für den Stichtag 31.12.1999 festzulegen. Die vom Senat nach § 287 ZPO vorzunehmende Schätzung führe zu einigen Korrekturen am Rechenwerk des Sachverständigen G.

1. Die Jagdwertminderung infolge der Durchschneidung des Grundbesitzes durch die Autobahn habe der Sachverständige G. zutreffend mit 6571 DM beziffert.

2. Der Verlust der Eigenjagd sei zum 31.12.1995 mit 169678 DM und zum 31.12.1999 mit 183316 DM zu bewerten.

a) Dabei seien Pachtzinsmindereinnahmen mit 43400 DM anzusetzen. Der Sachverständige G. habe für das Revier des Klägers mit Eigenjagdeigenschaft einen erzielbaren Pachtzins von 30 DM pro ha und Jahr angenommen und ohne diese Eigenschaft einen solchen von 8 DM pro ha und Jahr. Auch der Sachverständige W. gehe von diesen Preisen aus. Die Kapitalisierung der Pachtzinsdifferenz von 1736 DM pro Jahr mit dem Faktor 25 sei angesichts der Endgültigkeit des Rechtsverlustes nicht zu beanstanden.

b) Die Bewertung des Residenzrechts durch den Sachverständigen G. mit 85800 DM zum Stichtag 31.12.1995 sei nicht zu beanstanden. Dabei werde die Eigenjagd rechnerisch durch eine Ersatzjagd substituiert und es würden die jährlich sowie auf Dauer für eine solche aufzuwendenden Kosten ermittelt. Der Sachverständige G. setze ebenso wie der Sachverständige W. die Kosten einer Hin- und Rückfahrt zum Revier mit ca. 31 DM an. Der Unterschied zu dem von W. ermittelten Wert von 24300 DM erkläre sich ausschließlich damit, dass der Sachverständige G. 110 Jagdtage zugrunde lege, während der Sachverständige W. nur von 30 Fahrten zum Revier ausgegangen sei. Der Senat halte 110 Tage für weitaus angemessener, zumal die Beklagte selbst 90 Jagdtage pro Jahr eingeräumt habe. Zum 31.12.1999 bewerte der Senat das Residenzrecht mit 95700 DM. Dabei lege er im Rahmen des § 287 ZPO eine Kostensteigerung von etwa 3 % pro Jahr zugrunde, wie sie von beiden Sachverständigen auch sonst für richtig gehalten werde.

c) Ferner sei der Zinsvorteil zu berücksichtigen, den der Eigenjagdberechtigte daraus ziehen könne, dass er die Vorabentrichtung des Pachtzinses durchsetze. Beide Gutachter hätten dies überzeugend dargelegt. Der Senat setze mit dem Sachverständigen W. den Wert der Vorabentrichtung des Pachtzinses auf 6075 DM für den Stichtag 31.12.1995 und auf 6837 DM für den Stichtag 31.12.1999 an.

d) Der Wertanteil der Möglichkeit, trotz Verpachtung der Eigenjagd noch selbst an Jagden teilzunehmen (Abschußvorbehalt), sei entsprechend den beiden Gutachten unabhängig vom Bewertungsstichtag mit 7752 DM anzusetzen.

e) Die Position "Ersatz unrentierlicher Aufwendungen" sei in Übereinstimmung mit beiden Gutachten zum Stichtag 31.12.1995 mit 5605 DM zu bewerten. Bei der Annahme einer jährlichen Steigerung von ca. 3 % ergebe sich zum Stichtag 31.12.1999 ein Wert von 6308 DM.

f) Den Wert der Dispositionsfreiheit setze der Senat mit dem Sachverständigen G. mit 20 % aller vorgenannten Wertanteile an. Beide Gutachter stimmten darin überein, dass die Bewirtschaftungserleichterung zu den weiteren Wertanteilen hinzuzurechnen sei. Weshalb der Sachverständige W. den Wertanteil "unrentierliche Aufwendungen" nicht berücksichtigt habe, sei nicht nachzuvollziehen. Der Wert der Dispositionsfreiheit belaufe sich somit auf 21.046 DM zum 31.12.1995 und 23319 DM zum Stichtag 31.12.1999.

g) Bei der Berechnung der Entschädigung sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger aus dem 1978 abgeschlossenen Pachtvertrag noch bis zum 31.3.2005 eine Pacht von 2460 DM pro Jahr erhalte, während in der Berechnung der kapitalisierten Mindereinnahmen ein Pachtzinsverlust von 1736 DM pro Jahr unterstellt werde. Diesen Vorteil habe der Sachverständige für den Stichtag 31.12.1995 auf 35321 DM berechnet. Zum Stichtag 31.12.1999 könne der Senat den Wert des Vorteils auf 41097 DM fortschreiben.

Die Mehreinnahmen aus dem Pachtverhältnis seien vom Wert der Eigenjagd abzuziehen, die Jagdwertminderung mit 6571 DM sei hinzuzurechnen. Für den Stichtag 31.12.1995, auf den der Entschädigungsfeststellungsbeschluss abstelle, stehe dem Kläger somit eine Gesamtentschädigung von 140928 DM zu. Davon seien im Jahr 1977 für die Jagdwertminderung 4200 DM mit dem Kaufpreis vorab bezahlt worden. Für den Verlust der Eigenjagd seien weitere 57190 DM aufgrund des Beschlusses des Landratsamts vom 1.2.1996 bezahlt worden. Nach den Grundsätzen der Steigerungsrechtsprechung sei damit ca. 42,6 % des Werts der Eigenjagd korrekt entschädigt worden. Für den nicht entschädigten Teil von 57,4 % komme es auf die Wertverhältnisse am 31.12.1999 an; der Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung am 22.3.2000 könne unberücksichtigt bleiben. Zum 31.12.1999 betrage der Wert der Eigenjagd abzüglich des Vorteils aus den Pachteinnahmen 142219 DM. Davon schulde die Beklagte 57,4 %, also weitere 81633 DM. Zuzüglich des für die Jagdwertminderung zu zahlenden Restbetrags von 2371 DM ergebe sich eine noch zu zahlende Entschädigung von 84004 DM.

II.

Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung gemäß § 550 ZPO nicht stand.

1. Der Kläger hat gemäß dem notariellen Vertrag vom 16.3.1977 die dort genannten Flächen zum Bau einer Teilstrecke der Bundesautobahn A 93 und zur Vermeidung einer Enteignung an die Beklagte verkauft. Für den Fall, dass das landwirtschaftliche Anwesen des Klägers durch die Grundstücksabtretungen nach Maßgabe des Kaufvertrags das Eigenjagdrecht verliert, haben die Parteien in § 10 Nr. 7 des Kaufvertrags die Zahlung einer Entschädigung nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen und die Festsetzung dieser Entschädigung im Verfahren gemäß Art. 29 Abs. 2 des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung (BayEG, BayRS 2141-1-I) vereinbart. Im Entschädigungsfestsetzungsverfahren hat die Enteignungsbehörde gemäß Art. 8 ff. BayEG über die Höhe der Entschädigung zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat daher ohne Rechtsfehler angenommen, dass nach dem Willen der Parteien der Bemessung des Entgelts für den Verlust der Eigenjagd die Art. 8 ff. BayEG zugrunde gelegt werden sollen, die gemäß § 19 Abs. 5 FStrG in Verbindung mit Art. 40 Abs. 1 BayStrWG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayEG für die Entschädigung wegen Enteignung zum Bau einer Bundesfernstraße maßgebend sind (vgl. BayObLGZ 1995, 61/63 und 1994, 362/366).

2. Das Jagdrecht steht als untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbundenes Recht dem Grundstückseigentümer zu (§ 3 Abs. 1 BJagdG). Vom Jagdrecht ist das Jagdausübungsrecht zu unterscheiden. Der Grundeigentümer darf das Jagdrecht nur ausüben, wenn ihm eine zusammenhängende Grundfläche gehört, die einen Eigenjagdbezirk im Sinn des § 7 BJagdG bildet. Wenn der Grundbesitz eines Eigentümers die Mindestgröße eines Eigenjagdreviers unterschreitet, wird er Teil eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks 8 Abs. 1 BJagdG), in dem die Ausübung des Jagdrechts nach 8 Abs. 5 BJagdG der Jagdgenossenschaft als der Vereinigung der Grundeigentümer (§ 9 Abs. 1 BJagdG, Art. 11 BayJG) zusteht (vgl. BGHZ 84, 261/263 f.).

Der Eigenjagdbezirk geht kraft Gesetzes unter, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Mindestgröße infolge einer Grundstücksveräußerung unterschritten wird. Maßgebender Zeitpunkt ist die Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch am 9.8.1985 (Nick/Frank Das Jagdrecht in Bayern Art. 8 BayJG S. 74c; Mitzschke/Schäfer BJG 4. Aufl. §~7 Rn. 2, § 14 Rn. 2) und nicht der Zeitpunkt der Besitzüberlassung am 16.3.1977.

3. Für den Zeitraum zwischen der Überlassung des Besitzes an den für die Baumaßnahme benötigten Grundstücksflächen (16.3.1977) und dem Untergang der Eigenjagd (9.8.1985) hat das Berufungsgericht dem Kläger wegen der Beeinträchtigung seines Jagdausübungsrechts auf den an die Bundesautobahn angrenzenden Teilflächen (vgl. hierzu BGHZ 84, 261/265 und BGHZ 132, 63/68 f.; Schmidt-Aßmann in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger BauGB § 96 Rn. 87b m.w.N.) eine Entschädigung von 6571 DM zugebilligt. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 BayJG beträgt die Mindestgröße eines Eigenjagdbezirks in Bayern 81,755 ha. Infolge der Abtretung von Teilflächen für den Bau der Bundesautobahn hat der Grundbesitz des Klägers die Mindestgröße des Art. 8 Abs. 1 BayJG unterschritten und dem gemäß am 9.8.1985 die Eigenschaft eines Eigenjagdbezirks verloren. Darin liegt ein Eingriff in das Jagdausübungsrecht des Klägers, das als konkrete subjektive Rechtsposition den Schutz des Art. 14 GG genießt (BGHZ 117, 309/310 m.w.N.; s.a. BayObLGZ 1977, 134/145; Molodovsky/Bernstorff Enteignungsrecht in Bayern Art. 11 BayEG Rn. 2.7.5.8).

Allerdings blieb das durch den Vertrag vom 23.2.1978 begründete Pachtverhältnis gemäß § 14 Abs. 1 BJagdG, § 581 Abs. 2 § 571 BGB vom Untergang des Eigenjagdbezirks unberührt (BGHZ 117, 309/311; Nick/Frank § 14 BJagdG S. 134; Mitzschke/Schäfer aaO). Sofern dieses Pachtverhältnis nicht vorzeitig aufgelöst wird, wirkt sich die Einbeziehung des Grundbesitzes des Klägers in einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk daher erst ab dem 1.4.2005 aus. Der zu entschädigende Rechtsverlust ist jedoch bereits mit dem Untergang der Eigenjagd eingetreten (vgl. BGHZ 117, 309/311).

5. Eine Entschädigung für den Verlust der Eigenjagdqualität kommt unter zwei Gesichtspunkten in Betracht: Zum einen wird der Wert des Jagdausübungsrechts, der Jagdnutzen, dadurch gemindert, dass es nur noch im Rahmen der Genossenschaftsjagd ausgeübt werden kann; zum anderen wirkt sich der Verlust der Eigenjagdqualität mindernd auf den Wert des restlichen Grundbesitzes aus. Dabei handelt es sich aber nur um zwei Aspekte eines einheitlichen Entschädigungsanspruchs, so dass bei zutreffender Bemessung der Entschädigung die Beeinträchtigung des Jagdnutzens der Wertminderung des dadurch betroffenen Restbesitzes im wesentlichen entspricht (BGHZ 1171 309/311 f. Aust/Jacobs Die Enteignungsentschädigung 4. Aufl. S. 127). Auf die Wertminderung des Restbesitzes stellt Art. 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayEG ab (vgl. Molodovksy/Bernstorff Art. 11 Rn. 2.7.5.8).

Die Höhe der Wertminderung ist grundsätzlich durch den Vergleich des Werts von Betrieben mit und ohne Eigenjagdqualität zu ermitteln. Da in solchen Fällen ein Marktpreis für vergleichbare Grundstücke kaum zu ermitteln ist und der erzielbare Ertrag nach der Verkehrsauffassung ein wesentliches Bewertungskriterium für die jagdliche Nutzbarkeit und damit den Wert eines Grundstücks darstellt, bietet sich eine Bewertung an, die letztlich den Jagdpachtzins zum Maßstab für die Wertminderung nimmt (BGHZ 117, 309/312; 83/90 f.). Den in diesem Zusammenhang auftretenden Schwierigkeiten trägt die Vorschrift des § 287 ZPO Rechnung. Das Gericht der Tatsacheninstanz entscheidet gemäß § 287 Abs. 1 ZPO über die Höhe der Entschädigung unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Das Revisionsgericht darf nur prüfen, ob die Festsetzung der Entschädigung auf Verstößen gegen das sachliche Recht oder auf grundsätzlich fehlerhaften Erwägungen beruht, ob wesentliche Tatsachen außer acht gelassen oder Denkgesetze und zwingende Erfahrungssätze verletzt worden sind (BayObLGZ 1994, 80/89 und st.Rspr.). Dieser Prüfung hält das angefochtene Urteil nicht stand.

a) Es steht zwar im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts der Tatsacheninstanz, welche Wertermittlungsmethode es im konkreten Entschädigungsfall heranzieht. Jedoch sind die verschiedenen Methoden immer nur Mittel zu dem Zweck, den Wert möglichst richtig zu bestimmen. Das Gericht der Tatsacheninstanz hat die rechtlichen Vorgaben für eine sachgerechte Beurteilung durch den Sachverständigen bereitzustellen. Es kann dem Sachverständigen zwar die Auswahl der Bewertungsmethode überlassen, muss aber in eigener Verantwortung prüfen, ob das gewählte Verfahren den Besonderheiten des konkreten Falls gerecht wird (Rinne WF 1997, 117/119). Methoden, die das Wertbild verzerren, sind in jedem Fall unzulässig. Eine Rechtsfrage ist es, welche Methode dem gegebenen Sachverhalt angemessen ist (BayObLGZ 1994, 80/90 m.w.N.; BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. Vor § 839 Rn. 143, 144).

b) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage des vom Landgericht eingeholten Gutachtens angenommen, dass der Wert des originären Jagdausübungsrechts im Eigenjagdbezirk von folgenden Umständen bestimmt wird:

- Erzielbarkeit eines höheren Pachtzinses gegenüber der Verpachtung als Teil eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks,

- Residenzrecht, d. h. die Möglichkeit der Jagdausübung nach zeitlichem Belieben sowie ohne Kosten für Anreise, Verpflegung und Übernachtung (vgl. Aust/Jacobs S. 469),

- Zinsgewinn bei vereinbarter Vorauszahlung der für die Dauer eines Pachtverhältnisses geschuldeten Gesamtpacht,

- Vorbehalt von Wildabschüssen und der Teilnahme an Jagden trotz Verpachtung,

- Ersatz unrentierlicher Aufwendungen,

- Dispositionsfreiheit, d. h. die Möglichkeit zur Abstimmung der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung mit Belangen der Waldschadensverhütung und der Verbesserung des Lebensraums des Wildes (vgl. Aust/Jacobs S. 128, 469).

Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht, wenn es den Wert der untergegangenen Eigenjagd dadurch ermittelt, dass es die vorgenannten Positionen - im wesentlichen unter Übernahme der vom Sachverständigen G. errechneten Beträge - addiert und von der Gesamtsumme die Vorteile des Klägers aus dem noch laufenden Pachtverhältnis abzieht.

Neben dem Jagdpachtzins als Bewertungskriterium (vgl. BGHZ 117, 309/312; Schmidt-Aßmann § 96 Rn. 87b) können zwar weitere Faktoren für die Bewertung des Eigenjagdrechts maßgebend sein (vgl. Aust/Jacobs S. 128, Bewer RdL 1983, 199/200; Thies AgrarR 1991, 85/89 f.). Einige der vom Berufungsgericht neben dem Pachtzins berücksichtigten Faktoren wirken sich aber nur dann aus, wenn das Jagdrecht vom Grundstückseigentümer selbst ausgeübt wird. Das gilt für das Residenzrecht, die mit dem Begriff der Dispositionsfreiheit umschriebenen Gestaltungsmöglichkeiten und den Ersatz unrentierlicher Aufwendungen. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass für die Zeit der Selbstnutzung die bei einer Verpachtung möglichen Vorteile entfallen und umgekehrt, dass die Eigenjagdvorteile für die Dauer einer Verpachtung ungenutzt bleiben (vgl. Bewer RdL 1983, 226/227 und WF 1994, 13/20). Die Entschädigung hat nicht mehr als das tatsächlich Genommene auszugleichen. Das Verbot der Doppelentschädigung verwehrt es dem Betroffenen, gleichzeitig für einander sich ausschließende Qualitäten oder Nutzungen des von der Enteignung betroffenen Objekts entschädigt zu werden (vgl. BGH WPM 1977, 1059/1063; Krohn/Löwisch Eigentumsgarantie, Enteignung, Entschädigung 3. Aufl. Rn. 368; BGB-RGRK/ Kreft Rn. 125; Molodovksy/Bernstorff Art. 11 BayEG Rn. 2.2).

Zwar ist es gerade ein Vorteil der Eigenjagd, dass der Eigentümer allein entscheiden kann, ob er die Jagd selbst ausüben will oder sie verpachtet. Auch ist es selbstverständlich möglich, im Laufe der für die Entschädigung zu berücksichtigenden Zeitspanne, die dem Kapitalisierungsfaktor von 25 entspricht, mehrmals zwischen Verpachtung und Eigennutzung der Jagd zu wechseln. Ausgeschlossen ist es aber, über die volle Zeitspanne hin die Jagd sowohl zu verpachten als auch selbst zu nutzen. Deshalb ist es nicht zulässig, bei der Bemessung der Entschädigung für die gesamte Zeitspanne die bei Verpachtung entstehenden Einbußen neben den bei Eigennutzung entstehenden zu berücksichtigen. ob dieser Überlegung dadurch Rechnung zu tragen ist, dass aus den Einbußen bei Verpachtung und denen bei Eigennutzung ein Mittelwert gebildet und dieser dann mit dem Kapitalisierungsfaktor 25 multipliziert wird oder ob die Einbußen bei Verpachtung und diejenigen bei Eigennutzung jeweils mit Teilbeträgen kapitalisiert werden, wird das Tatsachengericht unter Beratung durch einen Sachverständigen zu entscheiden haben.

Hinzuweisen ist noch auf einen Widerspruch des Urteils zum Gutachten G. Auf Seite 15 weist der Sachverständige darauf hin, dass die Möglichkeit eines Abschussvorbehalts und der Teilnahme an Gesellschaftsjagden dem Grundeigentümer auch nach dem Untergang des Eigenjagdbezirks verbleibt. Wenn dem so ist, darf dieser Umstand nicht als Wertfaktor der Eigenjagd im Verhältnis zur Genossenschaftsjagd berücksichtigt werden.

c) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für die Höhe der Entschädigung der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem die Enteignungsbehörde gemäß Art. 29 Abs. 2 BayEG über die Festsetzung der Entschädigung entschieden hat (Art. 10 Abs. 2 BayEG), und dass nach den Grundsätzen der Steigerungsrechtsprechung eine Erhöhung in Betracht kommt, wenn die Entschädigung nicht nur unwesentlich zu niedrig festgesetzt worden war (vgl. BGHZ 145, 83/96; BGB-RGRK/Kreft Vor § 839 Rn. 99, 100 m.w.N.; s.a. Molodovky/Bernstorff Art. 10 BayEG Rn. 3.2).

Das Berufungsgericht hat auch berücksichtigt, dass der Kläger zwar sein originäres Jagdausübungsrecht mit dem Untergang der Eigenjagd verloren hat, aber aufgrund des im Jahr 1978 geschlossenen Jagdpachtvertrags bis zu dessen Auslaufen am 31.3.2005 weiterhin so gestellt ist, als würde die Eigenjagd auf der Restfläche fortbestehen (vgl. BGHZ 117, 309/315). Diesem Umstand hat das Berufungsgericht dadurch Rechnung zu tragen versucht, dass es die Einnahme aus dem laufenden Pachtvertrag von dem ermittelten Wert des Eigenjagdrechts abgezogen hat.

Dem kann nicht gefolgt werden. Der durch den Verlust der Eigenjagdqualität verursachte Vermögensnachteil wird für den Kläger erst mit dem Auslaufen des Pachtvertrags fühlbar, daher ist der Zeitraum der Verpachtung bei der Berechnung des Entschädigungsbetrags unberücksichtigt zu lassen. Für diesen Zeitraum bleibt der Kläger auf die Erträge aus dem Pachtvertrag verwiesen. Daher können die aus dem Pachtvertrag gezogenen Einkünfte auch nicht zu seinen Lasten von der Entschädigung abgesetzt werden (BGHZ 132, 63/70; BGHZ 117, 309/316, 317; Engelhardt NVwZ 1994, 337/343; Rinne/Schlick NVwZ 1997, 34/38 f.; a.A. Bewer WF 1996, 140).

Die Tatsache, dass dem Kläger für die Zeit bis zum Ende des Jagdpachtverhältnisses am 31.3.2005 eine Entschädigung wegen des Verlusts der Eigenjagd nicht zusteht, muss in anderer Weise berücksichtigt werden, etwa durch eine Änderung des Kapitalisierungsfaktors (BGHZ 117, 309/316) oder durch eine Abzinsung der errechneten Wertminderung (vgl. BGHZ 145, 83/94; Nr. 7 der Hinweise des Bundesministeriums der Finanzen zur Ermittlung von Entschädigungen für die Beeinträchtigungen von gemeinschaftlichen Jagdbezirken vom 7.6.2001, Bundesanzeiger Nr. 146a vom 8.8.2001).

d) Soweit das Berufungsgericht den Wert des Jagdausübungsrechts des Klägers auf der Grundlage des erzielbaren Pachtzinses ermittelt, wird es zu prüfen haben, ob die bei einer Verpachtung als Eigenjagd zusätzlich in Betracht kommenden Vorteile, nämlich der Zinsgewinn bei vereinbarter Pachtzinsvorauszahlung und der Wert eines möglichen Abschussvorbehalts, nicht bereits mit dem höchsten erzielbaren Pachtzins abgegolten sind.

III.

Das Urteil des Oberlandesgerichts lässt sich mit der gegebenen Begründung nicht auf rechterhalten. Da es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 563 ZPO), ist es aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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