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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Urteil verkündet am 05.03.2001
Aktenzeichen: 5Z RR 174/99
Rechtsgebiete: BGB, GO


Vorschriften:

BGB § 134
GO Art. 75
Der volle Wert eines kommunalen Grundstücks (hierzu Art. 75 bayGO) ist der Verkehrswert, der sich nach der höchstzulässigen Nutzung des Grundstückes bemißt.
BayObLG Urteil

OLG München 21 U 5013/98; LG München II - 1 O 1117/97

5Z RR 174/99

05.03.01

BayObLGZ 2001 Nr. 13

Der 5. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich, Kenklies, Seifried und Zwirlein

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2001

in dem Rechtsstreit

wegen Feststellung und Abgabe von Willenserklärungen,

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Revision des Beklagten gegen das Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 5. März 1999 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine bayerische Gemeinde, und der Beklagte, der bis Ende des Jahres 1996 bei der Klägerin als Leiter des Liegenschaftsreferats beschäftigt war, streiten um die Wirksamkeit eines Grundstückstauschvertrages.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Wegegrundstücks Flst. 1636. Der nördliche Teil dieses Grundstücks ist ein langgestreckter von Norden nach Süden verlaufender unbebauter Wiesenstreifen mit einer Länge von ca. 120 m und einer mittleren Breite von ca. 2,20 m. Dieser Teil von Flst. 1636 ist in einem alten Flächennutzungsplan als Fußweg dargestellt. Ein Bebauungsplan besteht für diesen Grundstücksteil nicht. Das Grundstück der Gemeinde wird in diesem Bereich auf seiner östlichen Längsseite von einer im Eigentum des Beklagten stehenden Grünlandfläche (Flst. 1637), als deren Zugang es tatsächlich dient, begrenzt; auf der westlichen Längsseite grenzen vier mit Einfamilienhäusern bebaute Wohngrundstücke an (Flst. 1631/7, /8, /9 und /10), von denen eines (Flst. 1631/8) im Eigentum des Beklagten steht. Die an der Westseiteangrenzenden Grundstücke sind mit Ausnahme des Flst. 1631/8 gegenüber dem Grundstücksteil der Gemeinde durch Zäune abgegrenzt. Zwischen dem Grundstücksteil der Gemeinde, der Grünlandfläche Flst. 1637 und dem Wohngrundstück Flst. 1631/8 sind keine Einfriedungen vorhanden.

Der Beklagte hatte sich bereits im Jahr 1976 bei der Klägerin darum bemüht, diesen Teil des Flst. 1636 zu erwerben. Da aber auch die anderen Anlieger Interesse an einem Erwerb zeigten, beschloss der zuständige Ausschuss damals, von einer Veräußerung insgesamt abzusehen.

Im Jahr 1995 traten die Parteien in Verhandlungen über einen Tausch der Restwegefläche aus dem Flst. 1636 und einer für den Straßenbau benötigten Teilfläche aus dem Flst. 1637 ein. Am 21.2.1995 stimmte der Finanzausschuss der Klägerin einer entsprechenden Vorlage zu, die von der Stellvertreterin des Beklagten im Liegenschaftsamt vorbereitet worden war und als Ausgleich für bei dem Tausch anfallende Mehr- oder Minderflachen einen Betrag von DM 30,--/m² vorsah. Am 22.2.1995 bat die Stellvertreterin des Beklagten ein Notariat um Vorbereitung des Tauschvertrages. Am 9.3.1995 wurde der Tauschvertrag beurkundet, wobei der Beklagte im eigenen Namen und als Vertreter ohne Vertretungsmacht für die Klägerin auftrat. Diese genehmigte den Tauschvertrag am 27.3.1995. Nach dem Vertrag werden die jeweils amtlich erst noch wegzuvermessenden Teilflächen der Flst. 1636 und 1637 getauscht. Bei der amtlichen Vermessung sich ergebende Mehr- oder Minderflächen sind nach dem Tauschvertrag mit DM 30,--/m² auszugleichen. Dem im Anschluss erstellten amtlichen Veränderungsnachweis zufolge beläuft sich die Tauschfläche aus dem Flst. 1636 (nunmehr Flst. 16:36/11, /12 und /13) auf 271 m², diejenige aus dem Flst. 1637 auf 188 m², so dass der Beklagte eine Mehrfläche von 83 m² auszugleichen hat. Zugunsten der begünstigten Partei wurden jeweils Auflassungsvormerkungen in die entsprechenden Grundbücher eingetragen.

Mit Schreiben vom 11.5.1995 beschwerten sich die übrigen drei Anlieger der Tauschfläche aus dem Flst. 1636 bei der Klägerin über den Erwerb durch den Beklagten und warfen diesem Amtsmissbrauch vor. Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 12.3.1996 die Erfüllung des Tauschvertrages gefordert hatte, focht die Klägerin den Vertrag mit Schreiben vom 10.5.1996 wegen arglistiger Täuschung an. Der Beklagte habe bewusst und pflichtwidrig die Vorgänge aus dem Jahre 1976 verschwiegen. Außerdem sei der Preis für die sich bei dem Tausch zugunsten des Beklagten ergebende Mehrfläche mit DM 30,--/m² viel zu niedrig angesetzt; angemessen sei ein Preis von DM 350,--/m². Der Vertrag sei daher auch wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot der Veräußerung von Gemeindevermögen unter Wert (Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO) nichtig (§ 134 BGB).

Die Klägerin hat Klage zum Landgericht erhoben und unter Hinweis auf die Anfechtung sowie den Verstoß gegen Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO beantragt,

1.festzustellen, dass der am 9.3.1995 zwischen den Parteien geschlossene Tauschvertrag unwirksam ist;

2. den Beklagten zur Bewilligung der Löschung der zu seinen Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung zu verurteilen, Zug um Zug gegen Bewilligung der Löschung der zugunsten der Klägerin eingetragenen Auflassungsvormerkung.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und Widerklage erhoben mit dem Antrag,

die Klägerin zu verurteilen, die Flst. 1636/11, /12 und /13 gemäß dem Veränderungsnachweis Nr. 1546 auf ihn zu übertragen, den Rechtsübergang auf ihn zu bewilligen und dessen Eintragung im Grundbuch zu beantragen.

Der Beklagte bestreitet jede Einflussnahme auf die am Zustandekommen des Tauschvertrages beteiligten Bediensteten der Klägerin. Die Vorgänge im Jahre 1976 seien in der Sitzung des Finanzausschusses zur Sprache gekommen, von einer arglistigen Täuschung könne keine Rede sein. Der Wert der Tauschfläche sei mit DM 30,--/m² richtig bemessen, da für die Parteien von vornherein Grundlage ihres Geschäfts gewesen sei, dass die Teilfläche aus dem Flst. 1636 dem Flst. 1637 zugeschrieben werde und damit wie dieses, nämlich als Grünland zu behandeln sei.

Das Landgericht hat den Beklagten am 26.5.1998 entsprechend den Klageanträgen verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten durch Endurteil vom 5.3.1999 zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten. Er beantragt die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen, die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin gemäß seinem Widerklageantrag. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision ist nicht begründet.

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Entscheidung des Landgerichts sei zutreffend. Unabhängig von der Wirksamkeit der Anfechtung sei der Tauschvertrag jedenfalls wegen Verstoßes gegen Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO nichtig (§ 134 BGB) und daher rückabzuwickeln. Ein Verkauf von Gemeindevermögen unter Wert führe, auch bei teilweisem Entgelt, zur Nichtigkeit des Vertrages. Der Wert des zu tauschenden Teils des Flst. 1636 habe bei Abschluss des Tauschvertrages DM 180,--/m² und damit das 6-fache des im Tauschvertrag festgelegten Wertes von DM 30,--/m² betragen. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des in erster Instanz beauftragten Sachverständigen. Dabei sei davon auszugehen, dass nach wie vor ein Kaufinteresse der übrigen Eigentümer der angrenzenden Grundstücke bestehe. Das Angebot des Beklagten, die Teilfläche seinem Grünland Flst. 1637 zuzumessen, führe zu keinem anderen Ergebnis. Ob eine Zumessung der Teilfläche aus Flst. 1636 zum Grünland des Beklagten zwischen den Parteien vereinbart worden sei, könne dahinstehen; eine solche Zumessung stelle nämlich eine unzulässige Umgehung des Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO dar, weil die Klägerin die Fläche zu einem Preis von DM 180,--/m² an die jeweiligen Eigentümer der Nachbargrundstücke veräußern könne.

2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 550 ZPO) stand.

a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der Tauschvertrag wegen Verstoßes gegen Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO nichtig ist (§ 134 BGB).

aa) Vermögensgegenstände bayerischer Gemeinden dürfen in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden (Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO). Voller Wert im Sinne dieser Vorschrift ist der Verkehrswert. Dieser wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. Art. 10 Abs. 1 Satz 2 BayEG, § 194 BauGB).

Über die Frage der Grundstücksqualität, d.h. der im Objekt selbst liegenden Bewertungsumstände oder wertbildenden Faktoren hat das Gericht der Tatsacheninstanz gemäß § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden. Das Revisionsgericht darf nur prüfen, ob die vom Gericht der Tatsacheninstanz vorgenommene Wertermittlung auf Verstößen gegen das sachliche Recht oder auf grundsätzlich fehlerhaften Erwägungen beruht, ob wesentliche Tatsachen außer acht gelassen und Denkgesetze oder zwingende Erfahrungssätze verletzt worden sind (ständige Rechtsprechung; vgl. BGHZ 39, 198/219; BayObLGZ 1994, 362/367).

Gemäß diesen Grundsätzen ist die Bestimmung des Verkehrswerts des streitgegenständlichen Landstreifens durch die Vorinstanzen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat sich bei der Beurteilung der Qualität des Landstreifens aus dem Flst. 1636 auf das vom Landgericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen K. gestützt und ist diesem Gutachten aufgrund eigener Würdigung gefolgt. Es hat dargelegt, dass sich die Bewertung daran zu orientieren habe, dass der streitgegenständliche Landstreifen der Vergrößerung der angrenzenden Hausgrundstücke dienen könne. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind nicht begründet.

Für die Wettermittlung ist die höchstzulässige Nutzung des Grundstücks maßgebend (Battis/Krantzberger/Löhr BauGB 7. Aufl. § 194 Rn. 9). Kann die zu bewertende Grundstücksfläche jedem der angrenzenden Grundstücke zugemessen werden, ist für die Wertermittlung die höhere Wertigkeit bestimmend. Bei der streitgegenständlichen Tauschfläche aus dem Flst. 1636 ist sowohl eine Zumessung zum angrenzenden Grünland als auch eine Zumessung zu den angrenzenden Hausgrundstücken objektiv möglich. Da das Berufungsgericht im Verhalten der Eigentümer der angrenzenden Hausgrundstücke rechtsfehlerfrei ein bestehendes Kaufinteresse erkennen konnte, ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Verkehrswerts von der höheren Grundstücksqualität "Hausgarten" ausgegangen ist.

Da Grundlage der Wertermittlung die höchstzulässige Nutzung des Grundstücks ist, musste das Berufungsgericht dem Vorbringen des Beklagten, die Parteien hätten sich auf eine Zumessung der streitgegenständlichen Tauschfläche aus Flst. 1636 zur Grünlandfläche Flst. 1637 des Beklagten geeinigt, nicht weiter nachgehen. Der Wert des Grundstücks bestimmte sich auch dann nach der höchstzulässigen Nutzung als Hausgarten, wenn es zuträfe, dass die Gemeinde sich durch Vereinbarung mit dem Beklagten für eine Veräußerung zur Nutzung als Grünland mit entsprechender niedrigerer Wertigkeit entschieden hätte. Auch der in einem solchen Verhalten der Gemeinde liegende Verzicht auf eine Realisierung des vollen Grundstückswerts wäre nämlich ein Verstoß gegen das Verbot der Veräußerung von Gemeindevermögen unter Wert (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 GO).

Bei der Ableitung des Bodenwerts für die Qualität "Hausgarten" durfte sich das Berufungsgericht daran orientieren, dass der streitgegenständliche Landstreifen der Vergrößerung der Gärten bereits bebauter Wohngrundstücke dienen kann. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen hat es das Berufungsgericht als wesentlich angesehen, dass der Landstreifen für die Bebauung nicht unbedingt nötig ist, sich jedoch in unmittelbarer Verbindung zu den jeweils mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken befindet und sich somit als erweiterter Hausgarten nutzen lässt. Den hier relevanten Bodenwert von DM 180,--/m² für Gartenland im Zusammenhang mit einem bebauten Wohngrundstück hat das Berufungsgericht, gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen, durch entsprechende Abschläge von dem vom Sachverständigen ermittelten Wert von DM 720,--/m² für vergleichbare unbebaute Baugrundstücke gefunden. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

bb) Die Veräußerung des gemeindlichen Grundstücks unter Wert führt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts.

Nach Art. 75 Abs. 3 Satz 1 GO, der auf das entsprechende verfassungsrechtlich normierte Verbot des Art. 12 Abs. 2 Satz 2 BV verweist, sind die Verschenkung und die unentgeltliche Überlassung von Gemeindevermögen unzulässig. Eine gegen dieses gesetzliche Verbot verstoßende Verfügung der Gemeinde ist nach § 134 BGB nichtig (BayObLGZ 1983, 85/91; Meder Die Verfassung des Freistaates Bayern 4. Aufl. Art. 12 Rn. 18; Nawiasky/Leusser/Schweiger Die Verfassung des Freistaates Bayern Art. 12 Anm. 9a; Prandl/Zimmermann/Büchner Kommunalrecht in Bayern Art. 75 GO Anm. 14).

Nichts anderes gilt grundsätzlich bei einem Verstoß gegen das in Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO enthaltene Gebot, Vermögensgegenstände in der Regel nicht unter ihrem Wert zu veräußern (vgl. BayObLGZ 1995, 225/226 f.; Prandl/Zimmermann/Büchner aaO Art. 75 GO Anm. 7; Hölzl/Hien Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern Art. 75 Anm. 2).

(1) § 134 BGB ordnet für ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nicht ausnahmslos Nichtigkeit an. Während festgestellte Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts ohne weiteres zu dessen Nichtigkeit führt (§ 138 BGB), macht § 134 BGB diese Rechtsfolge davon abhängig, dass sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. § 134 BGB kann deshalb nicht ohne Rückgriff auf das verletzte Verbot angewendet werden. ordnet diese Regelung selbst eine Rechtsfolge an, ist sie maßgeblich; fehlt eine verbotseigene Rechtsfolgenregelung, so sind Sinn und Zweck des verletzten Verbots entscheidend (ständige Rechtsprechung; vgl. BGHZ 143, 283/286 m.w.N.). Dies erfordert eine normbezogene Abwägung, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen bzw. bestehen zu lassen (vgl. BGHZ 115, 123/125 m.w.N.; BGHZ 143, 283/286). Entscheidend ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg (BGHZ 118, 142/144).

Verträge, durch deren Abschluss beide Vertragspartner ein gesetzliches Verbot verletzen, sind im allgemeinen nichtig (ständige Rechtsprechung seit RGZ 60, 273; vgl. BGHZ 143, 283/287). Der Bundesgerichtshof hat andererseits schon wiederholt Rechtsgeschäfte auch dann als nichtig angesehen, wenn sich das Verbot nur gegen einen der Partner richtete, falls es nämlich mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen (vgl. BGHZ 118, 142/145 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

(2) Die Veräußerung eines Vermögensgegenstandes durch eine Gemeinde zu einem erheblich unter dem Verkehrswert liegenden Preis bedeutet eine teilweise unentgeltliche Zuwendung (vgl. BGHZ 47, 30/39). Im Staats- und Verwaltungsrecht gilt der sich aus dem Verfassungsrecht ergebende Grundsatz, dass der Staat kein Recht zu "Geschenken" hat (BGHZ 47, 30/39 f. m.w.N.; BayObLGZ 1995, 225/226). Aus diesem Grundsatz hat der Bundesgerichtshof bereits die Folgerung gezogen, dass "vieles dafür spreche", das Verbot, Vermögensgegenstände unter ihrem Wert zu veräußern, zumindest insoweit als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB anzusehen, als es sich auf unentgeltliche Zuwendungen an Private beziehe, die unter keinerlei Gesichtspunkten als durch die Verfolgung legitimer öffentlicher Aufgaben im Rahmen einer an den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit orientierten Verwaltung gerechtfertigt erachtet werden könnten (BGHZ 47, 30/40). Ein solcher Fall liegt hier vor. Daher muss der Verstoß gegen Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO hier die, privatrechtliche Unwirksamkeit der Vereinbarung über den Wertausgleich zur Folge haben (vgl. BayObLGZ 1995, 225/227). Die Nichtigkeit des gesamten Vertrages folgt aus § 139 BGB. Umstände, die für eine Teilnichtigkeit sprechen könnten, sind nicht vorgetragen.

cc) Die Rechtsfolge der Nichtigkeit eines unter Verstoß gegen Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO vorgenommenen Rechtsgeschäfts der Gemeinde entfällt auch nicht deshalb, weil die in Art. 75 Abs. 5 und 6 GO a.F. vorgesehene Genehmigungspflicht für die Veräußerung von gemeindlichen Vermögensgegenständen unter ihrem Wert durch Gesetz vom 10.8.1990 (GVB1 S. 268) entfallen ist (a.A. Mayer BayVB1 1994, 65). Der amtlichen Begründung dieses Gesetzes (LT-Drucks 11/15729) ist als Motiv des Gesetzgebers für den Wegfall der Genehmigungspflicht zu entnehmen, dass diese als nicht mehr zeitgemäß angesehen wurde; die bayerischen Kommunen seien aufgrund ihrer personellen Ausstattung und ihrer Erfahrung in der Lage, die einschlägigen Fragen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung in eigener Regie zu beurteilen. Der Wegfall des früher in Art. 75 Abs. 5 und 6 GO festgelegten Genehmigungsvorbehalts stellt sich somit als Teilaspekt einer kommunalen Funktionalreform dar. Eine Änderung der materiellen Rechtslage ist hierdurch nicht eingetreten (vgl. Ziff. 1 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 15.5.1992, AllMB1 1992, 535).

b) Im Hinblick auf die sich aus §§ 134, 139 BGB ergebende Nichtigkeit des Tauschvertrages konnte das Berufungsgericht davon absehen, sich mit der Wirksamkeit der von der Klägerin erklärten Anfechtung des Tauschvertrages zu befassen.

c) Die Rüge des Revisionsklägers, das Urteil des Berufungsgerichts sei unter Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs als Überraschungsentscheidung ergangen, erweist sich schon deshalb als unbegründet, weil die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Berufungsgericht weitgehend den Gründen entspricht, die bereits für das Urteil des Landgerichts maßgebend waren.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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