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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 22.02.2001
Aktenzeichen: RE-Miet 2/00
Rechtsgebiete: MHG, ZPO


Vorschriften:

MHG § 1 Satz 3
MHG § 2
ZPO § 541
Allein nur weil die Mieter eine Werkmietwohnung zu einem Unterhalt der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Mietzins überlassen wird, besteht für den Vermieter nicht die Verpflichtung, bei einer Mieterhöhung nach § 2 MHG den ursprünglichen proportionalen Abstand zwischen Ausgangsmiete und der ortsüblichen Vergleichsmiete einzuhalten.
BayObLG Beschluss

LG München I - 14 - 6188/00; AG München 463 C 24334/98

RE-Miet 2/00

22.02.01

BayObLGZ 2001 Nr. 12

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts erlässt unter Mitwirkung des Präsidenten Gummer sowie der Richter Kenklies und Zwirlein

am 22. Februar 2001

in dem Rechtsstreit

wegen Mieterhöhung,

auf Vorlage des Landgerichts München I folgenden

Rechtsentscheid

Tenor:

Allein aus der Tatsache, dass der Vermieter dem Mieter eine Werkmietwohnung zu einem unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Mietzins überlassen hat, kann nicht geschlossen werden, dass der Vermieter bei einer Mieterhöhung nach _ 2 MHG den ursprünglichen proportionalen Abstand zwischen Ausgangsmiete und der ortsüblichen Vergleichsmiete einzuhalten hat. Ist im Streitfall davon auszugehen, dass in der Wohnungsüberlassung zu reduziertem Mietzins eine Mieterhöhungsbeschränkung im Sinne von _ 1 Satz 3 MHG liegt, so ist dieser hinreichend Rechnung getragen, wenn der erhöhte neue Mietzins nominal um den Unterschiedsbetrag zwischen ursprünglicher Ausgangs- und Vergleichsmiete unter der nunmehrigen ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt.

Gründe:

I.

Mit Formularmietvertrag vom 10.10.1990 hat die Klägerin an die Beklagten eine 94 m² große Werkmietwohnung in München zu einer Grundmiete von DM 940,-- (DM 10,--/m²) vermietet, in dem es u.a. heißt:

Zwischen... und... wird mit Rücksicht auf den Arbeitsvertrag vom 7.7.1988 folgender Mietvertrag geschlossen:

Paragraph 1

Mieträume

1. Vermietet wird in dem Hause... die abgeschlossene Werkmiet-Wohnung Nr....

Paragraph 2

Mietdauer und Kündigung

Das Mietverhältnis beginnt am 01.10.90. Es läuft auf unbestimmte Zeit. Nachdem das Mietverhältnis mit Rücksicht auf die Beschäftigung des Mieters bei der... (Klägerin) begründet ist, gelten für die Kündigung die Vorschriften der Paragraphen 565 b bis 565 d BGB.

Paragraph 3

Miete und Nebenkosten

1.

Die Miete beträgt monatlich 940,00 DM

...

5. Der Vermieter ist berechtigt, die Miete nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu erhöhen.

Paragraph 4

Zahlung der Miete und der Nebenkosten

1. Bezieht der Mieter Dienstbezüge, Gehalt, Ruhegehalt oder Hinterbliebenenversorgung vom Vermieter, dann werden monatlich die Miete und die Nebenkosten davon abgezogen und einbehalten.

...

Mit Schreiben vom 20.3.1998 hat die Klägerin die Beklagten aufgefordert, einer Erhöhung der seit Vertragsbeginn unveränderten Grundmiete auf DM 1222,-- (DM 13,--/m²) ab 1.6.1998 zuzustimmen. sie hat sich dabei auf den Mietspiegel der Landeshauptstadt München bezogen und eine ortsübliche Vergleichsmiete von DM 17,69/m² errechnet. Die Beklagten haben diese Erhöhung abgelehnt. Daraufhin hat die Klägerin am 5.8.1998 Klage auf Zustimmung zu der Erhöhung erhoben. Die Beklagten halten die Erhöhung für unzulässig. Sie sind der Auffassung, dass das Miethöhegesetz (MHG) auf eine Werkmietwohnung eines öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers nicht anwendbar ist. Die Klägerin könne sich nicht auf den Mietspiegel der Landeshauptstadt München berufen, da die streitgegenständliche Wohnung nicht dem freien Wohnungsmarkt zur Verfügung stehe. Das Erhöhungsverlangen verstoße überdies gegen den teilweisen Ausschluss der Mieterhöhung, der in der Vereinbarung einer gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete niedrigeren Miete liege und dazu führe, dass die Klägerin die Miete nur in dem Verhältnis erhöhen dürfe, das zwischen der zuletzt vereinbarten Miete und der in diesem Zeitpunkt ortsüblichen Vergleichsmiete bestanden habe. Das Amtsgericht hat ein Sachverständigengutachten über den Mietwert der streitgegenständlichen Wohnung erholt. Dieses ist zum Ergebnis gekommen, dass die zum 1.10.1990 vereinbarte Miete 40,4 % unter der ortsüblichen Vergleichsmiete gelegen hat, während der nunmehr verlangte Mietzins um 34,38 % unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Anwendbarkeit des MHG und die Zulässigkeit der Beiziehung des Mietspiegels der Landeshauptstadt München bejaht. Es ist der Auffassung, dass die Parteien im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis von der Bemessung einer günstigen Miete ausgegangen seien, ohne jedoch zugrunde zu legen, dass ein prozentual genau umrissener Abstand zur ortsüblichen Vergleichsmiete einzuhalten sei. Da der verlangte Mietzins über 30 % unter dem ortsüblichen Mietzins liege, sei er weiterhin als günstig anzusehen, auch wenn der ursprüngliche Abstand zwischen vereinbarter Miete und damaliger ortsüblicher Vergleichsmiete 40,4 % betragen habe.

Die Beklagten haben Berufung eingelegt. Das Landgericht hat beschlossen (WM 2000, 671), einen Rechtsentscheid zu folgender Frage zu erholen:

Darf bei einer Mieterhöhung nach § 2 MHG der proportionale Abstand der für eine Werkmietwohnung geforderten erhöhten Miete zu der ortsüblichen Vergleichsmiete kleiner werden als dieser bei der letzten vertraglichen Vereinbarung der Mietzinshöhe war, wenn die Werkmietwohnung dem Mieter bei ihrer Anmietung zu einem unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Mietzins (sog. Vergunstmiete) überlassen worden und im Streitfall davon auszugehen ist, dass in der Wohnungsüberlassung zu einer Vergunstmiete eine Mieterhöhungsbeschränkung im Sinne von § 1 Satz 3 MHG liegt?

Es hat hierzu ausgeführt, die Überlassung einer Werkmietwohnung an einen Arbeitnehmer zu einer verbilligten Vorzugsmiete sei regelmäßig Ausfluß der sozialen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. In der Überlassung einer Werkmietwohnung zu einer die ortsübliche Miete unterschreitenden Vergunstmiete sei - entsprechend dem arbeitsrechtlichen Vertrauensgrundsatz auf den Fortbestand einer Sozialleistung - eine (konkludente) mieterhöhungsbeschränkende Vereinbarung im Sinne von § 1 Satz 3 MHG zu sehen. Für die Begründetheit der Klage sei von entscheidender Bedeutung, ob sich bei der Mieterhöhung der proportionale Abstand des Mietzinses bei Abschluss des Mietvertrages bzw. der letzten einvernehmlichen Mietanhebung zur ortsüblichen Miete verringern dürfe. Die Beantwortung der obergerichtlich noch nicht entschiedenen Frage sei für eine Vielzahl von Vertragsmietverhältnissen über Werkmietwohnungen mit Vorzugsmieten von grundsätzlicher Bedeutung. Das Landgericht möchte die zur Entscheidung vorgelegte Frage verneinen.

II.

1. Die Vorlage an das Bayerische Oberste Landesgericht (vgl. BayObLGZ 1991, 348/350) ist statthaft (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO, BayObLGZ 1989, 319/321). Die Voraussetzungen für einen Rechtsentscheid sind auch im übrigen gegeben.

a) Bei der vom Landgericht als Berufungsgericht vorgelegten Frage handelt es sich um eine Rechtsfrage, die sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergibt (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zwar betrifft die Frage die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages: Sie befasst sich nämlich damit, ob dem mit Rücksicht auf den zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag zu einer gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete verbilligten Miete abgeschlossenen Vertrag eine Beschränkung der Mieterhöhungsmöglichkeit dahin entnommen werden kann, dass das ursprüngliche Verhältnis zur ortsüblichen Miete gewahrt bleiben muss. Gleichwohl geht es dabei im Kern um eine Rechtsfrage im Sinne des § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Denn ausgelegt werden soll ein Formularvertrag, den die Klägerin für eine Vielzahl von ihr vorgehaltener Werkmietwohnungen verwendet und der typisierte Bestimmungen enthält. In einem solchen Fall kann auch die (ebenfalls typisierende) Auslegung Gegenstand eines Rechtsentscheides sein (BayObLGZ 1998, 345/347; Landfermann/Heerde Sammlung der Rechtsentscheide in Wohnraummietsachen - RES - Bd. XII Einf. 11 2 m.w.N.).

b) Die Frage ist entscheidungserheblich, weil bei ihrer Bejahung das dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin stattgebende Urteil des Amtsgerichts zu bestätigen und die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen wäre. Die Entscheidungserheblichkeit ist grundsätzlich aus der rechtlichen Sicht des Landgerichts zu beurteilen. Das zum Rechtsentscheid berufene Gericht ist nur dann nicht an die rechtliche Würdigung des vorlegenden Gerichts gebunden, wenn diese unhaltbar oder verfassungswidrig ist (BayObLG WM 1991, 18; Zöller/Gummer ZPO 22. Aufl. § 541 Rn. 63). Das Landgericht geht von der Anwendbarkeit des § 2 MHG auf das streitgegenständliche Mietvertragsverhältnis aus, hält das Mieterhöhungsverlangen nicht für mitbestimmungspflichtig und lässt zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens die Berufung auf den Mietspiegel der Landeshauptstadt München zu. Weiter nimmt es an, dass in der Überlassung einer Werkmietwohnung zu einer Vorzugsmiete (Vergunstmiete) eine Mieterhöhungsbeschränkung im Sinne von § 1 Satz 3 MHG liegt. Diese Annahmen des Landgerichts sind weder unhaltbar noch verfassungswidrig.

Dies gilt auch für die Schlussfolgerung des Landgerichts, aus der Vereinbarung einer niedrigeren als der ortsüblichen Marktmiete ergebe sich ein teilweiser Mieterhöhlungsausschluss (BGHZ 26, 310/316; LG Freiburg WM 1981, 212/213; AG Hamburg-Blankenese WM 1989, 395/396; Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 7. Aufl. § 1 MHG Rn. 30).

c) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage ergibt sich schon aus der vom Landgericht erwähnten Vielzahl anhängiger Verfahren mit derselben Fragestellung sowie daraus, dass die Frage unterschiedlich beantwortet werden kann und jedenfalls in der obergerichtlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt ist.

2. Der Senat fasst die Frage ohne Veränderung ihres rechtlichen Kerns neu (BayObLGZ 1989, 406/409) und beantwortet sie so, wie der Entscheidungssatz lautet.

a) Nach der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum liegt in der Vereinbarung eines niedrigeren als des ortsüblichen Mietzinses kein Ausschluss (§ 1 Satz 3 MHG) einer späteren Mieterhöhung auf das ortsübliche Mietniveau; auch bei einer Gefälligkeitsmiete ist die Anhebung des Mietzinses auf das ortsübliche Mietniveau zulässig (LG Freiburg WM 1981, 212; AG Hamburg-Blankenese WM 1989, 395/396; Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. [1999] III.A Rn. 311; Schmidt-Futterer/Blank Wohnraumschutzgesetze 6. Aufl. § 1 MHG Rn. C 39a; Barthelmess Wohnraumkündigungsschutzgesetz Miethöhegesetz 5. Aufl. § 2 MHG Rn. 45; Korff NJW 1975, 2281/2282; Blank PiG 40, 143/153; Röder MDR 1982, 276/277; a.A. Derleder NJW 1975, 1677/1679).

Allerdings wird hiervon eine Ausnahme bei mietzinsreduzierten Werkmietwohnungen gemacht mit der Begründung, bei ihnen lägen besondere Gründe im Sinne des § 1 Satz 3 MHG vor, die es rechtfertigten, den Vermieter an den Abstand bzw. dem Äquivalenzverhältnis von ortsüblicher Miete zur Ausgangsmiete im wesentlichen festzuhalten. Die Mietpreisreduzierung einer Werkswohnung stelle eine im Arbeitsverhältnis wurzelnde Sozialleistung dar, auf deren Fortbestand der Arbeitnehmer nach den arbeitsrechtlichen Grundsätzen vertrauen könne. Für den Arbeitnehmer stelle ein günstiger Mietzins eine Bargeldleistung neben dem eigentlichen Lohn dar, nach dem er seinen Lebenszuschnitt in schutzwürdiger Weise ausrichte. Aufgrund dieser Verknüpfung von Arbeits- und Mietverhältnis könne er anders als ein "gewöhnlicher" Mieter auf eine Fortschreibung dieses Äquivalenzverhältnisses vertrauen (Röder aaO S. 277). Dieser Auffassung wird im Schrifttum weitgehend gefolgt, wobei der Anspruch des Mieters auf Beibehaltung des Abstandes zwischen ortsüblicher und tatsächlicher Miete im Kern aus dem Arbeitsverhältnis abgeleitet wird (MünchKomm/Völskow BGB 3. Aufl. § 2 MHG Rn. 22; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Mietrecht 7. Aufl. [19991 2 MHG Rn. 109; Schmidt-Futterer/Blank Wohnraumschutzgesetze 6. Aufl. § 1 MHG Rn. C 39b; Beuermann Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum 2. Aufl. § 1 MHG Rn. 22).

Nach anderer Auffassung ist der Vermieter einer Werkwohnung bei einem Mieterhöhungsverlangen nur dann an den ursprünglichen Abstand zwischen reduzierter und ortsüblicher Miete gebunden, wenn die Parteien nicht nur einen gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete günstigen Ausgangsmietzins vereinbaren, sondern bewusst und gewollt in Kenntnis der konkreten Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete einen prozentual genau umrissenen Abstand zur ortsüblichen Vergleichsmiete einhalten wollten (LG Freiburg WM 1981, 212/213; AG Hamburg-Blankenese WM 1989, 395/396; Sternel Mietrecht 3. Aufl. III Rn. 543; Barthelmess Wohnraumkündigungsschutzgesetz Miethöhegesetz 5. Aufl. § 2 MHG Rn. 45; Korff NJW 1975, 2281/2282).

b) Der Senat ist der Auffassung, dass eine bindende Festlegung auf Fortschreibung des ursprünglichen proportionalen Abstands zwischen Ausgangsmiete und ortsüblicher Vergleichsmiete nicht daraus hergeleitet werden kann, dass eine Werkmietwohnung zu einem Mietzins unterhalb der Vergleichsmiete überlassen wurde.

Das Landgericht hat - für den Senat bindend (vgl. II 1 b dd) - den Mietvertrag im Hinblick auf seinen Bezug zu dem zwischen den Parteien gemäß § 1 Satz 3 MHG geschlossenen Arbeitsvertrag dahin ausgelegt, dass die Parteien eine Beschränkung der Mietzinserhöhung nach § 2 MHG vereinbart haben. Auch die Frage, wie weit das Recht des Vermieters zur Mietzinserhöhung eingeschränkt ist, richtet sich nach dem übereinstimmenden Parteiwillen (vgl. Staudinger/Emmerich § 1 MHG Rn. 12). Ergibt sich dieser - wie hier - nicht ausdrücklich aus den getroffenen Vereinbarungen, sondern lediglich aus den Umständen, so ist der Parteiwille durch Auslegung nach § 133, § 157 BGB mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) anhand der Interessenlage im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu ermitteln (vgl. BGHZ 26, 310/315).

aa) Vergibt der Arbeitgeber, ohne durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag dazu verpflichtet zu sein, mit Rücksicht auf den Arbeitsvertrag eine Wohnung zu einem reduzierten Mietzins an den Arbeitnehmer, handelt es sich um eine freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers. Dieser entscheidet, ob, in welchem Umfang und welcher Art er diese gewähren will (BAG AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen Bl. 2 R). Es liegt somit auch in der Entschließungsfreiheit des Arbeitgebers, eine Werkmietwohnung zu einem günstigen Ausgangspreis zur Verfügung zu stellen. Es wäre ihm unbenommen, seine Werkswohnungen zu einem geringen oder ohne Mietabschlag gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete zu vermieten. Hat sich der Vermieter - wie das Landgericht hier annimmt - gemäß § 1 Satz 3 MHG verpflichtet, bei künftigen Mieterhöhungen nur eine gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete günstige Miete zu verlangen, so steht die grundsätzliche Entschließungsfreiheit des Arbeitgebers über die Ausgestaltung freiwilliger sozialer Leistungen der Annahme einer von ihm gewollten Bindung an einen festen, sich aus dem Verhältnis der Ausgangsmiete und der zu diesem Zeitpunkt ortsüblichen Vergleichsmiete ergebenden prozentualen Abstand entgegen. Nach allgemeiner Auffassung führt die Vereinbarung einer günstigen Ausgangsmiete für eine Werkwohnung nicht zu einem völligen Erhöhungsausschluss. Die Parteien haben im vorliegenden Fall im Mietvertrag (§ 3 Nr. 5) zudem ausdrücklich bestimmt, dass der Vermieter berechtigt ist, die Miete nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu erhöhen. Aus dem Wortlaut des Vertrags ergibt sich kein Anhaltspunkt, dass die Parteien den Spielraum des Vermieters für spätere Mieterhöhungen über seine aus dem günstigen Ausgangsmietpreis abgeleitete Verpflichtung, weiterhin günstig zu vermieten, auf eine bestimmte Marge unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete einengen wollten.

bb) Der Senat verkennt andererseits nicht, dass die Mietvergünstigung des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer eine geldwerte Leistung neben dem eigentlichen Arbeitslohn darstellt und dieser seinen privaten Lebenszuschnitt darauf ausrichtet und für die Dauer des Arbeitsverhältnisses ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass seine durch die günstige Miete mitbestimmten Einkommensverhältnisse im wesentlichen erhalten bleiben (vgl. Röder aaO S. 277). Diesem Bestandsinteresse gebührt aber nicht der uneingeschränkte Vorrang vor dem Vermieterinteresse. Der Gesetzgeber des MHG wollte nicht nur den Mieter vor übersteigerten Mieterhöhungen schützen, sondern auch dem Interesse des Vermieters an einer angemessenen Verwertung seines Eigentums Rechnung tragen (vgl. BT-Drucks. 7/2011; BVerfG NJW 1979, 31). Beide Ziele können nur unter gegenseitiger Berücksichtigung der für beide Parteien im Zeitpunkt des Mieterhöhungsverlangens maßgeblichen Umstände, der wirtschaftlichen Situation des Vermieters der Werkswohnung einerseits und dem berechtigten Interesse des Mieters auf verlässliche finanzielle Dispositionen andererseits, erreicht werden. Jedenfalls kann dabei eine Bindung des Vermieters an das proportionale Verhältnis von ursprünglicher Ausgangs- und Vergleichsmiete nicht allein aus dem Umstand geschlossen werden, dass der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine Werkmietwohnung zu einem vergünstigten Mietpreise überlässt., Eine solche Annahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn beide Parteien bei Vereinbarung des günstigen Ausgangsmietpreises konkrete Vorstellungen über die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete hatten und dieses Verhältnis bewusst und gewollt als Maßstab zukünftiger Mieterhöhungen zugrunde legen. Findet sich für einen solchen Vertragswillen weder im Mietvertrag oder im Arbeitsvertrag noch in den begleitenden Vertragsumständen ein Anhaltspunkt, kann eine Festschreibung des prozentualen Abstandes von Ausgangsmiete und Vergleichsmiete für künftige Mieterhöhungen nicht angenommen werden (LG Freiburg aaO S. 213; AG Hamburg-Blankenese aaO S. 396; Sternel aaO Rn. 543; Barthelmess aaO Rn. 45). Etwas anderes könnte dann gelten, wenn der Arbeitgeber den Mietzins für die überlassene Werkmietwohnung bei wiederholten Mieterhöhungen unter Berücksichtigung des Abstandes von Ausgangsmiete und ortsüblicher Vergleichsmiete verlangt hat und sich daran für die Zukunft im Wege konkludenter Vertragsänderung (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. § 305 Rn. 4) bzw. durch betriebliche Übung (vgl. Schaub Arbeitsrechthandbuch 9. Aufl. [2000] § 111 Rn. 25) gebunden hat.

c) Es ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, im Einzelfall zu entscheiden, ob und wie eine ursprünglich vereinbarte Mietvergünstigung bei Mieterhöhungen zu beachten ist. Dabei wird er in Rechnung stellen müssen, dass die Parteien von Mieterhöhungen ausgegangen sind, die sich an dem Wert der ursprünglich gewährten Vergünstigung orientieren. Soweit nicht aus dem Einzelfall abgeleitete besondere Umstände vorliegen, ist nach Auffassung des Senats die vereinbarte Mieterhöhungsbeschränkung im sinne des § 1 Satz 3 MHG hinreichend beachtet, wenn der erhöhte Mietzins nominal um den Unterschiedsbetrag zwischen ursprünglicher Ausgangs- und Vergleichsmiete unter der nunmehrigen ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt. Der Senat sieht sich dabei in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesarbeitsgerichte (BB 1973, 845/846). Nach dieser könne der Arbeitgeber nicht gezwungen werden, die finanzielle Grundausstattung oder den jährlich vorgesehenen Zuschuss für Werkmietwohnungen zu erhöhen. Vielmehr kämen nach dem Grundgedanken des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Wohnraummietverhältnisse Mieterhöhungen insoweit in Betracht, als der Abstand der Miete von Werkmietwohnungen zu den ortsüblichen Mieten nicht größer werde. Danach ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht gehalten, die gewährte Mietzinsvergünstigung im Verlaufe des Mietverhältnisses auszuweiten, wie es bei der Zugrundelegung eines proportionalen Verhältnisses von ursprünglicher Ausgangs- und Vergleichsmiete als Richtschnur für Mieterhöhungen der Fall wäre. Der Mieter erfährt aber einen Bestandsschutz, der ihm den geldwerten Vorteil aus der bei Vertragsschluss vereinbarten Mietvergünstigung auf Dauer sichert.

Ende der Entscheidung

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