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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 10 UF 17/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VAHRG, VAÜG, SGB IV


Vorschriften:

ZPO § 621 e
ZPO § 629 a Abs. 2
BGB § 242
BGB § 1565 Abs. 2
BGB § 1587 Abs. 1
BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 2
BGB § 1587 c
BGB § 1587 c Nr. 1
BGB § 1587 c Nr. 2
BGB § 1587 c Nr. 3
VAHRG § 1 Abs. 3
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1 S. 2
VAÜG § 4 Abs. 1 Nr. 1
SGB IV § 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 17/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16. Okt. 2007

Verkündet am 16. Okt. 2007

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 19. Dezember 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

am 16. Oktober 2007

beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird in seinem Ausspruch über den Versorgungsausgleich (Ziffer 2. des Tenors) abgeändert.

Zu Lasten der für die Antragstellerin zur Mitglieds-Nummer ... bei der Apothekerversorgung ... bestehenden Versorgungsanwartschaft wird eine nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaft in Höhe von 207,47 € monatlich, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Januar 2006, auf dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung . begründet.

Der Monatsbetrag der zu begründenden nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaft ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens hat die Antragstellerin zu 21 % und der Antragsgegner zu 79 % zu tragen.

Gründe:

I.

Die am ... 1966 geborene Antragstellerin und der am ... 1967 geborene Antragsgegner haben am ... 1995 geheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder F..., geboren am ... 1997 und T..., geboren am ... 1999 hervorgegangen. Die Antragstellerin ist Apothekerin. Der Antragsgegner ist selbständiger Rechtsanwalt.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Trennung, wie die Antragstellerin meint, bereits am 13.12.2004 oder erst am 10.8.2006, so der Antragsgegner, erfolgt ist.

Durch das angefochtene Urteil vom 19.12.2006 hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es zu Lasten der Versorgungsanwartschaft der Antragstellerin bei der Apothekerversorgung . eine Rentenanwartschaft in Höhe von 226,26 € auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners begründet hat. Ferner hat das Amtsgericht im Scheidungsverbundurteil die Ehewohnung der Antragstellerin zugewiesen und die Folgesachen über die elterliche Sorge und den Umgang vom Verbundverfahren abgetrennt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Nachdem der Antragsgegner seine Berufung gegen den Scheidungsausspruch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 18.9.2007 zurückgenommen hat, ist Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens nur noch die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Amtsgerichts über den Versorgungsausgleich. Hierzu trägt sie vor:

Das Amtsgericht habe eine der für den Antragsgegner bei der . Direktversicherung bestehenden Anwartschaften auf eine Lebensversicherung nicht berücksichtigt, obwohl eine entsprechende Auskunft erteilt worden sei.

Fraglich sei auch, ob sämtliche Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners ermittelt worden seien.

Schließlich sei der Versorgungsausgleich auszuschließen. Sie habe während der gesamten Ehezeit sowohl neben ihrer Ausbildung als auch später neben der Kinderbetreuung gearbeitet.

Mit ihrem Einkommen habe sie weitestgehend den Unterhalt der Familie gesichert und die Hauptlast der anfallenden Aufgaben getragen.

Dem Antragsgegner wäre es ohne weiteres möglich gewesen, durch eine eigene Erwerbstätigkeit eine hinreichende Altersvorsorge zu erlangen.

Die Antragstellerin beantragt insoweit,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Versorgungsausgleich auszuschließen.

hilfsweise,

unter Einbeziehung der übergegangenen Anwartschaften des Antragstellers den gesetzlichen Versorgungsausgleich durchzuführen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Die zu seinen Gunsten bestehenden Anwartschaften habe er im Fragebogen zum Versorgungsausgleich vollständig angegeben. Von Pflichtbeiträgen zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte sei er mit Rücksicht auf die Leibrentenversicherung Nr. ... bei der . Direktversicherung befreit worden.

Der Versorgungsausgleich sei nicht auszuschließen. Auch der Antragstellerin sei bei Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt ab April 1998 bekannt gewesen, dass es voraussichtlich mehrere Jahre dauern würde, bis mit dieser Erwerbstätigkeit ein angemessenes Einkommen erzielt werde. In Gesprächen mit der Antragstellerin, teilweise in Anwesenheit Dritter, sei auch mehrfach erörtert worden, dass er, der Antragsgegner, aufgrund seiner Einkünfte lediglich die für eine Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk erforderlichen Mindestaltersvorsorge betreiben könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien angehört. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 18.9.2007 verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 629 a Abs. 2, 621 e ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet. Für den Antragsgegner ist gemäß §§ 1587 Abs. 1, 1587 b Abs. 2 BGB, 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG, 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a VAÜG eine Rentenanwartschaft lediglich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zu begründen. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs, wie er von der Antragstellerin darüber hinaus erstrebt wird, kommt nicht in Betracht.

1.

Die Ehezeit gemäß § 1587 Abs. 2 BGB erstreckt sich über den Zeitraum vom ... 1995 bis zum ... 2006. Ein Hinausschieben des Endes der Ehezeit auf einen späteren Zeitpunkt, wie vom Antragsgegner im Schriftsatz vom 4.4.2007 begehrt, kommt unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, wann die Trennung tatsächlich erfolgt ist, nicht in Betracht.

Der Scheidungsantrag ist dem Antragsgegner am 18.2.2006 zugestellt worden. Die Ehezeit endet gemäß § 1587 Abs. 2 BGB mit dem Ende des Monats, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorausgeht, hier also am 31.1.2006. Es sind ausnahmsweise Fälle denkbar, in denen es gegen Treu und Glauben verstieße, wenn das Ende der Ehezeit ausschließlich nach der Regel des § 1587 Abs. 2 BGB bestimmt würde (vgl. BGH, FamRZ 1986, 335 für den Fall, dass die Parteien ein Scheidungsverfahren übereinstimmend irrig als erledigt angesehen und langfristig wieder ehelich zusammengelebt haben und es um die gemeinsame Teilhabe an der weiter aufgebauten Alterssicherung geht; MünchKomm/ Dörr, BGB, 4. Aufl., § 1587, Rz. 29; Soergel/Lipp, BGB, 13. Aufl., § 1587, Rz. 22). Allein ein möglicherweise vorzeitiges Stellen des Scheidungsantrages vor Ablauf des Trennungsjahres gemäß § 1565 Abs. 2 BGB genügt insoweit nicht. Der Zeitpunkt der Trennung ist für die Bestimmung des Endes der Ehezeit grundsätzlich unerheblich (Staudinger/Rehme, BGB, Neubearb. 2004, § 1587, Rz. 72).

2.

Zu Recht rügt die Antragstellerin, dass das Amtsgericht auf Seiten des Antragsgegners lediglich zwei private Rentenversicherungen bei der . Direkt berücksichtigt hat, obwohl der Antragsgegner selbst in dem Fragebogen zum Versorgungsausgleich drei solche Versicherungen unter Angabe der Versicherungsnummern mitgeteilt und entsprechende Belege beigebracht hat. Neben den Versicherungen zu den Versicherungsnummern . und ., die das Amtsgericht unter Heranziehung der vom Versicherer mitgeteilten Deckungskapitalien von 185,94 € bzw. 120,65 € zutreffend in nichtangleichungsdynamische Anwartschaften von 0,85 € bzw. 0,55 € umgerechnet hat, ist auch die Versicherung des Antragsgegners zur Versicherungsnummer . beim selben Versicherer zu berücksichtigen. Eine entsprechende Auskunft hat der Versicherer bereits dem Amtsgericht gegenüber erteilt. Die Differenz zwischen dem Deckungskapital am Ende der Ehezeit und demjenigen zu Beginn der Ehezeit hat der Versicherer mit 8.217,82 € angegeben. Dass er dabei das Deckungskapital am Ende der Ehezeit mit Null und dasjenige zu Beginn der Ehezeit mit 8.217,82 € angegeben hat, beruht offensichtlich auf einem Versehen. Denn die entsprechende Versicherung ist, wie der Antragsgegner bei seiner Anhörung durch den Senat angegeben hat, erst am 1.9.1999 und damit nach Beginn der Ehezeit abgeschlossen worden und hat am Ende der Ehezeit noch fortbestanden.

Die Umrechnung dieser vom Amtsgericht nicht berücksichtigten Anwartschaft unter Heranziehung der vom Amtsgericht für die übrigen Lebensversicherungen zutreffend angegebenen Umrechnungsfaktoren ergibt einen Betrag von 37,58 € (8.217,82 € x 0,0001750002 = 1,4381 Entgeltpunkte x aktueller Rentenwert 26,13 € = 37,58 €).

3.

Neben der Anwartschaft des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung . und den drei privaten Rentenversicherungen sind bei den weiteren Anwartschaften im Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen. Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren noch einmal bekräftigt, über seine Versorgungsanwartschaften im Fragebogen zum Versorgungsausgleich abschließend Auskunft gegeben zu haben. Insbesondere besteht eine Versorgung beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in ... nicht. Schon in erster Instanz hat der Antragsgegner einen Bescheid des Versorgungswerks vom 27.6.2000 vorgelegt, wonach er mit Wirkung vom 24.9.1999 von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk befreit ist. Auf Nachfrage des Senats im Beschwerdeverfahren hat das Versorgungswerk unter dem 18.7.2007 nicht nur auf den Befreiungsbescheid Bezug genommen, sondern darüber hinaus erklärt, dass Beitragszahlungen an das Versorgungswerk nicht vorgenommen worden seien und eine Anwartschaft deshalb nicht erlangt worden sei.

4.

Somit sind auf Seiten des Antragsgegners folgende nichtangleichungsdynamische Anwartschaften zu berücksichtigen: 41,64 € bei der Deutschen Rentenversicherung ... sowie insgesamt 38,98 € (= 0,85 € + 0,55 € + 37,58 €) aufgrund der privaten Rentenversicherungsverträge bei der ... Direkt. Auf Seiten der Antragstellerin ist neben der nichtangleichungsdynamischen Anwartschaft bei der Apothekerversorgung . in Höhe von 489,12 € die private Rentenversicherung bei der . Direkt mit einem umgerechneten Betrag von 6,43 € zu berücksichtigen. Insgesamt ergeben sich so auf Seiten der Antragstellerin nichtangleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von 495,55 €. Beim Antragsgegner sind dies 80,62 € (= 41,64 € + 38,98 €). Die Differenz der beiderseitigen Anwartschaften stellt sich auf 414,93 €. In Höhe der Hälfte dieses Betrages, also in Höhe von 207,47 €, ist die Antragstellerin dem Antragsgegner gegenüber ausgleichspflichtig.

5.

In Höhe von 204,25 €, nämlich der Hälfte der Differenz zwischen der Anwartschaft der Antragstellerin bei der Apothekerversorgung . und dem Gesamtbetrag der Anwartschaften auf Seiten des Antragsgegners, kann der Ausgleich durch so genanntes analoges Quasi-Splitting gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG erfolgen. Denn die Apothekerversorgung . ist öffentlichrechtlich organisiert.

In der bis zum Erreichen des Gesamtausgleichsbetrages von 207,47 € noch fehlenden Höhe von 3,22 €, also soweit es um die Anwartschaft der Antragstellerin aus der Lebensversicherung in Höhe von 6,43 € geht, erfolgt der Ausgleich durch erweitertes Quasi-Splitting gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG. Dem steht § 4 Abs. 1 Nr. 1 VAÜG nicht entgegen. Denn sowohl das auszugleichende Recht, die private Rentenversicherung der Antragstellerin, als auch das zum Ausgleich heranzuziehende Anrecht, die Anwartschaft bei der Apothekerversorgung ..., sind in ihrer Dynamik vergleichbar. Bei beiden handelt es sich um nichtangleichungsdynamische Anwartschaften. Auch sind genügend zum Ausgleich heranzuziehende nichtangleichungsdynamische Anwartschaften vorhanden. Denn die Antragstellerin verfügt auch nach Durchführung des analogen Quasi-Splittings noch über eine - ehezeitliche - nichtangleichungsdynamische Anwartschaft bei der Apothekerversorgung . in Höhe von 284,87 € (= 489,12 € - 204,25 €). Schließlich übersteigt der Wert der zu begründenden Anrechte, bezogen auf das Ende der Ehezeit, insgesamt zwei vom Hundert des auf einen Monat entfallenden Teils der am Ende der Ehezeit maßgebenden Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV, § 3 b Abs. 1 Nr. 1 S. 2 VAHRG nicht. Denn dieser Betrag beläuft sich auf 49 € (vgl. Brudermüller/ Schürmann, Tabellen zum Familienrecht, 27. Aufl., S. 53), also deutlich mehr als den noch auszugleichenden Betrag von 3,22 €.

6.

Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 c BGB kommt nicht in Betracht.

a)

Ein Fall der Versorgungsvereitelung nach § 1587 c Nr. 2 BGB ist nicht gegeben. Auch wenn die Antragstellerin dem Antragsgegner vorwirft, er habe sich nicht ausreichend um die Erlangung von Versorgungsanwartschaften bemüht, macht sie nicht etwa geltend, der Antragsgegner habe bewusst im Hinblick auf die Trennung und Scheidung unterlassen, Versorgungsanwartschaften zu erlangen. Ihr Vorwurf bezieht sich vielmehr auf die gesamte Ehezeit.

b)

Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 3 BGB sind ebenfalls nicht gegeben. Dafür wäre erforderlich, dass der Antragsgegner während der Ehe längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat. Dies lässt sich aber schon dem Vorbringen der Antragstellerin so nicht entnehmen. Der Antragsgegner war nach Abschluss seiner Ausbildung durchgängig berufstätig. Allein der Umstand, dass seine selbständige Tätigkeit nicht sehr ertragreich war, führt zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere macht die Antragstellerin nicht etwa geltend, die Einnahmen des Antragsgegners wären nicht der Familie zugute gekommen.

c)

Schließlich liegen auch keine Ausschlussgründe im Sinne der Generalklausel (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 c, Rz. 2) des § 1587 c Nr. 1 BGB vor.

Nach dieser Vorschrift findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre. Bei der Vorschrift des § 1587 c Nr. 1 BGB handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der strengere Maßstäbe setzt, als sie bei der Prüfung eines Verstoßes gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB anzulegen sind (BGH, FamRZ 1981, 756, 757; MünchKomm/Dörr, BGB, 4. Aufl., § 1587 c, Rz. 16). Von der Härteklausel ist nur Gebrauch zu machen, wenn die starre Durchführung des Versorgungsausgleichs seinem Grundgedanken in unerträglicher Weise widerspräche (BGH, FamRZ 1982, 909, 910; FamRZ 1987, 923). Zwar ist die Ausgleichspflicht grundsätzlich von der beiderseitigen wirtschaftlichen Lage der Ehegatten unabhängig und die Bedürftigkeit des Ausgleichsberechtigten nicht Voraussetzung des Ausgleichsanspruchs. Indessen kann es eine grobe Unbilligkeit im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB begründen, wenn die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht zu einer ausgewogenen sozialen Sicherheit beider Ehegatten beiträgt, sondern im Gegenteil zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führt. Dazu reicht es jedoch nicht aus, dass der Ausgleichsberechtigte wirtschaftlich besser dasteht. Eine Kürzung des Versorgungsausgleichs unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Ungleichgewichts kommt vielmehr erst in Betracht, wenn der Berechtigte bereits eine ausreichende Versorgung erworben hat, während der Verpflichtete auf die von ihm erworbenen Versorgungsanrechte dringend angewiesen ist (BGH, FamRZ 1982, 258, 259; FamRZ 1982, 909, 910; FamRZ 1987, 923; MünchKomm/Dörr, a.a.O., Rz. 19). Der Verpflichtete ist auf die Versorgungsanrechte insbesondere dann dringend angewiesen, wenn er nicht mehr in der Lage ist, den Verlust seiner Anwartschaften auszugleichen (BGH, FamRZ 1982, 258, 259). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt bereits nach dem Vorbringen der Antragstellerin, welche die Umstände, die eine Anwendung der Härteklausel rechtfertigen, darlegen muss (BGH, FamRZ 1988, 709, 710; FamRZ 1989, 1060, 1061; FamRZ 1992, 47, 48), die Heranziehung des § 1587 c Nr. 1 BGB nicht in Betracht.

Die Antragstellerin ist auf die Versorgungsanrechte nicht dringend angewiesen. Angesichts ihres Alters kann davon ausgegangen werden, dass sie in der Lage ist, den Verlust ihrer Anwartschaften auszugleichen. Dies gilt auch dann, wenn man die Behauptung der Antragstellerin als zutreffend unterstellt, Kindererziehungszeiten würden bei der Ärzteversorgung anders als bei der gesetzlichen Rentenversicherung nicht Berücksichtigung finden. Auf die etwaige Verschlechterung der Aussichten ihrer Kinder im Falle ihres Versterbens durch Kürzung der Halbwaisenrente kommt es ohnehin nicht an. Auch die aufgrund der Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung gewährte Halbwaisenrente würde in gleichem Maße von einem durchgeführten Versorgungsausgleich beeinflusst.

Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Antragsgegner bereits über eine ausreichende Sicherung verfügt. Mit Rücksicht darauf, dass der Antragsgegner zuletzt im März 1998 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt hat und danach durchgehend selbstständig tätig war, in der Ehezeit nur eine Anwartschaft von 41,64 € in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat, und auch seine Anwartschaften aufgrund der abgeschlossenen privaten Rentenversicherungsverträge für die Altersversorgung nicht genügend sind, wird deutlich, dass die Altersversorgung des Antragsgegners nicht jetzt schon ausreichend gesichert ist.

Schließlich ist eine Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB auch unabhängig von den derzeit bestehenden Versorgungslagen der Parteien nicht gerechtfertigt. Die Antragstellerin wirft dem Antragsgegner allein vor, sich nicht ausreichend um eine Altersversorgung gekümmert bzw. diese nicht ausreichend finanziert zu haben. Das reicht für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht aus.

Zwar können auch die persönlichen Lebensumstände im Rahmen von § 1587 c Nr. 1 BGB heranzuziehen sein (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., Rz. 20). Von Bedeutung ist dabei aber, inwieweit der Ausgleichsverpflichtete das Verhalten des Ausgleichsberechtigten hingenommen hat (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1997, 567). So findet § 1587 c Nr. 1 BGB beispielsweise dann keine Anwendung, wenn der Ausgleichsberechtigte ein Studium mit Wissen und Billigung des anderen als reine Liebhaberei ohne reale Aussicht auf Berufschancen betrieben hat (Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., Rz. 21). Gleiches muss erst recht gelten, wenn der Ausgleichpflichtige hinnimmt, dass der Berechtigte einer selbstständigen Tätigkeit nachgeht, die (zunächst) nicht genug abwirft. Die beruflichen Möglichkeiten des Antragsgegners waren der Antragstellerin bekannt. Sie hat bei ihrer Anhörung vor dem Senat selbst angegeben, sie habe einerseits im Zeitpunkt der Eheschließung gewusst, dass der Antragsgegner dem Studium nicht ebenso intensiv nachgegangen sei wie sie, und nur darauf gehofft, ein gutes Vorbild darzustellen, und andererseits Gespräche darüber geführt worden seien, dass der Antragsgegner zunächst keine hohe Einkünfte aus seiner Anwaltstätigkeit wird beziehen können. Auch insoweit hat sie darauf gehofft, dass sich die Verhältnisse ändern werden. Der Umstand, dass die erhoffte Änderung nicht eingetreten ist, macht für sich alleine die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht grob unbillig.

d)

Ein (teilweiser) Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist schließlich auch nicht mit Rücksicht auf die von der Antragstellerin hervorgehobenen Beleidigungen durch den Antragsgegner geboten. Zwar erfasst die Vorschrift des § 1587 c Nr. 1 BGB auch eheliches Fehlverhalten, soweit es ohne wirtschaftliche Relevanz ist (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 1587 c, Rz. 28). Voraussetzung dafür ist aber, dass das Fehlverhalten wegen seiner Auswirkung auf den Partner ganz besonders und in nachhaltiger Weise ins Gewicht fällt (Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 1587 c, Rz. 29). Dies lässt sich in Bezug auf die Äußerungen des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin nicht feststellen.

Die von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 11.9.2007 vorgelegten Äußerungen des Antragsgegners ihr gegenüber durch E-Mails vom 9.7., 23.7. und 6.9.2007 sowie durch Schreiben vom 23.5.2007 lassen zwar erkennen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin gegenüber sehr ablehnend eingestellt ist und seine Äußerungen nicht nur von Sachlichkeit geprägt sind. Als konkreter Vorwurf, der eine Beleidigung bzw. eine üble Nachrede darstellen könnte, ist nur die Wahl der Worte "Lügnerin,,, "Betrügerin,,, "Lügen,, und "Falschdarstellung,, zu werten. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass es sich um einen Austausch im Zusammenhang mit den Trennungs- und Scheidungsfolgen unter dem Eindruck eben der Trennung handelt. Daher dürfen diese Äußerungen nicht überbewertet werden und können insbesondere nicht dazu führen, die Durchführung des Versorgungsausgleichs als grob unbillig zu empfinden.

Soweit der Antragsgegner in seinem Schreiben vom 23.5.2007 für den Fall, dass in der Auseinandersetzung um die Kinder eine für ihn nachteilige gerichtliche Entscheidung getroffen wird, ankündigt, den Umgang mit den Kindern vollständig einzustellen, lässt dies allenfalls Zweifel daran aufkommen, ob dem Antragsgegner wirklich am Wohl der gemeinsamen Kinder gelegen ist. Auswirkungen auf die Entscheidung über den Versorgungsausgleich haben diese Äußerungen nicht.

7.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 Satz 1, 93 a ZPO. Mit Rücksicht auf die Rücknahme der Berufung des Antragsgegners gegen den Scheidungsausspruch ist eine Kostenmischentscheidung veranlasst (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 629 a, Rz. 10). Dabei kommt es, nachdem infolge der Berufungsrücknahme durch den Antragsgegner Feststellungen zu der Frage, wann sich die Parteien getrennt haben, nicht mehr zu treffen ist, nicht darauf an, ob die Voraussetzungen für die Ehescheidung erst im Laufe des Berufungsverfahrens eingetreten sind, wie der Antragsgegner geltend macht. Eine entsprechende Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO, die in solchen Fällen in Betracht zu ziehen ist (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 93 a, Rz. 12) ist nicht gerechtfertigt, wenn es wegen des Ablaufs des Trennungsjahres offen bleibt und bleiben kann, wann die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 2 BGB tatsächlich eingetreten sind (BGH, FamRZ 1997, 347, 348).

Der Schriftsatz des Antragsgegners vom 9.10.2007 gibt keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung.

Ende der Entscheidung

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