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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.06.2007
Aktenzeichen: 10 UF 6/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, HRG, BAföG
Vorschriften:
ZPO § 127 Abs. 2 | |
ZPO § 167 | |
ZPO § 287 | |
ZPO § 538 Abs. 2 | |
BGB § 100 | |
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1 | |
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 14 | |
BGB § 204 Abs. 2 Satz 1 | |
BGB § 209 | |
BGB § 286 | |
BGB § 1603 Abs. 2 | |
BGB § 1605 Abs. 2 | |
BGB § 1606 Abs. 3 | |
BGB § 1609 | |
BGB § 1610 Abs. 2 | |
BGB § 1611 | |
BGB § 1613 Abs. 1 | |
BGB § 1613 Abs. 1 Satz 1 | |
HRG § 10 Abs. 2 | |
BAföG § 15 a |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
10 UF 6/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 5. Juni 2007
Verkündet am 5. Juni 2007
In der Familiensache
hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2007 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 29.11.2006 unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, Ausbildungsunterhalt zu zahlen,
- an die Klägerin zu 1. in Höhe von insgesamt 2.782,42 € für die Zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.9.2006, und
- an die Klägerin zu 2. in Höhe von insgesamt 2.782,42 € für die Zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.9.2006 sowie in Höhe von monatlich 72 € ab dem 1.10.2006.
Der rückständige Unterhalt ist sofort zahlbar und der laufende Unterhalt monatlich im Voraus bis zum 4. eines jeden Monats.
Weiterhin wird der Beklagte verurteilt, an jede Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen, und zwar jeweils
- aus 34,64 € ab dem 4.1.2003,
- aus weiteren 69,15 € ab dem 4.2.2003,
- aus weiteren 69,15 € ab dem 4.3.2003,
- aus weiteren 69,15 € ab dem 4.4.2003,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.5.2003,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.6.2003,
- aus weiteren 69,15 € ab dem 4.7.2003,
- aus weiteren 69,15 € ab dem 4.8.2003,
- aus weiteren 69,15 € ab dem 4.9.2003,
- aus weiteren 69,15 € ab dem 4.10.2003,
- aus weiteren 69,15 € ab dem 4.11.2003,
- aus weiteren 69,15 € ab dem 4.12.2003,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.1.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.2.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.3.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.4.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.5.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.6.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.7.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.8.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.9.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.10.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.11.2004,
- aus weiteren 69,00 € ab dem 4.12.2004,
- aus weiteren 63,00 € ab dem 4.1.2005,
- aus weiteren 62,43 € ab dem 4.2.2005,
- aus weiteren 59,00 € ab dem 4.3.2005,
- aus weiteren 59,00 € ab dem 4.4.2005,
- aus weiteren 59,00 € ab dem 4.5.2005,
- aus weiteren 59,00 € ab dem 4.6.2005,
- aus weiteren 49,00 € ab dem 4.7.2005,
- aus weiteren 49,00 € ab dem 4.8.2005,
- aus weiteren 49,00 € ab dem 4.9.2005,
- aus weiteren 49,00 € ab dem 4.10.2005,
- aus weiteren 49,00 € ab dem 4.11.2005,
- aus weiteren 49,00 € ab dem 4.12.2005,
- aus weiteren 48,00 € ab dem 4.1.2006,
- aus weiteren 48,00 € ab dem 4.2.2006,
- aus weiteren 48,00 € ab dem 4.3.2006,
- aus weiteren 48,00 € ab dem 4.4.2006,
- aus weiteren 48,00 € ab dem 4.5.2006,
- aus weiteren 48,00 € ab dem 4.6.2006,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.7.2006,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.8.2006,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.9.2006.
Ferner wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin zu 2. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen, und zwar
- aus 72,00 € ab dem 4.10.2006,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.11.2006,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.12.2006,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.1.2007,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.2.2007,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.3.2007,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.4.2007,
- aus weiteren 72,00 € ab dem 4.5.2007.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen
- die Klägerin zu 1. zu 40 %,
- die Klägerin zu 2. zu 41 % und
- der Beklagte zu 19 %.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten
- der Klägerin zu 1. zu 17 % und
- der Klägerin zu 2. zu 22 %.
Im Übrigen tragen die Klägerinnen ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 24.579,60 € festgesetzt.
Gründe:
A. Die Klägerinnen verlangen vom Beklagten laufenden und rückständigen Ausbildungsunterhalt für die Zeit ab 1/2002.
Die Klägerinnen sind die Töchter des Beklagten aus seiner geschiedenen Ehe. Die in 3/1980 geborene Klägerin zu 1. legte im Jahr 1999 das Abitur ab. Im Wintersemester 1999/2000 begann sie an der Technischen Universität B... das Studium der Gebäudetechnik. Die in 10/1982 geborene Klägerin zu 2. hat im Jahr 2002 das Abitur bestanden. Seit dem Wintersemester 2002/2003 studiert sie an der H...-Universität zu B... im Studiengang Betriebswirtschaftslehre. Beide Studentinnen leben im Haushalt ihrer Mutter in B.... Sie ist Eigentümerin der Wohnung.
Der im Jahr 1956 geboren Beklagte arbeitet als Drucker. Er ist wiederverheiratet. Aus der Ehe ist die in 2/1987 geborene Tochter S... hervorgegangen. Der Beklagte lebt mit seiner neuen Familie in einem eigenen Einfamilienhaus in M.... In 5/2002 stellte er seine Unterhaltszahlungen an die Klägerinnen ein.
Nach einer längeren vorgerichtlichen Korrespondenz haben die Klägerinnen in 2/2005 im Wege eines Stufenantrags rückständigen und laufenden Ausbildungsunterhalt begehrt. Mit Schriftsatz aus 11/2006 stellten sie einen bezifferten Zahlungsantrag in wechselnder Höhe für die Zeit ab 1/2002.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der beiden Klägerinnen, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgen. Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des AG Strausberg vom 29.11.2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie folgenden Unterhalt zu zahlen,
für die Zeit von Januar bis Dezember 2002 jeweils 268,53 € monatlich, insgesamt also 537,06 € monatlich, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 4. eines jeweiligen Monats, für die Monate Januar bis April 2002 jedoch nur abzüglich der von dem Beklagten geleisteten jeweiligen monatlichen Unterhaltszahlung,
für die Zeit von Januar 2003 bis einschließlich Juni 2003 jeweils 268,53 € monatlich, insgesamt also 537,06 € monatlich, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatzsatz ab dem 4. eines jeden Monats,
für die Zeit von Juli 2003 bis einschließlich Februar 2005 in Höhe von jeweils 268,43 € monatlich, insgesamt also 536,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 4. eines jeweiligen Monats,
ab März 2005 bis einschließlich Juni 2005 in Höhe von jeweils 256,66 € monatlich, insgesamt also 513,32 € monatlich, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 4. eines jeden Monats,
ab Juli 2005 in Höhe von jeweils 240 € monatlich, insgesamt also 480 € monatlich, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 4. eines jeden Monats.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung. Er erhebt die Einrede der Verjährung und Verwirkung. Ferner beruft er sich auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit mit Blick auf seine tatsächlichen Einkünfte sowie seine vorrangige Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Tochter S....
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung der Klägerinnen führt teilweise zum Erfolg.
Da die nach § 538 Abs. 2 ZPO erforderlichen Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht nicht dargelegt sind, ist vom Senat in der Sache selbst zu entscheiden. Danach schuldet der Beklagte jeder Klägerin für den Zeitraum von 1/2003 bis 9/2006 einen rückständigen Ausbildungsunterhalt in Höhe von insgesamt 2.782,42 €. Für die Zeit ab 10/2006 hat nur noch die Klägerin zu 2. Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Dieser beläuft sich auf monatlich 72 €. Das weitergehende Unterhaltsverlangen der Klägerinnen ist nicht begründet.
I. Verjährung
Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung der Klageforderung ist für die im Jahr 2002 entstandenen Unterhaltsansprüche der Klägerinnen begründet. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.
1.
Seit dem 1.1.2002 verjähren Unterhaltsansprüche in drei Jahren (§§ 197 Abs. 2, 195 BGB). Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger die entsprechenden Kenntnisse erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB).
Für die von den beiden Klägerinnen geltend gemachten rückständigen Unterhaltsleistungen für die Monate 1 bis 12/2002 begann die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres 2002, in dem sie fällig geworden sind, somit frühestens am 1.1.2003. Im Jahr 2005 ist durch den im vorliegenden Verfahren eingereichten Prozesskostenhilfeantrag der Klägerinnen gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB eine Hemmung der Verjährung von neun Monaten und drei Tagen eingetreten.
Mit Einreichung ihres Stufenklageantrags und des Prozesskostenhilfegesuchs der Klägerinnen beim Amtsgericht am 14./15.2.2005, die bereits am 16.2.2005 an den Beklagten übersandt wurden, hat entsprechend § 167 ZPO eine Hemmung der Verjährung zu laufen begonnen. Nach der teilweisen Prozesskostenhilfebewilligung durch Beschluss des Amtsgerichts vom 6.4.2005, unter Berücksichtigung der Beschwerdefrist von einem Monat gemäß § 127 Abs. 2 ZPO und nach Ablauf von weiteren sechs Monaten endete die Hemmung gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB am 16.11.2005.
Weitere hemmende Ereignisse sind nicht vorgetragen und nach den Umständen auch nicht zu erkennen. Unter Berücksichtigung der verjährungshemmenden Wirkung des Prozesskostenhilfeverfahrens verlängerte sich die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 209 BGB über den 31.12.2005 hinaus um die Dauer der Hemmung von neun Monaten und drei Tagen. Damit ist im Verlauf des Monats 10/2006 die Verjährung der Unterhaltsansprüche der Klägerinnen für die Zeit von 1 bis 12/2002 eingetreten.
Der Eintritt der Rechtshängigkeit der vorliegenden Unterhaltsklage ist durch die Zustellung des Zahlungsantrags der Klägerinnen vom 21.11.2006 am 1.12.2006 erfolgt. An diesem Tag war die Verjährungsfrist für die Unterhaltsforderungen aus dem Jahr 2002 aber bereits abgelaufen. Der Klageerhebung kommt daher insoweit keine Hemmungswirkung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu.
2.
Für die im Kalenderjahr 2003 entstandenen Unterhaltsansprüche der Klägerinnen begann die Verjährungsfrist am 1.1.2004. Sie konnte deshalb frühestens am 31.12.2006 enden. Der Fristablauf ist jedoch durch den am 1.12.2006 zugestellten Zahlungsantrag vom 21.11.2006 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Der Umfang der Hemmung wird durch den Streitgegenstand dieser Antragsschrift bestimmt. Die darin geltend gemachten Unterhaltsansprüche beider Klägerinnen ab 1/2003 sind folglich nicht verjährt.
II. Verwirkung
Der Verwirkungseinwand des Beklagten führt nicht zum Erfolg.
1.
Zwar spricht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade bei Unterhaltsansprüchen vieles dafür, an die Bemessung des so genannten Zeitmoments, das neben dem Umstandsmoment Voraussetzung einer Verwirkung ist, keine strengen Anforderungen zu stellen. Das Verstreichenlassen einer Frist von mehr als einem Jahr kann für die Verwirkung früherer Unterhaltsansprüche ausreichen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2007, 453/455). Im Hinblick auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen, der das Datum vom 17.6.2005 trägt, und seine am 19.6.2006 beim Amtsgericht eingegangene Sachstandsanfrage lässt sich jedoch nicht die Feststellung treffen, dass die Klägerinnen das vorliegende Verfahren so lange Zeit nicht betrieben haben, dass damit das Zeitmoment der Verwirkung rückständiger Unterhaltsansprüche erfüllt wäre.
2.
Die Voraussetzungen für eine Beschränkung oder den Wegfall der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber den Klägerinnen gemäß § 1611 BGB sind ebenfalls zu verneinen.
Soweit in der Klageschrift ausgeführt worden ist, es bestehe der "Verdacht, dass der Beklagte ganz bewusst sein langjähriges und damit festes Arbeitsverhältnis zum 1.8.2002 aufkündigte, um sich seinen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Klägerinnen zu entziehen", erfüllt das nicht den Tatbestand des § 1611 BGB, der auf besonders schwere Ausnahmefälle zu beschränken ist (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rn. 1053 a). Bei der gebotenen Abwägung sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere die langjährigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Klägerinnen und ihrem Vater, der seit Jahren jede Unterhaltszahlung verweigert. Angesichts der vom Beklagten nicht wahrgenommenen Elternverantwortung sind die von ihm beanstandeten Ausführungen als zulässige Meinungsäußerung der Klägerinnen im Rahmen der gerichtlichen Wahrnehmung ihrer berechtigten Unterhaltsinteressen zu beurteilen.
III. Kindesunterhalt für S...
Für die Berechnungsweise und die Höhe des Ausbildungsunterhaltsanspruchs der Klägerinnen gewinnen die weiteren Unterhaltsverpflichtungen des Beklagten Bedeutung.
1.
Der Beklagte ist neben den beiden Klägerinnen auch seiner in der jetzigen Ehe in 2/1987 geborenen Tochter S... zum Unterhalt verpflichtet. Dagegen schuldet er seiner zweiten Ehefrau keinen Familienunterhalt. Sie erzielt seit Beginn des streitigen Unterhaltszeitraums bedarfsdeckende Eigeneinkünfte aus einer vollschichtigen Tätigkeit im öffentlichen Dienst.
2.
Im Verhältnis der Mitglieder der neuen Familie zueinander sind die tatsächlichen Einkünfte des Beklagten und seiner zweiten Ehefrau der unterhaltsrechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen. Als Ausfluss dieser Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit muss die zweite Ehefrau des Beklagten für den von beiden Eltern der Tochter S... geschuldeten Barunterhalt verstärkt aufkommen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten bestimmt sich nicht nur der Unterhalt für die beiden Klägerinnen nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile. Das gilt gleichermaßen für die Halbschwester S.... Da ihre Schulausbildung in 6/2006 geendet hat, war sie in den einzelnen Zeitabschnitten des Unterhaltszeitraums
- bis zum 24.2.2005 minderjährig,
- vom 25.2.2005 bis zum 30.6.2006 privilegiert volljährig und
- ab 1.7.2006 volljährig ohne Sonderstellung.
Für den Barunterhaltsbedarf von S... haften der Beklagte und seine zweite Ehefrau gemäß § 1606 Abs. 3 BGB auf der Grundlage der zusammengerechneten Einkünfte anteilig nach ihren tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Infolge der beiderseitigen vollschichtigen Berufstätigkeit gilt dies auch für die restliche Zeit der Minderjährigkeit von S... (vgl. hierzu Wendl/ Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2, Rn. 289)
3.
Anhand der in der Berufungsinstanz vorgelegten Vergütungsbescheinigungen ist das unterhaltsrelevante Einkommen der Ehefrau des Beklagten im Unterhaltszeitraum konkret zu berechnen. Ihre geltend gemachten berufsbedingten Fahrtkosten zu ihrer 23 km von der Wohnung entfernten Arbeitsstelle sind mit einer Kilometerpauschale entsprechend den jeweils geltenden Brandenburgischen Unterhaltsleitlinien zu bemessen. Einkommensmindernd zu berücksichtigen sind ferner die vermögenswirksame Arbeitgeberleistung sowie der VBL-Beitrag.
Im Verhältnis zu seiner Tochter S... kann der Beklagte ab Antritt seiner neuen Arbeitsstelle (am 22.4.2003) die Pauschale in Höhe von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen von den in seinen Monatsabrechnungen ausgewiesenen Auszahlungsbeträgen in Abzug bringen.
Der Beklagte und seine zweite Ehefrau haben im Unterhaltszeitraum Steuererstattungen erhalten. Das Finanzamt hat ihnen in den einzelnen Jahren die folgenden Beträge gemeinsam erstattet:
2003: 1.550,20 €
2004: 1.030,04 €
2005: 273,49 €
2006: 257,73 €.
Im Innenverhältnis der Eheleute sind diese Steuererstattungen entsprechend den anteiligen Steuerzahlungen in dem jeweiligen Steuerjahr unter Berücksichtigung der beiderseitigen steuerpflichtigen Einkommen und der vom Finanzamt ermittelten gemeinsamen Steuerschuld aufzuteilen. Von diesem Aufteilungsmaßstab ausgehend, den der Bundesgerichtshof für zusammenlebende und steuerlich zusammen veranlagte Ehegatten gebilligt hat (vgl. BGH, FamRZ 2006, 1182/ 1183), ist die erstattete Steuer anteilig als Einkommen des Beklagten zu berücksichtigen. Im Übrigen ist sie den unterhaltsrelevanten Einkünften seiner zweiten Ehefrau zuzurechnen (vgl. hierzu auch Wendl/ Haußleiter, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 1, Rn. 485 f).
Von diesen Berechnungsgrundsätzen ausgehend ergeben sich im Verhältnis der Eltern zu ihrer Tochter S... bei Auswertung aller vorgelegten Einkommensunterlagen für die einzelnen Zeitabschnitte die folgenden unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte:
Beklagter | Ehefrau | |
1.1. bis 21.4.2003 | 1.204 € | 1.267 € |
22.4. bis 31.12.2003 | 1.125 € | 1.267 € |
1 bis 12/2004 | 1.036 € | 1.380 € |
1 bis 6/2005 | 1.003 € | 1.369 € |
7 bis 12/2005 | 1.003 € | 1.346 € |
2006 | 1.007 € | 1.340 € |
Für die Zeit ab 1/2007 sind die für das Jahr 2006 festgestellten Einkommensbeträge fortzuschreiben.
4.
Ein auf den Beklagten und seine zweite Ehefrau entfallender anteiliger Wohnvorteil für ihr gemeinsames Eigenheim ist ihren Einkünften nicht nach § 100 BGB hinzuzurechnen.
Es bestehen günstige Einkommensverhältnisse, und es liegt auch keine Mangelfallsituation vor. Daher ist es bei der gebotenen Interessenabwägung gerechtfertigt, den gesamten Finanzierungsaufwand für das von der Familie mietfrei genutzte Haus in Abzug zu bringen.
Auf der Grundlage der vorgetragenen wertbildenden Faktoren lässt sich nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand ein über monatlich 550 € hinausgehender objektiver Wohnwert für das Haus in M... nicht ansetzen. Die berücksichtigungsfähigen und durch Unterlagen vom Beklagten belegten monatlichen Hauslasten erreichen auch nach Abzug der Eigenheimzulage jedenfalls diesen Betrag. Es verbleibt daher kein unterhaltsrechtlich anzusetzender positiver Wohnvorteil.
5.
Auf Grund der bestehenden Haushaltsgemeinschaft und des gemeinsamen Wirtschaftens der Eltern von S... ist eine erfahrungsgemäß dadurch eintretende Ersparnis zu berücksichtigen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2006, 1182/1183). Sie ist entsprechend der konkreten Lebenssituation für jeden Ehegatten mit 12,5 % anzusetzen. Diese Haushaltsersparnis führt zu einer Kürzung des jeweiligen Selbstbehalts. Sie ist aber auch bei der Haftungsaufteilung für den geschuldeten Kindesunterhalt in Ansatz zu bringen, weil die Haftungsquote an die Beurteilung der Leistungsfähigkeit anknüpft (vgl. hierzu Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl., Rn. 3343). Bei den Selbstbehaltsätzen, auf die sich die Eltern im Rahmen ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber S... berufen können, ist wegen der zeitweisen Arbeitslosigkeit des Beklagten zwischen dem Selbstbehalt eines Erwerbstätigen und eines Nichterwerbstätigen zu unterscheiden sowie zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt. Seit dem Ende der Schulausbildung von S... ist für beide Eltern der angemessene Selbstbehalt zugrunde zu legen. Nach den für den Wohnort des Beklagten maßgebenden und jeweils geltenden Brandenburgischen Unterhaltsleitlinien sind danach für die einzelnen unterhaltsrelevanten Zeitabschnitte die folgenden gekürzten Selbstbehalte in die Berechnung der Barunterhaltsverpflichtung beider Eltern gegenüber S... einzustellen:
Beklagter (gerundet) | Ehefrau (gerundet) | ||
1.1. - 21.4.2003 | 591 € | 678 € | |
22.4. - 31.12.2003 | 678 € | 678 € | |
1 - 12/2004 | 678 € | 678 € | |
1 - 6/2005 | 678 € | 678 € | |
7/2005 - 6/2006 | 718 € | 718 € | |
ab 7/2006 | 884 € | 884 €. |
6.
Der Unterhaltsbedarf der am 25.2.1987 geborenen und im Haushalt der Eltern wohnenden Tochter S... des Beklagten bemisst sich auch für die restliche Zeit ihrer Minderjährigkeit nach den zusammengerechneten Einkünften beider Eltern. Der nach Abzug des für S... bezogenen Kindergeldes von monatlich 154 € verbleibende Restbedarf ist in die Berechnung der Unterhaltsaufteilung zwischen den Eltern einzustellen. Es ergeben sich danach die folgenden Beträge:
Einkommen Beklagter | Einkommen Ehefrau | zusammengerechnete Einkünfte | Bedarf von S... | ungedeckter Restbedarf | |
1.1.-21.4.2003 | 1.204 € | 1.267 € | 2.471 € | 382 € | 228 € |
22.4.-30.6.2003 | 1.125 € | 1.267 € | 2.392 € | 382 € | 228 € |
7-12/2003 | 1.125 € | 1.267 € | 2.392 € | 404 € | 250 € |
1-12/2004 | 1.036 € | 1.380 € | 2.416 € | 404 € | 250 € |
1.1.-24.2.2005 | 1.003 € | 1.369 € | 2.372 € | 404 € | 250 € |
25.2.-30.6.2005 | 1.003 € | 1.369 € | 2.372 € | 465 € | 311 € |
7-12/2005 | 1.003 € | 1.346 € | 2.349 € | 476 € | 322 € |
ab 1/2006 | 1.007 € | 1.340 € | 2.347 € | 476 € | 322 € |
7.
Für die Quotierung sind von den Einkünften des Beklagten und seiner Ehefrau ihre gekürzten Selbstbehalte in der vorstehend genannten Höhe in Abzug zu bringen. Das restliche für den Unterhalt von S... verfügbare Einkommen beider Eltern ist ins Verhältnis zu setzen. Das führt zu folgenden Ergebnissen:
Einsetzbares Einkommen Beklagter | Einsetzbares Einkommen Ehefrau | Summe der einsetzbaren Einkünfte beider Eltern | Restbedarf S... | Unterhaltsquote Beklagter (gerundet) | |
1.1.-21.4.2003 | (1.204 - 591 =) 613 € | (1.267 - 678 =) 589 € | 1.202 € | 228 € | 116 € |
22.4.-30.6.2003 | (1.125 - 678 =) 447 € | (1.267 - 678 =) 589 € | 1.036 € | 228 € | 98 € |
7-12/2003 | (1.125 - 678 =) 447 € | (1.267 - 678 =) 589 € | 1.036 € | 250 € | 108 € |
1-12/2004 | (1.036 - 678 =) 358 € | (1.380 - 678 =) 702 € | 1.060 € | 250 € | 84 € |
1.1.-24.2.2005 | (1.003 - 678 =) 325 € | (1.369 - 678 =) 691 € | 1.016 € | 250 € | 80 € |
25.2.-30.6.2005 | (1.003 - 678 =) 325 € | (1.369 - 678 =) 691 € | 1.016 € | 311 € | 99 € |
7-12/2005 | (1.003 - 718 =) 285 € | (1.346 - 718 =) 628 € | 913 € | 322 € | 101 € |
1-6/2006 | (1.007 - 718 =) 289 € | (1.340 - 718 =) 622 € | 911 € | 322 € | 102 € |
ab 7/2006 | (1.007 - 884 =) 123 € | (1.340 - 884 =) 456 € | 579 € | 322 € | 68 € |
Nur in Höhe der errechneten Beträge besteht eine Verpflichtung des Beklagten, sich am Barunterhalt für S... zu beteiligen. Dementsprechend kann sie auch nur in diesem Umfang bei der Berechnung des vom Beklagten den Klägerinnen geschuldeten Ausbildungsunterhalts Berücksichtigung finden.
IV. Dauer des Ausbildungsunterhalts
Für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs der Klägerinnen gewinnt ferner die Frage der Studiendauer Bedeutung.
1.
Aus § 1610 Abs. 2 BGB folgt der Anspruch des Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechende Berufsausbildung. Bei einem Hochschulstudium muss Unterhalt daher grundsätzlich für die gesamte Studiendauer bis zum Regelabschluss gezahlt werden (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1998, 671/672). Eine Grenze für den vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägten Ausbildungsunterhalt ergibt sich aus der Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener Zeit zu beenden. Die Regelstudienzeit nach § 10 Abs. 2 Hochschulrahmengesetz bzw. die Förderungshöchstdauer nach § 15 a BAföG begrenzt den Unterhaltsanspruch als solchen nicht. Denn die Vorschriften der staatlichen Ausbildungsförderung regeln nicht den privatrechtlichen Unterhaltsanspruch zwischen Eltern und Kindern (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 315).
2.
Von diesen Grundsätzen ausgehend und unter Berücksichtigung aller Umstände ist der Unterhaltsanspruch der Klägerin zu 1. am 30.9.2006 weggefallen.
Nach dem von der Klägerin zu 1. vorgetragenen und vom Beklagten nicht bestrittenen Werdegang hat sie nach Ablegung des Abiturs im Jahr 1999 zügig das Studium der Gebäudetechnik an der Technischen Universität B... aufgenommen. Der vorgegebene Zeitrahmen für dieses Studium beträgt 10 Semester. Davon entfallen vier Semester auf das Grundstudium, das mit der Diplom-Vorprüfung endet. Das Hauptstudium beträgt sechs Semester und endet mit der Diplomarbeit.
Demgegenüber hat die Klägerin zu 1. das in 10/1999 begonnene Grundstudium erst nach sieben Semestern (in 4/2003) mit der Diplom-Vorprüfung abgeschlossen. Diese Verzögerung der Ausbildungszeit stellt sich in der Gesamtschau aber als ein vorübergehendes leichteres Versagen der Klägerin zu 1. dar, das von den Eltern noch hinzunehmen ist. Dafür, dass die Klägerin zu 1. Probleme bei der Erbringung der geforderten Studienleistungen hatte, sprechen auch die Noten in ihrem Vordiplomzeugnis.
Nachdem die Klägerin zu 1. ihre Diplom-Vorprüfung zwar erfolgreich, aber erst nach einer deutlich verlängerten Studienzeit im 8. Hochschulsemester bestanden hatte, war sie in der Folgezeit verpflichtet, mit der gehörigen Anstrengung und Zielstrebigkeit in der üblichen Dauer das Hauptstudium zu durchlaufen und zu beenden. Zwar sind die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Elternteile nicht beengt. Mehr als insgesamt 14 Hochschulsemester können der Klägerin zu 1. für ihr Studium als Toleranzgrenze jedoch nicht zugebilligt werden (vgl. in diesem Zusammenhang auch Eschenbruch/Wohlgemuth, a.a.O., Rn. 1258). Gründe für eine darüber hinausgehende Ausbildungsdauer, die gegebenenfalls in der Person der Klägerin zu 1. liegen oder sich aus den Besonderheiten des Studiums ergeben, sind nicht vorgetragen. Mit Blick auf das Gegenseitigkeitsprinzip endete der Anspruch der Klägerin zu 1. auf Ausbildungsunterhalt folglich am 30.9.2006.
3.
Demgegenüber besteht der Anspruch der Klägerin zu 2. auf Ausbildungsunterhalt über die letzte mündliche Verhandlung hinaus fort.
Für das von der Klägerin zu 2. nach dem Abitur im Jahr 2002 zügig aufgenommene Studium der Betriebswirtschaftslehre an der H...-Universität zu B... sind 8 Semester vorgesehen. Die Klägerin zu 2. befindet sich gegenwärtig im 10. Hochschulsemester. Sie hat im sechsten Semester ihre Diplom-Vorprüfung bestanden und arbeitet derzeit an ihrer Diplomarbeit. Da die Klägerin zu 2. die Toleranzgrenze für die Dauer ihres betriebswirtschaftlichen Studiums bislang nicht überschritten hat, dauert die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten ihr gegenüber fort.
V. Einkünfte der Mutter der Klägerinnen
Der Einkommensverhältnisse der Mutter der beiden Klägerinnen stellen sich wie folgt dar:
1.
Anhand der Verdienstabrechnungen und nach Abzug der Arbeitgebersparzulage, aber ohne berufsbedingte Aufwendungen, zu denen nichts vorgetragen worden ist, sowie unter Hinzurechnung der laut Einkommenssteuerbescheiden in den jeweiligen Jahren erstatteten Steuern errechnen sich die unterhaltsrelevanten Erwerbseinkünfte der Mutter in Höhe von monatlich gerundet
2.185 € in 2003
2.108 € in 2004
2.118 € in 2005
2.169 € in 2006.
Für die Zeit ab 1/2007 ist das für 2006 festgestellte Einkommen fortzuschreiben.
2.
Diesem Einkommen der Mutter der Klägerinnen sind ab dem Jahr 2004 die staatliche Eigenheimförderung und ein nach § 100 BGB als Vermögensnutzung zu berücksichtigender anteiliger Wohnvorteil in Höhe von insgesamt 400 € hinzuzurechnen. Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, lebt die Mutter seit 2004 mit den beiden Töchtern mietfrei in einer eigenen Wohnung in B....
Da die Wohnung aus Eigenmitteln finanziert wurde, ist die seit 2004 gezahlte Eigenheimzulage von jährlich 2.812 € neben dem Wohnwert als unterhaltspflichtiges Einkommen anzusetzen (vgl. hierzu Eschenbruch/Wohlgemuth, a.a.O., Rn. 6180 a).
Für den eigenen Wohnvorteil der Mutter ist von der ortsüblichen Miete für eine Wohnung der von ihr und den Klägerinnen bewohnten Art auszugehen. Diesen schätzt der Senat auf der Grundlage der vorgetragenen und durch Unterlagen dokumentierten wertbildenden Faktoren gemäß § 287 ZPO unter Einbeziehung des berücksichtigungsfähigen verbrauchsunabhängigen Wohngeldanteils und des im Internet abrufbaren B... Mietspiegels 2005 auf rund 500 € monatlich. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist ein höherer Mietwert für die 3-Zimmer-Altbauwohnung nach dem vorgelegten Grundriss, der vorgetragenen Ausstattung und ihrer mittleren Wohnlage im Stadtgebiet B... nicht gerechtfertigt.
Auf Grund der Mitbenutzung der mietfreien Wohnung durch die beiden volljährigen Klägerinnen ist der festgestellte Wohnwert nach der Zahl der Bewohner zu verteilen (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 338). Für die Mutter der Klägerinnen ist daher das mietfreie Wohnen nur mit einer Quote von einem Drittel als unterhaltsrechtliches Einkommen anzusetzen.
Die vorstehend festgestellten Einkünfte der Mutter erhöhen sich folglich ab 2004 auf Grund der Eigenheimnutzung um insgesamt rund 400 € monatlich.
3.
Für die Haftungsverteilung sind die unterhaltsrechtlichen Gesamteinkünfte der Mutter der Klägerinnen um den angemessenen Selbstbehalt zu kürzen. Die Höhe richtet sich nach den für den Wohnort der Mutter in B... maßgebenden Leitlinien des Kammergerichts in der jeweils gültigen Fassung. Danach errechnen sich folgende für den Ausbildungsunterhalt der beiden Töchter einsetzbaren Einkünfte:
2003: (2.185 € - 925 € =) 1.260 €
2004: (2.508 € - 925 € =) 1.583 €
1 - 6/2005: (2.518 € - 925 € =) 1.593 €
7 - 12/2005: (2.518 € - 1.100 € =) 1.418 €
ab 1/2006: (2.569 € - 1.100 € =) 1.469 €.
VI. Einkünfte des Beklagten
Für die Berechnung seines Haftungsanteils am Ausbildungsunterhalt der Klägerinnen ist von dem tatsächlichen Einkommen des Beklagten auszugehen. Es sind allerdings unterhaltsrechtliche Korrekturen vorzunehmen.
1.
Der Verlust der früheren Arbeitsstelle - insbesondere bei einer Eigenkündigung des Unterhaltspflichtigen - ist unterhaltsrechtlich nur dann unbeachtlich, wenn die Aufgabe des alten Arbeitsplatzes durch ein vorwerfbares Verhalten - zumindest ein unterhaltsbezogen leichtfertiges Verhalten - verursacht worden ist (vgl. hierzu Eschenbruch/Wohlgemuth, a.a.O., Rn. 3032). Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Unterhaltsberechtigte, weil es sich um eine für ihn günstige Gegeneinwendung handelt (vgl. Eschenbruch/Wohlgemuth, a.a.O., Rn. 3032).
Wie sich aus den vorgelegten Lohnabrechnungen ergibt, hat der Beklagte zum 22.4.2003 eine neue Erwerbstätigkeit bei der Firma "M... E..." in B... aufgenommen. Dort arbeitet er bis heute in seinem Beruf als Drucker. Der Umfang der Arbeitszeit des Beklagten ist nicht zu beanstanden, zumal häufig Überstunden geleistet werden. Der Beklagte arbeitet auch nachts. Die erheblich geringeren Einkünfte, die der Beklagte im Verhältnis zu seinem früheren bis 7/2002 bezogenen Einkommen seit 4/2003 erzielt, ergeben sich aus dem gesunkenen Lohnfaktor. Er beläuft sich seit dem Wechsel auf einen Bruttostundenlohn von 8,50 €. Demgegenüber lag der Stundensatz bis 7/2002 zwischen 15,51 € und 17,83 €. Der Beklagte geht seiner neuen Tätigkeit seit 4/2003, also seit bereits vier Jahren, ununterbrochen und vollschichtig nach. Allein der Verdacht der Klägerinnen, die Arbeitsplatzaufgabe sei bewusst erfolgt, um sich seiner Verpflichtungen zu Unterhaltszahlungen an sie zu entziehen, reicht insoweit nicht aus. Ferner kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerinnen im Zeitpunkt der vom Beklagten in 6/2002 ausgesprochenen Kündigung bereits 22 bzw. fast 20 Jahre alt waren. Ein Ende ihrer Ausbildung war absehbar. Es bestand ihnen gegenüber auch keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit des Beklagten nach § 1603 Abs. 2 BGB mehr.
In der Gesamtschau lässt sich eine leichtfertige und unterhaltsbezogene Arbeitsplatzaufgabe durch den Beklagten im Jahr 2002 nicht feststellen. Der Unterhaltsbedarf der Klägerinnen bemisst sich daher nach den tatsächlichen Einkünften des Beklagten. Dazu gehört auch das von ihm zeitweilig bezogene Arbeitslosengeld.
2.
Bei der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten sind allerdings im Verhältnis zu den Klägerinnen - anders als im Rahmen des Kindesunterhalts für die Tochter S... - Korrekturen vorzunehmen.
Der geltend gemachte pauschale Abzug von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen ist nicht zu berücksichtigen. Es fehlen Angaben dazu, dass und welche Aufwendungen dem Beklagten im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung tatsächlich entstanden sind bzw. entstehen.
Es sind unter Angemessenheitsgesichtspunkten auch keine Abzüge für eine zusätzliche Altersvorsorge vorzunehmen.
Der Beklagte zahlt zwar seit 12/2003 monatlich 100 € an die Pensionskasse. Dieser zusätzliche Vorsorgeaufwand erscheint gegenwärtig aber nicht angemessen. Es kann im Rahmen der gebotenen Billigkeitsabwägung nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Arbeitsplatzwechsel des Beklagten in 2002/2003 zu einer deutlichen Reduzierung seiner Einkünfte geführt hat. Damit ist zugleich eine Verringerung des von dem Einkommen beider Eltern abhängigen Unterhaltsanspruchs der Klägerinnen verbunden. Ferner betreibt der Beklagte dadurch eine zusätzliche Altersvorsorge, dass er Miteigentümer eines Einfamilienhauses in M... ist und auch gegenüber den Klägerinnen die Tilgungsleistungen bei der Feststellung des Wohnvorteils in Ansatz zu bringen sind. Schließlich ist zu beachten, dass es vorliegend um die berufliche Erstausbildung der beiden Klägerinnen geht. Im Interesse dieser Ausbildung ist es dem unterhaltspflichtigen Beklagten zuzumuten, zeitlich absehbar für die Dauer des Ausbildungsunterhaltsanspruchs der Klägerinnen seine Zahlungen an die Pensionskasse zurückzustellen.
Die geleisteten Steuererstattungen sind wie im Rahmen des Kindesunterhalts für S... zwischen dem Beklagten und seiner Ehefrau aufzuteilen.
Ein Wohnvorteil ist dem Beklagten nicht einkommenserhöhend zuzurechnen, da die monatlichen Finanzierungsaufwendungen auch unter Berücksichtigung der Eigenheimzulage jedenfalls den objektiven Wohnwert des Hauses in M... erreichen.
Damit ergeben sich auf Seiten des Beklagten folgende unterhaltsrelevanten Monatseinkünfte:
1.1.-21.4.2003: rund 1.204 €
22.4.-31.12.2003: rund 1.191 €
2004: rund 1.191 €
2005: rund 1.156 €
2006: rund 1.160 €.
Für die Zeit ab 1/2007 ist das im Jahr 2006 festgestellte Einkommen fortzuschreiben.
3.
Von diesen Einkünften des Beklagten sind zunächst die angemessenen Selbstbehalte nach den jeweils geltenden Brandenburgischen Unterhaltsleitlinien abzusetzen, die auch im Verhältnis zu den Klägerinnen um die festgestellte Haushaltsersparnis von jeweils 12,5 % zu kürzen sind. Hierbei ist die bis zum 21.4.2003 andauernde Arbeitslosigkeit des Beklagten zu berücksichtigen, die Auswirkung auf die Höhe seines angemessenen Selbstbehalts hat. Ferner ist wegen des Vorrangs nach § 1609 BGB der Unterhaltsbetrag vorweg von seinem Einkommen abzuziehen, den der Beklagte bis zum Abschluss der Schulausbildung in 6/2006 der minderjährigen bzw. privilegiert volljährigen Tochter S... schuldet. Durch die Erfüllung ihrer Unterhaltsansprüche im Umfang seines vorstehend ermittelten Haftungsanteils wird die Leistungsfähigkeit des Beklagten gegenüber den bis 6/2006 nachrangigen volljährigen Klägerinnen gemindert. Es verbleiben dann die folgenden für den Ausbildungsunterhalt der Klägerinnen einsetzbaren Einkünfte des Beklagten:
1.1.-21.4.2003: (1.204 € - rund 722 € - 116 € =) 366 €
22.4.-30.6.2003: (1.191 € - rund 809 € - 98 € =) 284 €
7-12/2003: (1.191 € - rund 809 € - 108 € =) 274 €
1-12/2004: (1.191 € - rund 809 € - 84 € =) 298 €
1.1.-24.2.2005: (1.156 € - rund 809 € - 80 € =) 267 €
25.2.-30.6.2005: (1.156 € - rund 809 € - 99 € =) 248 €
7-12/2005: (1.156 € - rund 884 € - 101 € =) 171 €
1-6/2006: (1.160 € - rund 884 € - 102 € =) 174 €
ab 7/2006: (1.160 € - rund 884 € =) 276 €.
VII. Unterhaltsberechnung
Für den Bedarf jeder Klägerin und die Höhe des Haftungsanteils des Beklagten an diesem Ausbildungsunterhalt ergibt sich folgende Berechnung:
1.
Der Tabellenunterhaltsbedarf der im unverjährten Unterhaltszeitraum gleichrangigen volljährigen Klägerinnen bemisst sich nach den zusammengerechneten Einkünften beider Eltern.
Dieser Bedarf ist um das volle Kindergeld zu kürzen. Für die einzelnen Zeitabschnitte ergeben sich damit folgende Beträge:
Einkommen der Mutter | Einkommen des Beklagten | zusammengerechnete Einkünfte beider Eltern | Unterhaltsbedarf je Klägerin | ungedeckter Restbedarf je Klägerin | |
1.1.-21.4.2003 | 2.185 € | 1.204 € | 3.389 € | 529 € | 375 € |
22.4.-30.6.2003 | 2.185 € | 1.191 € | 3.376 € | 529 € | 375 € |
7-12/2003 | 2.185 € | 1.191 € | 3.376 € | 556 € | 402 € |
1-12/2004 | 2.508 € | 1.191 € | 3.699 € | 589 € | 435 € |
1-6/2005 | 2.518 € | 1.156 € | 3.674 € | 589 € | 435 € |
7-12/2005 | 2.518 € | 1.156 € | 3.674 € | 603 € | 449 € |
ab 1/2006 | 2.569 € | 1.160 € | 3.729 € | 603 € | 449 € |
2.
Das für den Unterhalt der Klägerinnen verfügbare Einkommen beider Eltern, das nach Abzug ihrer angemessenen Selbstbehalte und der bis einschließlich 6/2006 für die vorrangige S... geschuldeten Unterhaltsbeträge verbleibt, ist für die Haftungsverteilung ins Verhältnis zu setzen. Der errechnete Unterhalt wird entsprechend Ziffer 24 der Leitlinien der Oberlandesgerichte auf volle Beträge aufgerundet. Das führt für die Zeit bis 9/2006 zu folgenden Ergebnissen:
Einsetzbares Einkommen der Mutter | Einsetzbares Einkommen des Beklagten | Summe der einsetzbaren Einkünfte beider Eltern | Restbedarf jeder Klägerin | Haftungsquote des Beklagten je Klägerin | |
1.1.-21.4.2003 | 1.260 € | 366 € | 1.626 € | 375 € | 85 € |
22.4.-30.6.2003 | 1.260 € | 284 € | 1.544 € | 375 € | 69 € |
7-12/2003 | 1.260 € | 274 € | 1.534 € | 402 € | 72 € |
1-12/2004 | 1.583 € | 298 € | 1.881 € | 435 € | 69 € |
1.1.-24.2.2005 | 1.593 € | 267 € | 1.860 € | 435 € | 63 € |
25.2.-30.6.2005 | 1.593 € | 248 € | 1.841 € | 435 € | 59 € |
7-12/2005 | 1.418 € | 171 € | 1.589 € | 449 € | 49 € |
1-6/2006 | 1.469 € | 174 € | 1.643 € | 449 € | 48 € |
7-9/2006 | 1.469 € | 276 € | 1.745 € | 449 € | 72 € |
Die für die Zeit von 7 bis 9/2006 errechneten Unterhaltsbeträge je Klägerin kann der Beklagte neben dem der ranggleichen Tochter S... geschuldeten Unterhalt ohne eine Gefährdung seines angemessenen Selbstbehalts leisten. Die rechnerische Gesamtforderung liegt danach zwar höher als tenoriert. Die Voraussetzungen für die Geltendmachung rückständigen Ausbildungsunterhalts gemäß § 1613 Abs. 1 BGB liegen jedoch nur in Höhe von insgesamt 2.782,42 € je Klägerin vor.
Die Rechtshängigkeit ist im vorliegenden Verfahren erst am 1.12.2006 eingetreten. Eine der Höhe nach bestimmte Mahnung im Sinne von § 286 BGB lässt sich den vorgerichtlichen Schreiben der Klägerinnen nicht entnehmen.
Die Klägerinnen haben den Beklagten mit Schreiben vom 19.11.2001 und vom 21.1.2002 aufgefordert, zur Berechnung ihres Unterhaltsanspruchs Einkommensnachweise an das Jugendamt des Bezirksamts M... von B... zu senden. Nachdem dies geschehen ist, ergibt sich für die Folgezeit nach Ablauf der insoweit zu beachtenden Sperrfrist des § 1605 Abs. 2 BGB (vgl. hierzu Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1613, Rn. 7) aus dem vorgelegten Schriftwechsel der Parteien kein Auskunftsbegehren im Sinne von § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Ein Verzug des Beklagten ab 1/2003 lässt sich nur unter dem Gesichtspunkt einer so genannten Selbstmahnung feststellen (vgl. hierzu im Einzelnen Eschenbruch/Klinkhammer, a.a.O., Rn. 5021). Der Beklagte hat mit Schreiben vom 14.6.2002 die Leistung von Ausbildungsunterhalt an die Klägerinnen ab 1/2003 ausdrücklich angekündigt. Allerdings hat er für 1/2003 nur seine Bereitschaft zur Zahlung von aufgerundet 34,64 € je Tochter in Aussicht gestellt und sich erst für die Zeit ab 2/2001 zu einer laufenden Zahlung von 69,15 € pro Klägerin bereit erklärt. Auf Grund dieser Umstände kann für 1/2003 rückwirkend nur Unterhalt von 34,64 € je Klägerin geltend gemacht werden. Für die Zeit von 2 bis 12/2003 sind die Klägerinnen auf die Geltendmachung eines Unterhaltsrückstands von monatlich jeweils 69,15 € beschränkt.
Damit besteht gemäß §§ 1610 Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB für den Zeitraum von 1/2003 bis einschließlich 9/2006 ein Anspruch auf rückständigen Ausbildungsunterhalt je Klägerin in Höhe von insgesamt 2.782,42 €.
3.
Für die Zeit ab 10/2006 ist der Beklagte nach dem Wegfall des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu 1. im Umfang einer Haftungsquote von aufgerundet (449 € x 276 € : 1.745 € =) 72 € monatlich in der Lage, Ausbildungsunterhalt an die Klägerin zu zahlen. An seiner durch den angemessenen Selbstbehalt bestimmten Leistungsfähigkeit ändert auch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber der ranggleichen Tochter S... nichts.
C.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 288 Abs. 1 BGB, 91, 92 Abs. 1, 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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