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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: 11 U 98/07
Rechtsgebiete: ZPO, VOB/B


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 2 Satz 2
VOB/B § 5 Nr. 3
VOB/B § 5 Nr. 4
VOB/B § 8 Nr. 3
VOB/B § 8 Nr. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 98/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 15.01.2008

Verkündet am 15.01.2008

in dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Hütter und den Richter am Oberlandesgericht Ebling

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. April 2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus (6 O 254/05) wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beide Parteien können die Sicherheiten durch, unbedingte, unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines auf dem Gebiet der Europäischen Union ansässigen Kreditinstituts erbringen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil beschwert die Beklagten um 204.330,71 Euro. Der Streitwert des Berufungsverfahrens ist ebenso hoch.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht eine Restwerklohnforderung aus vorzeitig beendetem Bauvertrag - nach Auftragsentziehung seitens der Beklagten am 01.09.2007 - geltend. Die Beklagten haben neben einer Hauptaufrechnung wegen eines überschießenden Betrages Widerklage erhoben mit der Begründung, sie hätten wegen Vertragsverletzung der Klägerin fristlos kündigen dürfen, wodurch ihnen Mehraufwendungen entstanden seien.

Zum Sach- und Streitstand erster Instanz im Übrigen nimmt der Senat auf den Tatbestands-Teil der Gründe des angefochtenen landgerichtlichen Urteils Bezug, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Soweit dem vorgerichtlichen Schriftverkehr der Parteien besondere rechtliche Bedeutung beizumessen ist, wird er unter Ziffer III. der Gründe im Einzelnen Erwähnung finden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 101.153,37 € zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Im Übrigen hat die Klägerin - hinsichtlich des Zahlungsbegehrens hilfsweise - beantragt wie vom Landgericht erkannt.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen,

und widerklagend,

die Klägerin zu verurteilen, an sie 188.029,20 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Kammer hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, den Beklagten habe kein Recht auf außerordentliche Kündigung des Bauvertrages zugestanden. Es handele sich vielmehr um eine so genannte freie Kündigung. Daher sei der der Höhe nach unstreitige Anspruch der Klägerin auf Vergütung der nicht erbrachten Werkleistungen ebenso zu bejahen wie der schon dem Grunde nach unbestrittene Anspruch auf Vergütung der vollzogenen Arbeiten. Letzterer sei auch nicht wegen der Hauptaufrechnung der Beklagten mit Schadenersatzansprüchen erloschen, die sie ausschließlich aus der Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung herleiteten. Auch auf die Rechtsausführungen des Landgerichts wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie begehren weiter die vollständige Klageabweisung, wobei sie, wie schon in erster Instanz, gegen den Werklohnanspruch für erbrachte Leistungen die Hauptaufrechnung erklären, diese also nach Grund und Höhe unstreitig stellen, einen Anspruch für nicht erbrachte Leistungen schon dem Grunde nach leugnen und ihre Widerklage aufrecht erhalten, allerdings in reduziertem Umfang , nämlich in Höhe von noch 109.875,99 € statt bisher 188.029,20 €.

Die Beklagten vertreten auf der Grundlage ihres bereits in erster Instanz unterbreiteten und, was den Inhalt der vorgerichtliche Korrespondenz der Parteien angeht, im Wesentlichen unstreitigen Sachvortrags nach wie vor die Auffassung, ihnen sei wegen nachhaltiger Vertragsverletzung seitens der Klägerin am 01.09.2005, dem Tag ihrer außerordentlichen Kündigung, eine Weiterführung des Bauvertrages nicht mehr zuzumuten gewesen. Die Kammer habe, so meinen sie, den Sachverhalt nicht hinreichend erfasst und im Übrigen rechtlich unzutreffend gewürdigt. In diesem Zusammenhang behaupten sie erneut, ausschließlich die Klägerin sei es gewesen, die es versäumt habe, rechtzeitig die von ihr geschuldeten (weiteren) Planunterlagen vorzulegen und ihre Freigabe durch den Prüfingenieur zu erwirken. Der weitere Planungsbedarf beruhe auf nichts anderem, so argumentieren die Beklagten, als darauf, dass die Klägerin in zwei wesentlichen Punkten von der ursprünglichen Planung abgewichen sei, nämlich bei der Errichtung der Bodenplatte (Ausführung in Stahlfaserbeton) und des Kellermauerwerks (gemauert statt aus Stahlbeton). Mit den Änderungen seien sie, die Beklagten, lediglich unter dem Vorbehalt einverstanden gewesen, dass keine Verzögerungen des Bauablaufs entstehen würden und die Klägerin eventuelle Kosten für die Erstellung der Pläne und deren Genehmigung selbst tragen werde. Die Beklagten tragen im Einzelnen vor, dass und warum sich ihrer Auffassung nach allein die Klägerin mit ihrer Vertragsleistung in "Verzug" befunden habe. Sie meinen, wenigstens in einem der beiden Häuser habe sie die Deckenplatten einbauen können und müssen.

Im Übrigen wiederholen die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung umfangreich ihren bisherigen Sachvortrag.

Die Beklagten beantragen,

1.

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen,

2.

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagten zu 1. bis 3. gesamtschuldnerisch einen Betrag in Höhe von 109.875,99 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts ebenfalls mit umfangreichen rechtlichen Ausführungen, wiederholt dabei ebenso ihren Sachvortrag und macht unter anderem geltend, sie habe jedenfalls auf den Fortbestand des Vertrages und die weitere Kooperation der Beklagten vertrauen dürfen, weil diese ihrerseits mit der Erfüllung von Nebenpflichten in Verzug gewesen seien. Es handele sich gerade nicht um einen klaren Fall berechtigter fristloser Vertragsbeendigung, wie schon der Umstand zeige, dass das Landgericht den Sachverhalt anders bewertet habe als die Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteienvorbringens wird auf die in beiden Instanzen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

III.

In der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Werklohn in der vom Landgericht dargelegten Höhe. Auch die weiteren Klageanträge haben Erfolg. Gegen ihren Inhalt richtet sich die Berufung nicht mit besonderen Angriffen.

Da Grund und Höhe der Forderung für die von der Klägerin erbrachten Leistungen ebenso unstreitig sind - kein Berufungsangriff insoweit - wie die Höhe der Rechnung im Übrigen (entgangener Gewinn und von der Klägerin ersparte Aufwendungen), steht im Zentrum der rechtlichen Prüfung die Frage, ob die Beklagten zur fristlosen Beendigung des Bauvertrages im Wege der Auftragsentziehung berechtigt waren oder nicht. Verneint man - zutreffend -bereits diese Frage zu ihren Lasten, so kommt ein Schadenersatzanspruch der Beklagten schon dem Grunde nach nicht in Betracht, so dass die Höhe der von ihnen zur Aufrechnung gestellten und widerklagend geltend gemachten Forderung dahinstehen kann.

Die Beklagten haben die Auftragsentziehung auf § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B gestützt, so ausdrücklich der Wortlaut ihres Schreibens vom 01.09.2005.

Offenkundig ist, dass sie sich dabei, soweit es ihnen auf den in der Vorschrift ausdrücklich geregelten Tatbestand ankommt, auf die zweite Alternative beziehen wollen, nämlich dass der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung verzögert, mit der Vollendung in Verzug gerät oder seiner Förderungspflicht gemäß § 5 Nr. 3 nicht nachkommt, § 5 Nr. 4 VOB/B.

Darüber hinaus ist aber stets die Kündigung eines Bauvertrages aus wichtigem Grund zulässig, wenn das gerade für den Bauvertrag als eines auf Kooperation der Vertragspartner angelegten Langzeitvertrages vorauszusetzende Vertrauensverhältnis durch das Verhalten eines Vertragspartners derart empfindlich gestört ist, dass die Erreichung des Vertragszwecks konkret gefährdet und dem betroffenen Teil die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BGH BauR 1996, 704 und BauR 2000, 409, sowie Ingenstau/Korbion, 14. A., B vor §§ 8, 9 Rn. 9). Eine positive Vertragsverletzung als Kündigungsgrund setzt voraus, dass der Auftragnehmer sich schuldhaft verhalten hat. Eine fristlose Kündigung ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Auftragnehmer trotz Abmahnungen mehrfach und nachhaltig gegen eine Vertragspflicht verstößt und wenn sein Verhalten ein hinreichender Anlass ist für die Annahme, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird.

Bei der Entscheidung der Frage, ob eine zur Kündigung aus wichtigem Grunde berechtigende Vertragsverletzung vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob Haupt- oder Nebenpflichten aus einem Bauvertrag verletzt worden sind, weil auch Nebenpflichten für den vereinbarten Vertragszweck von erheblicher Bedeutung sein können (BGH BauR 1996, 704).

Eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung ist in Fällen der schwerwiegenden Vertragsverletzung grundsätzlich nicht erforderlich (BGH a.a.O.).

Ob ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund vorliegt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung, die in der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden kann, ob der Tatrichter das ihm eingeräumte Ermessen überschritten, insbesondere Tatsachen außer Acht gelassen oder nicht vollständig gewürdigt hat (BGH a.a.O.).

Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH sind Vertragsparteien eines VOB/B-Vertrages während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Aus dem Kooperationsverhältnis ergeben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information (BGHZ 133, 44, 47; BauR 1996, 542; BauR 2000, 409, 410). Die Kooperationspflichten sollen u. a. gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Durchführung oder der Inhalt des Vertrages an die geänderten tatsächlichen Umstände angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden (BGH BauR 2000, 410, mit Hinweis auf Nicklisch/Weick, VOB, 2. A., § 2 Rn. 6).

In dem vom BGH BauR 2000, 410 entschiedenen Fall hat der Senat dem Auftraggeber das Recht zur fristlosen Beendigung des Vertrages mit der Begründung abgesprochen, dass der Auftragnehmer nicht zu erkennen gegeben habe, dass er zur Mitwirkung an der Lösung des Konflikts endgültig nicht bereit gewesen sei. Angesichts dessen sei die Kündigung ohne vorausgegangenen Versuch einer einvernehmlichen Lösung unberechtigt und somit unwirksam gewesen. So liegt auch der Streitfall.

Dies belegt eindrucksvoll der Schriftverkehr der Parteien in den Wochen vor der Vertragsbeendigung. Er stellt sich chronologisch wie folgt dar.

Schreiben der Ingenieure J... und G... (folgend: JG) an die Klägerin vom 08.06.2005, worin der Inhalt eines Gesprächs vom Vortag mit der Klägerin und deren Ingenieur Hi... zusammengefasst wird und wonach Hi... unter anderem die noch fehlende Außenanlagenplanung angefordert hat (87 - 88).

Fax Hi... vom 20.06.2005 an JG unter Bezugnahme auf ein Fax vom 15.06.2005, 89 mit der Bitte um "verbindliche Entscheidung" betreffend Geländeoberflächen, Geländehöhen, was Auswirkungen auf die Ermittlung der Abstandsflächen haben kann (90 - 94).

Fax Hi... vom 21.06.2005 an JG mit der wiederholten Bitte um Entscheidung (96 - 97).

Besprechung am 22.06.2005 mit Protokoll, angefertigt von JG, 98 - 100; Teilnehmer waren J..., E... (für die Beklagten) sowie M..., Hi... (für die Klägerin), Dr. Gü... (die Bauaufsicht führender Ingenieur der Beklagten).

Darin verpflichtet sich die Beklagte, die "Abstandsproblematik" zu lösen, ebenso die Sockelhöhen festzustellen; es wird laut Protokoll JG festgestellt, dass sich daraus derzeit keine Baubehinderung der Klägerin ergibt.

Fax Hi... vom 27.06.2005 an JG, worin grundsätzlich das Protokoll bestätigt wird, allerdings mit dem Vorbehalt, dass eine Baubehinderung "nicht ausgeschlossen werden" könne (101 -102).

Fax Hi... vom 28.06.2005 an JG. Darin heißt es unter anderem: Wir bitten dringend um ihre uns zugesagte schriftliche Bestätigung über die Abweichung der Gebäudeabmessungen zu den Lageplänen bzw. zu den Angaben der Absteckpläne des Vermessers. Sollte ...von ihrer Seite oder vom Bauherrn keine schriftliche Stellungnahme vorliegen, sehen wir uns leider gezwungen, bis zur Klärung des Sachverhaltes durch den AG die Arbeiten vorerst einzustellen. Für diesen Fall melden wir hiermit eine Baubehinderung gemäß VOB an (104 - 105).

Aktennotiz JG vom 27.06.2005 betreffend ein Telefonat Hi.../E.... Darin werden "Ausgangspunkte" für die Verschiebung der Gebäudewände beschrieben. Außerdem wird seitens JG erklärt, mit dem die Bauaufsicht führenden Ingenieur Dr. Gü... sei besprochen worden, dass "eine Wiederherstellung der geplanten Abstandsflächen durch eine entsprechende Geländemodellierung" erreicht werden könne (106).

Fax Dr. Gü... vom 23.07.2005 an Hi... mit dem Hinweis, dass der Prüfingenieur B... die Unterlagen betreffend die Veränderung der Bodenplatte und Wärmeschutz- sowie Schallschutznachweise wiederholt ohne Erfolg bei der Klägerin angemahnt habe. Gü... bedankt sich darin außerdem "ausdrücklich für die Beratung am 21.07.2005, bei der einige unklare Details besprochen werden konnten" (109).

Fax Dr. Gü... vom 24.07.2005, worin es unter Punkt 4.1. heißt: "Durch Umplanung des ursprünglichen Konzeptes ist das Gebäude umlaufend sechs cm größer geworden. Die Abstandsflächen am F...weg sind ausgereizt. Die Abstandsflächen sollen durch geringere Geschosshöhe eingehalten werden. Genaue Maße werden nach Eingang der Einmessung des Vermessers festgelegt" "Verantwortlich: D.../Einmessung/Gü..." (107).

Schreiben der Klägerin an die Beklagten vom 29.07.2005 unter Bezugnahme auf ein Schreiben der Klägerin vom 02.07.2005. Darin fordert die Klägerin mit Nachdruck: "Baurechtlich einwandfreie Ausführungsunterlagen" (110).

Antwortschreiben der Beklagten vom 01.08.2005. Darin moniert sie das Schreiben der Klägerin vom 29.07.2005 als zu unbestimmt und beanstandet weiterhin das Fehlen von Planunterlagen betreffend die bereits geändert ausgeführte Bodenplatte (111).

Schreiben des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 11.08.2005 an die Klägerin. Darin setzt er der Klägerin eine Frist bis zum 15.08.2005 für die Einreichung folgender Unterlagen beim Bauamt, dem Prüfstatiker und den Beklagten selbst (112 - 117):

- komplett überarbeitete Ausführungsplanung (in dieser Form neu)

- komplett überarbeitete Statik (in dieser Form neu)

- komplett überarbeiteter Wärmeschutznachweis

- komplett überarbeiteter Schallschutznachweis

- komplett überarbeiteter Brandschutznachweis

Schreiben der Klägerin vom 16.08.2005 an die Beklagten: "Heute stellen wir nunmehr endgültig fest, dass Sie...nicht ihren Vertragspflichten zur Vorlage endgültiger ausführbarer Planungsunterlagen nachkommen wollen. Die von Ihnen zur Verfügung gestellten Planungsunterlagen können von uns nicht zur Bauausführung verwendet werden". "Hiermit zeigen wir Ihnen eine Baubehinderung an oben genanntem Bauvorhaben an" (118 - 121).

Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 23.08.2005 an die Klägerin. Darin werden die von der Klägerin den Beklagten bereits am 09.08.2005 überreichten Unterlagen ausdrücklich freigegeben. Die Klägerin wird aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Tagen, also bis zum 25.08.2005, den Nachweis zu erbringen, dass die Unterlagen beim Bauamt eingereicht und dem Prüfstatiker vorgelegt worden seien. Für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der Frist wird die Auftragsentziehung gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B angekündigt. Außerdem habe die Klägerin bis spätestens 26.08.2005 die Erklärung der Bereitschaft zum Weiterbau an dem Bauvorhaben abzugeben (122 - 124).

Antwortschreiben der Klägerin vom 24.08.2005 an die Beklagten. Darin fordert sie eine ausdrückliche Billigung der mit Schreiben vom 16.08.2005 angezeigten Baubehinderung. Darüber hinaus setzt sie den Beklagten eine Nachfrist bis zum 29.08.2005 für die Lieferung folgender Unterlagen:

- Klärung der Abstandsflächen und Vorlage schriftlicher Vermessungsunterlagen

- Klärung zur Gestaltung der Vordächer der Anbauten

- Vorlage eines aktuellen und gültigen Lageplanes

- Angaben zu den Geländehöhen

- Vorlage eines Außenlageplanes

Die Klägerin fordert weiter eine Vergütung der von ihr am 09.08.2005 überreichten Pläne nach HOAI sowie eine Erklärung, dass die Beklagten alle schon entstandenen und noch entstehenden Kosten für Behörden, Prüfingenieur und Vermesser zu übernehmen bereit seien; schließlich die Leistung einer bereits vereinbarten weiteren Zahlung durch die Beklagten in Höhe von 25.000,00 €. Am Ende des Schreibens wird die fristlose Kündigung für den Fall der Nichterfüllung der Forderungen angekündigt (125 - 126).

Daraufhin ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 29.08.2005 an die Klägerin. Darin wird die von der Klägerin gesetzte "Nachfrist" als zu kurz bemessen beanstandet. Weiter heißt es auszugsweise: "Die Anerkennung einer Baubehinderung kann vorliegend nicht stattfinden. Die Abstandsflächen sind bereits geklärt. Eine Überschreitung liegt lediglich für das Gebäude F...weg 2 vor. Die Geländehöhen sind ... im Lageplan bereits festgelegt. Der Lageplan wurde Ihnen zusammen mit dem Vertrag übergeben. Ein aktueller Außenanlagenplan liegt derzeit nicht vor... (seine Vorlage) ist im derzeitigen Ausführungsstand ohne Belang und hält den Weiterbau durch sie nicht auf."

Der Klägerin wird in dem Schreiben eine Frist bis zum 31.08.2005 gesetzt, um die Erklärung abzugeben, dass sie weiterbauen werde; eine weitere Frist bis zum 01.09.2005 für den Nachweis, dass die bereits erwähnten Unterlagen dem Bauamt und dem Prüfstatiker vorgelegt worden seien. (128 - 134).

Mit Fax vom 01.09.2005, gerichtet an die Klägerin, haben die Beklagten ihr den Auftrag nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B entzogen (135 - 136).

Dem hat die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom selben Tag widersprechen lassen (137).

Die Komplexität der von ungelösten Problemen und gegensätzlichen Standpunkten geprägten Gesamtsituation, in der sich das Vertragsverhältnis der Parteien zum Zeitpunkt seiner vorzeitigen Beendigung befand und die für die rechtliche Bewertung von erheblicher Bedeutung ist, findet somit in dem auszugsweise dargestellten Aktenbild in wünschenswerter Deutlichkeit ihren Ausdruck.

Fest steht zwar, dass bis zu der Auftragsentziehung die von der Klägerin überreichten Pläne nicht bei der Baubehörde und dem Prüfstatiker eingereicht waren. Jedoch hatte sie diese immerhin bereits am 09.08.2005 den Beklagten zukommen lassen. Diese wiederum haben sich, obschon es nach ihrer Darstellung auf jeden Tag ankam, für die - erforderliche - Freigabe, also die Billigung der Pläne, zwei Wochen Zeit gelassen.

Außerdem bestand offenbar Streit darüber, wer die Kosten des von den Beklagten verlangten weiteren Vorgehens zu tragen habe. Dieser Streit war ungeklärt. Auch dies ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, dessen Tragweite die Beklagten nach wie vor verkennen.

Die Beklagten forderten mit Schreiben vom 11.08.2005 erstmals "komplett überarbeitete" Ausführungsplanung und Statik. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie bereits sechs Tage lang die erwähnten Pläne der Klägerin, zu denen sie sich allerdings wiederum erst weitere zwölf Tage später äußerten.

Der Prüfingenieur B... hat bei seiner Zeugenvernehmung bekundet, die statischen Nachberechnungen zu den auf Wunsch der Klägerin geänderten Teilen - Bodenplatte und Kelleraußenwände - seien von dieser jedenfalls nachgeliefert worden. Er konnte aber nicht ausschließen, dass dies erst im September geschehen war. Der Zeuge hat indessen auch zu erkennen gegeben, dass die damit zusammenhängende statische Problematik aus seiner Sicht nicht von großem Gewicht gewesen sei, anders als es die Beklagten darstellen. Wärmeschutz- und Schallschutznachweis, so der Zeuge, seien seines Wissens in M... gar nicht mehr erforderlich gewesen. Der Brandschutznachweis habe zwar formell noch nicht vorgelegen, die Auswirkungen der Änderungen (Mauerwerk statt Beton in den Kelleraußenwänden) seien indessen "völlig unproblematisch". Diese Zeugenaussage, der zu folgen keine Bedenken bestehen, entkräftet nach Auffassung des Senats die stets wiederholten Vorhalte der Beklagten, die Klägerin habe ganz erhebliche Nebenleistungen nicht fristgerecht erbracht.

Diese Fragen betreffen jedoch ohnehin nur einen Teil des Konflikts der Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung der Beklagten. Hinzu kommen die von ihnen selbst geschuldeten Mitwirkungshandlungen, die nach der Darstellung der Klägerin bei Vertragsende immer noch nicht erbracht worden sind. Damit motiviert die Klägerin den Baustopp, der wohl in erster Linie der Grund für die Auftragsentziehung durch die Beklagten war. Die Klägerin macht formell Baubehinderung geltend, die sie auch rechtzeitig angezeigt hat.

Das Fax des Dr. Gü..., des Bauaufsichtführers auf Seiten der Beklagten, vom 24.07.2005 bestätigt das durchaus. Die Beklagten ihrerseits hatten noch einen Beitrag zur Klärung der Bausituation zu leisten. Es ging bei den Grenzabstandsflächen offenbar nur um wenige Zentimeter. Das aber hatte seine Ursache in der Ursprungsplanung auf Bauherrenseite, also auf Seiten der Beklagten.

Der Zeuge Hi..., Bauleiter und Ingenieur auf Seiten der Klägerin, hat als Zeuge ausgesagt, es habe eine Vielzahl von Planungsänderungen gegeben, die auch statische Auswirkungen gehabt hätten. Dazu habe durchaus die Problematik der Abstandsflächen gehört. Das habe nach seiner Auffassung alles zusammen in eine Überarbeitung der Planung einfließen sollen.

Eine Gesamtwürdigung führt mithin zu dem Schluss, dass die schriftlich dokumentierte Vertragslage, erläutert durch die Aussagen der Zeugen, die den Sachverhalt anders darstellen als der auf Seiten der für den Kündigungsgrund beweisbelasteten Beklagten tätig gewordene Zeuge J..., es unabdingbar erforderlich machte, noch über eine Reihe von Streitpunkten - vielleicht auch beiderseitige Missverständnisse - eine einvernehmliche Klärung zu erzielen. Das hätten die Beklagten ernsthaft fördern müssen. Denn die Klägerin war weiter verhandlungsbereit und hatte noch keineswegs erklärt, an der Bereinigung der Situation nicht mehr mitwirken zu wollen.

Angesichts dessen entzogen die Beklagten den Auftrag der Klägerin zur Unzeit mit der Folge, dass sie sich wie ein frei kündigender Auftraggeber behandeln lassen müssen und den Werklohn in der eingeklagten Höhe schulden.

Damit steht die Unbegründetheit der Aufrechnung ebenso fest wie die der Widerklage.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Vielmehr beruht das Urteil des Senats auf der Bewertung der Einzelfallumstände. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die tragenden Rechtserwägungen, insbesondere zu der Frage der Kooperationspflicht der Vertragspartner, orientieren sich an den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen. Der Senat weicht weder davon ab noch von der Rechtsauffassung eines anderen Oberlandesgerichts.

Ende der Entscheidung

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