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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 28.09.2006
Aktenzeichen: 12 U 8/06
Rechtsgebiete: StVG, BGB, PflVG, UStG, ZPO


Vorschriften:

StVG § 7
StVG § 18
BGB § 249 Abs. 2 S. 2
BGB § 823 Abs. 1
PflVG § 3 Nr. 1
UStG § 25 a
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 8/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 28.09.2006

Verkündet am 28.09.2006

in dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski sowie die Richter am Oberlandesgericht Beckmann und van den Bosch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 21. Dezember 2005 verkündete Schlussurteil der 8. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 8 O 327/03, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagten an den Kläger als Gesamtschuldner einen Betrag von weiteren 20,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. September 2002 zu zahlen haben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache nur in geringerem Umfang Erfolg. Hinsichtlich der Haftung der Beklagten dem Grunde nach aus §§ 7, 18 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG besteht im Berufungsverfahren kein Streit mehr; vielmehr verfolgt der Kläger einzelne Schadenspositionen, die das Landgericht nicht oder nicht in vollem Umfang für begründet erachtet hat, mit der Berufung weiter.

1.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Schaden am Fahrzeug mit 5.048,00 € bemessen und insoweit eine Mehrwertsteuer in Höhe von 1.152,00 € von dem vom Sachverständigen S... ermittelten Wiederbeschaffungswert von 7.200,00 € in Abzug gebracht. Ausweislich der Schadensberechnung des Klägers rechnet er den Fahrzeugschaden fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens ab. In einem solchen Fall ist nach der gesetzlichen Neuregelung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB die Umsatzsteuer nicht ersatzfähig, wenn es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung unter Einschaltung eines Fachbetriebes oder eines anderen umsatzsteuerpflichtigen Unternehmers nicht mehr kommt (vgl. dazu auch BGH NJW 2006, 2181, 2182 und NJW 2005, 2220, 2221). Zwar kann bei einem in einem Sachverständigengutachten lediglich pauschal angegebenen Bruttowiederbeschaffungswert ein Abzug der Mehrwertsteuer nicht vorzunehmen sein, wenn das beschädigte Fahrzeug nur noch von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten wird, oder aber für den Fall, dass das Fahrzeug üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 25 a UStG differenzbesteuert wird, nur ein Abzug von 2 % als gesetzliche Mehrwertsteuer vorzunehmen sein (vgl. OLG Rostock OLGR 2005, 579, 580; OLG Düsseldorf, Urt. v. 01.03.2004, Az.: 1 U 120/03; OLG Köln NJW 2004, 1465, 1466). Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Gutachten des Sachverständigen S... nicht lediglich einen nicht näher aufgeschlüsselten Bruttowiederbeschaffungspreis nennt, sondern es wird vom Sachverständigen ausdrücklich dargestellt, dass der ermittelte Wiederbeschaffungswert die Mehrwertsteuer mit einschließt, wie durch den Zusatz "incl. MwSt." deutlich hervorgeht. Vor diesem Hintergrund ist der vom Landgericht in der Tat übergangene Vortrag des Klägers dahin, dass das Fahrzeug auf Grund seines Alters nur noch von Privat zu erwerben ist und deshalb keine Umsatzsteuer anfällt, unschlüssig. Ausweislich des vom Kläger selbst in den Rechtsstreit eingeführten Gutachtens ist der Sachverständige offensichtlich davon ausgegangen, dass eine Umsatzsteuer zu berücksichtigen ist, weshalb der Kläger nicht ohne nähere Erläuterung in Bezug auf eine Unrichtigkeit des von ihm vorgelegten Gutachtens mit Erfolg die Behauptung aufstellen kann, der Wiederbeschaffungswert des beschädigten Fahrzeugs beinhalte keine anteilige Umsatzsteuer. Soweit er hierfür Beweis antritt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, ist dem mangels schlüssigem Sachvortrag nicht nachzukommen.

Soweit der Kläger erstmals mit der Berufungsbegründung ohne Angaben von Gründen, warum entsprechender Vortrag nicht bereits in erster Instanz erfolgte, vorträgt, es könne allenfalls von einem differenzbesteuerten Wiederbeschaffungswert ausgegangen werden, der lediglich zu einem Abzug von 2 % als Mehrwertsteuer aus dem Differenzbetrag von Händlereinkaufswert und Händlerverkaufswert führe, kann dahinstehen, ob dieser neue Sachvortrag gem. § 531 Abs. 2 ZPO noch zuzulassen ist. Auch insoweit ignoriert der Kläger das von ihm selbst vorgelegte Sachverständigengutachten, das keinerlei Hinweise darauf enthält, dass die vom Sachverständigen mit einbezogene Mehrwertsteuer hier tatsächlich auf der Grundlage einer Differenzbesteuerung gemeint gewesen sein soll. Der Sachverständige hat auch im Rahmen der Reparaturkalkulation stets eine Mehrwertsteuer berücksichtigt und diese der üblichen Regelbesteuerung entsprechend mit 16 % angegeben. Dass der Sachverständige dann im Rahmen der Bewertung des Wiederbeschaffungswertes von einem anderen Steuersatz möglicherweise deshalb hat ausgehen wollen, weil das Fahrzeug im Kfz-Handel überwiegend differenzbesteuert angeboten wird, kann mangels konkreter Anhaltspunkte nicht ohne weiteres angenommen werden und wurde auch so vom Kläger bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht dargelegt. Die in der mündlichen Verhandlung auf den Vorhalt des Senates hin seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers nunmehr dahingehende Behauptung stellt sich letztlich als Behauptung "ins Blaue hinein" dar, da nicht angegeben werden konnte, worauf die entsprechende Kenntnis beruht. Ist also davon auszugehen, dass der Sachverständige in den von ihm genannten Wiederbeschaffungswert eine Mehrwertsteuer von 16 % eingerechnet hat, so ist diese, da sie tatsächlich nicht angefallen ist, in Abzug zu bringen. Vor diesem Hintergrund wäre es auch unerheblich, wenn nach dem Ergebnis einer Beweisaufnahme sich ergeben würde, dass das Fahrzeug im Kfz-Handel überwiegend differenzbesteuert angeboten wird, denn dann wäre das anders lautende Sachverständigengutachten in diesem Punkt unrichtig und es müsste ebenfalls die Mehrwertsteuer herausgerechnet werden.

Inwieweit der Kläger später tatsächlich ein Ersatzfahrzeug erworben hat, kann ebenfalls dahinstehen, da der Kläger diesen Umstand nicht zum Anlass genommen hat, die Klageforderung nunmehr auf der Basis der Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges abzurechnen, sondern weiterhin an der fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens fest hält.

2.

Ein weiterer Haushaltsführungsschaden in Höhe von 200,00 € steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht anstelle der vom Kläger angegebenen auf ihn entfallenden täglichen Hausarbeitszeit von zwei Stunden nur eine Stunde pro Tag angenommen hat. Dass pro Tag nach Feierabend auf jeden der Ehepartner noch eine Hausarbeitszeit von zwei Stunden durchschnittlich anfällt, ist zwar nicht auszuschließen, erscheint aber insbesondere vor dem Hintergrund des hierzu unzureichenden Klägervortrages nicht hinreichend nachvollziehbar, da die einzelnen Arbeiten, die im Haushalt regelmäßig anfallen, nur sehr oberflächlich dargestellt werden. Unabhängig davon hat die entgegen der Darstellung des Klägers nicht etwa nur informatorisch angehörte, sondern als Zeugin vernommene Ehefrau des Klägers den von ihm angegebenen Zeitaufwand nicht bestätigen können. Mithin ist er mit seinem ohnehin zu oberflächlichen Sachvortrag auch noch beweisfällig geblieben.

3.

Dem Kläger steht auch keine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 714,00 € zu. Ungeachtet dessen, dass der Vortrag bereits insoweit unschlüssig ist, als eine Nutzungsausfallentschädigung für 21 Tage geltend gemacht wird, während der Gutachter von einer Wiederbeschaffungsdauer von 14 Tagen ausgeht, ist eine Nutzungsausfallentschädigung nicht zu gewähren, wenn der Geschädigte das Fahrzeug wegen unfallbedingter Verletzungen ohnehin nicht nutzen konnte (vgl. KG NZV 2005, 149). Vielmehr bedarf es für die Zuerkennung einer Nutzungsausfallentschädigung eines Nutzungswillens und einer Nutzungsmöglichkeit (vgl. dazu auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 12 StVG, Rn. 45). Daran fehlt es hier, wobei das Landgericht mit vertretbarer Begründung, der sich der Senat anschließt, davon ausgegangen ist, dass er nicht hinreichend fahrtüchtig gewesen ist, da er einerseits arbeitsunfähig geschrieben war und damit seiner Tätigkeit als Kraftfahrer nicht nachgehen konnte und insbesondere andererseits keinerlei Arbeiten im Haushalt verrichten konnte und der Kläger nicht plausibel dargelegt hat, ungeachtet dessen in der Lage gewesen zu sein, ein Fahrzeug sicher zu führen. Ausweislich der ärztlichen Bescheinigung vom 24.03.2003 hat er eine Schädelprellung und eine kleine Kopfplatzwunde und eine Prellung des Brustkorbs erlitten sowie eine Verrenkung der Halswirbelsäule mit flüchtigen Störungen der Sensibilität an der rechten Hand daumenseits. Insbesondere die Beeinträchtigung der Halswirbelsäule dürfte die Fahrtüchtigkeit nicht unerheblich eingeschränkt haben. Diese Annahme wird bekräftigt dadurch, dass nach dem Vorbringen des Klägers er nicht in der Lage war, zumindest leichte Tätigkeiten im Haushalt zu verrichten.

Soweit der Kläger meint, die Beklagten seien gleichwohl verpflichtet, für die Dauer der Wiederbeschaffung eines Ersatzfahrzeuges Nutzungsausfallentschädigung nach Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit zu leisten, so vermag der Senat auch dem nicht beizutreten, da im vorliegenden Fall ein diesbezüglicher Nutzungswille nicht erkennbar ist, denn aus dem Vorbringen des Klägers und der Einvernahme seiner Ehefrau als Zeugin ergibt sich, dass aufgrund der angespannten finanziellen Verhältnisse die Neuanschaffung eines Fahrzeuges zunächst nicht ohne weiteres realisiert werden konnte; die Richtigkeit dieser Annahme wird in dem Umstand bekräftigt, dass ein anderes Fahrzeug erst 1 1/2 Jahre nach dem Unfall angeschafft wurde.

4.

Hinsichtlich der Radioumbaukosten ist die Forderung des Klägers in Höhe von 20,00 € begründet. Soweit er mit der Berufungsbegründung die Kosten mit 140,00 € beziffert, ist dies nicht nachvollziehbar und widerspricht seinem eigenen erstinstanzlichen Vortrag. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 12.10.2004 vorgetragen, dass die Zulassungskosten und die Radioumbaukosten sich auf 130,00 € belaufen würden und hat die Klage vor dem Hintergrund dessen, dass bis dahin Pauschalbeträge von insgesamt 120,00 € geltend gemacht wurden, um 10,00 € erweitert. Dies war auch schlüssig, denn ausweislich der vom Kläger vorgelegten Rechnung vom 11.05.2004 betrugen die Zulassungskosten 110,00 € brutto und die Kosten für den Einbau des Radios 20,00 € brutto. Die Zulassungskosten in Höhe von 110,00 € brutto hat das Landgericht dem Kläger zuerkannt, so dass hinsichtlich der Kosten für den Einbau des Radios ein Betrag von 20,00 € verbleibt, weshalb nicht ersichtlich ist, warum der Kläger mit der Berufung nunmehr 140,00 € verlangt. Möglicherweise beinhaltet diese Forderung auch die Kosten für die Neuanschaffung des Radios selbst in Höhe von 120,00 € brutto. Wieso der Kläger aber nunmehr meint, die Kosten für die Neuanschaffung eines Radios ersetzt verlangen zu können, bleibt offen. Der Sachverständige hat jedenfalls in seinem Gutachten lediglich darauf abgestellt, das eventuelle Umbaukosten und nicht etwa Kosten für die Neuanschaffung einer Stereoanlage separat nachzuweisen seien.

Soweit das Landgericht auch die Umbaukosten in Höhe von 20,00 € für unbegründet erachtet hat mit der Begründung, der Einbau eines Radios sei nicht gleichzusetzen mit dem Umbau, so überzeugt dies nicht. Der bloße Einbau stellt letztlich ein weniger zum Umbau des Radios zunächst aus dem alten Fahrzeug und Wiedereinbau in das neue Fahrzeug dar, weshalb nicht ersichtlich ist, warum der Kläger die bloßen Einbaukosten nicht ersetzt verlangen können soll.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die auch nicht von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht, sondern diese anwendet, allerdings unter Berücksichtigung der Besonderheiten des hier zur Entscheidung stehenden Falles.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.206,00 €

Ende der Entscheidung

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