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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.02.2009
Aktenzeichen: 3 U 54/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 304
ZPO § 318
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1
BGB § 254
BGB § 323
BGB § 323 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 536 Abs. 3
BGB § 536a Abs. 1
BGB § 543 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. März 2008 verkündete Grundurteil des Landgerichts Potsdam - 6 O 361/06 - wird zurückgewiesen.

II. Die Sache wird zur Durchführung des Betragsverfahrens an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Prozessparteien streiten - im Rahmen einer Schadensersatzklage - darum, ob der am 01. Juni 2006 von ihnen abgeschlossene Mietvertrag (Kopie Anlage K1/GA I 9 ff.) über Gewerberäume und -flächen, belegen auf dem Anwesen der Beklagten in K., ...-Straße 99, die dem Kläger ab ca. Mitte August 2006 für zunächst zehn Jahre zum Betrieb einer griechischen Speisegaststätte überlassen werden sollten, bereits vor Übergabe der Mietsache - insbesondere durch mündliche Aufhebungsvereinbarung vom 31. August 2006 - sein Ende gefunden hat. Das Objekt ist von der Beklagten mit Vertrag vom 06./07. September 2006 (Kopie GA I 64 ff.) - zu einem höheren Nettoentgelt - an eine Bank vermietet und dieser inzwischen überlassen worden (Foto GA I 81). Der Kläger, der ursprünglich auf Besitzeinräumung geklagt hatte, verlangt nun von der Beklagten € 116.702,84 Schadensersatz statt der Leistung; der Betrag setzt sich aus einer Nettoanzahlung von € 27.276,73 auf die nach seinen Angaben von ihm bestellte Gastronomieeinrichtung (Angebot der Fa. F. in Kopie Anlage K6/GA I 91 ff.) und aus € 89.000,00 entgangenem Gewinn für September 2006 bis August 2016 (Privatgutachten der Ti. Unternehmensberatung GmbH in Kopie Anlage K8/GA I 96 ff.) zusammen (GA I 83, 86 ff.). Im Übrigen wird zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht Potsdam hat in der Vorinstanz durch Zwischenurteil entschieden, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Die Zivilkammer ist - nach Beweisaufnahme - zu der Überzeugung gelangt, der streitgegenständliche Mietvertrag bestehe fort. Das angefochtene Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen verwiesen wird, ist der Beklagten am 18. März 2008 (GA I 201, II 207) - zu Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - zugestellt worden. Sie hat am 10. April 2008 (GA II 206) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit einem am 16. Mai 2008 per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen Anwaltsschriftsatz begründet (GA II 215 ff.).

Die Beklagte ficht das landgerichtliche Urteil - unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Darlegungen - in vollem Umfange ihrer Beschwer an. Dazu trägt sie insbesondere Folgendes vor:

Die Eingangsinstanz sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Vertrag vom 01. Juni 2006 zwischen den Prozessparteien fortbestehe. Noch vor Abschluss des Mietvertrages mit der Bank habe es eine Aufhebungsvereinbarung gegeben. Schon in der Zeit von Juni bis August 2006 sei offenbar geworden, dass der Kläger sich nicht an Vereinbarungen zur Übernahme von Umbaukosten halten wollte; er habe den Eindruck erweckt, zu Zahlungen nicht in der Lage zu sein. Der eigentliche Verhandlungsführer, der Zeuge G. H., habe den Kläger, der als Kellner tätig gewesen sei und fast kein Wort Deutsch verstanden habe, lediglich als Mieter vorgeschoben. Bis zur Vertragsunterzeichnung seien die Räume vom Kläger persönlich nicht in Augenschein genommen worden; er habe nur als Strohmann des Zeugen fungiert. Von Letzterem sei dann auch - im Namen des Klägers - die Zustimmung zur Vertragsaufhebung erteilt worden. Ausdrücklich habe sich G. H. am 31. August 2006 in seinem griechischen Restaurant in B. damit einverstanden erklärt. Konkludent sei dies ferner in Bezug auf die Faxmitteilungen geschehen, die ihm der Zeuge P. K. am folgenden Tage übermittelt habe. Dass eine sofortige schriftliche Reaktion des Zeugen H. darauf ausgeblieben sei, lasse allein den Schluss zu, man habe die Aufhebung schon zuvor mündlich vereinbart. Bereits ein gründliches Aktenstudium - insbesondere des Parteivorbringens zur Zahlungszusage des neben G. H. an den Verhandlungen beteiligten A. S. - offenbare ohne weiteres, dass die Klägerseite nicht glaubwürdig sei und den Einlassungen ihres Zeugen nicht gefolgt werden könne. Im Übrigen sei sogar von diesem bekundet worden, dass sie - die Beklagte - für die Umbauarbeiten Geld haben wollte. Als völlig schlüssig und glaubhaft erweise sich allein ihr - vom Zeugen P. K. bestätigtes - Vorbringen. G. H. habe von sich aus im August 2006 eine Vertragsaufhebung ins Gespräch gebracht und auf eine solche gedrängt, weil es zu Unstimmigkeiten wegen der Nutzung des hinteren Treppenhauses gekommen sei und er nicht mehr mit ihr - der Beklagten - und ihrem Ehemann unter einem Dach wirtschaften und leben wollte. Bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung am 31. August 2006 habe der Zeuge H. erwähnt, er suche ohnedies einen anderen Standort, weil in K. ein neues griechisches Restaurant eröffnet worden sei, und lediglich noch um eine schriftliche Bestätigung gebeten. Die formularvertraglich vorgesehene Schriftform habe man somit einvernehmlich abbedungen. Unabhängig davon sei sie - die Beklagte - zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt gewesen, weil es sich bei den Umbauarbeiten um einen grundlegenden Vertragsbestandteil gehandelt habe. Jedenfalls habe ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bestanden; der Kläger sei schon vor der Übergabe des Objekts die für den Umbau der Toiletten versprochenen € 5.000,00 schuldig geblieben.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

a) die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen;

b) hilfsweise die Sache zur Durchführung des Betragsverfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen:

Der Kläger beantragt sinngemäß,

a) die Berufung zurückzuweisen und

b) die Sache zur Durchführung des Betragsverfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen:

Er verteidigt - sein bisheriges Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend - das ihm günstige landgerichtliche Urteil. Dazu trägt er insbesondere Folgendes vor:

Die Berufung der Beklagten sei bereits unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO entspreche. Eine wirksame Aufhebungsvereinbarung könne schon deshalb nicht zustande gekommen sein, weil die hierfür nach § 20 Nr. 4 des Mietvertrages erforderliche Schriftform weder gewahrt noch abbedungen worden sei. Gegen eine stillschweigende Aufhebung des Formerfordernisses spreche insbesondere die schriftliche Bestätigung mündlicher Abreden durch eine Partei. Aus den Telefax-Mitteilungen des Zeugen P. K. vom 01. September 2006 folge ohne weiteres, dass es auch nach Auffassung der Beklagten keine mündliche Vertragsaufhebung gebe, weil er - der Kläger - darin zu einer schriftlichen Bestätigung aufgefordert werde. Der Sachverhalt gebe nichts dafür her, dass mündliche Abreden nach dem Willen beider Seiten ungeachtet der Schriftformklausel gelten sollten. Die Beklagte habe später sogar die Kündigung des Mietvertrages erklärt, als seine - des Klägers - schriftliche Zustimmung ausgeblieben sei. Der Zeuge G. H. habe weder die Aufhebung des Vertrages angeregt noch eine schriftliche Bestätigung erbeten; Umbauten seien ebenfalls nicht vereinbart gewesen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts könne die Beklagte nicht dadurch in Frage stellen, dass sie eine davon abweichende eigene vornehme; Unvollständigkeiten, Widersprüchlichkeiten oder Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungsregeln würden mit der Berufung nicht aufgezeigt.

Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wurde die Sach- und Rechtslage mit den Prozessbevollmächtigten der Parteien eingehend erörtert. Zur Darstellung der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Schriftsätze beider Seiten einschließlich Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Das Rechtsmittel der Beklagten ist zulässig. Es wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). Auch im Hinblick auf die inhaltlichen Anforderungen, die § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO an eine Berufungsbegründungsschrift stellt, ergeben sich - entgegen der Auffassung des Klägers - hier keine durchgreifenden Bedenken. Auf die Stärke der Rügen, die von Beklagtenseite gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts erhoben werden, kommt es in diesen Zusammenhang nicht an. Damit eine Entscheidung in der Sache selbst möglich bleibt, dürfen keine überzogenen formellen Anforderungen betreffend den Inhalt der Berufungsbegründung gestellt werden. Der jeweilige Rechtsmittelführer muss darin lediglich auf den konkreten Streitfall zugeschnittene Ausführungen machen, die erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil - nach seiner Auffassung - unrichtig ist; auf die Schlüssigkeit, die Überzeugungskraft oder die Vertretbarkeit der vorgebrachten Anfechtungsgründe kommt es - im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Berufung - nicht an (vgl. dazu Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rdn. 34 f., m. w.N.). Deshalb spielt es in diesem Stadium ebenfalls keine Rolle, ob die in der Rechtsmittelbegründung aufgezeigten Anhaltspunkte wirklich Zweifel an der Richtigkeit oder der Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu begründen vermögen. Die Beklagte meint unter anderem, man könne schon dem bisherigen Vorbringen des Klägers zu den € 5.000,00 Umbaukosten entnehmen, dass die Gegenseite nicht glaubwürdig und den Bekundungen des Zeugen G. H. nicht zu folgen sei; ob dem beigetreten werden kann, ist keine Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels. Unabhängig davon wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung nicht allein gegen die Beweiswürdigung der Zivilkammer; sie stützt ihr Rechtsmittel ferner darauf, dass sie zum Rücktritt vom Vertrag, jedenfalls aber zu dessen außerordentlicher fristloser Kündigung berechtigt gewesen sei.

B. In der Sache selbst bleibt das Rechtsmittel der Beklagten allerdings erfolglos. Denn das Landgericht hat ihre Verpflichtung zum Schadensersatz dem Grunde nach zu Recht bejaht. Sie ergibt sich aus § 536a Abs. 1 i.V.m. § 536 Abs. 3 BGB; im Streitfall liegt ein Rechtsmangel in Gestalt so genannter Doppelvermietung vor (vgl. dazu jurisPK-BGB/Münch, 4. Aufl., § 536 Rdn. 139; Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., Einf v § 535 Rdn. 9 und § 536 Rdn. 11 und 30; jeweils m.w.N.). Der zwischen den Prozessparteien am 01. Juni 2006 abgeschlossene Mietvertrag über das streitgegenständliche Objekt hat weder durch eine Aufhebungsvereinbarung noch durch eine Rücktritts- oder Kündigungserklärung der Beklagten vor der Überlassung der Mietsache sein Ende gefunden. Die Beklagte vermag ihre Hauptpflichten aus diesem Rechtsgeschäft gegenüber dem Kläger nicht mehr zu erfüllen, weil sie die entsprechenden Räume und Flächen inzwischen - im Rahmen eines anderen rechtsgültigen Mietvertrages - einer Bank überlassen hat. Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit dem Kläger ein Mitverschulden zur Last fällt, durfte die Zivilkammer dem Betragsverfahren vorbehalten. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Zutreffend hat die Eingangsinstanz angenommen, der zwischen den Prozessparteien am 01. Juni 2006 abgeschlossene Mietvertrag sei nicht vorzeitig beendet worden.

a) Den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung hat die - insoweit mit Darlegung und Beweis belastete - Beklagte nicht nachzuweisen vermocht. Die Beweisaufnahme vor dem Landgericht ergab lediglich ein Unentschieden ( non liquet ). Die Aussagen der Zeugen beider Seiten widersprechen einander hinsichtlich des entscheidungserheblichen Kerngeschehens. Umstände, die eine unterschiedliche Beurteilung der Glaubhaftigkeit oder Glaubwürdigkeit in der Weise rechtfertigen, dass die Aussage des klägerischen Zeugen - was in der vorliegenden Konstellation für den Nachweis der Mietvertragsaufhebung erforderlich wäre - nicht geeignet erscheint, die Bekundungen des Zeugen der Beklagten zu erschüttern, konnte die Zivilkammer nicht konstatieren. Die Feststellungen des Eingangsgerichts sind nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch der Verhandlung und Entscheidung in zweiter Instanz zugrunde zu legen. Denn konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen begründen, werden von der Beklagten nicht aufgezeigt.

aa) Ob der Kläger lediglich als Treuhänder oder, wie die Beklagte behauptet, als Strohmann des Zeugen G. H. fungiert, kann für die Entscheidung des Streitfalles dahinstehen. Denn selbst Strohmanngeschäfte sind in aller Regel ernstlich gewollt und deshalb rechtsgültig; berechtigt und verpflichtet wird aus Geschäften dieser Art der Strohmann selbst, der mittelbarer Vertreter ist (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 117 Rdn. 6, m.w.N.; ferner Palandt/Heinrichs aaO, Einf v § 164 Rdn. 8). Dass der Kläger nicht einmal im Außenverhältnis Verpflichtungen eingehen wollte und die Beklagte davon wusste, ist weder von der Parteien vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Inwieweit der Kläger der deutschen Sprache mächtig ist, ob er das angemietete Objekt schon vor der Vertragsunterzeichnung besichtigt hat und ob der Zeuge G. H. der eigentliche Verhandlungsführer war, spielt in diesem Zusammenhang ebenfalls keine Rolle. Bei der Anbahnung und auch beim Abschluss von Mietverträgen ist die Vertretung durch Bevollmächtigte ohne weiteres zulässig und in der Praxis nicht selten anzutreffen. So hat sich die Beklagte bei den Gesprächen ebenfalls vertreten lassen, und zwar durch ihren Ehemann, den Zeugen P. K.. Nur die Mietvertragsurkunde ist dann von beiden Prozessparteien persönlich unterschrieben worden. Lediglich ergänzend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Beklagte den Mietvertrag vom 01. Juni 2006 auch dann hätte erfüllen müssen, wenn er mit dem Zeugen G. H. oder mit einer anderen Person abgeschlossen worden wäre. Jede Doppelvermietung begründet Ansprüche des Mieters aus § 536a Abs. 1 i.V.m. § 536 Abs. 3 BGB wegen eines Rechtsmangels.

bb) Dass es der Kläger mit der Wahrheit nicht hinreichend genau nimmt und deshalb der Aussage seines Zeugen kein Glauben geschenkt werden darf, folgt - entgegen der Auffassung der Beklagten - keineswegs aus dem Akteninhalt: In seinem Anwaltsschriftsatz vom 15. März 2007 (GA I 38, 40) hat der Kläger - unter Berufung auf das Zeugnis des A. S. - lediglich bestritten, dass von ihm eine Zusage zur Zahlung von € 5.000,00 für den Um- und Neubau von Toiletten erteilt wurde. Das steht schon nicht im Widerspruch zum Vorbringen der Beklagten. Hiernach ist die entsprechende Erklärung durch A. S. in seinem Schreiben vom 18. Dezember 2005 (Kopie Anlage B4/GA I 51) abgegeben worden, der dabei - als Einzelperson auftretend - die unbestimmte Wir-Form verwendete. Er hatte sich dem Ehemann der Beklagten nach deren Darlegungen als Mitinhaber einer P. KG (HR-Auszug in Kopie Anlage B5/GA I 52) vorgestellt, die eine Art Dachgesellschaft sein sollte. Bestätigt wird dies im Übrigen durch die Äußerungen des Zeugen P. K. im Telefax vom 01. September 2006 (Kopie Anlage B2/GA I 28). Dass der Kläger zu Zahlungen für Umbauarbeiten plötzlich nicht mehr bereit oder von Anfang an nicht in der Lage gewesen ist, hat die erstinstanzliche Beweisaufnahme keineswegs ergeben. Nach den Bekundungen des Zeugen G. H. wollte der Ehemann der Beklagten die € 5.000,00 nicht haben, sondern begehrte unabhängig davon die Mietvertragsaufhebung (GA I 178, 182).

cc) Dass Telefax-Mitteilungen, wie die der Beklagten (Kopie Anlage K5/GA I 47) und ihres Ehemannes (Kopie Anlage B1/GA I 27) vom 01. September 2006, in denen ausdrücklich um die Bestätigung der Vertragsaufhebung gebeten wird, für sich genommen weder zum konkludenten Abschluss eines Aufhebungsvertrages führen noch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben darstellen, bedarf hier keiner weiteren Ausführungen. Wenn ein Partner den anderen um eine schriftliche Bestätigung ersucht, so spricht dies eher dafür, dass bereits nach seiner eigenen Auffassung mündliche Abreden entweder noch nicht oder zumindest nicht wirksam getroffen wurden. Dagegen lässt sich - anders als die Beklagte meint - das Ausbleiben einer schriftlichen Reaktion seitens des Zeugen G. H. keineswegs allein damit erklären, schon am 31. August 2006 müsse eine verbindliche Aufhebungsvereinbarung zustande gekommen sein. Schweigen beinhaltet im Rechtsverkehr grundsätzlich - von im Streitfall nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - keine Willenserklärung. Das gilt insbesondere dann, wenn der andere Teil - wie hier - explizit um eine Bestätigungserklärung bittet. Zur Wahrung der Rechte des Klägers aus dem Mietvertrag vom 01. Juni 2006 war seinerzeit weder eine mündliche noch eine schriftliche Erklärung durch den Zeugen G. H. erforderlich. Die Rechtsfolgen einer Vertragsverletzung durch den Vermieter treten unabhängig davon ein, ob dieser eine solche angekündigt hat und ob der Mieter dem entgegengetreten ist.

b) Zur Aufhebung des Mietvertrages der Parteien durch einseitige Erklärung war die Beklagte - was ebenfalls in der Berufungsverhandlung erörtert wurde - nicht befugt. Ein vertragliches Rücktrittsrecht hatte sie sich nicht vorbehalten und die Voraussetzungen, unter denen ein Rücktritt kraft Gesetzes möglich ist, liegen nicht vor. Ebenso wenig konnte die Beklagte das Vertragsverhältnis der Prozessparteien - fristlos oder mit gesetzlicher Frist - kündigen.

aa) Zu § 323 BGB hat die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen. Es erscheint schon sehr fraglich, ob der Kläger überhaupt an die Erklärungen des A. S. im Schreiben vom 18. Dezember 2005 (Kopie Anlage B4/GA I 51) gebunden ist; die Parteien haben die Mietvertragsurkunde als solche, der die tatsächliche Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zukommt und in der von einem Baukostenzuschuss des Mieters keine Rede ist, erst am 01. Juni 2006 - und zwar beide persönlich - unterzeichnet. Entsprechendes gilt, soweit sich die Beklagte in der Berufungsinstanz - ohne konkrete zeitliche Einordnung - erstmals (und deshalb ohnehin gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO präkludiert) darauf beruft, bei Gesprächen zwischen P. K. und G. H. seien Vereinbarungen zur Kostenbeteiligung des Mieters und zur Übernahme von Inventar durch diesen getroffen worden (GA II 229, 236). Ihr Ehemann, der dies bezeugen soll, hat bei seiner Vernehmung in der Eingangsinstanz zu Vereinbarungen mit A. S. ausgesagt (GA I 178, 179). Unabhängig davon fehlt es an Vorbringen zur Fälligkeit eines daraus resultierenden Anspruchs und zur Nachfristsetzung. Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung durch den Kläger, die eine Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich machen würde, lässt sich schon deshalb nicht feststellen, weil vom Zeugen G. H. bekundet wurde, der Ehemann der Beklagten habe die € 5.000,00 nicht haben wollen.

bb) Für eine Störung der Geschäftsgrundlage, die zudem vorrangig im Wege der Anpassung des Vertrags und nicht durch dessen Aufhebung zu beseitigen wäre (arg. § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB), fehlt es gleichfalls an schlüssigem Sachvortrag der Beklagten. Bestimmungen, die nach den Darlegungen der betreffenden Partei zum Vertragsinhalt geworden sein sollen, scheiden von vornherein als Geschäftsgrundlage aus (vgl. Palandt/ Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 313 Rdn. 10, m.w.N.). Unabhängig davon können Dauerschuldverhältnisse, deren Geschäftsgrundlage so sehr gestört ist, dass eine Vertragsanpassung nicht mehr in Betracht kommt, allenfalls durch außerordentliche Kündigung und nicht durch Rücktritt beendet werden (§ 543 Abs. 1 i.V.m. § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB). Aus den obigen Ausführungen ergibt sich jedoch zugleich, dass es bei Ausspruch der Kündigungserklärung durch die Beklagte mit Schreiben vom 15. September 2006 (Kopie Anlage B3/GA I 29) an einem wichtigen Grunde im Sinne des § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB mangelte. Die Doppelvermietung als solche berechtigt den Vermieter nicht zur außerordentlichen Kündigung (vgl. Palandt/Weidenkaff aaO, § 536 Rdn. 30, m.w.N.). Ob der Mietvertrag vom 01. Juni 2006 dem gesetzlichen Schriftformerfordernis entspricht, kann hier dahinstehen; selbst wenn er einen Formmangel hätte, wäre er - nach dem novellierten Recht - vor der Überlassung des Mietobjekts an den Kläger, zu der die Beklagte infolge anderweitiger Vermietung außerstande ist, nicht ordentlich kündbar (§ 550 Satz 2 i.V.m. § 578 Abs. 2 Satz 1 BGB).

2. Dass im angefochtenen Urteil die Frage eines Mitverschuldens des Klägers - hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von entgangenem Gewinn - zwar erörtert, die Entscheidung darüber aber dem Betragsverfahren vorbehalten worden ist (LGU 6 f.), begegnet keinen Bedenken. Freilich hat sich ein Zwischenurteil über den Grund im Sinne von § 304 ZPO, dessen Erlass im Streitfall ohne weiteres zulässig war, mit allen Problemen zu befassen, die den Anspruchsgrund betreffen. Dazu gehören - unter anderem - sämtliche Einwendungen und Einreden, die vollständig die Entstehung des Anspruchs verhindern, ihn gänzlich vernichten oder hemmen können (vgl. Schellhammer, Zivilprozess, 12. Aufl., Rdn. 910; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 304 Rdn. 8 f.; jeweils m.w.N.). Das Mitverschulden gemäß § 254 BGB nimmt in diesem Zusammenhang jedoch eine Sonderstellung ein: Nur wenn es den Anspruch völlig ausschließt, muss es bereits bei Erlass des Grundurteils berücksichtigt werden; kommt dagegen - wie in aller Regel - lediglich eine Anspruchskürzung in Betracht, kann der Einwand entweder für das Betragsverfahren aufgespart werden oder schon im Grundurteil erledigt durch den Ausweis einer Quote, zu der die Klage gerechtfertigt ist (vgl. Schellhammer aaO Rdn. 912; Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 8; jeweils m.w.N.). Entscheidet sich das Gericht - wie hier die Zivilkammer - nicht für die zuletzt genannte Variante, bedarf es wegen der Bindungswirkung des § 318 ZPO eines ausdrücklichen Vorbehalts, der am besten in den Tenor aufgenommen wird, sich zumindest aber zweifelsfrei aus den Urteilsgründen ergeben muss (vgl. dazu Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 18, m.w.N.). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht. Aus den Erwägungen in Nr. 5 der Entscheidungsgründe geht die Absicht der Zivilkammer, erst im Zusammenhang mit der Höhe des Anspruchs zu prüfen, ob der Kläger seine Schadensminderungsobliegenheit erfüllt hat, eindeutig hervor (LGU 6 f.).

C. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache hinsichtlich des Betragsverfahrens an das Eingangsgericht zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Den nach neuem Recht hierfür erforderlichen Antrag haben die Prozessbevollmächtigten beider Seiten im Termin der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2009 gestellt (GA II 270, 271). Der Streit über den Betrag des Anspruchs ist noch nicht entscheidungsreif. Um die Anspruchshöhe bestimmen zu können, bedarf es vielmehr weiterer umfangreicher Beweiserhebung; das Landgericht hat bereits einen entsprechenden Beweisbeschluss verkündet (GA I 198 f.). Die Aufhebung des angefochtenen Urteils und des ihm zugrunde liegenden Verfahrens, von der in § 538 Abs. 2 Satz 1 vor Nr. 1 ZPO die Rede ist, kommt in Fällen der streitgegenständlicher Art, in denen die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt wird, nicht in Betracht; es handelt sich dabei auch keineswegs um eine notwendige Voraussetzung für die Zurückverweisung der Sache an das Eingangsgericht (vgl. hierzu Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 538 Rdn. 6).

D. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach muss die Beklagte die Kosten der erfolglosen Berufung tragen, weil diese von ihr eingelegt worden ist. Der - gegenwärtig noch ungewisse - Ausgang des Betragsverfahrens hat darauf nach ganz herrschender Meinung, der sich der Senat anschließt, keinen Einfluss (vgl. BGHZ 20, 397 m. Anm. v. Hauß in LM ZPO § 97 Nr. 9; zur Parallelvorschrift in § 99 Abs. 1 FGO BFH, Urt. v. 16.06.2004 - X R 34/03, BFHE 207, 120 = BStBl II 2005, 378, juris-Rdn. 47; ferner MünchKommZPO/Musielak, 3. Aufl., § 305 Rdn. 36; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 97 Rdn. 2; Zöller/Vollkommer aaO, § 304 Rdn. 26).

E. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Er ist jedenfalls mit Blick auf die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz erforderlich. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.

F. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine höchstrichterliche Entscheidung durch das Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen auf einer Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles. Eine Divergenz zu Entscheidungen des Bundesgerichtshofes oder anderer Oberlandesgericht ist nicht ersichtlich.

G. Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt € 116.702,84 (§ 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Wird gegen ein Zwischenurteil unbeschränkt Berufung eingelegt, das der Klage dem Grunde nach in vollem Umfange stattgibt, so entspricht der Streitwert dem Betrag der bezifferten Klage ohne Abschläge (vgl. dazu Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 12. Aufl., Rdn. 2633 und 2635; ferner Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 304 Rdn. 22).

Ende der Entscheidung

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