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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 09.02.2005
Aktenzeichen: 4 U 105/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 307 | |
BGB § 309 Nr. 4 | |
BGB § 309 Nr. 12 | |
BGB § 874 | |
BGB § 894 | |
BGB § 1142 Abs. 2 | |
BGB § 1169 | |
BGB § 1192 Abs. 2 | |
BGB § 1193 Abs. 1 | |
BGB § 1193 Abs. 2 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
4 U 105/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Verkündet am 09.02.2005
in dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12.01.2005
durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.04.2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 12 O 571/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt auf die Beklagte auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer auf ihrem hälftigen Miteigentumsanteil des Grundstücks E..., Flur 1, Flurstück 22/1, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts ..., Grundbuch von E..., Blatt 150, lastenden Grundschuld in Anspruch, die der Besicherung eines dem Eigentümer des anderen hälftigen Miteigentumanteils gewährten Darlehens dient (im folgenden: Schuldner). Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands, der im zweiten Rechtszug keine Änderungen erfahren hat, wird auf die Feststellungen des Landgerichts verwiesen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, wogegen sich deren Berufung richtet.
Die Beklagte hält das Grundschuldkapital für nicht fällig, weil eine formularmäßige Fälligkeitsvereinbarung unwirksam sei und durch den Schuldner nicht zu ihren Lasten habe vereinbart werden können. Außerdem wendet sie gegen ihre Inanspruchnahme ein, dass weder ein Rückgewähranspruch aus Darlehen noch dessen Fälligkeit hinreichend dargelegt sei.
Nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertritt die Beklagte zudem die Auffassung, dass sie die Grundschuld "unmittelbar" kondizieren könne, weil weder sie noch ihre Rechtsvorgängerin an der Sicherungsabrede und dem zu sichernden Rechtsgeschäft beteiligt gewesen seien.
Die Beklagte beantragt,
die Klage in Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die Klage ist begründet.
Die Klägerin kann die Duldung der Zwangsvollstreckung in den Miteigentumsanteil der Beklagten an dem belasteten Grundstück in der titulierten Höhe beanspruchen (§§ 1192 Abs. 2, 1147 BGB).
1. Die Einwendungen der Beklagten aus der Grundschuld greifen nicht durch.
a) Mit der Fälligstellung der Grundschuld in der Eintragungsbewilligung des Schuldners vom 15.10.1993 ist die Kündigungsvoraussetzung nach § 1193 Abs. 1 BGB abbedungen worden. Eine derartige abweichende Bestimmung ist § 1193 Abs. 2 BGB zulässig und üblich. Der formularmäßige Ausschluss des Kündigungserfordernisses verstößt daher weder gegen § 307 BGB noch § 309 Nrn. 4 oder 12 BGB noch gegen die entsprechenden Vorläuferbestimmungen des AGBGB (Staudinger-Wolfsteiner, BGB, Ausgabe 2002, § 1193 Rdnr. 3).
Die sofortige Fälligkeit ist auch Inhalt der Grundschuld geworden, da diese unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung eingetragen worden ist (§§ 874, 1192 Abs. 2, 1115 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB).
b) Die Fälligstellung der Grundschuld wirkt ferner zu Lasten der Beklagten, da sie ihren hälftigen Miteigentumsanteil mit diesem Inhalt erworben hat (§ 891 Abs. 1 BGB). Das Grundbuch ist auch nicht deshalb i. S. v. § 894 BGB unrichtig, weil sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht selbst ausdrücklich mit der sofortigen Fälligkeit der Grundschuld einverstanden erklärt hat. Denn diese hat in ihrer Eintragungsbewilligung vom 27.04.1994 ihrerseits auf die Eintragungsbewilligung des Schuldners Bezug genommen. Eine solche doppelte oder vermittelte Bezugnahme ist von § 874 BGB gedeckt, wenn die in der Eintragungsbewilligung in Bezug genommene Urkunde bereits bei den Grundakten liegt oder mit ihr eingereicht wird (Staudinger-Gursky, BGB, Ausgabe 2000, § 874 Rdnr. 7 mit Rechtsprechungsnachweisen). Hiervon ist im Streitfall auszugehen, da die Eintragung auf die Eintragungsbewilligung des Schuldners Bezug nimmt. Auf die mangels Eintragung ohnehin nur schuldrechtliche Wirkungen zu Lasten der Rechtsvorgängerin der Beklagten begründende Grundschuldbestellungsergänzungsvereinbarung vom 30.08.1993 kommt es daher nicht an.
2. Auch aus dem Grundgeschäft kann die Beklagte keine Einreden gegen den Duldungsanspruch herleiten.
Bei der Sicherungsgrundschuld begründen zwar sowohl die Nichtvalutierung (z. B. BGH, WM 1990, 305, 306) als auch die mangelnde Fälligkeit der Forderung (z. B. BGH, ZIP 1985, 732, 733) entsprechende Einreden des Eigentümers, die er seiner Inanspruchnahme aus der Grundschuld gemäß den §§ 1192 Abs. 2, 1169, 1142 Abs. 2 BGB entgegenhalten kann. Diese in der Sicherungsabrede wurzelnden Einreden wirken jedoch nur für und gegen die Parteien der Sicherungsvereinbarung (BGH, NJW 1988, 1096, 1098; BGHZ 109, 197 ff.; Palandt-Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 1191 Rdnr. 18; Erman-Wenzel, BGB, 10. Aufl., § 1191 Rdnr. 54). Ein bereichungsrechtlicher Rückgewähranspruch kann folglich nur von demjenigen gemacht werden, der an dieser beteiligt ist. Daran fehlt es bei der Beklagten. Nach der Grundschuldbestellungsergänzungsvereinbarung vom 30.08.1993 ist - entgegen der Auffassung der Beklagten, die mit nachgereichtem Schriftsatz vom 31.01.2005 eine ihr ungünstige Rechtsansicht vertritt - zwar noch die Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Partei der Sicherungsabrede geworden. Dagegen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte selbst, die den Miteigentumsanteil erst später im Wege der Einzelrechtsnachfolge erworben hat, aus ihr Rechte herleiten können sollte (über § 328 BGB, durch Vertragsbeitritt oder nach Abtretung des Rückgewähranspruchs). Vielmehr hat die Beklagte zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, dass sie an der Sicherungsvereinbarung unbeteiligt ist.
Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Darlehensrückgewähranspruch noch besteht, ob dieser Anspruch fällig ist und wer diese Umstände im Streitfall darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 67.500,00 €, nämlich den Wert des Gegenstands des Grundpfandrechts festgesetzt (§§ 47 Abs. 2 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. § 6 Satz 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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