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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 5 U 130/06
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, MauerG, VermG, VertG, LeistungsVO, BauGB, ZPO, GrenzVO, GrenzG


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 894
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1
MauerG § 2
MauerG § 2 Abs. 1
MauerG § 2 Abs. 2
MauerG § 2 Abs. 3
MauerG § 7
VermG § 1 Abs. 2
VermG § 1 Abs. 3
VertG § 10
VertG § 10 Abs. 1
LeistungsVO § 28
LeistungsVO § 28 lit. a)
LeistungsVO § 28 lit. c)
BauGB § 102
ZPO § 253 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 261 Abs. 1
GrenzVO § 9
GrenzG § 40
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 130/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 24.05.2007

Verkündet am 24.05.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth und den Richter am Landgericht Boecker

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 15. Juni 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin, Az. 3 O 221/05, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Rechtsstreit betrifft zwei in den 1960er Jahren von der DDR für die Errichtung von Grenzsperranlagen in Anspruch genommene Grundstücke.

Der Kläger verfolgt bezüglich der heutigen Flurstücke 993 und 994 teilweise einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung dahingehend, dass er an Stelle der beklagten Bundesrepublik als Eigentümer im Grundbuch einzutragen sei. Hilfsweise erstrebt er den Rückkauf des heutigen Flurstücks 994 zu anderen als den ihm von der Beklagten angebotenen Bedingungen. Insbesondere begehrt er die Herabsetzung des Kaufpreises auf 0 Euro.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Klage sei nicht begründet. Dem Kläger stehe kein Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 894 BGB zu. Einem Grundbuchberichtigungsanspruch stehe nicht bereits die Bestandskraft des Bescheides der Oberfinanzdirektion vom 25. August 2000 entgegen, mit dem der Antrag des Klägers auf Rückkauf der Flurstücke abgelehnt wurde. Damit sei allein über Ansprüche nach dem MauerG entschieden worden, nicht aber über die allgemeinen zivilrechtlichen Fragen der Wirksamkeit des Übertragungsvorgangs auf den Beklagten oder seinen Rechtsvorgänger, gemessen an den Vorschriften über die Sittenwidrigkeit, Treu und Glauben sowie des ordre public. Dem Berichtigungsanspruch stehe jedoch bereits entgegen, dass der Kläger die in Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB gesetzte Frist zur Klageerhebung habe verstreichen lassen. Darüber hinaus sei das Grundbuch nicht unrichtig. Auf die Frage, ob die Regelungen des MauerG nicht verfassungskonform, sitten- oder treuwidrig seien oder gegen den ordre public verstießen, komme es nicht an, weil sich der Grundbuchberichtigungsanspruch nicht aus dem MauerG ergebe. Dieses regele vielmehr die Behandlung von Mauergrundstücken, deren Überführung in Volkseigentum wirksam war. Die Übertragung der Flurstücke in Volkseigentum sei wirksam gewesen. Die dagegen von dem Kläger vorgebrachten Einwände seien aus den Gründen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2005, Az. V ZR 83/05 (ZOV 2006, 88 ff.; NJW-RR 2006, 884 ff.), unzutreffend. Der nach der Wende erfolgte Übergang des Grundstückseigentums auf die Beklagte sei nicht sittenwidrig und verstoße nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Auch sei das MauerG aus den Gründen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2003, Az. 3 C 50/02 (BVerwGE 119, 349 ff.; VIZ 2004, 221 ff.), nicht verfassungswidrig.

Der Hilfsantrag sei zulässig, insbesondere sei er in der § 7 MauerG entsprechenden Frist und Form bei Gericht eingegangen. Er sei jedoch ebenfalls unbegründet. Das MauerG sei auf Grund der vorstehenden Ausführungen wirksam und damit rechtmäßige Grundlage für die Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks zu einem Kaufpreis in Höhe von 25 % des Verkehrswertes. Dass § 2 Abs. 3 des Kaufvertragsentwurfs vorsehe, dass der Kläger die Sachverständigenkosten für die Verkehrswertermittlung tragen solle, folge aus § 2 Abs. 2 MauerG. Dass im Kaufvertragsentwurf ein Haftungsausschluss vorgesehen sei, entspreche dem Sinn und Zweck des MauerG. Die von dem Kläger angegriffene Verzugsregelung in § 4 des Kaufvertrages entspreche den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die Mahnpauschale sei der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger die erstinstanzlichen Anträge weiter. Das Urteil des Landgerichts beruhe auf einer Rechtsverletzung. Dem Anspruch des Klägers stehe die Ausschlussfrist gemäß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht entgegen, da diese Vorschrift voraussetze, dass Volkseigentum haben entstehen können. Nach DDR-Recht habe Volkseigentum jedoch nicht entstehen können, weil die Rechtsakte zur Überführung von Mauergrundstücken in Volkseigentum nichtig gewesen seien. Die Vollziehung des Kaufvertragsentwurfes sei Kennzeichen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs. Die Anwendung des MauerG sowie die Vorenthaltung des Eigentums an den Mauergrundstücken stelle darüber hinaus einen Verstoß gegen den ordre public dar. Die Beklagte habe bei verfassungskonformer Auslegung von Art. 21 des Einigungsvertrages kein Eigentum an den Mauergrundstücken erworben, weil Mauergrundstücke nicht als Verwaltungsvermögen einzuordnen seien, da sie für Zwecke nutzbar gemacht worden seien, die den Zielsetzungen des Grundgesetzes widersprochen hätten. Die Anwendung des MauerG verstoße außerdem gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. § 9 Satz 1 der Grenzverordnung der DDR habe ausdrücklich vorgesehen, dass Grundstücke, die nicht mehr für Maßnahmen zum Schutz der Staatsgrenze benötigt würden, an die Eigentümer zurückzugeben gewesen seien. Dies müsse berücksichtigt werden. Gemäß Art. 6 Satz 2 EGBGB sei ausländisches Recht, dessen Anwendung gegen deutsche Grundrechte verstoße, nicht anzuwenden, auch wenn die Anwendung durch eine Bezugnahme nationalen Rechts erfolge. Die Bezugnahme des MauerG insbesondere auf die gesetzgeberischen Akte des DDR-Gesetzgebers sei am Maßstab von Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Der Kläger sei in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Spätestens mit der Lossagung der DDR vom sozialistischen Inhalt der DDR-Verfassung mit dem Gesetz über Verfassungsgrundsätze vom 17. Juni 1990 habe der Kläger einen Rückübereignungsanspruch gemäß § 9 Satz 1 der Grenzverordnung gehabt. Dieser falle unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG. Außerdem verstoße die Anwendung des MauerG auf die hier streitgegenständlichen Grundstücke gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ehemalige Eigentümer, die ihr Grundstück auf Grund eingetretener Überschuldung, die auf nicht kostendeckenden Mieten beruhten, verloren haben, könnten ihr Eigentum ohne Zahlung eines Kaufpreises gemäß § 3 Abs. 1, § 1 Abs. 2 VermG zurückfordern. Auch in den Fällen der ausreisebedingten Veräußerung sei das Vermögensgesetz gemäß § 1 Abs. 3 anwendbar. Es gebe keinen sachlichen Grund, den hier zu beurteilenden Eingriff anders zu behandeln. Diese Ungleichbehandlung sei über die Generalklausel des § 242 BGB mit unmittelbarer Drittwirkung zu berücksichtigen. Der Kläger habe eine legitime Erwartung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gehabt. Würde diese berechtigte Erwartung ignoriert, führe dies zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Nichteinbeziehung von Mauergrundstücken in das Vermögensgesetz vom 29. September 1990 sowie die fehlende Regelung über die Rückführung von Mauergrundstücken im Gesamtgefüge der geltenden Bestimmungen über offene Vermögensfragen widerspreche dem Grundlagenvertrags-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 1973 und stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz des Willkürverbots dar. Der Abschluss der Kaufverträge zur Überführung des streitgegenständlichen Flurstücks 993 in Volkseigentum sei sittenwidrig und daher gemäß § 138 BGB nichtig gewesen. Die Enteignung habe nicht der Grenzsicherung im Sinne des Verteidigungsgesetzes gedient, sondern allein dem Zweck, die Bevölkerung am Verlassen der DDR zu hindern. Die Anlegung des Todesstreifens habe auch nach den in der DDR geltenden anerkannten moralischen Anschauungen nicht dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denken entsprochen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des am 15.6.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Neuruppin, Az. 3 O 221/05, die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs in Ansehung der gemäß Anlage K 1 farblich grün umrandeten näher gekennzeichneten Fläche des Grundstücks in der Gemarkung H..., Flurstücke 994, 993, Grundbuch von H..., Blatt 8352 insoweit zu erteilen, als nicht die Beklagte, sondern der Kläger Eigentümer des Grundstücks ist,

hilfsweise,

2. unter Abänderung des am 15.6.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Neuruppin, Az. 3 O 221/05, festzustellen, dass zwischen den Parteien mit Rechtskraft des Urteils ein Kaufvertrag nach Maßgabe des in der Anlage K 2 enthaltenen Kaufvertragsentwurfes mit folgenden Abweichungen,

- der Kaufpreis beträgt für den in § 1 Abs. 1 genannten Kaufgegenstand 0,00 €,

- § 3 Abs. 2 sowie § 4 des Vertragsentwurfes entfallen,

- § 5 Abs. 2, 3, 4 des Kaufvertragsentwurfes entfallen, besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter näherer Darlegung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

A.

Der auf die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs gerichtete Hauptantrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 894 BGB.

Einem solchen Anspruch des Klägers steht nicht bereits die Bestandskraft des Bescheides der Oberfinanzdirektion vom 25. August 2000 entgegen, über den der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 4. April 2003, Az. V ZR 268/02 (VIZ 2003, 387), abschließend entschieden hat. Auf die zutreffende Begründung in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts wird insoweit Bezug genommen.

Ein Grundbuchberichtigungsanspruch setzt jedoch voraus, dass der Inhalt des Grundbuchs mit der wirklichen Rechtslage nicht in Einklang steht. Dies ist hier nicht der Fall. Die im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene Beklagte ist auch materiellrechtlich Eigentümerin der Flurstücke 993 und 994.

1.

Das Eigentum an den streitgegenständlichen Flurstücken ist gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) auf die Beklagte übergegangen. Bei den Mauergrundstücken handelte es sich um Verwaltungsvermögen im Sinne des Art. 21 Abs. 1 EV, dessen Verwendungszweck nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes in die Zuständigkeit der beklagten Bundesrepublik fällt (vgl. dazu ausführlich BVerwG VIZ 2004, 221, 222f.; Senat OLG-NL 2005, 252, 255). Auch wenn die Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum MauerG "sinnfälliger Ausdruck des Unrechtsregimes in der früheren DDR" waren (vgl. BT-Drs. 13/120 S. 5) führt dies entgegen der Ansicht des Klägers nicht dazu, dass sich die mit diesen Grenzanlagen verbundene Tätigkeit der staatlichen Organe der DDR als grundgesetzwidrig von vornherein einer Einordnung in die im Grundgesetz geregelte Verteilung der Verwaltungskompetenzen entziehen würde (vgl. im Einzelnen BVerwG VIZ 2004, 221, 222). Soweit der Kläger geltend macht, dass nur solches Verwaltungsvermögen unter Art. 21 Abs. 1 EV fiel, das noch mit Ablauf des 2. Oktober 1990 einer entsprechenden Zweckbestimmung unterlag, setzt dies nicht voraus, dass es sich dabei um den ursprünglichen Zweck handelte. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (VIZ 2004, 221, 222) ist unerheblich, ob sich zwischen dem für die Zuordnung maßgeblichen Stichtag 1. Oktober 1989 und dem 3. Oktober 1990 die Verwaltungszwecke geändert haben, für die Grundstücke verwendet wurden, solange die Eigenschaft als Verwaltungsvermögen erhalten geblieben ist. Der Kläger hat nichts vorgetragen, woraus sich ergäbe, dass die Grundstücke vor dem 3. Oktober 1990 aus dem Verwaltungsvermögen ausgegliedert wurden.

2.

Die Flurstücke 85/1 und 85/3 - heute zusammengefasst zum Flurstück 993 - waren Verwaltungsvermögen der DDR geworden, da sie aufgrund der Kaufverträge vom 18. Juli 1962 und 11. März 1965 in Volkseigentum überführt worden waren.

Die Kaufverträge waren wirksam. Sie waren insbesondere nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB.

a)

aa) Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes sind grundsätzlich die im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts herrschenden Wertanschauungen maßgebend (BGH NJW 2002, 429, 431). Damit kommt es auf die Wertanschauungen in der DDR der Jahre 1962 und 1965 an. Die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften aus der Zeit der DDR bestimmt sich nach dem intertemporalen Zivilrecht nach dem damals geltenden Recht (Art. 232 § 1 EGBGB); dieses ist entsprechend der seinerzeitigen Praxis anzuwenden (BGH NJW 1995, 1835 m. w. Nachw.).

bb) Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes nach § 138 Abs. 1 BGB - dies gilt auch für den Anwendungs- und Geltungsbereich des wortgleichen § 138 Abs.1 BGBDDR - ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen, d. h. einer zusammenfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts (BGH NJW 1990, 704; 2001, 1127). Es sind alle Interessen zu berücksichtigen, die unmittelbar oder mittelbar, aktuell oder potenziell durch das zu bewertende Rechtsgeschäft berührt werden. Auch die rechtlichen und tatsächlichen Folgen von Entscheidungen sind in die Interessenabwägung einzubeziehen. Die einschlägigen Wertmaßstäbe finden sich sowohl in Gesetzen als auch im außergesetzlichen Bereich. Kollidieren rechtliche Wertungen mit außerrechtlichen Moralvorstellungen, so haben die Ersteren den Vorrang (Staudinger/Sack (2003), § 138 BGB Rn. 37 f.); bei der Interessenabwägung ist in erster Linie von den Wertungen auszugehen, die in den Regelungen des gesetzten Rechts zum Ausdruck gekommen sind (BVerfGE 7, 198, 206; 13, 153, 164; 21, 73, 82; BGHZ 80, 153, 157 f.; 106, 336, 338). Rechtsgeschäfte, die eine gesetzliche Vorschrift nach ihrem Zweck als zulässig anerkennt, können danach nicht nach § 138 Abs. 1 BGB für nichtig erklärt werden (BGH NJW 1970, 1179; Palandt/Heinrichs, 66. Aufl., § 138 BGB Rn. 6); § 138 BGB verweist damit auf die der Rechtsordnung immanenten rechtsethischen Werte und Prinzipien. Wenn die Rechtsprechung Rechtsgeschäfte für sittenwidrig erklärt, geht es in der Regel nicht um die Rezeption außerrechtlicher Wertungen, sondern um die Konkretisierung von Wertmaßstäben, die in der Rechtsordnung selbst angelegt sind (Palandt/Heinrichs, a. a. O., Rn. 3). Im Unterschied zu allgemeinen Rechtsüberzeugungen, die für die Bestimmung der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts ebenfalls von Bedeutung sein können, sind bloße Mehrheitsmeinungen kein verbindlicher Maßstab für die Konkretisierung der guten Sitten. Weder rechtfertigt eine strenge Mehrheitsmeinung, nach der in einem konkreten Anwendungsfall ein Sittenverstoß vorliegt, ohne weiteres den Vorwurf der Sittenwidrigkeit im rechtlichen Sinn, noch erlaubt eine Mehrheitsmeinung, die im konkreten Fall einen Sittenverstoß ablehnt, ohne weiteres die Feststellung der Vereinbarkeit des betreffenden Verhaltens mit den guten Sitten (Staudinger/Sack, a. a. O., § 138 BGB Rn. 46 f.).

cc) Bei der Beurteilung der konkreten Frage, ob Veräußerungsverträge über Grundstücke zur Errichtung von Grenzeinrichtungen der ehemaligen DDR als sittenwidrig anzusehen sind, ist zu berücksichtigen, dass solche Kaufverträge - ebenso wie die entsprechenden Enteignungen - grundsätzlich zum vollen Verkehrswert erfolgten und die Eigentümer der im Grenzgebiet gelegenen Grundstücke insoweit gleich behandelt wurden, ein Sittenverstoß seine Grundlage also nicht im Verhalten gegenüber dem einzelnen Vertragspartner hat. Aus dem konkreten Inhalt des Kaufvertrages lässt sich damit ein Sittenverstoß nicht herleiten. Auch der Kläger hat nichts vorgetragen, woraus sich im vorliegenden Fall etwas anderes ergäbe. Die Sittenwidrigkeit kann dann nur in einem Verhalten gegenüber der Allgemeinheit oder Dritten begründet sein, weil dieses Verhalten in krassem Widerspruch zum Gemeinwohl steht oder Dritte gefährdet oder geschädigt werden (BGH NJW 1990, 567, 568).

In einer solchen Konstellation sind die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB grundsätzlich nur dann erfüllt, wenn alle Beteiligten subjektiv sittenwidrig handeln BGH NJW 1990, 567, 568). Dieser Grundsatz kann aber dann keine Anwendung finden, wenn der Veräußerer mit dem Abschluss eines Kaufvertrages lediglich der sonst drohenden Enteignung zuvorkommt, denn den Eintritt des mit dem Vertrag bezweckten Erfolges, die Überführung des Eigentums in Volkseigentum, konnte er in Konstellationen der vorliegenden Art ohnehin nicht verhindern. In einem solchen Fall genügt für die Feststellung der Sittenwidrigkeit der subjektive Verstoß gegen die guten Sitten auf der Seite des Erwerbers.

b)

Der Senat vermag unter Anlegung dieser Maßstäbe weder festzustellen, dass der Abschluss von Kaufverträgen über Grundstücke, die für die Errichtung der innerdeutschen Grenze einschließlich des so genannten "Todesstreifens" benötigt wurden, gemessen an den Wertmaßstäben der DDR in den Jahren 1962 und 1965 generell im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten verstießen, noch dass der konkrete Abschluss des Kaufvertrages über die Flurstücke 85/1 und 85/3 in diesem Sinn gegen die guten Sitten verstoßen hat.

aa) Mit dem Kläger ist davon auszugehen, dass die Anlegung der innerdeutschen Grenze und die Errichtung der Grenzanlagen ("Todesstreifen"), mit der die Bürger der DDR am Verlassen des Landes mit Gewalt gehindert werden sollten, als verwerflich anzusehen ist und - gemessen an den Maßstäben einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung - jedenfalls objektiv sittenwidrig ist. Es kann weiter davon ausgegangen werden, dass dies in den Jahren 1962 und 1965 auch dem Rechtsempfinden einer großen Zahl der betroffenen Grundstückseigentümer, aber auch vieler Bürger in der DDR entsprochen hat. Dies reicht jedoch für die Feststellung eines Sittenverstoßes nicht aus.

bb) Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit fällt maßgeblich ins Gewicht, dass in der Rechtswirklichkeit der DDR der Jahre 1962 und 1965 Enteignungen und Veräußerungen von Grundstücken, die der Herstellung der Grenzanlagen dienten, als mit der Rechtsordnung der DDR vereinbar angesehen wurden und damit wirksam waren.

(1) Rechtliche Grundlage für die Überführung der sog. Mauergrundstücke in Volkseigentum war § 10 Abs. 1 des Gesetzes über die Landesverteidigung der Deutschen Demokratischen Republik vom 20. September 1961 (VertG; GBl. I 175ff.). Diese Vorschrift erlaubte die Enteignung von Grundstücken "im Interesse der Verteidigung der Republik", wenn die benötigten Grundstücke nicht durch Kauf zu erwerben waren. Damit ging die gesetzliche Wertung in § 10 Abs. 1 VertG ersichtlich davon aus, dass die Grundstücke, die für Verteidigungszwecke benötigt wurden, im Regelfall durch Kauf und nur ausnahmsweise im Wege der Enteignung in Volkseigentum übergingen. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken wurden durch § 28 der Verordnung über die Inanspruchnahme von Leistungen im Interesse der Verteidigung und des Schutzes der Deutschen Demokratischen Republik - LeistungsVO - vom 16. August 1963 (GBl. II, S. 667) konkretisiert. Danach konnten Grundstücke aller Eigentumsformen im Interesse der Vereidigung der Republik und des Schutzes der Bevölkerung in Anspruch genommen werden, beispielsweise zur Errichtung von Verteidigungsanlagen gemäß § 28 lit. a) LeistungsVO oder zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen, etwa an der Staatsgrenze und in Sperrgebieten gemäß § 28 lit. c) LeistungsVO (vgl. dazu etwa BVerwG ZOV 2002, 55; VIZ 1997, 684; VIZ 1997, 348; VIZ 1995, 161). Auch wenn die LeistungsVO erst ein Jahr nach Abschluss des hier streitgegenständlichen Kaufvertrages vom 18. Juli 1962 erlassen worden ist, können die darin konkretisierten Enteignungszwecke zur Bestimmung des Rechtsverständnisses herangezogen werden, die bereits dem Erlass des Verteidigungsgesetzes zwei Jahre zuvor zu Grunde lag (BVerwG VIZ 1995, 161, 162). Auf dieser gesetzlichen Grundlage war die gelebte Rechtswirklichkeit in der DDR so, dass die für die Errichtung der Sperranlagen benötigten Grundstücke auf der Grundlage des Verteidigungsgesetzes beschafft wurden. Das Verteidigungsgesetz wurde in einer Weise verstanden, wonach der mit der Errichtung der Sperranlagen verfolgte primäre Zweck, die Abwanderung der eigenen Bürger zu verhindern, noch von diesem Gesetz gedeckt war (so auch KG ZOV 2005, 91, 94). Das von dem Kläger behauptete Verständnis, wonach unter der "Verteidigung der Republik" in § 10 Abs. 1 VertG nicht der mit der Errichtung der Grenzanlagen verfolgte Zweck zu verstehen sei, die Bürger der DDR am Verlassen der DDR zu hindern, hat jedenfalls in der Rechtswirklichkeit der DDR zu dieser Zeit - auf ein möglicherweise gewandeltes Verständnis ab dem Herbst 1989 kommt es in diesem Zusammenhang nicht an - keinen Niederschlag gefunden.

Es kommt danach nicht mehr entscheidend darauf an, dass die Grenzanlagen der DDR, die in erster Linie die Bürger der DDR am Verlassen ihres Landes mit Gewalt hindern sollten, jedenfalls auch dazu gedient haben, einen Grenzübertritt in die DDR zu verhindern. Beide Zwecke, selbst wenn sie unterschiedlich gewichtet gewesen sein mögen, waren untrennbar miteinander verbunden.

(2) Die Heranziehung von Bestimmungen der Verfassung der DDR aus dem Jahre 1949 vermag im Ergebnis einen Sittenverstoß ebenfalls nicht zu begründen. Nach Art. 5 dieser Verfassung waren die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts für die Staatsgewalt und jeden Bürger bindend; Art. 10 Abs. 3 dieser Verfassung gewährte jedem Bürger der DDR das Recht auf Auswanderung, das nur durch ein Gesetz eingeschränkt werden konnte.

Selbst wenn sich die DDR über Art. 5 der Verfassung 1949 zur Einhaltung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 (AEMR) verpflichtet haben sollte, kommt es für die Rechtswirklichkeit in der DDR nicht auf den strengen Wortlaut von Art. 3 AEMR (Recht auf Leben) und Art. 13 Nr. 2 AEMR (Ausreisefreiheit) an, sondern auf die diese Rechte konkretisierende Rechtsordnung der DDR und deren Verständnis in der Rechtswirklichkeit. Danach war aber das Recht auf Ausreise von Anfang an in der DDR nicht ohne Einschränkungen gewährleistet. So wurden etwa schon durch die Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 (GBl. I S. 615) Regelungen dazu erlassen, wie das Vermögen von Personen, die das Gebiet der DDR verlassen haben, ohne die polizeilichen Meldevorschriften zu beachten oder hierzu Vorbereitungen treffen, zu behandeln ist. Dieses grundlegend andere Verständnis der Ausreisefreiheit, das mit dem einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vergleichbar ist, wird in der Rechtsordnung der DDR auch dadurch dokumentiert, dass in der Verfassung vom 6. April 1968 das Recht auf Auswanderung nicht mehr enthalten ist und Art. 32 die Freizügigkeit nur innerhalb des Staatsgebietes der Deutschen Demokratischen Republik gewährt.

(3) Dass die Rechtsordnung der DDR ohne weiteres von der Wirksamkeit der Inanspruchnahme der Grundstücke für die Errichtung der Grenzanlagen ausging, dokumentiert sich nicht zuletzt auch in dem Erlass der darauf aufbauenden Grenzgesetze. So weist zuletzt § 8 des Gesetzes über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 (GrenzG; GBl. I S. 197) das maßgebliche Grenzgebiet aus; die räumliche Konkretisierung des Grenzgebietes - einschließlich des Schutzstreifens - erfolgte in der dazu erlassenen Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 (GrenzVO; GBl. I. S. 203). Damit ist jedenfalls der Gesetzgeber der DDR davon ausgegangen, dass die Inanspruchnahme der Grundstücke nach dem VertG zur Errichtung der Grenzanlagen wie sie im Jahre 1982 bestanden, wirksam ist, denn er hat auf dieser Grundlage das Grenzgebiet der DDR gesetzlich festgelegt.

cc) Das Ergebnis, dass Überführungen von Grundstücken in Volkseigentum zum Zwecke der Errichtung von Grenzanlagen nicht im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB als sittenwidrig anzusehen sind, wird durch weitere Umstände bestätigt.

(1) So ist der bundesdeutsche Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes über den Verkauf von Mauer- und Grenzgrundstücken an die früheren Eigentümer vom 15. Juli 1996 (Mauergrundstücksgesetz - MauerG, BGBl I S. 980) davon ausgegangen, dass die betreffenden Grundstücke seinerzeit wirksam in Volkseigentum überführt worden sind. Ausgangspunkt für den Erlass des MauerG war aus Sicht des Gesetzgebers der Umstand, dass Mauer- und Grenzgrundstücke im Regelfall nach Maßgabe der jeweils in der DDR geltenden Entschädigungsgesetze entschädigt wurden und deswegen dem Anwendungsbereich des VermG nicht unterfielen. Trotz Wegfalls des Enteignungszweckes mit dem Fortfall der Mauer hatte die Rechtsprechung einen Anspruch auf Rückenteignung nach § 102 BauGB abgelehnt (BVerwG NJW 1994, 2712; BGH NJW 1995, 1280). Die danach - wiederum aus der Sicht des Gesetzgebers - bestehende Ausgangssituation, dass einerseits aufgrund der vor dem Erlass des MauerG geltenden Rechtslage den ehemaligen Eigentümern von Mauer- und Grenzgrundstücken sowie deren Rechtsnachfolgern damit im Regelfall kein Anspruch auf Rückgabe oder sonstige Rückgewährung der entzogenen Vermögenswerte zustehe, andererseits sich der Bund an diesen Grundstücken, die dem Fortbestand eines Unrechtsregimes dienten, nicht sollte bereichern können (zu den gesetzgeberischen Motiven eingehend Wasmuth, in Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Einf. zum MauerG Rn. 32 ff.), führte schließlich zum Erlass des MauerG, dass mit seinem Rückkaufmodell die Wirksamkeit der Übertragungen der Mauergrundstücke voraussetzt. Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat damit die rechtlichen Grundlagen für die Überführung der Mauergrundstücke in Volkseigentum nach den Maßstäben der DDR zwar als wirksam angesehen, es aber wegen des Unrechtsgehaltes dieser Maßnahmen es für erforderlich angesehen, die Rückgängigmachung dieser Grundstücksübertragungen nach der Maßgabe des MauerG zu korrigieren.

(2) Diese gesetzgeberische Wertung hat auch in der Rechtsprechung ihren Niederschlag gefunden. Auch der Bundesgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung zum MauerG davon aus, dass den Eigentümern der Mauer- und Grenzgrundstücke nach der Enteignung in der ehemaligen DDR keine Rechtsposition verblieben ist, die nach dem Beitritt in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 3 GG hätte fallen können. Der Gesetzgeber sei in seiner Entscheidung frei gewesen, ob und unter welchen Voraussetzungen er eine Rückgewähr des Eigentums habe vornehmen wollen (BGH VIZ 2003, 387, 389).

dd) Nach den gesetzlichen Wertentscheidungen der DDR zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kaufverträge vom 18. Juli 1962 und 11. März 1965 können diese unter Berücksichtigung aller Umstände nicht im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB-DDR als sittenwidrig und damit nichtig angesehen werden. Da die genannten gesetzlichen Maßstäbe für die Konkretisierung des Begriffes der guten Sitten in der DDR der Jahre 1962 und 1965 vorrangig sind, vermag eine möglicherweise andere Sichtweise in Teilen der Bevölkerung zu der Errichtung der Grenzanlagen und den damit verfolgten Zwecken an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Der Umstand, dass nach den Wertmaßstäben einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung die Errichtung des Todesstreifens eine verwerfliche Maßnahme eines Unrechtsregimes darstellt, das die Bürger seines Landes mit Gewalt an dessen Verlassen hindert, ist für die Entscheidung unerheblich, da es allein auf die in der DDR maßgeblichen Wertmaßstäbe ankommt.

c)

Fehlt es damit bereits an einem objektiven Verstoß gegen die guten Sitten, kommt es auf die weiteren Fragen eines subjektiven Verstoßes und die möglichen Auswirkungen auch auf das dingliche Vollzugsgeschäft nicht an.

3.

Das heutige Flurstück 994 - Teil des ehemaligen Flurstücks 85/5 - ist auf Grund des Bescheides vom 24. September 1968 in Volkseigentum übergegangen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der in dem Bescheid zu sehende Verwaltungsakt mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar war. Nach Art. 19 Satz 1 EV bleiben vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der DDR wirksam. Die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes ist allein danach zu beurteilen, ob er nach der Staatspraxis der DDR als wirksam angesehen und behandelt worden ist (BGH NJW-RR 2006, 884, 885; vgl. KG ZOV 2005, 91, 95). Daran besteht bei der Inanspruchnahme eines Grundstücks an der Grenze zu West-Berlin nach § 10 Abs. 1 VertG, § 28 LeistungsVO kein Zweifel (vgl. BGH NJW-RR 2006, 884, 885).

4.

Da nach Auffassung des Senats aufgrund der Kaufverträge vom 18. Juli 1962 und 11. März 1965 bzw. des Bescheides vom 24. September 1968 Volkseigentum an den Grundstücken entstanden ist, kann dahinstehen, ob die Beklagte mit Ablauf der Ausschlussfrist gemäß Artikel 237 § 2 Abs. 2 EGBGB Eigentümerin geworden wäre, wenn Volkseigentum nicht entstanden wäre.

B.

Der Hilfsantrag ist ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet.

1.

Der Hilfsantrag ist entgegen seinem Wortlaut nicht dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Feststellung begehrt, es sei ein Kaufvertrag zu den genannten Bedingungen zustande gekommen. Der Hilfsantrag ist vielmehr dahin auszulegen, dass der Kläger die Feststellung begehrt, die Beklagte sei zum Abschluss eines Kaufvertrages zu den in dem Antrag genannten Bedingungen verpflichtet. Dies ergibt sich aus der Begründung des Antrags. Der Kläger trägt schon nicht vor, die Parteien hätten durch ein entsprechendes Angebot und dessen Annahme einen Kaufvertrag zu den genannten Bedingungen geschlossen. Vielmehr beruft er sich darauf, dass die Beklagte zum Abschluss eines solchen Vertrages verpflichtet sei.

2.

Der so verstandene Antrag ist zulässig. Insbesondere fehlt ihm nicht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse. Zwar könnte der Kläger eine Leistungsklage auf Verurteilung der Beklagten zur Annahme des mit dem Hilfsantrag unterbreiteten Vertragsangebots erheben (vgl. Horst in Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, Teil 3 A VII § 7 MauerG Rn. 3). Da es sich bei der Beklagten um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass diese bei einer Feststellung ihrer Verpflichtung zum Abschluss des Kaufvertrages ihrer Verpflichtung nachkommen würde, so dass der Kläger sein Rechtsschutzziel in gleicher Weise mit der Feststellungsklage erreichen kann (vgl. BGH VIZ 2003, 387, 388).

3.

Der Hilfsantrag ist jedoch unbegründet.

a)

Dem Antrag steht zwar die Ausschlussfrist des § 7 MauerG nicht entgegen. Der Hilfsantrag ist rechtzeitig vor Ablauf der Frist gestellt worden. Dass über ihn nur entschieden werden musste, wenn der Hauptantrag keinen Erfolg hatte, ändert nichts daran, dass der Hilfsantrag mit der Zustellung der Klage gemäß §§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO - auflösend bedingt - rechtshängig wurde (vgl. Zöller-Greger, 26. Auflage, § 260 Rn. 4). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, ist der Hilfsantrag hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, denn aus dem Vortrag in der Klageschrift ergibt sich, dass sich der Kläger gegen den Bescheid der Oberfinanzdirektion Cottbus vom 3. August 2004 wendet, und auch, in welchem Umfang.

b)

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Übereignung des Flurstücks 994 ohne Zahlung eines Kaufpreises unter Übernahme der Wertermittlungskosten und der Haftung für eventuelle Mängel durch die Beklagte.

aa)

Gemäß § 2 Abs. 1 MauerG hat der Kläger gegen die Beklagten einen Anspruch auf Verkauf des Grundstücks an ihn zu einem Kaufpreis in Höhe eines Viertels des Grundstückswertes. Dem entspricht der in dem Kaufvertragsentwurf enthaltene Kaufpreis.

Dass der Kläger nach § 3 Abs. 3 des Kaufvertragsentwurfs die Wertermittlungskosten für den Sachverständigen von 512,98 Euro zu tragen hat, folgt aus § 2 Abs. 2 MauerG.

Die Zinsvereinbarung für den Fall des Verzuges mit der Zahlung des Kaufpreises in § 4 des Kaufvertragsentwurfs wiederholt die gesetzliche Regelung der §§ 286, 288 BGB und ist daher nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Übernahme der Haftung für die in § 5 Abs. 2 bis 4 des Vertragsentwurfs genannten Mängel. Die in dem Vertragsentwurf vorgesehenen Haftungsausschlüsse sind nach dem allgemeinen Kaufvertragsrecht zulässig und im Grundstücksverkehr üblich. Das MauerG enthält keine Regelungen zur Haftung für Mängel. Aus der Kostenregelung des § 2 Abs. 3 MauerG ist jedoch zu entnehmen, dass die beklagte Bundesrepublik grundsätzlich keine Lasten aus dem Grundstücksverkauf tragen sollte. Da derjenige, der ein Grenzgrundstück nach § 2 MauerG zurückerwirbt, bereits dadurch erheblich begünstigt wird, dass er nur den günstigen Kaufpreis von einem Viertel des Verkehrswertes zu zahlen hat, der Erwerb steuerbefreit ist und der Berechtigte das Grundstück ohne die vor der Enteignung bestehenden dinglichen Belastungen erwirbt, besteht kein Anlass, ihn zusätzlich dadurch zu begünstigen, dass die nach allgemeinem Kaufrecht zulässigen und verkehrsüblichen Haftungsbeschränkungen ausgeschlossen werden.

bb)

Der Kläger hat auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen einen Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages zu den im Hilfsantrag genannten Bedingungen.

§ 2 MauerG verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Das Eigentumsrecht gebietet auch keine verfassungskonforme Auslegung des § 2 MauerG in dem vom Kläger vertretenen Sinn.

Bereits der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht berührt. Den früheren Eigentümern der Grenzgrundstücke war nach der Enteignung der Grundstücke in der ehemaligen DDR keine Rechtsposition verblieben, die nach dem Beitritt in den Schutzbereich des Art. 14 GG hätte einrücken können (vgl. BGH NJW-RR 2006, 884, 886; VIZ 2003, 387, 389). Insbesondere bestand kein Anspruch auf Rückerwerb enteigneter Grundstücke aus Art. 16 der Verfassung der DDR vom 6. April 1968 i. d. F. vom 7. Oktober 1974, weil der Rechtsordnung der DDR Grundrechte als verfassungsverbürgte Rechte der Bürger gegen den Staat fremd waren, (vgl. BVerwG NJW 1994, 2712). Auch der Ansicht des Klägers, seit In-Kraft-Treten des Verfassungsgrundsätzegesetzes der DDR vom 17. Juni 1990 (Verfassungsgrundsätze, GBl DDR 1990 I, 299ff.) habe bezüglich der Grenzgrundstücke ein durch Art. 2 der Verfassungsgrundsätze geschützter Rückgabeanspruch nach § 9 GrenzVO bestanden, in den durch das MauerG eingegriffen werde, ist nicht zu folgen. Aus § 9 GrenzVO ergab sich kein Anspruch der Betroffenen gegen den Staat auf Rückübereignung der Grundstücke (vgl. BGH NJW-RR 2006, 884, 885; Hellmann in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Einf MauerG Rn. 15f.). Bereits der Wortlaut des § 9 GrenzVO, der von der "Übergabe" an die "Eigentümer" spricht, steht dem Verständnis entgegen, dass die Vorschrift eine Rückübereignung an ehemalige Eigentümer vorsah (vgl. Hellmann a. a. O. mit ausführlicher Begründung). Darüber hinaus regelte die GrenzVO die Ausführung des GrenzG, das keine Grundlage für die Rückgabe von enteigneten Grundstücken bot, so dass auch der auf § 40 GrenzG gestützten Grenz-VO keine solche Bedeutung beigemessen werden kann (vgl. BGH a. a. O.).

Auch die sich aus Art. 14 Abs. 1 GG ergebende Pflicht, dem früheren Eigentümer bei Wegfall des Enteignungszwecks von Verfassungs wegen ein Rückerwerbsrecht einzuräumen (BVerfG NJW 1975, 37) steht der in § 2 MauerG geregelten Entgeltlichkeit des Rückerwerbs nicht entgegen. Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, für in der DDR vollzogene Enteignungen, deren Zweck nach der Wiedervereinigung aufgegeben worden ist oder wird, einen Rückübereignungstatbestand zu schaffen (BVerfG VIZ 1998, 203, 204).

Aus diesem Grund konnte der Kläger auch keine "berechtigte Erwartung" im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK für sich in Anspruch nehmen, dass der Nachfolgestaat, der an der Entziehung des Eigentums nicht beteiligt war, eine ungekürzte Wiedergutmachung in Form der kostenlosen Rückübereignung anordnen werde (vgl. KG ZOV 2005, 91, 94). Eine "berechtigte Erwartung" muss konkreter sein als die einfache Hoffnung, dass eine Rechtsposition anerkannt werde und muss sich auf eine Rechtsvorschrift stützen oder auf eine gefestigte Rechtsprechung (vgl. EGMR Entscheidung vom 2. März 2005 (von Maltzan u. a. / Deutschland), NJW 2005, 2530, 2535; Urteil vom 28. September 2004 (Kopecky./.Slowakei) NJOZ 2005, 2912, 2916). Dies war hier nicht der Fall.

Da den Betroffenen nach der Enteignung durch die DDR keine Rechtsposition verblieben war, war der Gesetzgeber nach der Wiedervereinigung in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er das Eigentum zurückgewähren wollte (BGH NJW-RR 2006, 884, 886; VIZ 2003, 387, 389).

cc)

Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist durch § 2 MauerG nicht verletzt. Der durch Art. 3 Abs. 1 geschützte allgemeine Gleichheitssatz verbietet, wesentlich Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln und gebietet, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln (BVerfG VIZ 1998, 203, 204). Ein wesentlicher Unterschied des vorliegenden Falls zu dem von dem Kläger genannten Fall des § 1 Abs. 2 VermG liegt darin, dass die Grundstücke in den Fällen des § 1 Abs. 2 VermG in Folge des durch die staatlich verordneten Niedrigmieten verursachten ökonomischen Zwangs in Volkseigentum überführt wurden, wobei etwa anfallende Entschädigungsleistungen mit den vorhandenen Belastungen verrechnet wurden (vgl. Brettholle/Schülke in Rädler/Raupach/Bezzenberger, VermG, Teil 3 A I Rn. 48) . Dagegen erfolgte die Enteignung nach § 10 VertG gegen die in der DDR übliche Entschädigung. Ob diese Entschädigung im vorliegenden Fall auch gezahlt wurde, ist unerheblich, denn es kommt in diesem Zusammenhang allein auf die gesetzliche Regelung an (vgl. BGH NJW 1995, 1833, 1834; KG a. a. O.; Hellmann in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Einf MauerG Rn. 8). Von dem Fall des § 1 Abs. 3 VermG unterscheidet sich der vorliegende Fall dadurch, dass die Enteignung gemäß § 10 VertG von der Rechtsordnung der DDR gedeckt war, während § 1 Abs. 3 VermG Fälle regelt, bei denen dies nicht der Fall ist (vgl. KG ZOV 2005, 91, 94).

dd)

Soweit der Kläger meint, das MauerG verstoße gegen die im "Grundlagenvertrags-Urteil" des BVerfG vom 13. Juli 1973, Az. 2 BvF 1/73 (BVerfGE 36, 1 ff; NJW 1973, 1539 ff.) konstatierte Pflicht aller Verfassungsorgane, auf die Erreichung der Wiedervereinigung hinzuwirken und alles zu unterlassen, was die Wiedervereinigung vereiteln würde (BVerfGE 1, 17f.; NJW 1973, 1539, 1541), ist schon nicht ersichtlich, wie das nach der vollendeten Wiedervereinigung erlassene MauerG diesem Ziel widersprechen könnte.

c)

Soweit der Kläger meint, der von der Beklagten in Ausführung des MauerG vorgelegte Kaufvertragsentwurf stelle einen institutionellen Rechtsmissbrauch dar und verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bzw. den ordre public (Art. 6 EGBGB), weil er gemessen an den Grundrechten zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führe, ist dies aus den unter oben B. 3. b) bb) bis dd) genannten Gründen nicht der Fall, so dass weder der Grundsatz von Treu und Glauben noch Art. 6 EGBGB zu einer Änderung des Inhalts des Vertrages im Sinne des Hilfsantrages führen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die grundsätzliche Frage, ob Kaufverträge nach § 10 VertG gemäß § 138 BGB nichtig waren, bisher höchstrichterlich nicht entschieden ist.

D.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird gemäß §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO mit dem Wert der streitgegenständlichen Flurstücke auf 34.400,00 Euro festgesetzt. Der Hilfsantrag hat bezüglich des Flurstücks 994 denselben Gegenstand wie der Hauptantrag, so dass für ihn gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG kein eigener Wert festzusetzen ist.

Ende der Entscheidung

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