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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 01.11.2006
Aktenzeichen: 7 U 133/05
Rechtsgebiete: BGB, StGB
Vorschriften:
BGB § 823 Abs. 1 | |
BGB § 823 Abs. 2 | |
StGB § 303 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
7 U 133/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 1.11.2006
Verkündet am 1.11.2006
In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Oktober 2006 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Fischer und den Richter am Oberlandesgericht Werth
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 8. Juni 2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.215,14 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2004 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Klägerin zu 60 % und die Beklagte zu 40 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin ist - seit dem 17.01.1996 - Eigentümerin des in der Gemarkung K... gelegenen Grundbesitzes Flur 5 Flurstück 485 mit einer Größe von 105 016 m2 (Grundbuchauszug: Bl. 43, 44 d.A.). Der Grundbesitz, auf dem mehrere Stallgebäude und sonstige Baulichkeiten vorhanden sind, wurde früher von der LPG (T) L... zur Tierhaltung landwirtschaftlich genutzt. Außerdem errichtete die LPG mehrere Wirtschaftswege, teilweise mit einer Schwarzdecke versehen. Die Beklagte hat 1993 von der Agrargenossenschaft L... das Gebäudeeigentum hinsichtlich verschiedener auf dem hier interessierenden Grundstück aufstehender Gebäude erworben. Die Beklagte nutzt das Grundstück im Bereich ihrer Gebäude zum Betrieb eines Pferdehofes. Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge E... L..., unterhält als Pächter von unbebauten Teilflächen auf dem Grundbesitz der Klägerin ein Tiefbauunternehmen. Der Ehemann der Klägerin erwirkte - durch am 13.01.2004 verkündetes Urteil des Amtsgerichts Lübben (Kopie: Bl. 14 - 18 d.A.) - eine einstweilige Verfügung, mit welcher der Beklagten untersagt wurde, vor der sachenrechtlichen Bereinigung auf dem von ihr genutzten Grundstücksteil Einfriedungen oder Absperrungen zu errichten.
Der Sohn der Beklagten, der Zeuge H... W..., mietete am 13.01.2004 gegen 16.00 Uhr einen Radlader und gab diesen am Tag darauf - nach Ableistung von 4 Betriebsstunden - zurück (Bl. 80, 81 d.A.).
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe durch ihren Sohn mittels Einsatz des Radladers in der Nacht vom 13.01.2004 auf den 14.01.2004 ca. 120 m2 einer mit Asphalt befestigten 4 m breiten Wirtschaftsstraße im Bereich einer Zufahrt des gewerblichen Mieters, des Zeugen I... R..., auf einer Länge von ca. 30 m aufnehmen lassen; der Wiederaufbau der zerstörten Straße erfordere einen Aufwand von 5.537,84 €.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.537,84 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat - nach Beweisaufnahme - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe weder den Verlauf der Straße noch eine Verletzungshandlung der Beklagten beweisen können.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 22. Juli 2005 zugestellte Urteil am 12. August 2005 Berufung eingelegt. Das Rechtsmittel hat sie nach entsprechender Fristverlängerung am 11. Oktober 2005 begründet.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis durch Vernehmung von Zeugen erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Oktober 2006 ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg. Die Klage ist in Höhe von 2.215,14 € nebst Zinsen begründet.
1.
Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 303 StGB. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat liegt eine Eigentumsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) bzw. eine vorsätzliche Sachbeschädigung im Sinne von § 303 StGB vor, die zum Schadensersatz verpflichtet (§ 823 Abs. 2 BGB).
a)
Zwischen den Parteien ist, was die Verletzung des Eigentums der Klägerin betrifft, einzig und allein streitig, ob die Beklagte mit dem Einsatz des von ihrem Sohn gefahrenen Radladers eine befestigte, mit einer Asphaltdecke versehene Wirtschaftsstraße beseitigt hat, so die Klägerin, oder ob es hierbei nur um eine mittels schweren Baufahrzeugen verfestigte Fahrspur handelte, so die Beklagte (Seite 2 der Klageerwiderung - Bl. 35 d.A.). Die Verletzungshandlung als solche steht fest, wenn geklärt ist, dass der Einsatz des Radladers, der unstreitig im Bereich des streitigen Weges stattgefunden hat, einem Wirtschaftsweg der von der Klägerin beschriebenen Art gegolten hat. Die Klägerin braucht folglich nur zu beweisen, dass auf der von dem Radlader befahrenen Fläche ein Wirtschaftsweg mit dem entsprechenden Aufbau vorhanden gewesen ist.
b)
Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat die Richtigkeit der Sachdarstellung der Klägerin bestätigt. Der Senat ist davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass der von der Klägerin beschriebene Wirtschaftsweg vor dem Einsatz des Radladers vorhanden war. Das folgt aus den - im Kern - übereinstimmenden Aussagen der Zeugen K... K..., E... L..., J... S... und A... Sch.... Demgegenüber ist die anders lautende Aussage des Zeugen H... W... unglaubhaft. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Zeugen K... K..., Tochter der Klägerin, und E... L..., Ehemann der Klägerin, wegen ihrer Beziehung zur Klägerin ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben könnten; deren Aussagen sind jedoch von den unbeteiligten Zeugen J... S... und A... Sch... bestätigt worden.
aa)
Die Zeugin K... K..., von Beruf Bauingenieur, hat den Verlauf des in Rede stehenden Weges an Hand des Lageplanes Bl. 104 d.A. beschrieben und zeichnerisch dargestellt (Bl. 209 d.A.). Die nach ihr vernommenen Zeugen E... L..., J... S... und A... Sch... haben angegeben, dass die Zeugin den Verlauf des Weges in etwa richtig eingezeichnet hat.
Der Zeuge J... S... hat - schon - während der Erläuterung an Hand des Lageplans Bl. 104 d.A. auf den dort eingetragenen Dungplatz hingewiesen und dazu bemerkt, dass der Weg schon kurz nach dieser Stelle vom Wirtschaftsweg Nr. 2 abging. Auch nach Vorlage des Planes - Bl. 209 d.A. - mit den Eintragungen der Zeugin K... hat er den Verlauf des Weges, wie zuvor von ihm angegeben, beschrieben.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Zeugen den Verlauf des Weges richtig dargestellt haben. Dabei ist hervorzuheben, dass es sich insoweit nicht um eine unter den Zeugen abgestimmte Aussage handeln kann, wie sich aus dem Aussageverhalten des Zeugen S... ergibt. Dieser - am Ausgang des Rechtsstreits unbeteiligte - Zeuge kannte die örtlichen Verhältnisse deshalb besonders gut, weil er seinerzeit bei der zuständigen LPG beschäftigt war; er konnte auch noch angeben, an welcher Stelle er damals sein Fahrzeug geparkt hatte. Der - ebenfalls am Ausgang des Rechtsstreits unbeteiligte - Zeuge Sch... war als Dachdecker mit Dacheindeckungsarbeiten am Stall 8 beschäftigt; auch er hatte an den Verlauf des Weges aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit eine gute Erinnerung.
bb)
Die Zeugin K... K... hat den Aufbau des Weges als für die in der DDR in den 80er Jahren vorherrschenden Verhältnisse typisch bezeichnet, nämlich als asphaltierten Wirtschaftsweg mit Unterbau aus Schotter. Die Zeugin ist als Bauingenieur besonders sachkundig. Ihre Aussage ist von den Zeugen E... L..., J... S... und A... Sch... bestätigt worden.
Der Zeuge E... L..., von Beruf Tief- und Straßenbauer, hat die Bauweise des Weges eingehend beschrieben, nämlich dahingehend, dass der Weg einen Unterbau aus Schotter, eine Trag- und eine Deckschicht aus Asphalt hatte. Der Zeuge konnte sich an den Aufbau des Weges deshalb besonders gut erinnern, weil er seiner Aussage zufolge im Auftrage der LPG den Weg in den 80er Jahren gebaut hat.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der hier interessierende Weg, wie von den Zeugen geschildert, ausgebaut worden war, es sich also nicht um eine bloß mittels schweren Baufahrzeugen verfestigte Fläche gehandelt hat, wie die Beklagte behauptet.
Die Richtigkeit der Aussagen der Zeugen K... K... und E... L... ist von den Zeugen J... S... und A... Sch... bestätigt worden. Beide Zeugen haben, was den Aufbau des Weges betrifft, aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit ein besonderes Augenmerk hierauf gerichtet. Der Zeuge S... hat angegeben, dass der Weg damals für den Einsatz von Traktoren und landwirtschaftlichem Gerät gebaut worden war, folglich nicht nur mit einer bloßen Asphaltschicht versehen war, sondern auch einen entsprechenden Unterbau gehabt hat. Der Zeuge Sch... hat ausgesagt, dass es sich bei dem Weg um "eine vernünftige Asphaltstraße" handelte, die er - noch am 13.01.2004 - mit einem LKW, auch was die Breite betrifft, "bequem" befahren konnte, am nächsten Morgen hingegen war die asphaltierte Zuwegung nicht mehr vorhanden, so dass er sich "festgefahren" hat und mit einem Traktor hatte herausgeschleppt werden müssen.
Namentlich die Aussage des Zeugen Sch... hat ergeben, dass die Sachdarstellung der Beklagten nicht zutrifft, es habe sich um eine bloß verfestigte Wegefläche gehandelt. Der Zeuge Sch... ist am Vortage des Radladereinsatzes mit seinem LKW noch "bequem" über die "Asphaltstraße" gefahren, am nächsten Tag aber musste er sich mit Hilfe eines Traktors herausschleppen lassen und konnte seine Baustelle nur noch "außen herum" erreichen.
cc)
Der Senat folgt der anders lautenden Aussage des Zeugen W... nicht, sie ist unglaubhaft. Das ergibt sich nicht nur daraus, dass seine Aussage nicht mit den Bekundungen der übrigen Zeugen übereinstimmt. Das folgt vor allem daraus, dass er den Beginn der Arbeiten mit dem Radlader in dem hier interessierenden Bereich mit etwa 7.00 Uhr angegeben hat, wobei er "mit dem Radlader ungefähr eine Stunde lang gearbeitet" haben will. Dies kann - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - so nicht stimmen: Ganz abgesehen davon, dass die Zeugin K... schon in der Nacht, wie sie eingehend geschildert hat, den Zeugen H... W... mit dem Radlader im Einsatz bemerkt hat, hätte der Zeuge Sch..., der am 14.01.2004 gegen 1/2 8 Uhr zum Arbeitsbeginn auf der Baustelle eintraf, den Zeugen H... W... bei seiner Beschäftigung mit dem Radlader bemerken müssen; stattdessen hat der Zeuge Sch... sich mit seinem LKW im Sand "festgefahren".
c)
Die mit Vorsatz ausgeführte Verletzungshandlung in Bezug auf die im Eigentum der Klägerin stehende Wirtschaftsstraße ist nach den Feststellungen des Senats erwiesen.
d)
Die Beklagte haftet der Klägerin daher dem Grunde nach.
e)
Die Höhe des Schadensumfanges kann der Senat auch ohne Beweisaufnahme im Wege der Schätzung (§ 286 ZPO) selbst feststellen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die beseitigte Fläche entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht 120 m2, sondern nur 96 m2 groß (30 m x 3,20 m).
Der Zeuge L... hat bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht die Breite des Weges mit ungefähr 3,20 m und die Länge mit 30 bis 50 m angegeben (Bl. 165 d.A.). Diese Angaben des Zeugen sind heranzuziehen.
Folglich beträgt - unter Zugrundelegung des Kostenangebots der Firma B... vom 18.01.2004 (Bl. 23 d.A.) - der Schadensbeseitigungsaufwand nur 4.430,27 €. Angesichts des Umstandes, dass der Weg seit seiner Errichtung im Jahre 1988 (Bl. 165 d.A.) bis zum Schadeneintritt gut 16 Jahre genutzt worden ist, ist ein Abzug neu für alt (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., Vorb. v. § 249 BGB, Rdnr. 146) vorzunehmen. Der Senat hält es für angebracht, die Hälfte (50 %) in Abzug zu bringen, zumal der Weg noch zu DDR-Zeiten unter anderen Voraussetzungen als heute errichtet worden ist. Somit beträgt der Schaden der Klägerin 2.215,14 €, den die Beklagte zu ersetzen hat.
2.
Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB) gerechtfertigt, nachdem die Klägerin die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 02.02.2004 (Bl. 24, 25 d.A.) unter Verzug gesetzt hat.
Die Schriftsätze der Beklagten vom 24.10.2006, 26.10.2006 und 30.10.2006 geben dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Für eine Aussetzung (§ 148 ZPO) fehlt es an der Darlegung der Vorgreiflichkeit.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwert im Berufungsrechtszug: 5.537,84 €.
Ende der Entscheidung
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