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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 7 U 5/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GKG


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 139 Abs. 1
ZPO § 301
ZPO § 301 Abs. 1
ZPO § 301 Abs. 1 S. 2
ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7
ZPO § 538 Abs. 2 S. 3
BGB § 320 Abs. 1
GKG § 21 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 5/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 18.07.2007

Verkündet am 18.07.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Richter am Oberlandesgericht Hein, den Richter am Oberlandesgericht Fischer und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

auf die mündliche Verhandlung am 6. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird die Sache unter Aufhebung des am 29. November 2006 verkündeten Teilurteils der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam und des dem Teilurteil zugrunde liegenden Verfahrens an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben. Die Entscheidung über die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung des mit 44.000,00 € netto (= 51.040,00 € brutto) vereinbarten Kaufpreises für einen Lkw und einen Anhänger, den die Beklagte im Zuge des Verkaufs von Lkw an den Kläger am 12.05.2005 angekauft hat. Die vom Kläger erworbenen drei Lkw wurden ausgeliefert und vollständig bezahlt. Der Kläger übergab der Beklagten am 11.01.2006 den streitgegenständlichen Lkw nebst Anhänger. Die vom Kläger unter dem Datum des 01.03.2006 gestellte Rechnung über 51.040,00 € - dem Betrag der Klageforderung - bezahlte die Beklagte nicht.

Die Beklagte ist der Klageforderung "sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach entgegengetreten" und hat hierzu behauptet, der Kläger habe nicht den geschuldeten Lkw mit Jumboaufbau, sondern einen solchen Wechselbrückenaufnahme geliefert. Hieraus ergäbe sich eine Wertminderung von etwa 2.000,00 € netto. Ferner habe die vom Kläger schuldhaft verzögerte Übergabe des Fahrzeuges an die Beklagte zu einem Wertverlust im Umfang von 24 % des vereinbarten Verkaufspreises geführt. Schließlich seien für die Herstellung des vertraglich vereinbarten Zustandes des Fahrzeugs Reparaturkosten von mehr als 10.000,00 € aufzuwenden.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Teilurteil vom 29.11.2006 der Klage im Umfang von 25.016,04 € nebst Zinsen seit dem 15.03.2006 stattgegeben und hierzu ausgeführt, dass die Klage mangels weitergehender Einwendungen der Beklagten jedenfalls in Höhe des ausgeurteilten Betrages (vereinbarter Kaufpreis abzgl. der von der Beklagten beanspruchten Abzugspositionen) begründet sei.

Das Teilurteil des Landgerichts Potsdam ist der Beklagten am 04.12.2006 zugestellt worden. Sie hat gegen das Urteil am 04.01.2007 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Frist für die Begründung der Berufung bis zum 05.03.2007 am 02.03.2007 begründet hat. Mit der Berufung erstrebt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung. Sie weist darauf hin, dass sie sich gegen die Klageforderung auch dem Grunde nach, mithin insgesamt verteidigt und insbesondere ausdrücklich erklärt habe, dass dem Kläger keineswegs ein unstreitiger Teilbetrag zustehe. Sie habe zwar keinen Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, jedoch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhoben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des am 29.11.2006 verkündeten Teilurteils des Landgerichts Potsdam, dieses in Verbindung mit dem Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 10.01.2007, abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und des ihm zugrunde liegenden Verfahrens und zur Zurückverweisung an das Landgericht.

Die Zurückverweisung unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens erfolgt gem. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO.

Nach dieser Bestimmung darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des Rechtszuges zurückverweisen, wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil ist. Eines hierauf gerichteten Parteiantrages bedarf es gem. § 538 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht.

Das angefochtene Urteil ist entgegen den Voraussetzungen des § 301 Abs. 1 ZPO erlassen worden.

Nach § 301 Abs. 1 ZPO kann durch Teilurteil entschieden werden, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs zur Endentscheidung reif ist. Danach ist ein Teilurteil über den hier in Streit stehenden einheitlichen Kaufpreiszahlungsanspruch zwar grundsätzlich möglich. Es ist jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unzulässig, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Teil- und Schlussurteil besteht, wobei in die Beurteilung der Widerspruchsfreiheit die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug in die Beurteilung einzubeziehen ist (BGH NJW 2004, 1452; 2001, 155 ; BGHZ 107, 236/242 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall ist die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht auszuschließen.

Das Landgericht hat sich - wie der Berichtigungsbeschluss vom 10.01.2007 zeigt - von der Vorstellung leiten lassen, die Beklagte habe zwar die Klageforderung dem Wortlaut nach dem Grunde nach bestritten, tatsächlich aber ihr Verteidigungsvorbringen auf Kaufpreisminderung gestützt und insbesondere keinen Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.

Diese rechtliche Würdigung der Rechtsverteidigung der Beklagten ist in Ansehung des Wortlautes der Klageerwiderung unzutreffend.

Die Klageerwiderung in Verbindung mit dem von dieser in Bezug genommenen außergerichtlichen Schreiben der Beklagten vom 24.04.2006 legt überdies nahe, dass ein auf die Einrede des nicht (gehörig) erfüllten Vertrages, § 320 Abs. 1 BGB, gestütztes Leistungsverweigerungsrecht beansprucht werden soll. Ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht ist - soweit seine Voraussetzungen vorliegen - zwar nicht geeignet, die Klageabweisung zu rechtfertigen, würde jedoch zu einer Verurteilung der Beklagten Zug um Zug führen. Die Einwendung des nicht erfüllten Vertrages erfasst die Klageforderung zur Gänze, so dass auch deshalb auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes zurzeit der mündlichen Verhandlung, auf die das angefochtene Teilurteil ergangen ist, die Voraussetzungen für ein Teilurteil nicht vorlagen.

Wenn das Landgericht in Ansehung des - gemäß Beschluss vom 10.01.2007 wahrgenommenen - Wortlauts der Klageerwiderung der Auffassung war, diese dahingehend auslegen zu können, dass die Beklagte letztendlich nur eine Kaufpreisminderung geltend machen wolle und unter dieser Voraussetzung ein Teilurteil in Betracht komme, so hätte es die Parteien hierauf gem. § 139 Abs. 1 ZPO hinweisen müssen.

Es besteht folglich die konkrete Gefahr von widersprüchlichen Entscheidungen, so dass der Erlass des Teilurteils schon aus diesem Grunde gegen § 301 Abs. 1 ZPO verstößt. Im Übrigen hätte im Hinblick darauf, dass bei sorgfältiger Prüfung des Prozessstoffes zwar jedenfalls im Ergebnis eine Aufklärungsmaßnahme nach § 139 ZPO offenbar geworden wäre, dass die Klageforderung tatsächlich nicht nur der Höhe, sondern schon dem Grunde nach streitig ist, ein Teilurteil über einen fälligen Mindestkaufpreis gem. § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO mit einem Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeben müssen. Daran fehlt es hier.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Berufungsverfahrens ist dem Landgericht vorzubehalten.

Die Entscheidung über die Nichterhebung von Kosten für das Berufungsverfahren wegen unrichtiger Sachverhaltung ergeht nach § 21 Abs. 1 GKG.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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