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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.01.2009
Aktenzeichen: 9 WF 161/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 372a | |
ZPO § 387 Abs. 3 | |
ZPO § 233 | |
BGB § 1600 d Abs. 2 | |
BGB § 1600 d Abs. 3 |
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen das am 23.04.2008 verkündete Zwischenurteil des Amtsgerichts Cottbus - Az.: 51 F 277/06 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 € festgesetzt.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 25.05.2008 gegen das Zwischenurteil ist zwar der statthafte Rechtsbehelf gemäß §§ 372a; 387 Abs. 3 ZPO. Sie ist jedoch nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) eingelegt worden. Die Frist hat mit Zustellung des Zwischenurteils an den Beklagten am 03.05.2008 zu laufen begonnen und endete am 19.05.2008 (§§ 222 Abs. 1 und 2 ZPO; 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Dem Beklagten ist allerdings wegen der Versäumung der Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 233 ZPO.
Dem Beklagten ist das angefochtene Zwischenurteil mit einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung, wonach die einzuhaltende Beschwerdefrist einen Monat betrage, zugestellt worden, wie das Amtsgericht Cottbus zwischenzeitlich mitgeteilt hat. Innerhalb dieser Frist ist die sofortige Beschwerde eingegangen. Dem Beklagten ist mit Hinweis des Senats vom 25.06.2008 mitgeteilt worden, dass die Frist für die Einlegung des Rechtsmittels nicht eingehalten worden ist. Mit am 01.07.2008 eingegangenen Schriftsatz hat er ordnungsgemäß (§§ 234, 235 ZPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Diese war zu bewilligen, weil bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung durch das Gericht die Versäumung der zutreffenden Frist für den Rechtsmittelführer unverschuldet ist. Selbst wenn eine Rechtsmittelbelehrung nicht vorgeschrieben und es grundsätzlich Sache des Beschwerdeführers ist, sich über Rechtsmittelfristen zu informieren, gebietet es der verfassungsrechtliche Grundsatz des fairen Verfahrens, in Fällen fehlerhafter Belehrung bei nicht auszuschließender Ursächlichkeit für die Fristversäumung Wiedereinsetzung zu gewähren (Baumbach/Hartmann, ZPO, 66. A., § 233 Rz. 20; OLG Naumburg, Beschluss vom 29.10.2003, Az.: 8 UF 144/03; vgl.: BVerfG, NJW 2004, 2887; KG, FamRZ 2008, 527).
In der Sache ist das Rechtsmittel jedoch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet. Der vom Beklagten angeführten Gründe für die Verweigerung der Mitwirkung an der Erstellung eines Abstammungsgutachtens sind unrechtmäßig. Der Beklagte ist verpflichtet, die Untersuchung, insbesondere die Entnahme einer Blutprobe, gemäß § 372a ZPO zu dulden.
Die Parteien streiten über die Abstammung der Klägerin vom Beklagten. Eine anderweitige sichere Ermittlung der Abstammung ist nicht möglich. Die Vaterschaftsfeststellung aufgrund der Vermutung des § 1600 d Abs. 2 BGB setzt die Erschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel voraus, wobei die medizinische Begutachtung im Vordergrund zu stehen hat (BGH, FamRZ 1986, 663).
Die Beweisaufnahme stellt sich auch weder als unzulässige Ausforschung dar, noch musste das Amtsgericht vorab weitere Beweismöglichkeiten ausschöpfen. Die Kindesmutter hat vor dem Amtsgericht am 21.02.2007 ausführlich erklärt, wann und unter welchen Umständen sie den Beklagten kennen gelernt hat und dass über einen Zeitraum von Januar bis August 2005 intime Kontakte stattgefunden haben. Die Aussage der Kindesmutter ist inhaltlich klar und begegnet keinen Bedenken hinsichtlich ihrer Glaubhaftigkeit.
Aufgrund dieser Aussage war zunächst die Anhörung des Beklagten zur Sache geboten, der dieser sich aber entzogen hat. Obwohl ihm dazu mehrfach Gelegenheit gegeben worden ist, hat sich der Beklagte nicht einmal dazu geäußert, ob er mit der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt hat. Es ist nicht erkennbar, dass er dies bestreiten will. Danach war die Einholung eines Abstammungsgutachtens als Beweismittel geboten. Die Behauptung, die Kindesmutter sei psychisch krank, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Der Beklagte hat damit nicht einmal behauptet, ihre Angaben als Zeugin seien unwahr. Der Anregung des Beklagten, hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Kindesmutter weiteren Beweis zu erheben, brauchte das Amtsgericht deshalb nicht nachzugehen. Selbst wenn die Kindesmutter an einer psychischen Erkrankung leiden sollte, durfte das Amtsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass der Kerngehalt ihrer Aussage, nämlich zum Geschlechtsverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit, davon nicht berührt würde (vgl.: BGHZ 121, 266).
Der Einwand von Mehrverkehr rechtfertigt ebenfalls nicht die Verweigerung der Begutachtung. Die Kindesmutter hat den Verkehr mit anderen Männern während der Empfängniszeit bestritten. Der Beklagte selbst hat zwar einen "Exfreund T." als möglichen Vater benannt. Er hat dazu jedoch keinerlei nähere Angaben gemacht. Insbesondere fehlt es an der Benennung eines Zeitraums, in dem der Verkehr stattgefunden haben soll oder sonstiger Umstände, worauf bereits das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 14.12.2007 hingewiesen hat. Die Angabe, die Kindesmutter sei "sehr oft nicht telefonisch erreichbar" gewesen, reicht zur Substanziierung eines behaupteten Mehrverkehrs nicht aus. Ohne Angabe konkreter Verdachtsgründe für einen Mehrverkehr besteht kein zwingender Grund, mögliche Mehrverkehrszeugen in die Begutachtung einzubeziehen.
Entsprechendes gilt für die Anregung, ein Gutachten über die Tragzeit einzuholen. Auch insoweit hat der Beklagte keine Umstände vorgebracht, die die Notwendigkeit einer solchen Begutachtung rechtfertigen könnten. Die Klägerin ist am ....04.2006 geboren worden. Die gesetzliche Empfängniszeit ist gemäß § 1600 d Abs. 3 BGB mithin der ....06. bis ....10.2005. Nach den Angaben der Kindesmutter, die der Beklagte nicht bestritten hat, fand zwischen ihnen Geschlechtsverkehr im Zeitraum von Januar bis August 2005 statt. Da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Klägerin bei ihrer Geburt nicht voll ausgereift war und die mittlere Tragezeit 268 Tage beträgt, liegt auch kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Vaterschaft des Beklagten aufgrund eines Tragezeitgutachtens in Zweifel gezogen werden könnte.
Sollten sich aus dem einzuholenden Gutachten Zweifel hinsichtlich der Vaterschaft ergeben, ist das Amtsgericht nicht gehindert, ggf. weiter Beweis zu erheben. Nach derzeitigem Sachstand ist jedoch die angeordnete Beweisaufnahme als notwendig anzusehen, sodass der Beklagte seine Mitwirkung daran nicht verweigern darf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
Die Wertfestsetzung erfolgt entsprechend § 48 Abs. 2 S. 3 GKG, weil der Gegenstand "Zeugnisverweigerungsrecht" als nicht vermögensrechtlich einzuordnen ist, aber der Gegenstand des Verfahrens in der Hauptsache mit berücksichtigt werden muss (vgl.: Baumbach/ Hartmann, ZPO, 66. A., Anh § 3 Rz. 142; Zöller/Herget, ZPO, 26. A., § 3 Rz. 16 "Zeugnisverweigerung").
Ende der Entscheidung
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