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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.12.2002
Aktenzeichen: 1 AR 58/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 29 a Abs. 1
ZPO § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
BGB § 269 Abs. 1
BGB § 270 Abs. 1
BGB § 270 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluß

1 AR 58/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Präsidenten des Oberlandesgerichts ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

am 18. Dezember 2002

beschlossen:

Tenor:

Gemeinsam zuständig ist das Landgericht Potsdam.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung eines Betrages von 17.370,41 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Hierbei handelt es sich im Verhältnis zu der Beklagten zu 1) um Mietzins- und Nebenforderungen aus einem Gewerberaummietvertrag vom 16726. Juli 2001 über Räume im Einkaufszentrum ... bei Brandenburg an der Havel. Die Beklagte zu 2) wird für diese Forderungen aufgrund Bürgschaftsübernahme vom 16. Juli 2001 als selbstschuldnerische Bürgin in Anspruch genommen. Nach vorangegangenem Mahnverfahren und Widerspruch der Beklagten sind die Rechtsstreite gegenwärtig vor der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht Potsdam anhängig [Klage gegen die Beklagte zu 1): 52 O 173/02; Klage gegen die Beklagte zu 2): 52 O 181/02]. Die Klägerin beantragt, gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das Landgericht Potsdam als das gemeinsam zuständige Landgericht zu bestimmen. Die Beklagten sind dem nicht entgegengetreten.

II.

1. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als das den hier als zuständig in Betracht kommenden Landgerichten Neuruppin und Potsdam gemeinsam nächsthöhere Gericht über die Bestimmung des zuständigen Gerichts zu entscheiden.

Die Voraussetzungen nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.

Daß bereits Klage erhoben ist, steht der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hier nicht entgegen, weil die anhängigen Prozesse noch nicht weit vorangeschritten sind und es insbesondere noch nicht zur Beweisaufnahme oder zum Erlaß eines Sachurteils gekommen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 36 Rdn. 8, 16 m.w.Nw.; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, § 36 Rdn. 15 m.w.Nw.; Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl. 2002, § 36 Rdn. 15, 21 m.w.Nw.; Musielak/Smid, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 36 Rdn. 19).

Die Beklagten sollen in einem gemeinsamen Prozeß als Hauptschuldner und Bürge - somit also rechtsgemeinschaftlich und als einfache Streitgenossen (s. etwa Zöller/Vollkommer, aaO., §§ 59, 60 Rdn. 5; Thomas/Putzo, aaO., §§ 59, 60 Rdn. 2; Baumbach/Hartmann, aaO., § 59 Rdn.4; Musielak/Weth, aaO., §§ 59, 60 Rdn. 8) - verklagt werden.

Die Beklagten haben ihren allgemeinen Gerichtsstand (§ 17 Abs. 1 ZPO) zwar offenbar beide bei dem Landgericht Neuruppin. Dies hindert eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hier aber nicht. Denn die Beklagte zu 1) kann wegen der geltend gemachten Ansprüche im Hinblick auf den ausschließlichen Gerichtsstand nach § 29 a Abs. 1 ZPO - der gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung in § 26 Nr. 2 des Gewerberaummietvertrages entgegensteht - nicht vor dem Landgericht Neuruppin, sondern ausschließlich vor dem Landgericht Potsdam verklagt werden. Demnach stand und steht für den vorliegenden Rechtsstreit kein gemeinsamer allgemeiner Gerichtsstand zur Verfügung. Allein darauf aber kommt es für die aus Gründen der Prozeßökonomie eröffnete Möglichkeit der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an.

Für einen gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand finden sich keine Anhaltspunkte. Für die Klage gegen die Beklagte zu 2) (Bürgin) wäre das - für die Klage gegen die Beklagte zu 1) (Mieterin) ausschließlich zuständige - Landgericht Potsdam nicht zuständig, sondern entweder das Landgericht Neuruppin (§ 17 Abs. 1 ZPO) oder das Landgericht Berlin, in dessen Bezirk die Beklagte zu 2) zur Zeit der Bürgschaftsübernahme offenbar ihren Sitz gehabt hat (§ 29 Abs. 1 ZPO, § 269 Abs. 1, § 270 Abs. 1 und 4 BGB; s. dazu etwa BGH NJW 1997, S. 397, 398; NJW 1995, S. 1546, 1547: Zöller/Vollkommer, aaO., § 29 Rdn. 25 "Bürgschaft"; Baumbach/Hartmann, aaO., § 29 Rdn. 20; Musielak/Smid, aaO., § 29 Rdn. 21; Münch.Komm.-Krüger, BGB, Bd. 2, 4. Aufl. 2001, § 269 Rdn.28).

Anerkanntermaßen ist die Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil für die Klage gegen einen der verklagten Streitgenossen - hier gemäß § 29 a Abs. 1 ZPO für die Klage gegen die Beklagte zu 1) - ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist (s. BGHZ Bd. 90, S. 155, 159 f.: BGH NJW 1987, S. 439; NJW 1998, S. 685, 686; BayObLG, NJW-RR 1999, S. 1293, 1294: Zöller/Vollkommer, aaO., § 36 Rdn. 14, 18; Baumbach/Hartmann, aaO., § 36 Rdn. 18; Thomas/Putzo, aaO., § 36 Rdn. 17; Musielak/Smid, aaO., § 36 Rdn. 15).

2. Unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit (s. BGHZ Bd. 90, S. 155, 157; s. auch BGH NJW 1993, S. 2752, 2753; BayObLGZ 1993, S. 170, 172 f.; BayObLGZ 1998, S. 209, 210 f.; Zöller/Vollkommer, aaO., § 36 Rdn. 18; Thomas/Putzo, aaO., § 36 Rdn. 18) ist das Landgericht Potsdam als das gemeinsam zuständige Gericht zu bestimmen. Es ist gemäß § 29 a Abs. 1 ZPO für die Klage gegen die Beklagte zu 1) ausschließlich zuständig und zudem bereits mit der Klage gegen beide Beklagten befaßt. Ist ein Gericht für den Rechtsstreit gegen einen der verklagten Streitgenossen ausschließlich zuständig, so kann es gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch dann als gemeinsam zuständiges Gericht bestimmt werden, wenn keiner der verklagten Streitgenossen dort seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (s. dazu BGH NJW 1987, S. 439; BayObLG, NJW-RR 2000, S. 1592; KGR 2001, S. 218; Zöller/Vollkommer, aaO., § 36 Rdn. 18; Thomas/Putzo, aaO., § 36 Rdn. 17). Dies trägt der Regelungsabsicht des Gesetzgebers Rechnung, wonach im Falle der Geltung eines ausschließlichen Gerichtsstandes ein Beklagter grundsätzlich nur vor dem ausschließlich zuständigen Gericht verklagt werden soll. Dementsprechend hat hier zurückzutreten, daß sich der Sitz der Beklagten nicht im Landgerichtsbezirk Potsdam, sondern im Landgerichtsbezirk Neuruppin befindet.

Ende der Entscheidung

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