Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 15.12.2003
Aktenzeichen: 1 Ss (OWi) 234 B/03
Rechtsgebiete: StVG, StVO, OWiG, StPO


Vorschriften:

StVG § 24
StVG § 25
StVO § 41 Abs. 2 Nr. 7
StVO § 49 Abs. 1 Nr. 3
StVO § 49 Abs. 3 Nr. 4
OWiG § 46 Abs. 1
OWiG § 71
OWiG § 79 Abs. 3 S. 1
StPO § 244 Abs. 2
StPO § 267 Abs. 1 S. 3
StPO § 300
StPO § 344 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

1 Ss (OWi) 234 B/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Bußgeldsache

wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit

hat der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 15. Dezember 2003

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Neuruppin vom 5. Mai 2003 wird als unbegründet verworfen.

Der Betroffene trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den nicht geständigen Betroffenen durch das angefochtene Urteil wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 60 km/h nach §§ 24, 25 StVG, 41 Abs. 2 Nr. 7, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO mit einer Geldbuße von 150,00 € belegt und gegen ihn ferner ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt. Nach den Feststellungen befuhr der Betroffene am 18. Juli 2002 um 17:11 Uhr mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen ..., die Landstraße ... zwischen ... und ..., wo die zulässige Höchstgeschwindigkeit 80 km/h betrug und durch beidseitig aufgestellte Verkehrszeichen 274 angezeigt wurde. Das vom Betroffenen gesteuerte Fahrzeug wurde mit Hilfe eines Geschwindigkeitsmessgeräts vom Typ ES 1.0 bei km 1,95 in Fahrtrichtung ... mit einer Geschwindigkeit von "abzüglich der gesetzlichen Toleranz noch immer 140 km/h" gemessen, so dass die Geschwindigkeitsüberschreitung 60 km/h betrug.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen erhebt eine Verfahrensbeanstandung und die Sachrüge.

II.

Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Entgegen der Rechtsauffassung der Generalstaatsanwaltschaft greift die Rechtsbeschwerde das amtsgerichtliche Urteil unbeschränkt an. Die Rechtsmittelbegründungsschrift kann in ihrem Gesamtzusammenhang nur in dieser Weise verstanden werden. Auch wenn die Rechtsbeschwerde grundsätzlich bei ihrer Einlegung oder im Zusammenhang mit ihrer Begründung beschränkt werden und sich eine Beschränkung - etwa auf den anzugreifenden Rechtsfolgenausspruch des Bußgeldurteils - auch ohne ausdrückliche Erklärung aus dem Inhalt der Rechtsbeschwerdeschrift ergeben kann (allgemeine Auffassung, vgl. etwa OLG Koblenz VRS 60, 54; OLG Düsseldorf VRS 95, 42; Senatsbeschluss vom 21. Juli 1998 - 1 Ss (OWi) 56 B/98; weitere Einzelheiten bei Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 79 Rz. 32), ist zur Feststellung des Umfangs einer Urteilsanfechtung nach §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 344 Abs. 1 StPO auf das Rechtsbeschwerdevorbringen insgesamt, d.h. den Inhalt der entsprechenden Rechtsmittelschriftsätze, abzustellen. Dieses Erfordernis liegt bereits dem Rechtsgedanken des § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 300 StPO zu Grunde (vgl. Göhler, a.a.O.; für das Revisionsverfahren siehe im Übrigen BGH StV 1981, 393; NStZ-RR 2000, 38; OLG Hamm StV 1982, 170; OLG Koblenz VRS 71, 209). Verbleiben bei der insoweit gebotenen Auslegung der Rechtsmittelschriften Zweifel, so ist von unbeschränkter Urteilsanfechtung auszugehen, wenn Gegenstand der angegriffenen Entscheidung eine einzige Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit ist (BGH MDR 1978, 282; NStZ 1983, 359; StV 1981, 393).

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen beschränkt sich nicht auf den Rechtsfolgenausspruch des amtsgerichtlichen Urteils. So geht der in der Rechtsmittelbegründungsschrift vom 29. August 2003 enthaltene Rechtsbeschwerdeantrag des Betroffenen bereits dahin, "das Urteil des Amtsgerichts ... mit den tatsächlichen Feststellungen" aufzuheben und die Sache "zur Neuverhandlung und Entscheidung ... an eine andere Abteilung des Amtsgerichts" zurückzuverweisen. Auch wenn die Formulierung des Rechtsbeschwerdeantrages allein noch keinen sicheren Aufschluss über die Reichweite des Rechtsmittelvorbringens des Betroffenen zu geben vermag (vgl. insoweit auch BGH NJW 1956, 756; OLG Koblenz VRS 51, 122; OLG Köln VRS 73, 297; OLG Schleswig VRS 54, 33, 34), sind fallbezogen doch weitere Umstände zu berücksichtigen, die die Annahme stützen, der Betroffene habe sein Rechtsmittel unbeschränkt einlegen wollen. So rügt der Rechtsmittelführer allgemein die Verletzung des materiellen Rechts. Diese Rüge näher auszuführen ist er von Rechts wegen nicht verpflichtet gewesen, weshalb die Tatsache, dass sich die Rechtsbeschwerdebegründungsschrift im Weiteren lediglich mit der Frage einer Aufklärungspflichtsverletzung auseinandersetzt, in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung ist. Hinzu kommt, dass der anwaltlich vertretene Betroffene nicht ausdrücklich erklärt hat, sein Rechtsmittel beschränken zu wollen. Dies rechtfertigt unter Berücksichtigung von §§ 46 Abs. 1 OWiG, 300 StPO die Annahme, er habe die angefochtene Entscheidung insgesamt zur Überprüfung durch den Senat stellen wollen.

2. Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, die Bußgeldrichterin habe nähere Ermittlungen dazu anstellen müssen, ob die Verhängung eines Fahrverbotes für den Betroffenen zu einer unzumutbaren Härte führen könne, erweist sich das entsprechende Vorbringen bereits als unzulässig. Denn eine zulässige, die Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO behauptende Aufklärungsrüge erfordert neben der Benennung der Tatsachen, deren Aufklärung vermisst wird, die Angabe der Beweismittel, derer sich der Richter hätte bedienen sollen, die Darlegung der bekannten Umstände, auf Grund derer sich der Richter zur Beweisaufnahme hätte gedrängt sehen müssen und die Mitteilung des voraussichtlichen Ergebnisses der unterlassenen Sachaufklärung (std. Rspr. der Bußgeldsenate des Brandenburgischen Oberlandesgerichts; grundlegend Beschluss des 2. Senats vom 26. April 1995 - 2 Ss (OWi) 43 B/94 - vgl. auch Senatsbeschluss vom 16. April 2002 - 1 Ss (OWi) 74 B/02 -). Hieran fehlt es. Zwar trägt die Rechtsbeschwerdebegründung noch vor, das Amtsgericht habe die persönlichen, insbesondere wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen durch entsprechende Vorhalte und Nachfragen näher aufklären können. Soweit sie sich aber in diesem Zusammenhang auf angeblich in der Hauptverhandlung getätigte Angaben des Rechtsmittelführers stützt, ist dies bereits ohne Belang. Denn die vorgetragenen Inhalte der Einlassung des Betroffenen finden als Tatsachen in den Gründen des angefochtenen Urteils keine Stütze. Es bleibt daher unklar, unter welchen Umständen des Verfahrens und in welcher Weise Erklärungen des Betroffenen abgegeben worden sind. Damit aber ist der Senat als Rechtsbeschwerdegericht außerstande zu prüfen, ob jene Verfahrenshandlungen tatsächlich stattgefunden haben (std. Rspr. der Bußgeldsenate des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, vgl. Beschluss des 2. Senats vom 3. Januar 2002 - 2 Ss (OWi) 126 B/01 - und des 1. Senats vom 15. Februar 2002 - 1 Ss (OWi) 27 B/02 -). Zudem unterlässt es die Rechtsbeschwerde mitzuteilen, welches voraussichtliches Ergebnis die als unterlassen gerügte Sachaufklärung gehabt haben soll. Dies genügt nicht den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2, 244 Abs. 2 StPO).

3. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet der Betroffene auch ein, die angefochtene Entscheidung verletze materielles Recht. Seine Rechtsbeschwerde ist in diesem Rahmen unbegründet.

Allerdings weist das amtsgerichtliche Urteil einen Rechtsfehler auf. Die Feststellungen zur Fahrgeschwindigkeit des vom Betroffenen gesteuerten Personenkraftwagens entbehren nämlich einer nachvollziehbaren Grundlage. Zwar muss der Tatrichter, um dem Rechtsbeschwerdegericht eine Kontrolle der Beweiswürdigung zu ermöglichen, insoweit - neben der Wiedergabe der als erwiesen erachteten ("Netto-") Geschwindigkeit, der es bereits zur Ausfüllung der gesetzlichen Merkmale der Geschwindigkeitsüberschreitungen sanktionierenden Bußgeldvorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 4 StVO bedarf (vgl. grundsätzlich Göhler, a.a.O., § 71 Rz. 42a; siehe im Übrigen BGHSt 39, 291, 303) - lediglich das angewandte Messverfahren und den berücksichtigten Toleranzwert mitteilen (BGH NZV 1994, 485; std. Rspr. der Bußgeldsenate des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2003 - 1 Ss (OWi) 205 B/03 -). Die Anforderungen an die Darstellung der tatrichterlichen Überzeugungsbildung im Bußgeldurteil sind in dieser Weise eingeschränkt, so dass es - soweit nicht der Betroffene Irregularien einwendet, d.h. konkrete Messfehler behauptet - keiner weitergehenden Mitteilung des verwendeten Gerätetyps, der zugehörigen Betriebsvorschriften und deren Einhaltung, der Fehlerquellen des Messsystems sowie sonstiger zum Messsystem und seiner konkreten Handhabung gehörender Voraussetzungen (z.B. Eichung, Funktionsprüfung usw.) in den Urteilsgründen bedarf (BGH a.a.O.). Gesteht der Betroffene darüber hinaus uneingeschränkt und glaubhaft ein, die vorgeworfene Geschwindigkeit - mindestens - gefahren zu sein, so bedarf es zudem nicht einmal der Angabe des Messverfahrens und der Toleranzwerte (BGH a.a.O., vgl. auch OLG Celle NdsRpfl 1993, 167); die Urteilsgründe müssen sich dann aber dazu verhalten, aus welchen Gründen der Bußgeldrichter das Geständnis des Betroffenen für glaubhaft erachtet hat (etwa weil allgemeine dahingehende Erfahrungswerte bestehen, dass es einem geübten Kraftfahrer ohne weiteres möglich ist, seine Fahrgeschwindigkeit schon an Hand der Motorgeräusche des ihm vertrauten Fahrzeuges, der sonstigen Fahrgeräusche und an Hand der Schnelligkeit, mit der sich die Umgebung verändert, zuverlässig zu schätzen und dadurch zu erkennen, dass er die erlaubte Geschwindigkeit wesentlich überschreitet; BGH a.a.O.).

Das angefochtene Urteil genügt diesen verringerten rechtsbeschwerderechtlichen Vorgaben indes nicht. Den Feststellungen lässt sich zwar entnehmen, dass die Geschwindigkeitsmessung im Wege eines anerkannten standardisierten Messverfahrens unter Verwendung einer Geschwindigkeitsüberwachungsanlage des Typs ES1.o erfolgte. Die Tatrichterin hat es allerdings unterlassen, den Toleranzwert, der bei diesem Messverfahren 3 km/h bei Messwerten bis zu 100 km/h und 3 % des gemessenen ("Brutto-") Wertes bei Messwerten größer als 100 km/h unter Aufrundung auf den nächsten ganzzahligen Wert beträgt, in den Urteilsgründen mitzuteilen.

Dass die Bußgeldrichterin an Stelle des berücksichtigten Toleranzwertes den verwendeten Gerätetyp angegeben hat, reichte nicht aus. Denn dem Senat ist auch insoweit eine dahingehende rechtsbeschwerderechtliche Überprüfung nicht möglich, ob das Amtsgericht einen den Herstellervorgaben entsprechenden Toleranzabzug vorgenommen und damit die geräteimmanenten Verkehrsfehlergrenzen beachtet hat. Jedenfalls bei Anwendung des vorliegenden und anderer häufig gebrauchter Messverfahren, bei denen geschwindigkeitsabhängig unterschiedliche Verkehrsfehlergrenzen zu berücksichtigen sind (etwa Geschwindigkeitsmessungen im sogenannten Police-Pilot-System unter Verwendung von Videoverkehrsüberwachungsanlagen des Typs Provida, Messverfahren unter Anwendung von Lasergeschwindigkeitsmessgeräten des Typs Riegl LR 90-235/P oder mittels Verkehrsradargeräten des Typs Traffipax Speedophot) bringt der Bußgeldrichter durch die Benennung des Messgerätes nicht schon konkludent zum Ausdruck, dass er die bei dem verwandten Gerätetyp systemimmanenten Fehler durch den entsprechenden Toleranzabzug berücksichtigt hat. Denn je nach im Einzelfall gemessener Geschwindigkeit können unterschiedliche Messtoleranzen zu Grunde zu legen sein, und dass die für die gemessene Geschwindigkeit den Herstellerangaben entsprechend in Abzug zu bringende Messtoleranz tatsächlich berücksichtigt worden ist, kann bei bloßer Angabe des zum Einsatz gekommenen Messgeräts gerade nicht ohne weiteres unterstellt werden. Dem Senat ist danach in den bezeichneten Fällen eine Rechtsfehlerkontrolle nicht möglich, wenn die bußgeldrichterliche Entscheidung keine Angaben zum konkret vorgenommenen Toleranzabzug enthält.

Dass die Mitteilung, welcher Gerätetyp bei der Geschwindigkeitsmessung zum Einsatz gekommen ist, zur Rechtsfehlerkontrolle nicht ausreicht, begründet sich im Weiteren aus der Gefahr anderenfalls drohender nicht behebbarer gravierender Rechtsnachteile für den jeweils Betroffenen. Rechtsmittelführer könnten sich insoweit nicht mehr erfolgreich darauf berufen, das Instanzgericht habe zu ihren Lasten eine unzutreffende Messfehlertoleranz zu Grunde gelegt, obgleich bei rechtsfehlerfreier Feststellung der als erwiesen erachteten Geschwindigkeit zumindestens im Regelfall der BKatV geringere Sanktionen zu verhängen wären. Dem Rechtsbeschwerdegericht würde demgemäß jede Möglichkeit genommen, den Rechenweg, der zur Ermittlung der zu Grunde gelegten Geschwindigkeit im angefochtenen Urteil geführt hat, jedenfalls im Ansatz nachzuvollziehen; damit würde aber der Rechtsschutz von Betroffenen in rechtsstaatlich nicht mehr hinnehmbarer Weise eingeschränkt werden.

Ausnahmsweise kann es bei Geschwindigkeitsmessungen im sogenannten Police-Pilot-Verfahren unter Verwendung von Video-Verkehrsüberwachungsanlagen des Typs Provida 2626 allerdings genügen, anstelle des berücksichtigten Toleranzwertes (zumindest) die Messgeschwindigkeit des jeweiligen Kraftfahrzeuges oder die Messstrecke und die jeweiligen Messzeiten anzugeben; anhand dieser Größen bzw. Werte ist das Rechtsbeschwerdegericht bei diesem Messverfahren nämlich in der Lage zu prüfen, ob die nach der Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers auftretende Fehlerfrequenz in zutreffendem Umfang berücksichtigt worden ist. In einem solchen Verfahren ist die dem Betroffenen zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung indes fallbezogen nicht gewonnen worden.

Das Instanzgericht war vorliegend auch nicht deshalb von der Notwendigkeit entbunden, die von der Messgeschwindigkeit abgesetzte Fehlertoleranz anzugeben, weil es in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils gemäß §§ 46 Abs. 1, 71 OWiG in Verbindung mit § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf das "beim Vorgang der Verwaltungsbehörde befindliche Messprotokoll" bzw. den Eichschein Bezug genommen hat. Unabhängig von der Zulässigkeit einer solchen Inbezugnahme deckt diese jedenfalls weder die erforderlichen Angaben zur Höhe entweder des konkret vorgenommenen Toleranzabzuges oder der nach den Bedienungsvorschriften des verwandten Gerätetyps für die ermittelte Messgeschwindigkeit zu berücksichtigenden Verkehrsfehlergrenzen ab, zumal (nur) letztere in den bezeichneten Unterlagen mitgeteilt werden und auch dann allenfalls aus beigefügten Anlagen zu entnehmen sind. Denn die stattgefundene Verweisung bezieht sich ausweislich der Urteilsgründe lediglich auf "Blatt 4 der Akte", während die - Angaben zur Höhe des Toleranzabzuges enthaltende - Anlage des Eichscheins der Beiakte als Folgeblatt (Blatt 5) eingestellt ist. Das Messprotokoll seinerseits lässt jegliche Angaben zur Höhe der abzusetzenden Messfehlertoleranz vermissen. Davon abgesehen reicht es rechtsbeschwerderechtlich aber auch nicht aus, allgemein auf Verkehrsfehlertoleranzen zu verweisen, die nach den Vorgaben von Geräteherstellern zu berücksichtigen sind; vielmehr ist entweder der konkret ermittelte Toleranzwert mitzuteilen oder haben sich die Entscheidungsgründe jedenfalls dazu zu verhalten, welche konkrete Verkehrsfehlergrenze der Bußgeldrichter bei Ermittlung der für erwiesen erachteten ("Netto-") Geschwindigkeit zu Grunde gelegt hat; im vorliegenden Fall hätten sich die Entscheidungsgründe des bußgeldrichterlichen Urteils demnach zumindest dahingehend verhalten müssen, dass bei Einsatz des standardisierten Messverfahrens unter Verwendung einer Messanlage des Typs ES 1.0 von der gemessenen Geschwindigkeit des Betroffenenfahrzeuges ein Abzug von 3 % dieses Wertes unter Aufrundung auf den nächsten ganzzahligen Wert vorgenommen worden sei. Auch hieran fehlt es aber.

Der skizzierte Rechtsfehler nötigt den Senat jedoch nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache. Die Entscheidung beruht nämlich nicht auf ihm. Dem liegt folgende Überlegung zugrunde: Selbst wenn das Amtsgericht die dem Betroffenen zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung um 60 km/h dadurch errechnet haben sollte, dass es bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 143 km/h rechtsfehlerhaft einen Toleranzwert von lediglich 3 km/h (wie für Geräte des verwandten Typs bei Messwerten bis 100 km/h) abgezogen hätte, stellte sich dies für den Betroffenen nicht als rechtsnachteilig dar. Denn wenn bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 143 km/h der für das Messgerät ES 1.0 dann tatsächlich geltende Toleranzwert von 3 % subtrahiert wird, ergibt sich eine Geschwindigkeitsüberschreitung von - zu Gunsten des Betroffenen gerundet - 58 km/h; in beiden Fällen beträgt die Regelgeldbuße - die das Instanzgericht seiner Rechtfolgenentscheidung ausdrücklich zu Grunde gelegt hat - aber 150,00 €, zu der der Betroffene auch verurteilt worden ist. Bei dieser Sachlage steht fest, dass das Amtsgericht die gegen den Betroffenen verhängte Geldbuße nicht niedriger als geschehen festgesetzt hätte.

Da die vordergerichtliche Rechtsfolgenentscheidung schließlich bereits keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen aufweist, hat das angefochtene Urteil insgesamt Bestand.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück