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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.05.2003
Aktenzeichen: 1 Ws (Vollz) 3/03
Rechtsgebiete: StVollzG
Vorschriften:
StVollzG § 51 | |
StVollzG § 51 Abs. 3 | |
StVollzG § 83 Abs. 2 S. 2 | |
StVollzG § 83 Abs. 2 S. 3 | |
StVollzG § 119 Abs. 4 S. 1 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
1 Ws (Vollz) 3/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In der Strafvollzugssache
wegen Freigabe zweckgebundenen Eigengeldes
hat der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...
am 21. Mai 2003
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam bei dem Amtsgericht Brandenburg an der Havel vom 14. Dezember 2002 insoweit aufgehoben, als die Antragsgegnerin unter Aufhebung ihrer entgegenstehenden Verfügung verpflichtet worden ist, den Antragsteller wegen seines Antrages erneut zu bescheiden, für ihn eingezahltes Eigengeld zum Ankauf eines Wasserkochers des Typs Severin WK-3351 freizugeben.
Der Antrag des Strafgefangenen auf gerichtliche Entscheidung wird auch insoweit zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 100,00 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit Verfügung vom 6. August 2002 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des Strafgefangenen Neumert ab, ihm eingezahltes Eigengeld für den beabsichtigten Einkauf (unter anderem) eines Wasserkochers des Typs Severin WK-3351 freizugeben. Auf den Antrag des Gefangenen auf gerichtliche Entscheidung hob die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam bei dem Amtsgericht Brandenburg an der Havel mit Beschluss vom 14. Dezember 2002 die Verfügung der Antragsgegnerin insoweit auf und verpflichtete diese, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Denn es ist geboten, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG). Von der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer geht eine Gefahr für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung aus, weil diese inhaltlich von Rechtsauffassungen verschiedener Oberlandesgerichte abweicht (OLG Hamm ZfStrVo 1984, 318). Sie beruht nicht nur auf einem Rechtsfehler; die instanzgerichtliche Entscheidung birgt vielmehr auch die Gefahr in sich, dass die vorgenommene fehlerhafte Gesetzesauslegung (des § 51 StVollzG) zum Auseinanderbrechen der bislang einheitlichen Rechtsprechung führt. Eine Korrektur ist deshalb geboten.
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die Strafvollstreckungskammer hat Bedeutung und Reichweite des § 51 Abs. 3 StVollzG verkannt. Nach dieser Vorschrift kann der Anstaltsleiter gestatten, dass Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen. Dies ist indes bei der Anschaffung eines Wasserkochers für den Gebrauch innerhalb der Zellenräume nicht der Fall.
Die Antragsgegnerin war berechtigt, das dem Gefangenen zur Verfügung gestellte Eigengeld zunächst als Überbrückungsgeld anzusparen. Nach § 83 Abs. 2 S. 2 StVollzG wird für den Gefangenen eingezahltes Geld zwar grundsätzlich als Eigengeld gutgeschrieben. Etwa anderes gilt aber nach § 83 Abs. 2 S. 3 StVollzG, wenn und soweit dieses - wie hier - als Überbrückungsgeld notwendig ist. § 83 Abs. 2 S: 3 StVollzG stellt damit eine - im Übrigen hinreichend bestimmte - gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Anstaltsleitung dar, Eigengeld als Überbrückungsgeld zu behandeln und entsprechend anzusparen (herrschende Meinung; vgl. etwa OLG Hamm ZfStrVo 1981, 251; OLG Hamburg NStZ 1981, 39; OLG Zweibrücken NStZ 1984, 479; andere Auffassung nur OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 1979, 255).
Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, das Überbrückungsgeld insoweit freizugeben, als mit ihm ein Wasserkocher angeschafft werden sollte. Diese Anschaffung dient nicht der Eingliederung des Gefangenen (§ 51 Abs. 3 StVollzG). § 51 Abs. 3 StVollzG stellt eine Ausnahmeregelung dar und ist deshalb eng auszulegen (OLG Karlsruhe NStZ 1989, 360). Dementsprechend benennt Ziffer 2 Abs. 2 der Verwaltungsvorschrift zu § 51 StVollzG insbesondere Aufwendungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes und einer Unterkunft nach der Entlassung als solche, die der Eingliederung des Gefangenen dienen. Hierin erschöpfen sich die denkbaren Zweckbestimmungen für der Eingliederung dienende Aufwendungen zwar nicht. Doch muss die jeweiligen Anschaffung oder Ausgabe anlässlich der Entlassung notwendig werden (vgl. BT-Drs 7/918, 71; OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 1983, 310; OLG Karlsruhe NStZ 1989, 360). In Betracht kommen danach etwa Investitionen, die sich schwer aufschieben lassen, gleichzeitig aber der Resozialisierung und Zukunftssicherung dienen, wie eine länger dauernde Ausbildung (OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 1979, 186) oder die Kosten für die Reparatur eines Radios mit Kassettenteil, das überwiegend zur Teilnahme an einem Sprachkurs und zur Verwendung von Lehrkassetten einer Fernuniversität, also für Aus- und Fortbildung, benötigt wird (OLG Frankfurt am Main NStZ 1989, 424), unter Umständen auch die Beschaffung von Kleidung für den Ausgang (OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 1983, 310). Die vom Antragsteller beabsichtigte Anschaffung eines Wasserkochers ist in diesem Sinne weder schwer aufschiebbar, noch dient sie erkennbar der Resozialisierung und Zukunftssicherung. Die Strafvollstreckungskammer verkennt die - eng begrenzte - Reichweite des § 51 Abs. 3 StVollzG, wenn sie auch solche Anschaffungen als im Gesetzessinne der Eingliederung des Gefangenen dienend ansieht, die - wie hier - lediglich dazu geeignet sind, "das unmittelbare Umfeld des Antragstellers den Bedingungen eines Lebens in Freiheit anzupassen, insbesondere den Haftraum im angemessenen bescheidenen Umfang wohnlich zu gestalten". Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen von § 51 Abs. 3 StVollzG nur solche Anschaffungen erfasst werden, die der Strafgefangene im Hinblick auf sein künftiges Leben in Freiheit in jedem Fall zu tätigen gezwungen ist. Dies ist aber bei einem Wasserkocher nicht der Fall, da der Antragsteller nach der Haftentlassung und Beziehen einer eigenen Wohnung in der Lage sein wird, sich auf anderem Wege heißes Wasser zuzubereiten. Im Übrigen verfügt er bereits jetzt über einen Wasserkocher, was er selbst auch nicht in Abrede stellt.
Die angefochtene Entscheidung war danach gemäß § 119 Abs. 4 S. 1 StVollzG aufzuheben.
Der Senat konnte anstelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, da die Sache spruchreif war, insbesondere keine weitergehenden Sachermittlungen erforderlich waren (vgl. § 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 S. 1 StVollzG, die Streitwertfestsetzung auf §§ 48 a, 13 GKG.
Ende der Entscheidung
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