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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.02.2009
Aktenzeichen: 1 Ws 13/09
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 335 | |
StPO § 345 Abs. 1 |
Tenor:
Dem Angeklagten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gewährt.
Der Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 10. Juni 2008 wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten hierin entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat gegen den Angeklagten mit Urteil vom 22. Oktober 2007 wegen Betruges eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom gleichen Tage, eingegangen beim Amtsgericht am 24. Oktober 2007, "Rechtsmittel" eingelegt. Nach Zustellung des Urteils an seinen damaligen Verteidiger am 29. November 2007 hat der Angeklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 31. Dezember 2007, eingegangen beim Amtsgericht am 01. Januar 2008, die Wahl des Rechtsmittels als Revision getroffen und diese begründet. Gleichwohl hat der Angeklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28. April 2008 erklärt, dass das Rechtsmittel als Berufung durchgeführt werden soll, woraufhin die Sachakte dem Landgericht Potsdam übersandt worden ist.
Das Landgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 10. Juni 2008 die Berufung des Angeklagten mit der Begründung als unzulässig verworfen, dass ein Wechsel von der Revision zur Berufung nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist unzulässig sei. Der Beschluss ist ohne Belehrung über das befristete Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (§ 322 Abs. 2 StPO) dem damaligen Verteidiger des Angeklagten gegen Empfangsbekenntnis am 13. Juni 2008 zugestellt worden.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29. September 2008, eingegangen beim Landgericht Potsdam am 30. September 2008, hat der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Zulassung der Revision/Berufung und Aussetzung der Ladung zum Strafantritt beantragt, nachdem ihm - ausweislich eines aktenkundigen Vermerks - die Ladung am 13. September 2008 durch einen Beamten der Berliner Polizei persönlich übergeben worden war. Der Angeklagte trägt vor, dass eine rechtswirksame Zustellung des Verwerfungsbeschlusses des Landgerichts Potsdam nicht erfolgt sei. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig beantragt.
II.
1. Dem Angeklagten ist zunächst Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde zu gewähren.
Der Angeklagte hat das nach § 322 Abs. 2 StPO statthafte Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO angebracht. Vielmehr ist sein als sofortige Beschwerde gegen den Verwerfungsbeschluss auszulegender Antrag auf Zulassung der Berufung verspätet beim Landgericht Potsdam eingegangen. Dem Angeklagten ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Den verspäteten Eingang der sofortigen Beschwerde bei Gericht hat der Angeklagte nicht zu vertreten. Das fehlende Verschulden des Angeklagten an der Fristversäumung ist - auch ohne einen dahingehenden Sachvortrag - aufgrund der aktenkundig unterbliebenen Belehrung über das befristete Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde offenkundig (§ 44 Abs. 2 StPO). Eine Rechtsmittelbelehrung nach § 35 a StPO hat auch in dem vorliegenden Fall anwaltlicher Vertretung zu erfolgen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 35 a, Rn. 4; Maul in KK, StPO, 6. Aufl., § 35 a, Rn. 6; Weßlau in SK-StPO, § 35 a, Rn. 6). Verfahrensrechtlich ist der Verstoß des Landgerichts gegen seine Belehrungspflicht durch die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beseitigen (BVerfGE 42, 252).
2. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten ist begründet.
Der angefochtene Verwerfungsbeschluss ist rechtlich fehlerhaft und unterliegt daher der Aufhebung. Zu Unrecht geht das Landgericht davon aus, dass ein unzulässiger Rechtsmittelwechsel von der Revision zur Berufung vorläge.
Der Angeklagte konnte das Urteil des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 22. Oktober 2007 entweder mit der Berufung oder der Sprungrevision anfechten (§§ 312, 335 StPO).
Die endgültige Wahl seines zunächst beim Amtsgericht am 24. Oktober 2007 unbestimmt eingelegten Rechtsmittels durfte er bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist treffen (Meyer-Goßner, a.a.O., § 335, Rn. 3). Somit ging sein Wahlrecht unter Berücksichtigung der am 29. November 2007 erfolgten Urteilszustellung am Montag, den 31. Dezember 2007, unter. Seine nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erst am 01. Januar 2008 gegenüber dem Amtsgericht Königs Wusterhausen ausgeübte Wahl des Rechtsmittels als Revision konnte deshalb keine Wirkung mehr entfalten. Folglich liegt hier auch kein Wechsel von der Revision zur Berufung vor. Vielmehr ist in dem vorliegenden Fall, in welchem der Rechtsmittelführer eine konkretisierende Erklärung nicht innerhalb der Revisions-begründungsfrist des § 345 Abs. 1 StPO anbringt, das zunächst unbestimmt eingelegte Rechtsmittel als Berufung zu behandeln (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O. Rn. 4; Kuckein in KK, § 335 Rn. 6; Frisch in SK-StPO, § 335, Rn. 11; BGHSt 2, 63).
Der Sache ist nunmehr durch Verhandlung vor dem Landgericht Potsdam über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 22. Oktober 2007 Fortgang zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Wiedereinsetzung auf § 473 Abs. 7 StPO und hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens auf § 467 Abs. 1 analog StPO.
Ende der Entscheidung
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