Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.03.2008
Aktenzeichen: 1 Ws 15/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 172 Abs. 2 Satz 1
StPO § 172 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

1 Ws 15/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Anzeigesache

wegen Körperverletzung im Amt

hat der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Thaeren-Daig, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Bachnick und die Richterin am Oberlandesgericht Michalski

am 7. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Anzeigenerstatters auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 15. November 2007 wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Der Anzeigenerstatter hat mit Anwaltsschriftsatz vom 17. Mai 2004 "gegen die in der Nacht vom 16. Februar auf den 17. Februar 2004 tätig gewordenen Polizeibeamten wegen aller in Betracht kommender Delikte" Strafantrag erstattet. .....................................

II.

Der Antrag des Anzeigenden hat keinen Erfolg. Er ist bereits unzulässig. Das Klageerzwingungsgesuch vom 17. Januar 2008 genügt nicht den Formerfordernissen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO. Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Stellungnahme vom 28. Januar 2008, dem Anzeigenerstatter mit Verfügung vom 5. Februar 2008 zur Kenntnis gegeben, folgendes ausgeführt:

"Der nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO rechtzeitig gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig, weil er nicht der vorgeschriebenen Form entspricht. Nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO muss der Antrag die Tatsachen, die die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Dazu gehört, dass er eine geschlossene und aus sich heraus verständliche Sachdarstellung enthält, die dem Gericht ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft eine Überprüfung der Einstellung des Verfahrens ermöglicht. Aus der Sachdarstellung muss nicht nur ersichtlich sein, was den Beschuldigten vorgeworfen wird, sondern es muss in groben Zügen auch der Gang des Ermittlungsverfahrens geschildert, der Inhalt der angefochtenen staatsanwaltschaftlichen Bescheide mitgeteilt und dargetan werden, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Erwägungen der Staatsanwaltschaft nicht zutreffen (ständige obergerichtliche Rechtsprechung Se-natsbeschluss vom 10.10.2003, 1 Ws 127/03, OLG Brandenburg Beschluss vom 11.03.2003, 2 Ws 3/03 und vom 05.03.1996, 2 Ws 5/96; Meyer-Goßner, StPO So. Aufl., § 172 Rdn. 27 m. w. N.).

Diesen Anforderungen genügt der vorliegende Antrag nicht.

Es kann hier dahinstehen, ob der Antrag bereits deshalb unzulässig ist, weil die Sachverhaltsdarstellungen auf den Seiten 3, 4 und 7 der fristgerecht per Fax am 17. Januar 2008 eingegangenen Antragsschrift fehlen. Denn der Antrag besteht überwiegend aus eingefügten Fotokopien bzw. eingescannten Textpassagen aus dem vorliegenden Ermittlungsverfahren. Die - insgesamt 74 Seiten umfassenden -Ablichtungen bzw. eingescannten Passagen der Verfahrensakte sind nur durch kurze von der Verfahrensbevollmächtigten verfasste Überleitungen verbunden. Die erforderliche Sachverhaltsschilderung kann jedoch nicht durch Bezugnahmen auf den Akteninhalt oder dem Antrag beigefügte Anlagen ersetzt werden (vgl. Meyer-Goßner, § 172 StPO Rdn. 30 m.w.N.). Nichts anderes gilt, wenn fotokopierte oder eingescannte Schriftstücke nicht als Anlagen beigefügt sondern - wie hier - in der Weise in die Antragsschrift eingefügt sind, dass ohne Kenntnisnahme derselben das Antragsvorbringen nicht verständlich ist. In diesem Fall dienen die fotokopierten bzw. gescannten Schriftstücke nicht lediglich der näheren Erläuterung des Antragsvorbringens. Vielmehr wird die erforderliche eigene Sachdarstellung als tragendes Element des Klageerzwingungsantrags durch die die Ablichtungen und gescannten Texte lediglich verbindenden Sätze ersetzt. Der Erwerb der Kenntnisnahme des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts bleibt dem eingehenden Studium der abgelichteten oder gescannten Aktenbestandteile überlassen (vgl. Meyer-Goßner a.a.O.). Die von dem den Antrag auf gerichtliche Entscheidung unterzeichnenden Rechtsanwalt verlangte zusammenfassende Würdigung des Akteninhaltes unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten soll den Oberlandesgerichten aber eine wenig zeitaufwendige Zulässigkeitsprüfung allein auf der Grundlage der Antragsschrift ermöglichen (ständige Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin, vgl. u. a. Beschluss vom 27.01.1997, 3 Ws 580/96 m.w.N.).

Diesen Zweck erfüllt die insgesamt 83 Seiten umfassende Antragsschrift vom 17. Januar 2008, deren Umfang sich zu einem großen Teil aus der bereits erwähnten Zahl von Ablichtungen und eingescannten Texten ergibt, nicht.

Zwar setzt sich die Antragsschrift auf den ersten 6 Seiten im Ansatz mit dem Sachverhalt und auf den letzten drei Seiten z. T. mit dem Beweisergebnis auseinander, zum Verständnis dieser Ausführungen müsste das Gericht jedoch auf die Kopien und eingescannten Texte Rückgriff nehmen. Diese Art des Vorbringens führt zu einer unstatthaften Umgehung der Formvorschrift des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO. Soweit sich die Antragsschrift über den Inhalt der Einstellungsbescheide verhält und mit den Gründen der Einstellung auseinandersetzt, vermittelt auch dieses Vorbringen kein aus sich heraus verständliches Bild über den Verfahrensgegenstand."

Diese Ausführungen entsprechen der Sach- und Rechtslage. Der Senat schließt sich ihnen an.

Die Anforderungen an ein zulässiges Klageerzwingungsgesuch sind kein Selbstzweck. Die Ausführungen im Klageerzwingungsgesuch sollen den erkennenden Senat in die Lage versetzen, zu prüfen, ob die Staatsanwaltschaft unter Verstoß gegen das Legalitätsprinzip das Verfahren gegen den Beschuldigten eingestellt hat anstatt öffentliche Klage zu erheben. Der Antrag muss es dem zur Entscheidung berufenen Gericht deshalb ermöglichen, allein aufgrund seines Inhalts ohne Rückgriff auf Ermittlungsakten, etwa vorhandene Beiakten oder Beistücke eine dahingehende Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen, ob nach dem Vorbringen des Antragstellers ein für die Erhebung der öffentlichen Klage hinreichender Tatverdacht gegeben ist. Die von dem Verfahrensbevollmächtigten des Anzeigeerstatters gewählte Form der Darstellung wird diesen Anforderungen aber gerade nicht gerecht, da es sich bei dem Verweis auf die jeweils beigefügten bzw. eingescannten Unterlagen nicht etwa um eine Ergänzung des Sachvortrages in dem Klageerzwingungsantrag handelt, sondern um den Sachvortrag selbst. Zulässig und nicht zu beanstanden ist die Bezugnahme nur, wenn Anlagen mit klarer Sachdarstellung lediglich zur Ergänzung des Antrags verwendet werden sollen (OLG Köln JR 1954, 390) und der Antragsschriftsatz selbst sich wenigstens mit den wesentlichen Bestandteilen der in den in Bezug genommenen Schriftsätzen und Zeugenvernehmungen sowie weiteren Unterlagen enthaltenen Aussagen und Einlassungen sowie Erkenntnissen auseinandersetzt. Dies ist entgegen der Auffasssung des Verfahrensbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 19. Februar 2008 nicht geschehen. Der Anzeigeerstatter setzt sich entgegen den Ausführungen in dem Schriftsatz vom 19. Februar 2008 nicht mit den Beweiserhebungen und den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens auseinander, sondern verweist insoweit nur auf die Darstellungen in den Beschwerdeschriftsätzen und die beigehefteten bzw. eingescannten Unterlagen.

Das Klageerzwingungsgesuch war danach von Rechts wegen als unzulässig zu verwerfen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

Zurück