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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.09.2007
Aktenzeichen: 10 UF 115/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VAÜG, FGG, VAHRG


Vorschriften:

ZPO § 621 e
BGB § 1587 a Abs. 1
BGB § 1587 a Abs. 1 Satz 2
BGB § 1587 a Abs. 3 Nr. 1
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 5
BGB § 1587 b Abs. 6
BGB §§ 1587 f ff.
VAÜG § 1 Abs. 2
VAÜG § 1 Abs. 2 Nr. 1
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b
VAÜG § 3 Abs. 1 Nr. 5
VAÜG § 4 Abs. 1 Nr. 1
VAÜG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Satz
FGG § 53 b Abs. 1
VAHRG § 1 Abs. 2
VAHRG § 1 Abs. 3
VAHRG § 3 b
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 115/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

am 24. September 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Mai 2006 teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst.

Von dem Versicherungskonto Nummer 04 060257 F 504 der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... wird eine angleichungsdynamische Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich 75,09 €, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Dezember 2004, auf das Versicherungskonto Nummer 44 250448 F 010 des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung B... übertragen.

Der Monatsbetrag der zu übertragenden angleichungsdynamischen Anwartschaft ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Wegen der weitergehenden Anwartschaft der Antragstellerin auf eine Leibrente aus dem Lebensversicherungsvertrag bei der ... Lebensversicherungs-AG bleibt der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.

Die Kosten des Verfahrens über den Versorgungsausgleich werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Die gemäß § 621 e ZPO zulässige Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung ... ist begründet. Dem Antragsgegner ist gemäß §§ 1587 a Abs. 1, 1587 b Abs. 1 BGB, 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Nr. 4 VAÜG eine Rentenanwartschaft in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zu übertragen. Zu Unrecht hat das Amtsgericht hinsichtlich der Anwartschaft der Antragstellerin aus der privaten Rentenversicherung eine Beitragszahlung angeordnet. Insoweit ist nämlich der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorzubehalten. Auch hat das Amtsgericht die Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners nicht vollständig aufgeklärt. Dieser hatte im Fragebogen zum Versorgungsausgleich keinerlei Angaben dazu gemacht, ob zu seinen Gunsten eine Rentenanwartschaft auf Grund eines Lebensversicherungsvertrages besteht. Die Ermittlungen des Senats im Beschwerdeverfahren haben ergeben, dass neben einer Kapitallebensversicherung bei der N... Lebensversicherung-AG, die dem Versorgungsausgleich nicht unterliegt (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 a, Rz. 224), auch eine grundsätzlich in den Ausgleich einzubeziehende Rentenversicherung bei der ... Lebensversicherung Aktiengesellschaft besteht, die sich auf den gegenwärtig vorzunehmenden Ausgleich allerdings nicht auswirkt, sondern lediglich einen Saldierungsposten im vorzubehaltenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleich darstellt. Der Senat entscheidet ohne die in § 53 b Abs. 1 FGG vorgesehene mündliche Verhandlung. Den Beteiligten ist rechtliches Gehör gewährt worden, der Sachverhalt ist hinreichend aufgeklärt und eine Einigung nicht zu erwarten, sodass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann (vgl. Keidel/Weber, FGG, 15. Aufl., § 53 b, Rz. 5).

Die Antragstellerin hat, wie sich der im Beschwerdeverfahren bestätigten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung ... vom 23.3.2005 entnehmen lässt, in der Ehezeit vom 1.7.1987 bis zum 31.12.2004 eine angleichungsdynamische Anwartschaft (Ost) in Höhe monatlich 446,61 € erlangt.

Nach der Auskunft der ... Lebensversicherungs-AG vom 1.2.2005 hat die Antragstellerin während der Ehe eine Anwartschaft auf eine Leibrente aus einem privaten Lebensversicherungsvertrag auf Rentenbasis erlangt. Das auf die Ehezeit entfallende Deckungskapital beträgt 329,77 €. Diese Anwartschaft, die statisch und deshalb nach dem Bewertungsschema des § 1587 a Abs. 3 Nr. 1 BGB in eine regeldynamische Anwartschaft umzurechnen ist, führt auf dem Wege über die Umrechnung zu einer nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaft (Senat, FamRZ 2001, 489, 490; Götsche, FamRZ 2002, 1235, 1239). Die Umrechnung erfolgt, indem das Deckungskapital mit Hilfe des für das Ehezeitende maßgeblichen Umrechnungsfaktors in Entgeltpunkte umgerechnet wird und die Entgeltpunkte sodann mit dem für das Ehezeitende maßgeblichen Rentenwert (West) multipliziert werden.

Diese Umrechnung hat das Amtsgericht rechnerisch richtig durchgeführt. Es ergibt sich ein Betrag von 1,50 € monatlich.

Wie sich aus der im Beschwerdeverfahren bestätigten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung B... vom 11.4.2006 ergibt, hat der Antragsgegner in der Ehezeit eine angleichungs-dynamische Anwartschaft (Ost) in Höhe von monatlich 296,43 € und eine nichtangleichungs-dynamische Anwartschaft (West) in Höhe von monatlich 0,08 € erworben.

Darüber hinaus hat der Antragsgegner, wie bereits eingangs angesprochen, ebenfalls eine Anwartschaft auf eine Leibrente aus einem privaten Lebensversicherungsvertrag auf Rentenbasis erlangt. Dass es sich hierbei, wie der Auskunft der Versicherungsgesellschaft vom 11.1.2007 zu entnehmen ist, um eine fondsgebundene Rentenversicherung handelt, steht der Heranziehung im Versorgungsausgleich nicht entgegen. In einem solchen Fall ist maßgebend für den Wert der Versorgungsanwartschaft die Anzahl der Werteinheiten und deren Kurswert zum Ende der Ehezeit (vgl. Soergel/Winter, BGB, 13. Aufl., § 1587 a, Rz. 309; Staudinger/Rehme, BGB, 13. Aufl. 2004, § 1587 a, Rz. 383). Die Versicherungsgesellschaft hat zum Ende der Ehezeit am 31.12.2004 ein konventionelles Deckungskapital von 222,16 € und ein fondsgebundenes Deckungskapital von 34,46 €, in der Summe also 256,62 €, mitgeteilt. Beide Bestandteile des Gesamtdeckungskapitals unterliegen dem Versorgungsausgleich (vgl. OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, NJW-RR 2007, 800).

Der Betrag von 256,62 € ist in derselben Weise umzurechnen, wie das Deckungskapital für die zu Gunsten der Antragstellerin bestehende Lebensversicherung. Unter Heranziehung der im angefochtenen Beschluss zutreffend genannten Umrechnungsfaktoren ergibt sich eine nichtangleichungsdynamische Anwartschaft von 1,17 €.

Da der Antragsgegner somit insgesamt nichtangleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von 1,25 € (= 0,08 € + 1,17 €) erlangt hat, während auf Seiten der Antragstellerin eine nichtangleichungsdynamische Anwartschaft in Höhe von 1,50 € besteht, ist erkennbar, dass die Antragstellerin sowohl über die höheren angleichungsdynamischen Anwartschaften als auch über die höheren nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften verfügt, sie also nach § 1587 a Abs. 1 BGB ausgleichspflichtig ist und der Ausgleich im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b VAÜG bereits durchgeführt werden kann.

Hinsichtlich der angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften steht dem ausgleichsberechtigten Antragsgegner gemäß § 1587 a Abs. 1 Satz 2 BGB die Hälfte des Wertunterschiedes zu. Dies führt zur Übertragung einer angleichungsdynamischen Rentenanwartschaft in Höhe von 75,09 € [= (446,61 € - 296,43 €) : 2] zu Gunsten des Antragsgegners.

Nach §§ 1587 b Abs. 6 BGB, 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG ist anzuordnen, dass der Monatsbetrag der zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaft in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen ist. Der Höchstbetrag i. S. v. § 1587 b Abs. 5 BGB ist nicht erreicht.

Hinsichtlich der Anrechte der Antragstellerin auf Grund des Leibrentenvertrages ist, anders als vom Amtsgericht angenommen, die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gemäß §§ 1587 f ff. BGB vorzubehalten.

Da der Versicherer nicht öffentlich-rechtlich organisiert ist, und der Geschäftsplan der ... Lebensversicherungs-AG nach der genannten Auskunft eine Realteilung von Versorgungsanrechten im Falle der Ehescheidung nicht vorsieht, kann der Ausgleich bezüglich der Anwartschaft auf eine Leibrente nicht im Wege der Realteilung gemäß § 1 Abs. 2 VAHRG oder im Wege des analogen Quasi-Splittings gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG stattfinden.

Ebenso wenig kann ein Ausgleich gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG in der Weise erfolgen, dass unter Heranziehung der der ausgleichspflichtigen Antragstellerin noch verbliebenen Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege des erweiterten Splittings eine weitere Rentenanwartschaft in Höhe der Hälfte des Wertes der Leibrentenanwartschaft auf das Versicherungskonto des Antragsgegners übertragen wird. Auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin ist nämlich keine nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaft, wie sie für den Ausgleich benötigt würde, sondern nur eine angleichungsdynamische, in ihrer Dynamik mit dem auszugleichenden Anrecht nach dessen Umrechnung nicht vergleichbare Rentenanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG vorhanden, sodass gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 VAÜG ein erweitertes Splitting ausgeschlossen ist.

Auch ein Ausgleich durch Beitragsentrichtung gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG scheidet aus. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 VAÜG ist § 3 b VAHRG vor der Einkommensangleichung mit der Maßgabe anzuwenden, dass § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG, also die Anordnung einer Beitragszahlung, nur in Ansehung solcher im Beitrittsgebiet erworbener Anrechte gilt, welche die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VAÜG erfüllen. Daraus folgt, dass sich die Ausgleichsform der Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung auf den Ausgleich angleichungsdynamischer Anrechte des Verpflichteten beschränkt (Senat, Beschluss vom 30.3.2000 - 10 UF 221/98 -, FamRZ 2001, 489; Beschluss vom 9.11.2006 - 10 UF 212/05 -, veröffentlicht bei juris; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 3.2.2005 - 9 UF 248/04 -, FamRZ 2005, 1489; OLG Dresden, Beschluss vom 15.3.2000 - 10 UF 690/99 -, FamRZ 2000, 962; Götsche, FamRZ 2002, 1235, 1239; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 4 VAÜG, Rz. 2; Schwab/Hahne, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., VI, Rz. 387; Eißler, Versorgungsausgleich, 2. Aufl., Rz. 145; Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rz. 287; Rotax/Vogel, Praxis des Familienrechts, 3. Aufl., Teil 10, Rz. 1218; RGRK/Wick, BGB, 12. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 4; MünchKomm/Sander, BGB, 4. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 6; Soergel/Schmeiduch, BGB, 13. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 6; Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 3; Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung, 7. Aufl., § 4 VAÜG, Anm. 2.2, S. 783 sowie § 281 a SGB VI, Anm. 2, S. 523; Weinreich/Klein/Rehme, Kompaktkommentar Familienrecht, 2. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 5; Hoppenz/Triebs, Familiensachen, 8. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 5; unklar OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 13.6.2006 - 9 UF 80/06 -, veröffentlicht bei juris, wo allein davon die Rede ist, dass eine Beitragszahlung wirtschaftlich nicht zumutbar sei). Daran fehlt es hier in Ansehung der auszugleichenden Anwartschaft der Antragstellerin auf eine Leibrente. Daher ist der Antragsgegner wegen des Ausgleichs der nichtangleichungsdynamischen Anwartschaft der Antragstellerin auf eine Leibrente auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu verweisen.

Dem steht nicht entgegen, dass gegenwärtig auch die nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften des Antragsgegners aus der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. dem Lebensversicherungsvertrag nicht ausgeglichen werden können und lediglich einen Saldierungsposten im etwa durchzuführenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleich darstellen. Denn Anrechte des Berechtigten, die öffentlich-rechtlich auszugleichen wären, wenn sie der Verpflichtete erworben hätte, können im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ebenfalls zu saldieren sein (Erman/Klattenhoff, BGB, 11. Aufl., § 1587g, Rz. 3; vgl. auch BGH, FamRZ 2001, 25).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO.

Mit Rücksicht darauf, dass der Anwendungsbereich für die Anordnung einer Beitragszahlung bei dem hier vom Senat im Einklang mit der Literatur zu Grunde gelegten Verständnis des § 4 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG sehr eingeschränkt ist (vgl. auch Eißler, a.a.O.; Soergel/Schmeiduch, a.a.O.; Weinreich/Klein/Rehme, a.a.O.), wird die Rechtsbeschwerde gemäß § 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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