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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.11.2006
Aktenzeichen: 10 UF 128/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 621 e
BGB § 1626 Abs. 3
BGB § 1626 Abs. 3 Satz 1
BGB § 1666
BGB § 1684
BGB § 1684 Abs. 4 Satz 1
BGB § 1684 Abs. 4 Satz 2
BGB § 1696 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 128/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend das Kind F... F..., geboren am ... 2000,

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

am 21. November 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der am 6. Juni 2006 verkündete Beschluss des Amtsgerichts Strausberg teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst.

Die Umgangsregelung der am 23. Juni 2005 von den Parteien getroffenen und durch Beschluss des Kammergerichts vom 2. Februar 2006 genehmigten Vereinbarung wird in zeitlicher Hinsicht wie folgt gefasst:

Der Vater das Recht hat, mit dem Kind F... F..., geboren am ... 2000, zusammen zu sein,

a) an jedem zweiten Sonnabend in der Zeit von 10 Uhr bis 17 Uhr, beginnend am 2. Dezember 2006,

b) an jedem dritten Wochenende von Sonnabend, 10 Uhr, bis Sonntag, 17 Uhr, beginnend am 2. Juni 2007,

c) jeweils am Zweitfeiertag von Ostern und Weihnachten, in der Zeit von 10 Uhr bis 17 Uhr, beginnend am 2. Weihnachtsfeiertag 2007.

Fällt ein Umgangstermin aus und ist dies nicht vom Vater veranlasst, so findet der Umgang ersatzweise in dem unter a) geregelten Zeitraum am nachfolgenden Sonnabend, in dem unter b) geregelten Zeitraum am nachfolgenden Wochenende statt. Fällt der Umgang wegen Erkrankung des Kindes aus, so muss die Mutter dem Vater ein ärztliches Attest vorlegen, aus dem sich Art und voraussichtliche Dauer der Erkrankung ergeben. Der ursprüngliche Rhythmus des Umgangs bleibt unberührt.

Fällt das unter b) geregelte Umgangswochenende auf Ostern oder Weihnachten, entfällt es ersatzlos.

Der Mutter wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht für F... entzogen, soweit es um die Durchführung des festgelegten Umgangs geht. Insoweit wird das Jugendamt zum Pfleger bestimmt.

Der Mutter wird aufgegeben, das Kind pünktlich zu Beginn der genannten Besuchszeiten an eine vom Jugendamt bestimmte Person herauszugeben und F... am Ende der Besuchszeit von dieser wieder entgegenzunehmen. Die Mutter muss dafür Sorge tragen, dass weitere Personen weder bei der Übergabe noch bei Rückgabe anwesend sind.

Dem Vater wird aufgegeben, F... jeweils zu Beginn der genannten Besuchszeiten zu dem von der vom Jugendamt bestimmten Person festgelegten Zeitpunkt und an dem von dieser bestimmten Ort zu übernehmen und F... am Ende der Besuchszeit zu dem von der vom Jugendamt bestimmten Person festgelegten Zeitpunkt an dem von ihr festgelegten Ort an sie zu übergeben.

Die Mutter ist verpflichtet, dem Vater Ablichtungen der jeweiligen Zeugnisse von F..., und zwar innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt zukommen zu lassen. Sie muss ferner den Vater über die Schulwahl oder evtl. Schulwechsel oder Krankenhausaufenthalte und Operationen von F... unterrichten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf 4.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2., geschiedene Eheleute, streiten um den Umgang des Vaters mit dem gemeinsamen Sohn, F... F..., geboren am ... 2000. F... lebt seit der Trennung seiner Eltern im März 2001 im Haushalt der Mutter.

Im Rahmen einer ersten gerichtlichen Auseinandersetzung der Eltern vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (140 F 14862/01) über die elterliche Sorge und den Umgang des Vaters mit dem Kind holte das Kammergericht das Gutachten des Dipl.-Psych. G... H... vom 20.4.2005, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, ein. Im Verhandlungstermin vor dem Kammergericht vom 23.6.2005 erklärte der Vater seine Zustimmung zur Übertragung der elterlichen Sorge für F... auf die Mutter. Die Eltern schlossen ferner eine Vereinbarung, wonach vom 25.6.2005 an Umgang in näher bestimmten Abständen jeweils am Sonnabend bzw. Sonntag von 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr, am 2. Weihnachtsfeiertag und schließlich vom Wochenende des 14./15.1.2006 an alle drei Wochen von Sonnabend 10:00 Uhr bis Sonntag 17:00 Uhr stattfinden sollte, legten Ersatztermine fest und trafen eine Regelung für die Sommerferien. Das Kammergericht übertrug durch Beschluss vom 23.6.2005 die elterliche Sorge für F... auf die Mutter und genehmigte durch Beschluss vom 2.2.2006 die Umgangsvereinbarung

Nachdem Besuche weit überwiegend nicht zustande gekommen waren, hat der Vater im September 2005 das vorliegende Umgangsverfahren eingeleitet und die Einsetzung eines Umgangspflegers beantragt. Die Mutter ist dem entgegengetreten und hat ihrerseits eine Abänderung der bestehenden Umgangsvereinbarung dahin verlangt, dass die Regelung von Übernachtungen und Ersatzterminen entfalle.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Entscheidungsbefugnis im Hinblick auf den Umgang von F... mit seinem Vater und das Aufenthaltsbestimmungsrecht betreffend das Kind auf das Jugendamt des Landkreises ... übertragen und gleichzeitig "zur Ausgestaltung und Durchführung von Umgangskontakten zwischen dem Vater und dem Kind" Herrn P... T... zum Umgangspfleger eingesetzt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde.

Sie weist im Wesentlichen darauf hin, dass F... den Umgang ablehne und beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 9.5.2006 aufzuheben und die Anträge des Antragstellers abzuweisen und darüber hinaus den Umgang des Antragstellers mit F... für die Dauer von einem Jahr auszuschließen, hilfsweise,

die Vereinbarung vom 23.6.2005 dahin abzuändern, dass dem Antragsteller kein Umgangsrecht mit Übernachtung zustehe und die Regelung der Ersatztage für ausgefallene Umgangstermine gestrichen werde.

Der Antragsteller beantragt,

sämtliche Anträge der Antragsgegnerin aus der Beschwerdebegründung zurückzuweisen sowie der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen und auf ihn, den Vater, alternativ auf das Jugendamt zu übertragen.

Er meint, dass die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf das Jugendamt oder einen Umgangspfleger die einzige Möglichkeit sei, um den Umgang zu gewährleisten.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten zu 1. und 2. wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat die Eltern, F..., die Verfahrenspflegerin und Vertreterinnen des Jugendamts ... persönlich angehört sowie die Zeugen T... und D... vernommen. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk vom 19.10.2006 Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 621 e ZPO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist teilweise begründet und führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Umgang des Vaters mit dem Kind F... ist allerdings nicht auszusetzen. Jedoch ist die durch Beschluss des Kammergerichts genehmigte Umgangsvereinbarung der Eltern der durch Zeitablauf geänderten Situation anzupassen, was, da keine Bindung des Senats an Anträge der Eltern besteht und auch eine Verschlechterung zulasten des Beschwerdeführers zulässig ist (vgl. Johannsen/ Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 4. Aufl., § 621 e, Rz. 18 a, 20), möglich ist. Dabei sind, wie bisher, Ersatztermine zu regeln, ebenso Übernachtungen des Kindes beim Vater, lediglich die Ferienregelung entfällt. In teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses ist eine Umgangspflegschaft anzuordnen verbunden mit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf das Jugendamt als Pfleger.

Die Voraussetzungen für eine - dauerhafte oder auch nur befristete - Ausschließung des Umgangsrechts des Vaters mit dem Kind F... liegen nicht vor. Gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB kann das Umgangsrecht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, soweit dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Soll dies für längere Zeit geschehen, muss andernfalls das Kindeswohl gefährdet sein, § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB. Geboten ist - unter Berücksichtigung des aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG fließenden Elternrechts und im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen am Maßstab des Kindeswohls (vgl. BVerfG, FamRZ 2006, 605 f; FamRZ 1993, 662; BGH, NJW 1994, 312 f). Dabei ist davon auszugehen, dass der Umgang mit beiden Elternteilen in der Regel zum Wohl des Kindes gehört, § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB. Eine Kindeswohlgefährdung im Sinne von § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB kann nur angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine konkrete Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes vorliegt (vgl. BVerfG, FamRZ 1983, 872 ff., 873 f; OLG Koblenz, OLGR 2005, 908 ff.; OLG Köln, FamRZ 2003, 952 f). Der Wille des betroffenen Kindes allein vermag die besonders einschneidende Maßnahme der Ausschließung des Umgangsrechts regelmäßig nicht zu rechtfertigen (vgl. OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Hamm, FamRZ 2003, 951 f).

Danach liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Umgangs des Vaters mit F... nicht vor. Das Wohl des Kindes wird durch den Umgang nicht gefährdet. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Psych. G... H... vom 20.4.2005, denen sich der Senat anschließt. Die diesem Gutachten zugrunde liegende Situation ist bis heute nicht entscheidend verändert, sodass diese Beurteilung weiterhin gültig ist. Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens bedarf es nicht.

Der Sachverständige hat bei seiner Begutachtung für eine Gefährdung des Wohls des Kindes durch Besuche beim Vater keine Anhaltspunkte gefunden. Nach der Beurteilung des Sachverständigen beruhen die Schwierigkeiten bei Durchführung des Umgang vorrangig auf der Ablehnung des Umgangs durch die Mutter, der die Fähigkeit und Bereitschaft fehle, die Entwicklung einer tragfähigen und zugewandten Beziehung zwischen Vater und Sohn zuzulassen. Die Mutter habe, so der Sachverständige, F... vermittelt, der Vater sei "böse" und stelle eine "Be-drohung" für ihre, der Mutter, Familie dar, weshalb F... ihre Aufforderung, den Vater zu besuchen, als Widerspruch habe verstehen müssen. Mit dieser Situation sei F..., wie der Sachverständige ausführt, emotional überfordert, weil er seine Mutter und seine Großeltern über alles liebe und mit ihnen möglichst konform sein wolle. F... könne ohne das Einverständnis seiner Mutter den Vater nicht besuchen und gerate daher bei Durchführung des Umgangs in einen Loyalitätskonflikt, der nach Ansicht des Sachverständigen zu Ablehnung, psychosomatischen Reaktionen und Verhaltensauffälligkeiten geführt habe, wie sie von der Mutter geschildert worden seien. Diesem Loyalitätskonflikt hat der Sachverständige aber ein geringeres Gewicht beigemessen als der Gefahr, dass F... bei einem Kontaktabbruch ein stark negatives Vaterbild verinnerlicht und den väterlichen Anteil an seiner Persönlichkeit und Identität verleugnet. Der Sachverständige hat nach alledem regelmäßigen Umgang empfohlen.

Diese Ausführungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar, in sich schlüssig und überzeugend. Die dargestellte Situation hat sich, wie der Anhörungstermin vom 19.10.2006 ergeben und wie auch das Jugendamt ausgeführt hat, bis heute nicht maßgeblich geändert. So hat die Mutter bei ihrer Anhörung durch den Senat erneut ihr Interesse am Umgang zwischen Vater und Sohn und an einer tragfähigen Beziehung zwischen beiden bekundet. Sie hat aber zugleich schriftsätzlich erklärt, sie springe über ihren Schatten, wenn sie das Kind zum Vater bringe; dem Jugendamt gegenüber hat sie angegeben, sie werde dem Vater das Kind nicht "auf einem Silbertablett präsentieren". Diese Angaben bestätigen die Beurteilung des Sachverständigen, dass nämlich die Mutter den Umgang nur verbal befürwortet, ihn inwendig aber ablehnt. Dass sich dies, wie vom Sachverständigen dargestellt, auf F... auswirkt, ist offenbar. Diese Situation mag sich durch Zeitablauf und dadurch, dass seit etlichen Monaten kein Umgang mehr stattgefunden hat, weiter verfestigt haben. Insoweit ist aber auch zu berücksichtigen, wie die beteiligten Eltern übereinstimmend berichtet haben, dass es schon früher längere Phasen ohne persönlichen Kontakt gegeben hat, Besuche haben vielmehr nur über einen kurzen Zeitraum einigermaßen regelmäßig stattgefunden.

Die Haltung des Kindes zu seinem Vater ist im Wesentlichen ebenfalls unverändert. Schon bei Erstellung seines Gutachtens hat der Sachverständige von massiver Ablehnung des Kindes berichtet, das sich verbal gegen jedes Zusammensein mit dem Vater gewendet, in entsprechender Entfernung von der Mutter jedoch keine Ablehnung mehr gezeigt und im Beisein des Vaters dann spontan und lebhaft agiert habe. Ebenso haben das Jugendamt und die Verfahrenspflegerin von verbaler Ablehnung berichtet. F... selbst hat sich bei seiner Anhörung durch den Senat auch entsprechend geäußert. Allerdings legen seine weiteren Äußerungen, er wolle den Vater nicht besuchen, dieser wolle ihn dazu zwingen, seine Wohnung sei dreckig, nahe, dass F... die negative Einstellung Dritter wiedergegeben hat. Jedenfalls sind Besuche, soweit sie dann doch stattgefunden haben, stets positiv verlaufen. Nicht nur der Vater selbst, sondern auch die Zeugin D..., die Partnerin des Vaters, haben von fröhlichen und harmonischen Besuchstagen berichtet, die Stimmung sei gut gewesen, F... habe die Zeit sichtbar genossen, gespielt und getobt. Probleme im Umgang miteinander habe es nicht gegeben, F... sei ohne größere Vorbehalte auf sie, die Zeugin, zugegangen.

Den Schilderungen der Mutter lässt sich ebenfalls keine wesentliche Veränderung der Situation entnehmen. Soweit sie sich auf das Schreiben der Kinderärztin Dr. med. I... L... beruft und eine psychologische Behandlung für erforderlich hält, mag sie diese durchführen lassen. Es kann auch ohne weiteres angenommen werden, dass sie F... bei der Verarbeitung seiner Situation unterstützen wird. Eine Veränderung im Vergleich zu der vom Sachverständigen H... vorgefundenen Situation drückt sich dadurch nicht aus. Im Übrigen scheint die Mutter eine psychologische Behandlung nicht für außerordentlich dringend zu erachten. Denn sie hat, wie sie bei ihrer Anhörung durch den Senat eingeräumt hat, eine zunächst aufgenommene nicht weitergeführt und eine andere bis heute nicht aufgenommen.

Somit ist weiterhin davon auszugehen, dass der Umgang mit dem Vater dem Wohl des Kindes dient, es jedenfalls nicht den Ausschluss des Umgangs erfordert. Da die Mutter aber, obwohl sie nach eigenen Angaben bei ihrer Anhörung durch den Senat Umgang befürwortet, bis heute nicht in der Lage ist, dem Vater Umgang mit dem Kind zu ermöglichen bzw. das Kind in selbstverständlicher Weise an den Umgang heranzuführen, ist ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht insoweit zu entziehen und dem Jugendamt als Pfleger zu übertragen.

Gemäß § 1626 Abs. 3 BGB gehört zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. § 1684 BGB betont das Recht des Kindes zum Umgang mit jedem Elternteil und enthält neben dem Recht und der Pflicht jedes Elternteils zum Umgang mit dem Kind das gegen beide Eltern gerichtete Verbot, das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil zu beeinträchtigen. Mit diesen Bestimmungen stellt das Gesetz klar und führt den Eltern besonders vor Augen, dass beim Umgang nicht die Befriedigung von Elterninteressen im Mittelpunkt steht und dass, so wie der Umgang des Kindes mit beiden Eltern als Teil des Kindeswohl dargestellt wird, eine Vereitelung oder Erschwerung des Umgangs zu gerichtlichen Maßnahmen nach § 1666 BGB führen kann (OLG Karlsruhe, JAmt 2002, 135 ff, 137). Zum körperlichen, geistigen und seelischen Wohl eines Kindes i. S. d. § 1666 BGB gehört also auch konfliktfreier Umgang mit beiden Elternteilen. Dementsprechend kann die Beeinträchtigung des so beschriebenen Kindeswohls durch Störung des Umgangs Maßnahmen des § 1666 BGB nicht nur dann nach sich ziehen, wenn die Störung auf bösem Willen oder gar missbräuchlicher Ausübung der elterlichen Sorge beruht, sondern auch dann, wenn ein Elternteil, ohne dass man ihm einen nennenswerten Schuldvorwurf machen könnte, nicht oder noch nicht in der Lage ist, das Kind aus dem Streit der Erwachsenen herauszuhalten und deshalb von ihm erwartet, dass das Kind gegen den anderen Elternteil Partei ergreift.

Der Umgang von F... mit dem Vater war in der Vergangenheit im Wesentlichen nur aufgrund gerichtlicher Anordnungen möglich, die Mutter verfolgte wiederholt das Ziel, den Umgang einzuschränken oder ganz auszusetzen und setzte sich auch nicht für den Umgang aufgrund der von ihr selbst mit dem Vater geschlossenen Vereinbarung vom 23.6.2005 ein, vielmehr erstrebte sie bereits rund fünf Monate später erneut die Aussetzung des Umgangs für die Dauer eines Jahres. Das Wohl von F... ist wegen der dadurch eingetretenen Beeinträchtigung des Umgangs mit dem Vater gefährdet. Dies gilt umso mehr, als F..., der bei Trennung seiner Eltern erst wenige Monate alt war, erstmalig im Alter von etwa 1 1/2 Jahren Kontakt mit dem Vater hatte. Hinzu kommt, dass die Mutter den Umgang nicht fördert und es dem Kind, wie der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend dargestellt hat, nicht gestattet, sich dem Vater emotional zuzuwenden, wodurch sie es einem erheblichen Loyalitätskonflikt aussetzt.

Ihr widersprüchliches Verhalten, innere, für das Kind spürbare Ablehnung der Besuche einerseits und verbale Aufforderung zu den Besuchen andererseits, stellt eine zusätzliche nachhaltige Belastung für das Kind dar. Die Voraussetzungen des § 1666 BGB sind somit erfüllt.

Die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und die Einschaltung eines Pflegers, der den Umgang durchführt und F... bei der Mutter abholt, ist das notwendige und geeignete Mittel, der Gefährdung des Kindeswohls zu begegnen. Wenn eine vom Jugendamt bestimmte Person die jeweilige Übergabe des Kindes selbstständig in die Hand nimmt und der Vater so F... nicht mehr unmittelbar von der Mutter übernehmen muss, kann erwartet werden, dass es zu regelmäßigem Umgang kommt. Denn für die Mutter besteht im Hinblick darauf, dass F... von einer staatlich autorisierten Person in Empfang genommen wird, keine Veranlassung mehr, am weiteren Wohlergehen des Kindes zu zweifeln, zumal die vom Jugendamt zu bestimmende Person schon aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung in der Lage sein wird, mit F... angemessen umzugehen. So wird sich die Mutter an den regelmäßigen Umgang gewöhnen, ggf. muss sie sich bemühen, Hilfe für sich selbst bei entsprechenden Organisationen zu erhalten. F... kann mit der vom Pfleger, dem Jugendamt, bestimmten Person mitgehen, er muss deren Einwirken nachgeben und sich nicht mehr der Mutter gegenüber rechtfertigen, dass er mitgeht. Wenn er sich in gehöriger Entfernung zur Mutter befindet, so ist es jedenfalls in der Vergangenheit gewesen, kann er das Zusammensein mit dem Vater genießen, der sich seinerseits an die Vorgaben des Ergänzungspflegers halten muss. Wenn auf diese Weise die tatsächliche Ausführung des Umgangs den Eltern entzogen ist, kann erwartet werden, dass Besuche zuverlässig stattfinden und F... die Chance erhält, eine stabile Beziehung zu seinem Vater aufzubauen.

Soweit der Vater seinerseits die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich beantragt, kann dem nicht entsprochen werden. Denn zur Durchführung des Umgangs bedarf es gerade, wie dargestellt, einer außen stehenden, neutralen, staatlich autorisierten Person. Nur so besteht die Möglichkeit, dass Umgang zuverlässig durchgeführt wird. Erhielte der Vater insoweit das Aufenthaltsbestimmungsrecht, würde sich die tatsächliche Situation nicht ändern, die Mutter müsste, wie bisher, das Kind dem Vater unmittelbar überlassen, was gerade nicht möglich ist.

Wegen des Umfangs der Besuche kann es im Wesentlichen bei der genehmigten Vereinbarung der Eltern vom 23.6.2005 verbleiben. Es sind jedoch die aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Veränderungen vorzunehmen, § 1696 Abs. 1 BGB. Denn allein wegen des Zeitablaufs ist im Hinblick auf die seinerzeit konkret bezeichneten Termine die Anfangsphase der Besuche neu zu regeln. Da sich gezeigt hat, dass Besuche wiederholt ausgefallen sind, ist zur Sicherung einer insbesondere für das Kind notwendigen Regelmäßigkeit jeweils ein Ersatztermin festzulegen. Gründe, die einer solchen Regelung entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.

Das Gleiche gilt für die Übernachtungsregelung, die allerdings erst einsetzt, nachdem etwa sechs Monate lang regelmäßiger Umgang stattgefunden hat. Wenn F... mit seinem Vater über den genannten Zeitraum immer wieder zusammen war, bestehen keine Bedenken, dass er beim Vater übernachtet, zumal F... dann bereits etwa 6 1/2 Jahre alt sein wird.

Allerdings kann derzeit eine Ferienregelung noch nicht getroffen werden. Nachdem der Umgang erst wieder in Gang kommen muss und vor Ablauf eines halben Jahres eine Übernachtung des Kindes beim Vater nicht angezeigt ist, erscheint es nicht absehbar, wann und in welchem Umfang die Aufnahme einer Ferienregelung in Betracht kommt. Im Übrigen war diejenige der Vereinbarung vom 23.6.2005 ohnehin nicht vollzugsfähig, da es schon an der konkreten Bestimmung des Zeitpunktes der Übergabe des Kindes zu Beginn des Ferienzeitraumes und des Zeitpunktes der Rückgabe am Ende des Ferienzeitraumes fehlte (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, § 4, Rz. 92 und FamVerf/Gutjahr, § 4, Rz. 105).

Die Verpflichtung der Mutter zur Vorlage von Zeugniskopien und Information über die Schulwahl bzw. einen evtl. Schulwechsel sowie Krankenhausaufenthalte und Operationen besteht, wie in der Vereinbarung vom 23.6.2005 festgelegt, weiter. Eine Abänderung insoweit haben die Eltern nicht angesprochen, Gründe hierfür sind auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.

Ende der Entscheidung

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