Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.11.2007
Aktenzeichen: 10 UF 137/07
Rechtsgebiete: Regelbetrag-VO, ZPO, BGB


Vorschriften:

Regelbetrag-VO § 2
ZPO § 540 Abs. 1
BGB § 1601
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
BGB § 1612 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

10 UF 137/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 27.11.2007

verkündet am 27.11.2007

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 29. Juni 2007 unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen ihres gesetzlichen Vertreters einen monatlichen Kindesunterhalt zu zahlen in Höhe von

- 296 € vom 1. April 2006 bis zum 30. Juni 2007,

- 292 € vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008 und

- 138,2 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe gemäß § 2 Regelbetrag-VO unter Abzug des hälftigen Kindergeldes von monatlich 77 €.

Der rückständige Unterhalt ist sofort und der laufende Unterhalt jeweils monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Monats zahlbar.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zu 97 % und der Klägerin zu 3 % zur Last.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Beklagten zu 79 % und der Klägerin zu 21 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die in 3/1990 geborene Klägerin verlangt von der Beklagten, ihrer Mutter, die Zahlung von Kindesunterhalt ab 4/2006.

Die Klägerin lebt seit Ende 2/2006 im Haushalt des Vaters. Sie besucht die Schule. Die Beklagte ist im Schuldienst tätig.

Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin ab 4/2006 einen Kindesunterhalt in Höhe von 146 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe gemäß § 2 der Regelbetrag-VO abzüglich des hälftigen Kindergeldes, derzeit monatlich 316 €, zu zahlen.

Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie insbesondere geltend, das Amtsgericht habe ihre Leistungsfähigkeit unzutreffend beurteilt. Es habe zu hohe Einkünfte zu Grunde gelegt und die geltend gemachten Abzüge, insbesondere eine Lebensversicherung zu Gunsten der Tochter selbst, zu Unrecht unberücksichtigt gelassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Berufung.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in geringem Umfang Erfolg. Die aus § 1601 BGB folgende Unterhaltspflicht der Beklagten gegenüber ihrer minderjährigen Tochter besteht nur in dem aus dem Urteilstenor im Einzelnen ersichtlichen Umfang.

1.

Die Einkommensverhältnisse der Beklagten im Unterhaltszeitraum sind wie folgt zu beurteilen:

2006

Auf der Grundlage der vorgelegten Bezügemitteilungen und des unstreitigen Parteivortrags ist von folgendem unterhaltsrelevanten Einkommen der Beklagten auszugehen:

a)

 Jahresbrutto27.326,36 €
Lohnsteuer- 3.851,00 €
Solidaritätszuschlag- 166,65 €
Jahresnetto23.308,71 €
Monatsnetto1.942,39 €
Nettobetrag der vermögenswirksamen Arbeitgeberleistung- 4,17 €
KV-/PV-Beitrag- 261,47 €
 1.676,75 €
5 % berufsbedingte Aufwendungen- 83,84 €
Zwischensumme1.592,91 €
Beiträge zur zusätzlichen Altersvorsorge 
- V... Bund- 58,31 €
- G... Lebensversicherung- 29,90 €
rund1.505,00 €.

b)

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Beklagten ein angemessener Betrag von bis zu 4 % ihres jeweiligen Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres für eine - über die primäre Altersversorgung hinaus betriebene - zusätzliche Altersversorgung zuzubilligen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2005, 1817/1821). Die 4 %-Grenze liegt, bezogen auf das Jahresbruttoeinkommen 2005 bei (29.617,48 € x 4 % : 12 =) rund 99 € monatlich. Die beiden in Rede stehenden Versicherungsbeiträge der Beklagten erreichen diesen Betrag nicht.

c)

Weitere Abzüge sind vom Einkommen der Beklagten nicht in Ansatz zu bringen.

aa)

Die von der Beklagten geltend gemachten Abzugspositionen

- Miete,

- Kfz-Versicherung,

- Sonnenstudiobeitrag,

- Stromzahlung,

- Handykosten,

- Telefonkosten

sind nicht gesondert abzugsfähig. Die Beklagte muss diese Aufwendungen aus dem ihr zuzubilligenden notwendigen Selbstbehalt aufbringen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine erhöhte Miete unterhaltsrechtlich nicht als notwendig anzuerkennen. Die Beklagte hätte nach dem Wechsel der Klägerin zum Vater in 2/2006 in eine kleinere und preiswertere Wohnung umziehen können.

bb)

Der von der Beklagten geltend gemachte Pkw-Kredit aus der zweiten Jahreshälfte 2006 ist ebenfalls außer Betracht zu lassen. Diesen nicht als notwendig nachgewiesenen Kredit durfte die Beklagte nach dem in 2/2006 erfolgten Umzug der Tochter zum Vater im Hinblick auf die sie treffende verschärfte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht aufnehmen.

cc)

Die vorgetragene Darlehensvereinbarung H... B... aus 6/2002 wäre bei rechtzeitiger Zahlung der vereinbarten Monatsraten durch die Beklagte bei Beginn des streitbefangenen Unterhaltszeitraums bereits vollständig getilgt gewesen. Die Beklagte kann deshalb dieses Darlehen ihrer Tochter unterhaltsrechtlich nicht entgegenhalten.

2007

Das für das Kalenderjahr 2006 vorstehend festgestellt unterhaltsrelevante Monatseinkommen der Beklagten von 1.505 € ist für die Zeit ab 1/2007 fortzuschreiben. Wie sich aus einem Vergleich der vorgelegten Bezügemitteilung 9/2006 einerseits und 8/2007 andererseits ergibt, sind keine nennenswerten Einkommensveränderungen im Kalenderjahr 2007 zu erwarten. Zusätzliche Abzugspositionen sind nicht anzusetzen.

Die in 2007 vorgenommenen Kindergeldverrechnungen ändern an dieser Beurteilung nichts. Das Kindergeld wurde bei der Berechnung des Einkommens der Beklagten vom Senat (immer) unberücksichtigt gelassen. Zahlungen und Rückzahlung in diesem Zusammenhang sind daher im Ergebnis einkommensneutral.

2.

Das für die Jahre 2006 und 2007 festgestellte unterhaltsrelevante Einkommen der Beklagten von 1.505 € im Monatsdurchschnitt ist in die 3. Einkommensgruppe der jeweils geltenden Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Stand 1.7.2005 bzw. 1.7.2007) einzuordnen. Unter zweimaliger Höherstufung wegen unterdurchschnittlicher Unterhaltslast ist der Kindesunterhalt für die Klägerin jeweils der 5. Einkommensgruppe/3. Altersstufe zu entnehmen. Der Bedarfskontrollbetrag bleibt dabei gewahrt. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin beträgt folglich

- monatlich 373 € von 4/2006 bis 6/2007 und

- monatlich 369 € ab 7/2007; das entspricht 138,2 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe gemäß § 2 Regelbetrag-VO. Die beantragte Ausurteilung eines dynamisierten Unterhalts für die Zukunft kann die Klägerin gemäß § 1612 a BGB verlangen.

Nach Abzug des hälftigen Kindergeldes verbleibt gegenwärtig ein von der Beklagten zu leistender Zahlbetrag von monatlich

- 296 € bis 6/2007 und

- 292 € ab 7/2007.

Das Amtsgericht hat der Klägerin einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 316 € bzw. 146 % des Regelbetrages nach § 2 Regelbetrag-VO zuerkannt. Danach ist das angefochtene Urteil, soweit zum Nachteil der Beklagten über den der Klägerin zustehenden Unterhalt entschieden wurde, entsprechend abzuändern.

Zahlungen, die im Rahmen dieser Entscheidung anzurechnen wären, hat die Beklagte seit Beginn des Anspruchszeitraums nach ihren eigenen Angaben im Senatstermin nicht geleistet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück