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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 04.03.2008
Aktenzeichen: 10 UF 139/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, LFZG, SGB II


Vorschriften:

ZPO § 287
ZPO § 528
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BGB § 1361
BGB § 1613 Abs. 1
LFZG § 1
LFZG § 3
SGB II § 33 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

10 UF 139/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 4. März 2008

Verkündet am 4. März 2008

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 15. Juni 2007 teilweise abgeändert. Das Versäumnisurteil desselben Gerichts vom 15. März 2007 wird für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. Juli 2007 teilweise abgeändert und für diesen Unterhaltszeitraum wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich

- 186 € für Oktober 2006,

- 350 € für November und Dezember 2006,

- 186 € für Januar bis April 2007 und

- 266,57 € für Mai bis Juli 2007

zu zahlen.

Der Unterhalt für Februar 2007 ist in Höhe von 118 € und die Unterhaltsbeträge für die Monate März bis Juli 2007 sind in voller Höhe an den Landkreis O... - Amt für Grundsicherung und Beschäftigung - zu leisten. Im Übrigen sind die Unterhaltsbeträge an den Kläger selbst zahlbar.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Das weitergehende Versäumnisurteil betreffend den Unterhaltszeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. Juli 2007 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden der Beklagten zu 52 % und dem Kläger zu 48 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zu 84 % und der Beklagten zu 16 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zum 14.12.2007 auf 3.485,57 € für die Zeit danach auf 3.285,57 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für den begrenzten Anspruchszeitraum von 10/2006 bis einschließlich 7/2007.

Der im Jahr 1961 geborene Kläger und die im Jahr 1964 geborene Beklagte haben 1984 geheiratet und sich in 7/2006 getrennt. Am 1.10.2006 ist der Kläger aus der früheren Ehewohnung ausgezogen.

Der Kläger hat den Beruf des Zimmerers erlernt. Er war bis 9/2006 und ist nach einer zwischenzeitlichen viermonatigen Erwerbstätigkeit seit 2/2007 im Wesentlichen ohne Arbeit. Die Beklagte arbeitet bei der Post.

Das Amtsgericht hat zunächst durch Versäumnisurteil vom 15.3.2007 dem Klageantrag vollumfänglich stattgegeben. Auf den von der Beklagten dagegen eingelegten Einspruch hin hat es unter teilweiser Klageabweisung die Beklagte dem Inhalt nach ab 10/2006 zur Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 436 € abzüglich gezahlter Beträge verurteilt mit der Maßgabe, dass die Beklagte teilweise an das Amt für Grundsicherung zu leisten hat.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, der bis zum Ablauf des ersten Trennungsjahres einen höheren Unterhalt fordert. Zur Begründung verweist er darauf, das Amtsgericht habe das Einkommen der Beklagten falsch ermittelt und ihm zu Unrecht fiktive Arbeitseinkünfte zugerechnet.

Unter Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen der Beklagten und nach teilweiser Rücknahme seiner Berufung beantragt der Kläger,

unter Abänderung des am 15.6.2007 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt - 3 F 127/06 - die Beklagte zu verurteilen, an ihn folgenden monatlichen Trennungsunterhalt zu zahlen:

 für Oktober 2006365,57 €
für November 2006429,00 €
für Dezember 2006382,00 €
für Januar 2007269,00 €
für Februar 2007650,00 €
hier von 118 € zu Händen des Sozialhilfeträgers 
für März 2007650,00 €
hiervon 338 € zu Händen des Sozialhilfeträgers 
für April 2007650,00 €
hiervon 338 € zu Händen des Sozialhilfeträgers 
für Mai 2007650,00 €
hiervon 338 € zu Händen des Sozialhilfeträgers 
für Juni 2007550,00 €
hiervon 338 € zu Händen des Sozialhilfeträgers 
für Juli 2007550,00 €
hiervon 338 € zu Händen des Sozialhilfeträgers.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist auch nach der erfolgten teilweisen Rücknahme seines Rechtsmittels nur zu einem geringen Teil begründet. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts ist für den in der Berufungsinstanz nur noch streitbefangenen Unterhaltszeitraum von 10/2006 bis einschließlich 7/2007 in dem Umfang aufrecht zu erhalten, wie er sich aus dem Tenor dieses Urteils ergibt.

Für die rechtliche Beurteilung des Trennungsunterhaltsbegehrens des Klägers gemäß § 1361 BGB ist nach Zeitabschnitten zu differenzieren:

1. Unterhaltszeitraum von 10 bis 12/2006

Das Berufungsbegehren des Klägers hat nur für die Monate 11 und 12/2006 und insoweit auch lediglich teilweise Erfolg.

a)

In dieser Zeit verfügte der Kläger im Monatsdurchschnitt über ein bereinigtes Einkommen aus Arbeit in Höhe von rund 594 €. Die Beklagte erzielte ein solches in Höhe von rund 1.849 €. Einkommenserhöhend zu berücksichtigen ist der eheprägende Wohnvorteil der Beklagten. Diesen hat der Senat gemäß § 287 ZPO auf 255 € monatlich geschätzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den PKH-Beschluss des Senats vom 4.2.2008 Bezug genommen.

b)

Hiervon ausgehend beläuft sich der eheangemessene Unterhaltsbedarf des Klägers rechnerisch auf

(1.849 € - 594 €) x 3/7 = 537,86 €

255 € x 1/2 = + 127,50 €

insgesamt 665,36 €

Wie in dem Beschluss des Senats ausgeführt, liegen die gemäß § 1613 Abs. 1 BGB erforderlichen Voraussetzungen eines Verzugs der Beklagten demgegenüber nur in Höhe von

- 320 € für 10/2006 und

- 600 € monatlich für 11 und 12/2006

vor. Auch insoweit wird auf den PKH-Beschluss verwiesen.

§ 528 ZPO verbietet, das angefochtene Urteil zum Nachteil des Berufungsführers - hier des Klägers - abzuändern. Daher bleibt es für 10/2006 bei dem vom Amtsgericht zuerkannten Trennungsunterhalt von 436 €.

Der Kläger kann folglich einen monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von

- 436 € für 10/2006 sowie

- 600 € für 11 und 12/2006 verlangen.

Hierauf hat die Beklagte unstreitig monatlich 250 € geleistet. Nach Abzug dieser Beträge verbleibt eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich

- 186 € für 10/2006 sowie

- 350 € für 11 und 12/2006.

Unstreitig sind diese Beträge an den Kläger selbst zu leisten. Zwar hat der Kläger in den Monaten 11 und 12/2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen. Er hat diese jedoch auf die Aufforderung des Leistungsträgers hin Anfang 2/2007 in voller Höhe zurückgezahlt.

2. Unterhaltszeitraum von 1 bis 4/2007

Insoweit ist das Rechtsmittel des Klägers nicht begründet.

a)

Im Kalenderjahr 2007 war die Beklagte lang andauernd arbeitsunfähig krank. Vom 30.5. bis zum 14.11.2007 hat sie Krankengeld erhalten. Vorher hatte sie für sechs Wochen Lohnfortzahlung gemäß §§ 1, 3 LFZG bezogen. Die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten infolge Erkrankung setzte danach im Laufe der Monats 4/2006 ein. Da die Beklagte in diesem Monat aber auch noch in beachtlichem Umfang gearbeitet hat, hält es der Senat für sachgerecht, für die Unterhaltsbemessung in den Monaten 1 bis 4/2007 auf die Gesamteinkünfte der Beklagten in dieser Zeit abzustellen.

Anhand der Bezügemitteilung 4/2007 errechnet sich bei im Übrigen gleicher Berechnungsweise wie im PKH-Beschluss des Senats ein bereinigtes Erwerbseinkommen der Beklagten für den Zeitraum 1 bis 4/2007 in Höhe von rund 1.484 € im Monatsdurchschnitt. Einkommenserhöhend zu berücksichtigen ist der Wohnvorteil von monatlich 255 €.

b)

Nach nochmaliger Überprüfung und Würdigung der Sach- und Rechtslage hält der Senat auch für das Hauptsacheverfahren an der fiktiven Einkommenszurechnung während des ersten Trennungsjahres der Parteien fest. Auf Seiten des Klägers ist daher das von ihm in 1/2007 tatsächlich erzielte Einkommen aus einer vollschichtigen Arbeit in Höhe von bereinigt 897 € für die streitbefangenen Monate 2 bis 7/2007 fortzuschreiben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch in diesem Zusammenhang auf den PKH-Beschluss des Senats verwiesen.

c)

Von diesen Einkünften beider Parteien ausgehend beläuft sich der eheangemessene Unterhaltsbedarf des Klägers rechnerisch auf

(1.484 € - 897 €) x 3/7 = 251,57 €

255 € x 1/2 = + 127,50 €

insgesamt 379,07 €.

Dem Kläger als Rechtsmittelführer kommt auch hier das Verschlechterungsverbot des § 528 ZPO zugute. Es bleibt daher für die Zeit von 1 bis 4/2007 bei dem vom Amtsgericht zuerkannten höheren Trennungsunterhalt von monatlich 436 €. In Abzug zu bringen sind die monatlichen Zahlungen der Beklagten von 250 €. Es verbleibt ein Unterhaltsanspruch des Klägers in Höhe von 186 € monatlich.

Dem Kläger sind ab 2/2007 Grundsicherungsleistungen gewährt worden, und zwar in Höhe von 118 € in 2/2007 und monatlich 338 € ab 3/2007. Wegen des gesetzlichen Forderungsübergangs gemäß § 33 Abs. 1 SGB II hat die Beklagte - wie vom Kläger beantragt - den noch geschuldeten Trennungsunterhalt für 2/2007 teilweise sowie für 3 und 4/2007 in voller Höhe an den Leistungsträger zu zahlen.

3. Unterhaltszeitraum von 5 bis 7/2007

Die Berufung des Klägers hat für diese Zeit einen geringen Teilerfolg.

a)

Das unterhaltsrelevante Einkommen der Beklagten während der weiteren Zeit ihrer Krankschreibung beläuft sich von 5 bis Mitte 11/2007 auf insgesamt 1.802 € im Monatsdurchschnitt. Es setzt sich aus den von der Beklagten belegten Krankengeld- und Lohnfortzahlungen zusammen. Hinzuzurechnen ist der Wohnvorteil sowie die monatsanteilige Steuererstattung aus 2007. Berufsbedingte Aufwendungen entfallen in der langen Zeit der Erkrankung der Beklagten. Abzusetzen ist daher nur der unstreitige PKW-Kredit.

Der Unterhaltsberechnung in dem streitbefangenen Anspruchszeitraum von 5 bis 7/2007 liegt kein Arbeitseinkommen der Beklagten zugrunde. Die Beklagte kann daher den so genannten Erwerbstätigenbonus nicht für sich in Anspruch nehmen. Dieser Vorteil kommt aufgrund der Zurechnung fiktiver Einkünfte in Höhe von bereinigt 897 € monatlich nur dem Kläger zugute. Im Übrigen gilt der Halbteilungsgrundsatz.

b)

Unter Zugrundelegung dieser Einkünfte beider Parteien beläuft sich der eheangemessene Unterhaltsbedarf des Klägers auf (1.802 € - 6/7 x 897 €) x 1/2 = 516,57 €.

Hierauf hat die Beklagte bereits monatlich 250 € gezahlt. Der Kläger kann daher noch einen Trennungsunterhalt in Höhe von jeweils 266,57 € für die Monate 5 bis 7/2007 verlangen.

Der Kläger hat auch in dieser Zeit Grundsicherungsleistungen in einer darüber hinausgehenden Höhe bezogen. Im Hinblick auf den gesetzlichen Forderungsübergang gemäß § 33 Abs. 1 SGB II hat die Zahlung der von der Beklagten geschuldeten Unterhaltsbeträge deshalb antragsgemäß an den Leistungsträger zu erfolgen.

Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen waren die angefochtene Entscheidung sowie das Versäumnisurteil des Amtsgerichts für den Unterhaltszeitraum 10/2007 bis 7/2008 teilweise abzuändern. Im Übrigen dient die vom Senat vorgenommene Neufassung des Tenors des Versäumnisurteils lediglich der Klarstellung.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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