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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: 10 UF 183/07
Rechtsgebiete: FGG, BGB, KostO


Vorschriften:

FGG § 13 a Abs. 1 Satz 1
FGG § 19 Abs. 1
BGB § 1626 Abs. 3 Satz 1
BGB § 1666 Abs. 3
KostO § 131 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 183/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend den Umgang mit dem Minderjährigen

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 10. August 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

am 11. Oktober 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat die Einholung eines Gutachtens eines psychologischen Sachverständigen zur Frage des Umgangs des Vaters mit dem Sohn W... der Beteiligten zu 1. und 2. und des von der Mutter begehrten Ausschlusses des Umgangs beschlossen. Nach Hinweis der Sachverständigen darauf, dass für die ihr übertragene Beurteilung auch eine Glaubhaftigkeitsprüfung der Aussage von W... zum Vorwurf eines sexuellen Übergriffs erforderlich sei, hat das Amtsgericht die Einholung eines weiteren Gutachtens zu dieser Frage beschlossen und mit der Erstellung dieses Gutachtens einen weiteren psychologischen Sachverständigen betraut. Nachdem die Mutter ihre Zustimmung zur Einholung beider Gutachten versagt hatte, hat das Amtsgericht nach der Anhörung vom 6.7.2007 durch Beschluss vom 10.8.2007 die Zustimmung der Mutter zur psychologischen Begutachtung des Sohnes W... ersetzt und begleitende Maßnahmen angeordnet.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Mutter mit ihrer Beschwerde. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass dem Beschluss des Amtsgerichts nicht entnommen werden könne, dass das Kindeswohl gefährdet sei. Hinzu komme, dass der Vater stets betont habe, er wünsche keinen Umgang gegen den Willen des Sohnes, sodass es keiner umfangreichen Kindeswohlprüfung bedürfe, sondern lediglich der Beantwortung der Frage, ob der geäußerte Wille des Sohnes, keinen Kontakt mit dem Vater haben zu wollen, seinem tatsächlichen Willen entspreche.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 19 Abs. 1 FGG zulässig. Zwar handelt es sich bei dem Beschluss vom 10.8.2007 um eine Zwischenentscheidung, durch die die Einholung der angeordneten Sachverständigengutachten ermöglicht werden soll. Dadurch wird aber unmittelbar in die Rechtssphäre der Beteiligten zu 1. eingegriffen, sodass die Zulässigkeit zu bejahen ist (vgl. dazu Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19, Rz. 9). Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Amtsgericht hat die verweigerte Zustimmung der Mutter zur Einholung der Sachverständigengutachten zu Recht ersetzt, § 1666 Abs. 3 BGB.

Diese Vorschrift gibt dem Familiengericht die Befugnis, zur Abwehr einer Gefährdung des Kindeswohls notwendige Erklärungen der Eltern zu ersetzen, etwa in ärztliche Heileingriffe oder Untersuchungen einzuwilligen (vgl. Johannsen/Henrich/Büte, Eherecht, 4. Aufl., § 1666, Rz. 69) oder auch der psychologischen Begutachtung des Kindes zuzustimmen (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, 1210; Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1666, Rz. 53). Die Zustimmung zu einer psychologischen Begutachtung kann zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung auch dann erforderlich sein, wenn, wie hier, Umgang zwischen einem Elternteil und dem Kind nicht stattfindet und geklärt werden muss, ob dies ohne hinreichenden Grund geschieht. Denn zum - körperlichen, geistigen und seelischen - Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen, § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB, also auch mit dem Elternteil, mit dem es nicht zusammen lebt. Deshalb kann das Kindeswohl gefährdet sein, wenn Umgang nicht stattfindet, ohne dass hierfür sachliche Gründe vorliegen (vgl. dazu OLG Karlsruhe, a.a.O., OLG Rostock, FamRZ 2006, 1623 ff.; OLG Frankfurt, FF 2000, 176 f).

Da die sachlichen Gründe, die einem Umgang des Vaters mit dem Sohn W... entgegenstehen könnten, durch die vom Amtsgericht angeordnete Einholung von Gutachten psychologischer Sachverständiger geklärt werden sollen und die Antragstellerin ihre Zustimmung zur Begutachtung des Sohnes verweigert, ist ihre Zustimmung zu ersetzen.

Die vom Amtsgericht angeordnete Begutachtung des Sohnes W... ist auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil, wie die Antragstellerin in ihrer Beschwerdeschrift ausführt, der Antragsgegner betont habe, Umgang nicht gegen den Willen des Sohnes ausüben zu wollen. Denn der Antragsgegner hat seinerseits stets klargemacht, dass er grundsätzlich Umgang wünsche und dem etwa entgegenstehende Gründe des Kindeswohls geklärt wissen möchte. Dementsprechend hat er durch Schriftsatz vom 6.7.2007 die vom Amtsgericht nunmehr im angefochtenen Beschluss getroffenen Maßnahmen beantragt und, wie sich dem Vermerk in der Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6.7.2007 entnehmen lässt, erklärt, er werde an der vom Amtsgericht angeordneten Begutachtung mitwirken. Zugleich hat er betont, dass er bis zur Erstellung des Gutachtens gerne Umgang haben würde. Bereits zuvor hat er durch Schriftsatz vom 7.6.2007 seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass das Gutachten zügig erstellt werde, und im Hinblick auf die Weigerung der Antragstellerin durch Schriftsatz vom 25.6.2007 die Verhängung eines Zwangsgeldes gegen sie angeregt.

Der Ersetzung der Zustimmung der Mutter zur Einholung der vom Amtsgericht angeordneten Gutachten steht auch nicht entgegen, dass ein Strafverfahren gegen den Vater eingeleitet worden ist, in dessen Rahmen ebenfalls ein psychologisches Gutachten zur Glaubhaftigkeit der Angaben von W... zu sexuellen Übergriffen erstellt werden soll. Denn, wie die Sachverständige Stock im Termin vom 6.7.2007 ausgeführt hat, handelt es sich gleichwohl um unterschiedliche Begutachtungen, ein im Strafverfahren erstelltes Gutachten könne sie im hier vorliegenden Umgangsverfahren nicht uneingeschränkt verwenden. Insoweit ist auch zu beachten, dass das Kindeswohl durch eine psychologische Begutachtung regelmäßig nicht durchgreifend beeinträchtigt wird (so auch OLG Zweibrücken, FamRZ 1999, 521 f). Jedenfalls kann angenommen werden, dass die psychologischen Sachverständigen in der Lage sind, die Begutachtung in einer dem Kindeswohl gemäßen Art durchzuführen.

Nach alledem hat das Amtsgericht die Zustimmung der Mutter zur Begutachtung des Sohnes W... zu Recht ersetzt. Die weiter angeordneten Maßnahmen (vgl. dazu auch OLG Rostock, FamRZ 2006, 1623 ff.) dienen der Durchführung der psychologischen Begutachtung und sind nicht zu beanstanden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 131 Abs. 3 KostO, § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.

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