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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.12.2006
Aktenzeichen: 10 UF 208/05
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, BGB, VAHRG, VAÜG, SGB IV


Vorschriften:

ZPO § 621 e
ZPO § 629 a Abs. 2
FGG § 53 b Abs. 1
BGB § 1587 a Abs. 3 Nr. 1
BGB § 1587 a Abs. 3 Nr. 2
BGB § 1587 a Abs. 4
BGB § 1587 b
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 5
BGB § 1587 b Abs. 6
VAHRG § 1 Abs. 2
VAHRG § 1 Abs. 3
VAHRG § 3 Abs. 1 Nr. 1
VAHRG § 3 Abs. 1 Nr. 2
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
VAÜG § 4 Abs. 1 Nr. 1
SGB IV § 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 208/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

am 18. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird das Urteil des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 15. September 2005 in seinem Ausspruch über den Versorgungsausgleich abgeändert.

Vom Versicherungskonto Nummer ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See wird auf das Versicherungskonto Nummer ... der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine angleichungsdynamische Anwartschaft von 62,08 € monatlich, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Oktober 2004, übertragen.

Der Monatsbetrag der zu übertragenden Anwartschaft ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Ferner wird von dem Versicherungskonto Nummer ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See auf das Versicherungskonto Nummer ... der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaft von 205,99 € monatlich, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Oktober 2004, übertragen.

Der Monatsbetrag der zu übertragenden Anwartschaft ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß §§ 629 a Abs. 2, 621 e ZPO zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist begründet. Der Versorgungsausgleich ist, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, zu regeln. Der Senat entscheidet ohne die in § 53 b Abs. 1 FGG vorgesehene mündliche Verhandlung. Den Beteiligten ist rechtliches Gehör gewährt worden, der Sachverhalt ist hinreichend aufgeklärt und eine Einigung nicht zu erwarten, sodass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann (vgl. dazu Keidel/Weber, FGG, 15. Aufl., § 53 b, Rz. 5).

Wie sich aus der im Beschwerdeverfahren berichtigten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 31.10.2005 ergibt, hat die Antragstellerin in der Ehezeit vom 1.3.1981 bis zum 31.10.2004 eine angleichungsdynamische Anwartschaft (Ost) von 160,22 € sowie eine nichtangleichungsdynamische Anwartschaft (West) von 4,45 € erworben. Zudem besteht für die Antragstellerin nach Auskunft der DEVK Versicherungen eine Leibrentenversicherung zur Versicherungsnummer .... Nach der am 8.7.2005 beim Amtsgericht eingegangenen Auskunft des Versicherers, bestätigt durch Schreiben vom 3.5.2006, beläuft sich das Deckungskapital, in das auch die Überschussanteile einzubeziehen sind (vgl. Johannsen/ Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 a, Rz. 228), auf 182,62 € (= 179,63 € + 2,99 €).

Die Anwartschaft auf eine Leibrente aus dem privaten Lebensversicherungsvertrag ist statisch und deshalb in eine regeldynamische Anwartschaft umzurechnen, damit sie den Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist. Da die Versicherungsleistungen aus einem Deckungskapital gewährt werden, richtet sich die Umrechnung nach § 1587 a Abs. 3 Nr. 1 BGB. Danach ist die Regelaltersrente zu Grunde zu legen, die sich ergäbe, wenn das gesamte während der Ehezeit gebildete Deckungskapital als Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet würde. Die Umrechnung führt notwendig zu einer nichtangleichungsdynamischen Anwartschaft (West). Denn der Wert der Anwartschaft auf eine Leibrente ändert sich in der Angleichungsphase bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet nicht mehr, sodass die Umrechnung in eine nichtangleichungsdynamische Anwartschaft (West) ihren heute tatsächlich vorhandenen und bleibenden Wert widerspiegelt. Dementsprechend ist die Umrechnung einer Anwartschaft auf eine Leibrente in eine entsprechende angleichungsdynamische Anwartschaft (Ost) im Gesetz, insbesondere im VAÜG, nicht vorgesehen (vgl. dazu Senat, FamRZ 2001, 489).

Die Umrechnung erfolgt, indem das Deckungskapital mithilfe des für das Ehezeitende am 31.10.2004 maßgeblichen Umrechnungsfaktors in Entgeltpunkte umgerechnet wird und die Entgeltpunkte sodann mit dem für das Ehezeitende maßgeblichen Rentenwert (West) multipliziert werden (vgl. zu den Umrechnungsfaktoren Brudermüller/Schürmann, Tabellen zum Familienrecht, 27. Aufl., S. 39, 37). Auf dieser Grundlage ergibt sich folgende Anwartschaft (West):

182,62 € x 0,0001742628 = 0,0318 Entgeltpunkte

0,0318 Entgeltpunkte x 26,13 = 0,83 €.

Bei den weiteren Lebensversicherungen handelt es sich, wie die DEVK am 10.2.2005 mitgeteilt und durch Schreiben vom 3.5.2006 bestätigt hat, um Kapital bildende Lebensversicherungen, die dem Versorgungsausgleich nicht unterliegen (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 1587 a, Rz. 224).

Demgegenüber hat der Antragsgegner nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 4.3.2005, die lt. Schreiben vom 19.9.2006 weiterhin zutrifft, eine angleichungsdynamische Anwartschaft (Ost) von 284,38 € sowie eine nichtangleichungsdynamische Anwartschaft (West) von 394,40 € erworben. Daneben besitzt der Antragsgegner nach der am 10.2.2005 erteilten und durch Schreiben vom 5.10.2006 bestätigten Auskunft der ufba, Unterstützungskasse zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung e.V., eine nicht verfallbare Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung von 1.136,40 € im Jahr. Der Ehezeitanteil, den das Amtsgericht zutreffend ermittelt hat, beträgt 563,17 €. Wie die ufba in ihrer Auskunft angegeben und durch Schreiben vom 3. und 29.11.2006 dargelegt hat, erhöhen sich die Altersrentenleistungen im Leistungsstadium um jährlich 1,45 %, d.h. die Versorgung ist im Leistungsstadium als voll dynamisch anzusehen (vgl. dazu BGH, FamRZ 2004, 1474 ff., 1475). Der Ehezeitanteil der Versorgungsanwartschaft ist somit gemäß § 1587 a Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 BGB mithilfe der Barwertverordnung unter Berücksichtigung von Anmerkung 2 in eine volldynamische Rentenanwartschaft umzurechnen. Da es sich bei der Betriebsrente um eine reine Altersversorgung handelt, ist der Faktor der Tabelle 2 der Barwertverordnung zu entnehmen. Bei einem Lebensalter des am ...1953 geborenen Antragsgegners bei Ehezeitende am 31.10.2004 von 51 Jahren beträgt der Faktor 5,4. Der Jahresbetrag des ehezeitbezogenen Anrechts des Antragsgegners bei der ufba von 563,17 €, multipliziert mit dem Barwertfaktor von 8,91 (= 5,4 + 65 % gemäß Anmerkung 2 der Tabelle 2 zur Barwertverordnung) ergibt einen Barwert von 5.017,84 €.

Dieser Barwert ist fiktiv als Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Die Umrechnung erfolgt wie bereits dargestellt. Es ergibt sich folgende Anwartschaft (West):

5.017,84 € x 0,0001742628 = 0,8744 Entgeltpunkte

0,8744 Entgeltpunkte x 26,13 = 22,85 €.

Somit verfügt der Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin sowohl über eine höhere angleichungsdynamische Anwartschaft als auch höhere nichtangleichungsdynamische Anwartschaften, sodass er ausgleichspflichtig ist. Zunächst sind zu Gunsten der Antragstellerin die Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen. Auf ihr Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund sind somit eine angleichungsdynamische Anwartschaft (Ost) von 62,08 € [= (284,38 € - 160,22 €) : 2] sowie eine nichtangleichungsdynamische Anwartschaft (West) von 194,98 € [= (394,40 € - 4,45 €) : 2] zu übertragen.

Ferner ist das Anrecht auf betriebliche Altersversorgung des Antragsgegners bei der ufba auszugleichen. Da der Versorgungsträger nicht öffentlich-rechtlich organisiert ist und seine Versorgungsregelung eine Realteilung der Versorgungsanrechte im Falle der Ehescheidung nicht vorsieht, kommt nur ein Ausgleich in den Formen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VAHRG in Betracht.

Nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 VAHRG kann das Gericht in Fällen, in denen nach Anwendung von §§ 1587 b, 1 Abs. 2 und 3 VAHRG noch ein unverfallbares, dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegendes Anrecht verbleibt, ein anderes vor oder in der Ehezeit erworbenes Anrecht des Verpflichteten, das seiner Art nach durch Übertragung oder Begründung von Anrechten ausgeglichen werden kann, zum Ausgleich heranziehen. Die Anrechte des Antragsgegners auf betriebliche Altersversorgung können grundsätzlich durch erweitertes Splitting ausgeglichen werden. Denn sie sind nach Auskunft des Versorgungsträgers unverfallbar.

Vor der Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse zwischen den alten und neuen Bundesländern ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 VAÜG ein erweitertes Splitting gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG nur möglich, wenn das auszugleichende und das zum Ausgleich heranzuziehende Anrecht in ihrer Dynamik vergleichbar sind (vgl. OLG Dresden, FamRZ 1999, 1204; Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung, 7. Aufl., § 4 VAÜG, Anm. 2.1, S. 782). Im Hinblick auf die betriebliche Versorgungsanwartschaft bei der ufba von 22,85 € steht daher die nichtangleichungsdynamische Anwartschaft des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung für das erweiterte Splitting zur Verfügung. Insoweit kann nach dem Wortlaut des § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG auch auf die vor der Ehezeit erworbenen Anrechte des ausgleichsverpflichteten Antragsgegners zurückgegriffen werden, die unter die Ausgleichsformen der §§ 1587 b Abs. 1 oder 2 BGB, 1 Abs. 3 VAHRG fallen. Ebenso ist es unschädlich, wenn das erweiterte Splitting das Anrecht des Ausgleichspflichtigen in vollem Umfang aufzehrt (vgl. Maier/Michaelis, a.a.O., § 3 b VAHRG, Anm. 4.1, S. 601).

Danach kann hier die gesamte zum Ende der Ehezeit bestehende nichtangleichungsdynamische Anwartschaft bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See von 417,26 € und nicht nur der auf die Ehezeit entfallende Teil von 394,40 € herangezogen werden. Da bereits in Höhe von 194,98 € nach § 1587 b Abs. 1 BGB das Splitting erfolgt ist, stehen noch 222,28 € (= 417,26 € - 194,98 €) zur Verfügung. Zu Gunsten der Antragstellerin sind noch 11,01 € [= (22,85 € - 0,83 €) : 2] auszugleichen. In Höhe dieses Betrages kann vom Versicherungskonto des Antragsgegners eine nichtangleichungsdynamische Anwartschaft auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin übertragen werden.

Die Vorschrift des § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG steht dieser Art des Ausgleichs nicht entgegen. Denn der im Wege des erweiterten Splittings zu übertragende Betrag von 11,01 € monatlich übersteigt den Betrag von 2 % des auf einen Monat entfallenden Teil der am Ende der Ehezeit maßgeblichen Bezugsgröße, § 18 SGB IV, nicht. Danach wäre eine Übertragung im Umfang von bis zu 48,30 € möglich (vgl. Brudermüller/Schürmann, a.a.O., S. 53). Damit ist auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Gesamtbetrag von 205,99 € (= 194,98 € + 11,01 €) zu übertragen.

Nach §§ 1587 b Abs. 6 BGB, 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG ist anzuordnen, dass der Monatsbetrag der zu übertragenden angleichungsdynamischen Anwartschaft in Entgeltpunkte (Ost), derjenige der nichtangleichungsdynamischen Anwartschaft in Entgeltpunkte (West) umzurechnen ist. Der Höchstbetrag im Sinne von § 1587 b Abs. 5 BGB ist nicht erreicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO.

Ende der Entscheidung

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