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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.08.2006
Aktenzeichen: 10 UF 241/05
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG, LBlindG, VAÜG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1587 ff
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 5
BGB § 1587 c
BGB § 1587 c Nr. 2
BGB § 1587 c Nr. 3
VAHRG § 1 Abs. 2
LBlindG § 1
LBlindG § 4
VAÜG § 3 Abs. 1 Nr. 5
ZPO § 93 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 241/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 24.8.2006

Verkündet am 24.8.2006

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. August 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 10. November 2005 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst.

Von dem Versicherungskonto Nummer ... der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung B...-B... wird eine angleichungsdynamische Rentenanwartschaft von monatlich 69,57 €, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Januar 2004, auf das Versicherungskonto Nummer ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung B...-B... übertragen. Der Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Wegen der Anwartschaft der Antragstellerin aus dem privaten Leibrentenversicherungsvertrag Nummer ... bei der D..., Lebensversicherungsverein a. G., bleibt der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs.

Die im November 1958 geborene Antragstellerin und der im Juni 1954 geborene Antragsgegner haben im Juni 1980 die Ehe geschlossen, aus der eine zwischenzeitlich volljährige Tochter hervorgegangen ist.

Im Oktober 1977 hat die Antragstellerin, die seinerzeit eine Fachschule für Krankenschwestern besuchte, einen Verkehrsunfall erlitten, der zu einer Beendigung ihrer Ausbildung führte. Seither ist die Antragstellerin hochgradig sehbehindert und bezieht Invaliden-/Erwerbsun-fähigkeitsrente. Nach 1977 hat sie praktisch keinen Tag versicherungspflichtig gearbeitet. Zwischen 1978 und 1983 fanden einige Rehabilitationsversuche statt, die nicht zum Erfolg führten. Eine Umschulung auf einen Blindenberuf ist nicht erfolgt.

Im Oktober 2001 kam es zur Trennung der Parteien durch Auszug der Antragstellerin aus der Ehewohnung. Auf den im Februar 2004 zugestellten Scheidungsantrag der Ehefrau hin hat das Amtsgericht im März 2005 die Ehe der Parteien geschieden. Durch den angefochtenen Beschluss aus November 2005 hat das Amtsgericht sodann den aus dem Verbund abgetrennten und den zu Gunsten des Antragsgegners errechneten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich (im Folgenden: VA) nach § 1587 c BGB ausgeschlossen und den Ausgleich im Übrigen dem schuldrechtlichen VA vorbehalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Durchführung des VA sei wegen grober Unbilligkeit auszuschließen. Der ausgleichsberechtigte Antragsgegner verfüge bereits über eine ausreichende eigene Versorgung und die ausgleichspflichtige Antragstellerin sei nicht mehr in der Lage, den Verlust ihrer Anwartschaften in Zukunft auszugleichen, da sie schwerbehindert sei und kaum noch sehen könne. Außerdem habe der Antragsgegner eine zusätzliche Alterssicherung in Form einer privaten Lebensversicherung nach der Trennung vorzeitig aufgelöst. Seine Behauptung, auf Grund langer Arbeitslosigkeit keine Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt zu haben, sei spekulativ.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, die Voraussetzungen für einen Ausschluss des öffentlich-rechtlichen VA lägen nicht vor. Er habe während der gesamten Ehezeit als Alleinverdiener durch seine Tätigkeit als Baufacharbeiter den Lebensunterhalt der Familie sichergestellt und die aus der Sehbehinderung der Antragsteller resultierenden Nachteile mitgetragen. Seit 1999 sei er im Wesentlichen arbeitslos. Eine ausreichende Altersversorgung habe er nicht erworben, und er habe kaum Erwerbsmöglichkeiten in der Zukunft bzw. nur im Rahmen von Hilfsarbeiten. Er sei daher nicht in der Lage, seine Rentenanwartschaften in ausreichendem Maß aufzustocken. Seine Kapitallebensversicherung habe er im Jahr 2001 gekündet, da er die finanziellen Mittel infolge Arbeitslosigkeit für seinen Lebensunterhalt benötigt habe.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss vom 10.11.2005 abzuändern und den Versorgungsausgleich durchzuführen.

Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Feststellungen sowie des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Entscheidung des Amtsgerichts sowie den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Sie führt dazu, dass auch der öffentlich-rechtliche VA durchzuführen ist. Dies hat im Wege des Rentensplittings gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB durch Übertragung einer angleichungsdynamischen Rentenanwartschaft auf sein Versicherungskonto in Höhe von monatlich 69,57 € zu erfolgen.

1.

Während der als Ehezeit geltenden Zeit vom 1.6.1980 bis zum 31.1.2004 (§ 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien gesetzliche Rentenanwartschaften bei der DRV erworben. Der Ehezeitanteil ihrer fiktiven Altersversorgungen in Form angleichungsdynamischer Anwartschaften beläuft sich

- für den Antragsgegner auf monatlich 405,19 € und

- für die Antragstellerin auf monatlich 543,41 €.

Ferner besitzt die Antragstellerin ein Anrecht aus einer privaten Leibrentenversicherung bei der D... mit bislang nicht ausgeübtem Kapitalwahlrecht. Das ehezeitliche Deckungskapital ist mit 1.546,54 € mitgeteilt worden.

2.

Aus dem mitgeteilten ehezeitlichen Deckungskapital der Leibrentenversicherung der Antragstellerin errechnet sich durch Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor und dem allgemeinen Rentenwert am Ende der Ehezeit eine dynamische Rente in Höhe von monatlich (1.546,54 x 0,0001742628 x 26,13 =) 7,04 € (vgl. zu Umrechnungsfaktor und allgemeinem Rentenwert, Brüdermüller/Schürmann, Tabellen zum Familienrecht, 26. Aufl., S. 42, 39). Den zu Gunsten des Antragsgegners vorzunehmenden Ausgleich dieses der Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG unterliegenden Anrechts hat das Amtsgericht zu Recht dem schuldrechtlichen VA vorbehalten.

3.

Das Amtsgericht hat nicht die gezahlte (höhere) Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (im Folgenden: EU-Rente) der Antragstellerin berücksichtigt, sondern im Rahmen seiner Ausführungen über die Frage der Durchführung des öffentlich-rechtlichen VA nur den Ehezeitanteil ihrer fiktiven (niedrigeren) Altersversorgung. Diese Handhabung geht auf eine entsprechende Auffassung der DRV zurück. Sie hat diese Ansicht damit begründet, dass die EU-Rente der Antragstellerin zwar auf unbestimmte Zeit bewilligt wurde. Es sei jedoch vorgesehen, ihre weitere Rentenberechtigung in bestimmten Zeitabständen zu überprüfen.

Das reicht allerdings für sich allein für die zu treffende Prognose nicht aus. Voraussetzung für die Berücksichtigung des Rentenzahlbetrages im VA ist vielmehr die Prognose in der Sache selbst. Es stellt sich also die Frage, ob im konkreten Einzelfall angesichts der Schwere der in Rede stehenden Erkrankung mit einer Entziehung der EU-Rente vor Erreichen der Altersgrenze nicht mehr zu rechnen ist und damit feststeht, dass sie sich auf die Rente wegen Alters auswirken wird (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2005, 1461/1462). Davon ist vorliegend auszugehen. Der vom Senat beauftragte Sachverständige und Facharzt für Arbeitsmedizin, Dr. G..., kommt in seinem ausführlichen Gutachten vom 18.5.2006, dem der Senat auf Grund der überzeugenden Ausführungen folgt, zu folgenden Ergebnissen:

"Die ärztlichen Gutachten der Jahre 1978 bis zurzeit, die nicht erfolgreichen Rehabilitationsbemühungen, das Fehlen eines Blindenberufes sowie die Ergebnisse der eigenen Untersuchungen erlauben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Aussage, dass Frau H... vor Erreichen der Altersgrenze ihre Erwerbstätigkeit nicht wiedererlangen wird.

Im Ergebnis der Facharztgutachten, der prüfärztlichen Stellungnahmen und der eigenen Untersuchungen kann ebenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden, dass die Antragstellerin auf Dauer erwerbsunfähig bleiben wird."

Danach ist der Bruttobetrag des ehezeitlichen EU-Rentenanteils im VA in Ansatz zu bringen. Diesen hat die DRV in ihrer Auskunft vom 21.2.2006 mit monatlich 544,32 € mitgeteilt.

4.

Hinsichtlich des von der Antragstellerin nach dem Landesblindengesetz bezogenen Blindengeldes hat das Amtsgericht zutreffend angenommen, dass es nach seiner Zweckbestimmung nicht in den VA fällt. Dieses dient nämlich der Leistungsverbesserung und als Nachteilsausgleich für den Berechtigten. Nach den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 1, 4 LBlindG erhalten Blinde und hochgradig sehbehinderte Personen eine entsprechende Hilfe zum Ausgleich der durch diese Behinderung bedingten Mehraufwendungen. Das Blindengeld trifft damit eine Leistungsart, die nicht Gegenstand des Ausgleichs nach den § 1587 ff BGB ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 BGB, Rz. 15).

5.

Neben der dem schuldrechtlichen VA vorbehaltenen privaten Leibrentenversicherung ergibt sich danach rechnerisch ein Ausgleichsanspruch des Antragsgegners von [(544,32 € - 405,19 €) : 2 =] gerundet 69,57 € monatlich.

6.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegen die Voraussetzungen für die Anwendung der Härteklausel nach § 1587 c BGB nicht vor. Insbesondere ist mit der Durchführung des VA eine grobe Unbilligkeit für die ausgleichsverpflichtete Antragstellerin im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB nicht verbunden.

Dem VA liegt der aus Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 GG folgende Gedanke zu Grunde, dass beide Eheleute gleichermaßen an dem in der Ehe erworbenen Vermögen berechtigt sind.

Deshalb sind die während der Ehe nach Maßgabe der von den Ehegatten vereinbarten Arbeitsteilung erwirtschafteten Versorgungsanrechte bei der Scheidung gleichmäßig auf beide Partner zu verteilen (vgl. hierzu BVerfG, FamRZ 1980, 326/333). Der VA dient ebenso wie der Zugewinnausgleich der Aufteilung von gemeinsam erwirtschaftetem Vermögen der Eheleute, welches nur wegen der in der Ehe gewählten Aufgabenverteilung einem der Ehegatten rechtlich zugeordnet war. Dabei korrespondiert mit der Rechtfertigung des Eingriffs in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten durch Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 GG ein verfassungsrechtlicher Anspruch aus eben diesen Grundrechten auf gleiche Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Vermögen (vgl. hierzu BVerfG, FamRZ 2003, 1173). Der VA hat damit seine Wurzel im güterrechtlichen Prinzip der Vermögensteilung, daneben aber auch in unterhaltsrechtliche Überlegungen zur Sicherung des Altersvorsorgeunterhalts.

In diesem Zusammenhang hat die Härtefallklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB, welche im Streitfall nach dem Vorbringen der Antragstellerin in erster Linie in Betracht zu ziehen ist, die Funktion eines Gerechtigkeitskorrektivs. Sie soll als Ausnahmeregelung eine am Gerechtigkeitsgedanken ausgerichtete Entscheidung in solchen Fällen ermöglichen, in denen die schematische Durchführung des VA zur "Prämierung" einer groben Verletzung der aus der ehelichen Gemeinschaft folgenden Pflichten führen oder gegen die tragenden Prinzipien des VA verstoßen würde. Bei der Auslegung des Merkmals der groben Unbilligkeit in § 1587 c Nr. 1 BGB ist daher zu beachten, dass es Zweck dieser Vorschrift ist, solche mit der Durchführung des VA verbundenen Eingriffe in die geschützten Rechte des Ausgleichsverpflichteten zu vermeiden, die nicht mehr durch Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt sind (vgl. hierzu BVerfG, a.a.O., 1173 f.; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 1587 c BGB, Rz. 28). Dagegen ist es nicht Aufgabe dieser Vorschrift, jede systembedingte Unstimmigkeit zu beseitigen (vgl. hierzu Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rz. 721).

Von diesen Grundsätzen ausgehend lassen sich die Voraussetzungen für einen Ausschluss oder eine teilweise Herabsetzung des VA vorliegend nicht feststellen.

a)

Die im Rahmen des § 1587 c Nr. 1 BGB anzulegenden strengen Maßstäbe rechtfertigen es nicht, den zu Gunsten des Antragsgegners durchzuführenden öffentlich-rechtlichen VA wegen grober Unbilligkeit auszuschließen oder zu kürzen. Aus den dargestellten Grundsätzen folgt, dass eine Beseitigung oder Einschränkung des VA durch Anwendung der Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB nur für solche Fälle in Betracht kommt, in denen auf Grund besonderer Verhältnisse die starre Durchführung des VA dessen Grundgedanken in unerträglicher Weise widersprechen und zu einem grob unbilligen Ergebnis führen würde. Davon kann jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden.

aa)

In die im Rahmen von § 1587 c Nr. 1 BGB bedeutsame Beurteilung, ob der VA zu einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führt, sind beiderseits auch die außerhalb der Ehezeit erworbenen Renten/Anwartschaften einzubeziehen (vgl. hierzu Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1587 c, Rz. 21). Im Zeitraum bis zum Ende der Ehezeit (31.1.2004) hat der Antragsgegner insgesamt - einschließlich der vor der Ehezeit erworbenen Anrechte - eine monatliche Rentenanwartschaft von 546,70 € erworben. Im gleichen Zeitraum hat die Antragstellerin Anrechte in Höhe von monatlich 627,62 € (fiktive Altersrente) bzw. 883,94 € (gezahlte Rente) erlangt. Nach Durchführung des VA durch Übertragung einer monatlichen Rentenanwartschaft in Höhe der errechneten 69,57 € erwirbt der Antragsgegner bezogen auf den Rentenzahlbetrag keine günstigere, sondern hat immer noch eine geringere Alterssicherung als die Antragstellerin. Obwohl die Antragstellerin nie im Arbeitsleben stand, hat sie folglich die höhere Altersversorgung erreicht; dagegen besitzt der Antragsgegner, der während der fast 24 Jahre andauernden Ehe jedenfalls bis 1999 immer berufstätig war, die schlechtere Alterssicherung. Die Durchführung des VA wird also gerade nicht zu dem vom Amtsgericht zu Lasten der Antragstellerin angenommenen wirtschaftlichen Ungleichgewicht führen.

bb)

Die Tatsache, dass der erwerbsfähige Antragsgegner durch eine zukünftige Berufstätigkeit weitere Rentenanwartschaften erwerben kann, während die Antragstellerin laut Feststellung des Sachverständigen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf Dauer erwerbsunfähig bleiben wird, macht den VA ebenfalls nicht unbillig.

Hierbei ist zu bedenken, dass - insbesondere auch unter Berücksichtigung der derzeitigen Arbeitsmarktlage - heute niemand verlässlich vorhersagen kann, wie lange der bei Ehezeitende fast 50 Jahre alte (arbeitslose) Antragsgegner tatsächlich noch einer Arbeit wird nachgehen können. Der ausgleichsberechtigte Antragsgegner ist folglich etwa im gleichen Maße auf die Rente aus dem VA angewiesen wie die ausgleichspflichtige Antragstellerin.

cc)

Es kann entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht angenommen werden, dass sie nicht in der Lage sei, den Verlust der von ihrem Versicherungskonto zu übertragenden Anwartschaft (von 69,57 €) wieder auszugleichen.

Hierbei sind die beitragsfreien Anrechnungszeiten wegen Rentenbezugs vom Ende der Ehezeit (ab 2/2004) bis zum Beginn des Renteneintrittsalters (einschließlich 10/2023), also weitere 237 Monate zu berücksichtigen. Legt man den mit 0,0833 Entgeltpunkten (EP) festgestellten Durchschnittswert für die Grundbewertung entsprechend der Auskunft des Rentenversicherungsträgers vom 3.2.2005 zugrunde, ergibt sich eine zusätzliche Summe an Entgeltpunkten für beitragsfreie Zeiten bis zum Renteneintrittsalter (65 Jahre) der bei Ehezeitende erst 45 Jahre alten Antragstellerin von (237 x 0,0833 =) 19,7421 EP (Ost). Multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert von 26,13 errechnen sich zusätzliche monatliche Anwartschaften von 515,86 €, die die Antragstellerin bis zum Einsetzen ihrer Altersrente noch erreichen wird.

dd)

Ehebedingte Nachteile hinsichtlich der versorgungsrechtlichen Situation haben nach Aktenlage weder die Antragstellerin noch der Antragsgegner erlitten. Es ist nach Anhörung der Parteien im Senatstermin aber auch davon auszugehen, dass sich aus dem ehelichen Zusammenleben der Parteien keine Härtegründe im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB herleiten lassen.

Nach ihren übereinstimmenden Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien in der Zeit zwischen Eheschließung (6/1980) und Trennung (10/2001) die "klassische" Rollenverteilung praktiziert. Der Antragsgegner hat durch seine bis 1999 andauernde Berufstätigkeit für den Lebensunterhalt der Familie gesorgt und sich daneben um seine Tiere sowie die Bestellung seines Felds gekümmert. Die Antragstellerin war mit der Haushaltsführung und Kindererziehung befasst. Nach ihren Bekundungen im Senatstermin fühlte sich die Antragstellerin schon aus Gründen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen zu einer Berufstätigkeit nicht in der Lage. Zudem sei ihr eine geeignete und sie interessierende Beschäftigung bis heute nicht angeboten worden. Keiner der Eheleute ist hiernach durch die Rollenverteilung in der Ehe und seinen Einsatz für die Familie am Erwerb von Versorgungsanrechten gehindert worden, woraus sich unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Kürzung des VA nach § 1587 c Nr. 1 BGB herleiten lassen könnte.

ee)

In der Gesamtschau lässt sich nach alldem nicht feststellen, dass durch die Durchführung auch des öffentlich-rechtlichen VA zugunsten des Antragsgegners eine unerträgliche "Schieflage" entstünde, die die Anwendung der Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB erfordern würde.

b)

Die Manipulationsklausel des § 1587 c Nr. 2 BGB setzt eine treuwidrige, in Erwartung der Scheidung vorgenommene Versorgungsverkürzung voraus. Die Bestimmung erfasst dabei nur ein Verhalten, durch das Berechtigte die Versorgungsausgleichsbilanz ohne zureichenden Grund zu seinen Gunsten manipuliert hat (vgl. hierzu Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1587 c, Rz. 42).

Die Antragstellerin ist dem Vorbringen des Antragsgegners, dass er seine private Leibrentenversicherungen nach der Trennung wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten auf Grund seiner andauernden Arbeitslosigkeit aufgelöst habe, nicht konkret entgegengetreten. Es kann danach nicht von einem illoyalen Einwirken des Antragsgegners auf sein Versorgungsvermögen ausgegangen werden.

c)

Für eine während der Ehe begangene Unterhaltspflichtverletzung des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin bzw. der gemeinsamen Tochter gemäß § 1587 c Nr. 3 BGB bestehen weder nach ihrem Sachvortrag noch nach den Umständen Anhaltspunkte.

Es bleibt nach alldem bei der Übertragung angleichungsdynamischer Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 69,57 € auf das Versicherungskonto des ausgleichsberechtigten Antragsgegners. Hierbei wird die Höchstbetragsregelung des § 1587 b Abs. 5 BGB eingehalten.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG, 93 a ZPO.

Ende der Entscheidung

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