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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 11.09.2007
Aktenzeichen: 10 UF 28/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BGB § 1603 Abs. 2
BGB § 1606 Abs. 3 Satz 1
BGB § 1607 Abs. 2
BGB § 1609
BGB § 1611
BGB § 1613 Abs. 1
BGB § 1613 Abs. 1 Satz 1 Alt.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

10 UF 28/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 11.9.2007

Verkündet am 11.9.2007

in der Familiensache

hat der 2. Familiensenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. August 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 3. Januar 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt teilweise abgeändert.

Die Klage wird, soweit Unterhalt für die Zeit von April 2006 bis April 2007 geltend gemacht wird, abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass von dem ab Mai 2007 zu zahlenden monatlichen Unterhalt von 228 € folgende Beträge an den Landkreis O..., Der Landrat, Amt für Grundsicherung und Beschäftigung, zu zahlen sind:

 - 214,88 € für Mai 2007,
- 85,38 € für Juni 2007,
- je 93,19 € für Juli und August 2007.

Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 33 % und der Beklagte 67 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 28 % und dem Beklagten zu 72 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger macht Kindesunterhalt noch ab April 2006 geltend.

Der am ... 1987 geborene Kläger, der im Haushalt seiner Mutter lebt und noch zur Schule geht, ist der eheliche Sohn des Beklagten. Aus der Ehe des Beklagten mit der Mutter des Klägers sind auch die Kinder J..., geb. am ... 1985, und C..., geb. am ... 1995, hervorgegangen.

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger Unterhalt wie folgt zu zahlen:

- rückständigen Unterhalt für die Zeit von April bis Juli 2006 in Höhe von insgesamt 912 €,

- 228 € monatlich ab August 2006.

Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er trägt vor:

Die Zahlungsaufforderung des Klägers vom 1.4.2006 habe nicht zu einem Verzug geführt, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch keine Angaben zum Eigeneinkommen und demjenigen der Mutter gemacht habe.

Zu Unrecht setze das Amtsgericht sein Einkommen mit 1.770 € an. Ein solches sei für ihn nicht erzielbar. Sein Einkommen habe sich tatsächlich vermindert, wie die Abschlüsse der Jahre 2003 - 2005 zeigten.

Im Hinblick darauf, dass der Kläger selbst Einkünfte eines Werbepartnervertrages mit der E... ... AG vorgetragen habe, sei davon auszugehen, dass er über eigene Einkünfte auch noch ab April 2006 verfügt habe.

Das Einkommen seiner Mutter habe der Kläger nicht substanziiert nachgewiesen. Selbst wenn die Mutter aufgrund ihrer tatsächlichen Einkünfte nicht barunterhaltspflichtig wäre, sei ihr aufgrund der erhöhten Erwerbsobliegenheit ein fiktives Einkommen zuzurechnen.

Da der Kläger seinen Informationspflichten nicht nachgekommen sei, sei der Unterhaltsanspruch im Übrigen auch verwirkt.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Er habe seinen Bedarf ausreichend dargelegt. Soweit er aus sporadischer Feierabendtätigkeit als Schüler in der Abiturstufe Einkommen erzielt habe, sei dies überobligatorisch. Sämtliche ihm geleisteten Provisionszahlungen habe er dargelegt. Im maßgeblichen Unterhaltszeitraum habe er solche Zahlungen nicht mehr erhalten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien angehört.

Der Beklagte hat erklärt:

Für C... habe ich seit April 2006 durchgängig Unterhalt in Höhe von 267 € monatlich geleistet.

Ich bin in drei Prozessen auf eine Haftung aus Darlehen bzw. Bürgschaft in Anspruch genommen worden. Ein Urteil ist in zweiter Instanz im Februar 2007 ergangen. Ich bin zur Zahlung von 1.862 € nebst Zinsen verurteilt worden. Dabei ging es um einen Pkw-Kredit. Das Fahrzeug ist am 6.12.2000 erworben worden. Aufgrund der Verurteilung zahle ich seit März 2007 monatlich 195 € auf den Kredit.

Eine weitere Verurteilung zur Zahlung hat es etwas später gegeben. Ich bin dazu verurteilt worden, 5.000 € zu zahlen. Zahlungen habe ich aber noch nicht geleistet. Insoweit bin ich aus einer Bürgschaft in Anspruch genommen worden, habe aber die Echtheit der Unterschriften bestritten. Damit im Zusammenhang steht auch ein noch offener dritter Prozess, in dem ich auf Zahlung von 15.000 € in Anspruch genommen worden bin.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat erklärt:

Der Pkw ist im Rahmen der GbR gekauft worden.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur teilweise, nämlich soweit der Zeitraum von April 2006 bis April 2007 betroffen ist, begründet. Für diesen Zeitraum besteht eine Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber dem Kläger nicht. Hingegen ist der Beklagte ab Mai 2007 verpflichtet, dem Kläger den verlangten monatlichen Unterhalt von 228 € zu zahlen.

1.

Für die Zeit von April 2006 bis April 2007 besteht ein Unterhaltsanspruch nicht.

a)

Es kann dahinstehen, ob der Kläger grundsätzlich Unterhalt ab April 2006 verlangen kann. Mit Schreiben vom 1.4.2006 hat der Kläger den Beklagten zur Zahlung monatlichen Unterhalts von 228 € aufgefordert. Ob dieses Schreiben die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB erfüllt oder ob, wie der Beklagte meint, ein Verzug durch dieses Schreiben nicht begründet worden ist, weil der Kläger weder sein eigenes Einkommen noch dasjenige seiner Mutter dargelegt habe, kann offen bleiben. Denn jedenfalls ist der Beklagte für diesen Zeitraum nicht leistungsfähig.

b)

Der Beklagte war in der Zeit von April 2006 bis April 2007 selbstständig tätig. Wegen der mit der selbstständigen Tätigkeit regelmäßig verbundenen Einkommensschwankungen ist zur Unterhaltsberechnung das Durchschnittseinkommen aus dem Gewinn dreier aufeinander folgender Jahre zu ermitteln (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, Rz. 587). Die zeitnächsten Gewinn- und Verlustrechnungen, die vorliegen, sind diejenigen für die Jahre 2003 bis 2005. Das vom Amtsgericht eingeholte Sachverständigengutachten zur Ermittlung des unterhaltsrechtlich bedeutsamen Einkommens des Beklagten ist unabhängig davon, dass es sich auf den Zeitraum von 2001 bis 2004 bezieht, schon deshalb nicht heranzuziehen, weil in ihm die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur linearen Abschreibung (vgl. BGH, FamRZ 2003, 741) nicht beachtet wird. Gleiches gilt, soweit es um Steuerzahlungen und -erstattungen geht, hinsichtlich des so genannten In-Prinzips (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Büttner, Eherecht, 4. Aufl., § 1361, Rz. 144).

aa)

Auf der Grundlage der in den Gewinn- und Verlustrechnungen ausgewiesenen Gewinne ergibt sich folgendes Einkommen:

 2003 22.646,17 €
2004 16.406,67 €
2005 11.363,70 €
gesamt 50.416,54 €.

Danach errechnet sich ein monatliches Durchschnittseinkommen von rund 1.400 € (= 50.416,54 € : 36 Monate).

bb)

Es kann dahinstehen, ob die in den Gewinn- und Verlustrechnungen ausgewiesenen Gewinne einer Korrektur bedürfen oder ob die Gewinne etwa allein maßgeblich sind, weil nicht etwa einzelne Positionen, insbesondere Betriebsausgaben, vom Kläger explizit in Zweifel gezogen worden sind (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, FamRZ 2006, 1756).

Der Senat hat in der Vergangenheit die in den Gewinn- und Verlustrechnungen als Betriebsausgaben ausgewiesenen Fahrtkosten regelmäßig dann um 50 % wegen teilweiser Privatnutzung gekürzt, wenn das Firmenfahrzeug auch privat genutzt worden ist. Hinsichtlich der Kosten für Porto und Telefon ist er von einem Privatanteil von 1/3 ausgegangen. Soweit als Betriebseinnahmen Privatanteile ausgewiesen worden sind, sind diese allerdings gegengerechnet worden.

Eine Korrektur der linearen Abschreibungen hat der Senat nicht mehr vorgenommen, da davon auszugehen ist, dass diese entsprechend den AFA-Tabellen der Steuerverwaltung die tatsächliche Nutzungsdauer der betreffenden Wirtschaftsgüter annähernd zutreffend wiedergeben (vgl. BGH, FamRZ 2003, 741). Anders verhält es sich mit den Ansparabschreibungen, bei denen eine Korrektur der Gewinn- und Verlustrechnungen grundsätzlich in Betracht kommt (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1177).

Nimmt man unter Berücksichtigung dessen vorliegend eine Korrektur der ausgewiesenen Gewinne bezüglich der Privatanteile für die Pkw-Kosten, die Porto- und Telefonkosten sowie hinsichtlich der Ansparabschreibungen vor, so ergibt sich folgende Berechnung:

2003

 Gewinn22.646,17 €
ausgewiesene Privatanteile- 1.386,21 €
Privatanteil Pkw-Kosten+ 1.393,55 € (= 2.787,10 € : 2)
Privatanteil Portokosten+ 14,13 € (= 42,40 € : 3)
Privatanteil Telefonkosten+ 596,62 € (= 1.789,85 € : 3)
Ansparabschreibung+ 1.250 €

2004

 Gewinn16.406,67 €
ausgewiesene Privatanteile- 1.979 €
Auflösung der Ansparabschreibung- 12.271,20 €
Privatanteil Pkw-Kosten+ 1.702,43 € (= 3.404,85 € : 2)
Betriebsbedarf+ 1.893,37 € (= 5.680,12 € : 3)
Ansparabschreibung+ 4.000 €
Gewinn 2005 + 11.363,70 €
 45.630,23 €.

Eine Korrektur des Gewinns für das Jahr 2005 ist nicht angezeigt. Die als Betriebseinnahmen ausgewiesenen Privatanteile übersteigen diejenigen Privatanteile, die sich bei einer privaten Nutzung des Pkw von 50 % und Privatanteilen von 1/3 bei den Porto- und Telefonkosten ergäben. Eine Ansparabschreibung ist im Jahr 2005 weder gebildet noch aufgelöst worden.

Die Gewinnkorrektur führt zu einem monatlichen Betrag von rund 1.268 € (= 45.630,23 € : 36 Monate). Da dieser Betrag unterhalb des Monatsdurchschnitts bei alleinigem Abstellen auf die ausgewiesenen Gewinne liegt, ist von letzteren auszugehen.

cc)

Abzusetzen sind die in den Jahren 2003 bis 2005 geleisteten Steuerzahlungen. Diese hat der Beklagte nunmehr wie folgt belegt:

 - 2003 2.113,15 €
- 2004 4.738,20 €
- 2005 1.213,89 €
insgesamt 8.065,24 €.

Es ergibt sich eine monatliche Durchschnittsbelastung von rund 224 € (= 8.065,24 € : 36 Monate).

dd)

Ebenfalls abzusetzen sind die Vorsorgeaufwendungen des Beklagten. Diese können mit Rücksicht auf die nun vorgelegten Belege jedenfalls in der Höhe angenommen werden, in der sie in der Klageschrift angegeben sind, also mit 261 € monatlich für die Kranken- und Pflegeversicherung und 300 € monatlich für die Altersvorsorge, insgesamt also 561 €.

ee)

Danach ergibt sich das folgende bereinigte Einkommen des Beklagten:

 Gewinn 1.400 €
Steuerzahlungen - 224 €
Vorsorgeaufwendungen - 561 €
bereinigtes Einkommen 615 €.

ff)

Nach alledem ist der Beklagte nicht leistungsfähig. Ihm muss im Verhältnis zum volljährigen Kläger, der sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet, der notwendige Selbstbehalt von 820 € verbleiben (vgl. Nr. 21.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005). Dieser Betrag wird mit einem bereinigten Einkommen von 615 € deutlich unterschritten.

gg)

Ein höheres Einkommen ist dem Beklagten für die Zeit bis einschließlich April 2007 auch nicht fiktiv zuzurechnen. Zwar kann vom Unterhaltsschuldner unter Umständen verlangt werden, eine selbstständige Tätigkeit, die nicht zu Einnahmen führt, die den Schuldner in den Stand versetzen, Unterhalt zu zahlen, aufzugeben und statt dessen eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen. Insoweit kommt es aber auf die Umstände des Einzelfalles an und es ist eine Überlegungszeit einzuräumen (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 1, Rz. 515). Mit Rücksicht darauf, dass der Beklagte für den Kläger bis einschließlich Dezember 2005 monatlichen Unterhalt von 258,71 € geleistet hat und vom Kläger frühestens mit Schriftsatz vom 1.4.2006 zur Zahlung monatlichen Unterhalts von 228 € aufgefordert worden ist, kann vom Beklagten eine Abwicklung seines Geschäftsbetriebes vor Mai 2007, wie sie tatsächlich stattgefunden hat, nicht verlangt werden.

2.

Für die Zeit ab Mai 2007 hingegen ist ein Unterhaltsanspruch des Klägers gegen den Beklagten gegeben.

a)

Unterhalt ab Mai 2007 kann der Kläger unabhängig davon verlangen, dass der Beklagte eingewendet hat, die Voraussetzungen für die Zahlung von Unterhalt für die Vergangenheit nach § 1613 Abs. 1 BGB seien nicht gegeben. Denn insoweit handelt es sich um Unterhalt für die Zeit nach Rechtshängigkeit, § 1613 Abs. 1 Satz 1 Alt. BGB.

b)

Dem Kläger gegenüber allein barunterhaltspflichtig ist der Beklagte. Denn das Einkommen der Mutter des Klägers, die grundsätzlich nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB auch barunterhaltspflichtig wäre, liegt durchgehend unter dem notwendigen Selbstbehalt von 820 €.

aa)

Die Summe ihrer Einkünfte aus Nebenerwerbstätigkeit und den Leistungen nach dem SGB II erreicht den Betrag von 820 € zu keiner Zeit. Beispielhaft wird das deutlich an der Berechnung für Mai 2007, den Monat, in dem die höchsten Leistungen für SGB II, die der Mutter als Mitglied in einer Bedarfsgemeinschaft gewährt worden sind, ausgewiesen sind. Diese betragen in jenem Monat rund 239 €. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit wird man auf der Grundlage des Monatsdurchschnitts für den Zeitraum von Mai 2006 bis April 2007 unter Einbeziehung der Tätigkeiten für die Firmen P..., S... und W... von einem Betrag von höchstens 542 € [= (501,58 € x 2 Monate + 490,38 € x 6 Monate + 489,87 € x 4 Monate + 198 € + 400 €) : 12 Monate] ausgehen können. Damit ergibt sich insgesamt kein höheres Gesamteinkommen als 781 €.

bb)

Auf die Frage, ob die Mutter unterhaltsrechtlich verpflichtet wäre, etwa durch Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit, zum Einkommen ihres Sohnes beizutragen, kommt es nicht an. Denn der Kläger braucht sich entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1607 Abs. 2 BGB auf fiktive Einkünfte eines Elternteils nicht verweisen lassen (OLG Frankfurt, FamRZ 1993, 231; Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rz. 440).

c)

Da die Mutter des Klägers nicht barunterhaltspflichtig ist, bemisst sich der Bedarf des Klägers allein nach dem Einkommen des Beklagten. Denn ein Elternteil hat höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein nach seinem Einkommen ergibt (Nr. 13.1 der Leitlinien).

aa)

Für die Zeit ab Mai 2007 verfügt der Beklagte ausweislich der von ihm vorgelegten Verdienstbescheinigungen der l... w... Ltd. & Co. KG über ein monatliches Nettoeinkommen von rund 1.360 €.

bb)

Dem Beklagten ist aber ein höheres fiktives Einkommen aus abhängiger Beschäftigung zuzurechnen.

Der Unterhaltsschuldner muss, insbesondere im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 BGB, seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise bestmöglich einsetzen (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 614). Angesichts der Umstände im vorliegenden Fall muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagte, wenn er sich gehörig um eine abhängige Tätigkeit, die seiner Qualifikation entspricht, bemüht hätte, ein bereinigtes Einkommen von jedenfalls 1.700 € erzielen könnte.

Der Beklagte ist als Ingenieur über viele Jahre hinweg selbstständig tätig gewesen. Auch im Rahmen seiner abhängigen Beschäftigung ist er als Chefingenieur und leitender Angestellter tätig. Ihm ist, wie der nun vorgelegte Handelsregisterauszug seines Arbeitgebers deutlich macht, Prokura eingeräumt worden. Angesichts dessen muss das für ihn erzielbare bereinigte Einkommen jedenfalls mit 1.700 € angenommen werden.

cc)

Der Unterhaltsbedarf des Klägers beläuft sich jedenfalls auf den geltend gemachten Betrag von 228 €.

Bei einem (fiktiven) Einkommen des Beklagten von 1.700 € ist der Unterhaltsbedarf des Klägers der Einkommensgruppe 3 der Unterhaltstabelle als Anlage I den Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts für die 4. Altersstufe zu entnehmen. Nichts anderes würde gelten, wenn man vom Einkommen des Beklagten, wie erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat substanziiert geltend gemacht, eine Pkw-Kreditrate von 195 € abzöge. Denn auch ein Einkommen von 1.505 € unterfiele noch der Einkommensgruppe 3.

Für die Zeit bis einschließlich Juni 2007 ergibt sich danach ein Tabellenbetrag von 382 €, für die Zeit ab 1.7.2007 ein solcher von 389 €. Eigeneinkünfte des Klägers sind, wie dieser nunmehr belegt hat, ab Beginn des Unterhaltszeitraums im April 2006 nicht bedarfsdeckend zu berücksichtigen. Setzt man das volle Kindergeld von 154 € bedarfsdeckend ab (vgl. BGH, FamRZ 2006, 99), verbleibt ein ungedeckter Bedarf von 228 € bis Juni 2007 und ein solcher von 235 € ab Juli 2007. Danach kann der Kläger jedenfalls monatlichen Unterhalt von 228 €, wie geltend gemacht, beanspruchen.

d)

Bei einem bereinigten Einkommen von 1.700 € ist der Beklagte auch leistungsfähig. Dabei kann dahinstehen, ob von seinem Einkommen eine Pkw-Kreditrate von 195 € abzuziehen ist. Denn selbst wenn man diese Abzugsposition berücksichtigt, ist die Leistungsfähigkeit des Beklagten gegeben. Auf die weiteren möglichen Zahlungsverpflichtungen, auf die der Beklagte ebenfalls erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen hat, kommt es nicht an, da insoweit unstreitig noch keine Zahlungen geleistet werden.

Setzt man von dem dem Beklagten zuzurechnenden Einkommen von 1.700 € die Kreditrate mit 195 €, den Unterhalt für die Tochter C..., die dem Kläger gegenüber gleichrangig ist, § 1609 BGB, mit 267 € und den vom Kläger geltend gemachten Betrag von 228 € ab, verbleiben 1.010 €. Dieser Betrag liegt über dem notwendigen Selbstbehalt von 820 €.

e)

Der Kläger hat seinen Unterhaltsanspruch nicht gemäß § 1611 BGB verwirkt. Dass er sich etwa in einer schweren Verfehlung gegen den unterhaltspflichtigen Beklagten schuldig gemacht hätte, lässt sich nicht feststellen. Allein der Umstand, dass der Kläger möglicherweise über seine Einkünfte oder diejenigen seiner Mutter nicht stets sogleich unaufgefordert Auskunft erteilt hat, reicht insoweit nicht aus.

f)

Entsprechend der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgenommenen Maßgabe zum Antrag des Klägers ist auszusprechen, dass der Unterhalt für die Monate Mai bis August 2007 in Höhe der im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft auf den Kläger entfallenden Leistungen nach dem SGB II an den Leistungsträger zu zahlen ist (vgl. auch Wendl/Scholz, a.a.O., § 6, Rz. 553).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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