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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: 10 UF 46/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1603 Abs. 2
BGB § 1609 Nr. 1
BGB § 1609 Abs. 2 a. F.
ZPO § 287
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

10 UF 46/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 24. Juni 2008

Verkündet am 24. Juni 2008

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Perleberg vom 27.2.2008 unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

In Abänderung der Urkunde der Kreisverwaltung P..., Jugendamt, vom 30.1.1998 -Urkunden-Reg.-Nr. 29/98 - wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von

- 150 € vom 5.10. bis zum 31.12.2006,

- 226 € vom 1.1. bis zum 30.6.2007,

- 225 € vom 1.7. bis zum 31.12.2007,

- 269 € für 1/2008 und

- 288 € ab 2/2008

zu zahlen,

abzüglich geleisteter monatlicher 150 € von 1 bis 3/2008.

Der rückständige Unterhalt ist sofort, der laufende Unterhalt ist monatlich im Voraus bis zum 5. eines jeden Monats zu leisten.

Die weitergehende Abänderungsklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden dem Beklagten zu 88 % und der Klägerin zu 12 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zu 49 % und der Klägerin zu 51 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 1.804 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Abänderung einer Jugendamtsurkunde. In der Berufungsinstanz geht es um die Zeit ab 5.10.2006.

Die am ...2.1992 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten aus seiner geschiedenen Ehe mit der Mutter der Klägerin. Der Beklagte ist von Beruf Heizungsbauer. Mit Jugendamtsurkunde vom 30.1.1998 verpflichtete er sich, für die Zeit ab 4.2.1998 an die Klägerin einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 370 DM abzüglich halbes Kindergeld zu zahlen. Seit 2001 ist der wiederverheiratete Beklagte im Wesentlichen arbeitslos.

Mit ihrer am 5.10.2006 zugestellten Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Abänderung der Jugendamtsurkunde in Anspruch genommen. Durch Urteil vom 27.2.2008 hat das Amtsgericht den Beklagten auf der Grundlage eines fiktiven monatlichen Nettoeinkommens von 1.300 € zu monatlichen Zahlungen in Höhe von 269 € vom 5.10.2006 bis zum 31.12.2007 und 288 € ab 1/2008 verurteilt.

Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte teilweise Berufung eingelegt. Er beruft sich auf Unterhaltszahlungen, die er an die Klägerin für die Zeit von 1 bis 3/2007 in Höhe monatlich 150 € bereits geleistet habe. Für die Zeit von 10 bis 12/2006 erkennt er den Unterhaltsanspruch der Klägerin in Höhe von monatlich 150 € an. Im Übrigen beruft sich der Beklagte zur Begründung seines Rechtsmittels auf seine tatsächliche Leistungsunfähigkeit. Eine fiktive Einkommenszurechnung scheide aus, da er sich ausweislich der vorgelegten Unterlagen im gesamten Abänderungszeitraum hinreichend aber ohne Erfolg um eine neue Arbeitsstelle beworben habe. Er sei auch nur eingeschränkt einsetzbar, denn er könne "keine Arbeiten mit Hörverlustrisiko sowie mit erhöhten Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit" ausüben. Schließlich sei das ihm vom Amtsgericht zugerechnete Arbeitseinkommen überhöht. Für ihn sei allenfalls ein Einkommen von 1.000 € monatlich erzielbar.

Der Beklagte hat zuletzt beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Perleberg vom 27.2.2008 teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit er in Abänderung der Urkunde der Kreisverwaltung P..., Jugendamt, vom 30.1.1998 - Urkunden-Reg.-Nr. 29/98 - zu höheren Unterhaltszahlungen als monatlich

- 150 € von 10 bis 12/2006,

- 150 € von 1 bis 12/2007,

jedoch abzüglich gezahlter je 150 € monatlich von 1 bis 3/2007 und

- 269 € für 1/2008

verurteilt worden ist.

Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass für die Monate 1 bis 3/2007 je 150 € bereits gezahlt seien, sodass der Unterhalt nur noch abzüglich dieser Beträge zu titulieren sei. Im Übrigen verteidigt sie die angefochtene Entscheidung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur in dem aus dem Urteilstenor im Einzelnen ersichtlichen Umfang Erfolg.

Für die rechtliche Beurteilung des Abänderungsbegehrens der Klägerin ist nach Zeitabschnitten zu differenzieren:

5.10. bis 31.12.2006

Der Beklagte erkennt mit Blick auf seinen in dieser Zeit ausgeübten so genannten Ein-Euro-Job an, der Klägerin einen Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 150 € zu schulden. Hierbei hat es zu bleiben. Eine fiktive Einkommenszurechnung, die eine darüber hinausgehende Unterhaltsverpflichtung des Klägers zur Folge haben könnte, scheidet für die Monate 10 bis 12/2006 aus.

Der Beklagte hatte sich am 30.1.1998 durch Jugendamtsurkunde zur Zahlung eines Kindesunterhalts an die Klägerin in Höhe von 370 DM abzüglich halbes Kindergeld verpflichtet. Das entspricht umgerechnet (189,18 € - 77 € =) 112,18 €. Vor Einleitung des Abänderungsverfahrens in 9/2006 hat die Klägerin den Beklagten weder im Jahr 2005 noch im Jahr 2006 zur Auskunftserteilung oder zur Zahlung eines höheren Kindesunterhalts aufgefordert. Der Beklagte musste daher vor Zustellung der Klageschrift am 5.10.2006 nicht damit rechnen, von der Klägerin auf einen höheren als den titulierten Unterhaltsbetrag in Anspruch genommen zu werden. Er durfte sich ungeachtet der materiellen Rechtslage auf einen der Klägerin in Höhe von monatlich 112,18 € geschuldeten Unterhalt bzw. auf eine im Umfang seiner tatsächlichen Leistungsfähigkeit bestehende Unterhaltsverpflichtung einrichten. Wenn die Klägerin bereits ab 10/2006 einen höheren als den im Jahr 1998 titulierten Unterhalt fordern wollte, so hätte sie dem bereits seit vielen Jahren im Wesentlichen arbeitslosen Beklagten ihr Heraufsetzungs-verlangen ankündigen und ihn zu einer unverzüglichen Erfüllung seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten auffordern müssen.

Mit Blick auf ihre eigene Untätigkeit kann die Klägerin deshalb für die Monate 10 bis 12/2006 keinen höheren als den vom Beklagten anerkannten Unterhaltsbetrag in Höhe von monatlich 150 € fordern. Dem Beklagten ist dieser Zeitraum nach Kenntniserlangung von dem Heraufsetzungsverlangen der Klägerin am 5.10.2006 als angemessene Übergangsfrist für die intensive Suche nach einer neuen vollschichtigen Arbeit zuzubilligen, mit der er seiner gegenüber seiner minderjährigen Tochter gesteigerten Erwerbsobliegenheit nachkommen konnte.

1 bis 12/2007

In dieser Zeit schuldet der Beklagte der Klägerin einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 226 € von 1 bis 6/2007 und 225 € von 7 bis 12/2007. In diesem Umfang muss sich der Beklagte als fiktiv leistungsfähig behandeln lassen.

1.

Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung auf Grund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltspflichtigen eine erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft. Für seine geltend gemachte unterhaltsrechtliche Leistungsunfähigkeit in Höhe des Regelbetrages bzw. des Mindestunterhalts ist der Verpflichtete in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet. Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht in nachvollziehbarer Weise dar, dass und wie er seiner verschärften Erwerbsobliegenheit gerecht worden ist, so muss er sich so behandeln lassen, als ob er über ein Einkommen verfügt, welches er bei hinreichenden Erwerbsbemühungen in der Lage zu erzielen wäre.

Ein gemäß § 1603 Abs. 2 BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, das heißt unter Anspannung aller Kräfte und unter Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten, um die Erlangung einer hinreichend entlohnten Arbeitsstelle zu bemühen. Die Mindestanforderungen, die an diese Bemühungen zu stellen sind, können seit dem 1.4.2003 den durch die so genannten "Hartz-Gesetze" geänderten Vorschriften für die Obliegenheiten zur Arbeitssuche (§ 37 b SGB III) und die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen der Zumutbarkeit einer neuen Arbeit (§ 121 Abs. 4 SGB IV) entnommen werden. Denn das, was der Arbeitslose der Allgemeinheit schuldet, hat er jedenfalls gegenüber seinen Unterhaltsberechtigten zu leisten (vgl. hierzu Büttner, FF 2003, 192 ff.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte sind im Zusammenhang mit Minderjährigenunterhalt besonders hohe Anforderungen an die Erfüllung einer intensiven Arbeitsplatzsuche zu stellen. Der Unterhaltspflichtige hat sich zum einen bei der Agentur für Arbeit zu melden und die von dort angebotenen Vermittlungen wahrzunehmen. Diese Meldung ist erforderlich, jedoch nicht ausreichend. Erwartet werden vielmehr auch intensive und konkrete Eigenbemühungen in Form der regelmäßigen wöchentlichen Lektüre der örtlichen Zeitungen und sonstigen Werbeträger sowie durch Bewerbungen auf alle Annoncen, die für den Stellensuchenden in Betracht kommen. Ferner sind Eigeninserate erforderlich. So genannte Blindbewerbungen, also solche, die abgegeben werden, ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Arbeitskraft sucht, sind zum Nachweis einer ordnungsgemäßen Arbeitsplatzsuche nicht ausreichend.

Sie können allenfalls zusammen mit weiteren zielgerichteten Bewerbungen in dem vorstehend dargestellten Sinn in die Beurteilung einbezogen werden (vgl. zum Ganzen Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rn. 711 ff. mit weiteren Nachweisen).

Diesen strengen Anforderungen an eine intensive Arbeitsplatzsuche hat der Beklagte auch unter Zugrundelegung seines eigenen Vorbringens nicht genügt. Die zur Akte gereichten Bewerbungsschreiben sind schon von ihrem Inhalt her so abgefasst, dass sich für einen Arbeitgeber von vornherein Zweifel aufdrängen, inwieweit sich der Beklagte überhaupt ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemüht. Die Betonung der gesundheitlichen Einschränkungen des Beklagten ist dazu geeignet, potenzielle Arbeitgeber abzuschrecken. Diese Umstände, selbst wenn sie arbeitsrechtlich grundsätzlich nicht verschwiegen werden dürfen, hätte der Beklagte einem etwaigen Vorstellungsgespräch vorbehalten können und müssen. Es bestand für ihn jedenfalls keine Veranlassung, sie in seinen Bewerbungsschreiben in den Vordergrund zu stellen und damit seine Eignung für die nachgesuchten Arbeitsstellen von vornherein selbst in Frage zu stellen.

Abgesehen davon handelt es sich bei den vom Beklagten vorgelegten Bewerbungsunterlagen fast ausnahmslos um so genannte Blindbewerbungen. Dass und gegebenenfalls wie er regelmäßig und kontinuierlich die gesamte einschlägige örtliche und überörtliche Tages- und Wochenpresse ausgewertet oder eigene Annoncen aufgegeben hätte, ist nicht dargelegt worden. Der Beklagte hat daher nicht den ihm obliegenden Nachweis für die ordnungsgemäße Erfüllung der zuvor dargelegten Voraussetzungen an eine intensive Arbeitsplatzsuche erfüllt. Folglich muss er sich ab 1/2007 fiktive Arbeitseinkünfte zurechnen lassen.

2.

Entgegen seiner Auffassung kann sich der Beklagte in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg auf gesundheitliche Einschränkungen berufen.

Der Beklagte hat lediglich drei ärztliche Atteste aus den Jahren 2004/2006 vorgelegt. Darin heißt es wörtlich:

- U.G. ist nicht geeignet, für Arbeit mit Hörverlustrisiko sowie mit erhöhter Anforderung an die Kommunikationsfähigkeit.

- Es besteht eine mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit bds.

- U.G. ist schwerhörig und trägt Hörgeräte.

Diese Atteste sind für sich genommen nicht aussagekräftig. Sie lassen auch nicht den Schluss auf eine gesundheitliche Unvermittelbarkeit bzw. krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit des Beklagten zu. Das gilt umso mehr angesichts der tatsächlichen Erwerbstätigkeit des Beklagten seit Anfang 2006, selbst wenn diese nur im Umfang eines so genannten Ein-Euro-Jobs durchgeführt worden ist. Abgesehen davon ist das Vorbringen des Beklagten zu etwaigen gesundheitlichen Einschränkungen, durch die er an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert wäre, nicht hinreichend substanziiert. Ein Unterhaltsverpflichteter kann sich nicht generell auf seine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit berufen. Vielmehr muss er im Einzelnen seine Krankheiten oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen, an denen er leidet, dartun sowie konkret vortragen, inwiefern und seit wann sich diese auf seine Erwerbsfähigkeit auswirken (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2001, 1291 ff.). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Beklagten nicht. Es fehlt insbesondere an einem konkreten Sachvortrag des Beklagten, wie und in welchem Umfang sich seine Hörprobleme im konkreten Fall auf seinen Beruf als Heizungsbauer/Schweißer oder auf eine sonstige Erwerbstätigkeit auswirken. Das Tragen eines Hörgerätes macht den Beklagten weder arbeits- noch erwerbsunfähig.

Der aktuell erlittene Bandscheibenvorfall des Beklagten spricht ebenfalls nicht gegen die Zurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte. Ein etwaiger krankheitsbedingter Arbeitsausfall wäre bei hinreichenden Arbeitsplatzbemühungen und Antritt einer vollschichtigen Arbeitsstelle bereits ab 1/2007 durch entsprechende Ansprüche des Beklagten auf Lohnfortzahlung bzw. Krankengeld ausgeglichen worden.

3.

Der Beklagte ist seiner Obliegenheit, sich um eine neue vollschichtige Arbeitsstelle zu bemühen, nicht hinreichend nachgekommen. Er muss sich daher ab 1/2007 erzielbare Nettoeinkünfte aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit fiktiv zurechnen lassen. Der Senat schätzt diese im Anschluss an die Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil gemäß § 287 ZPO auf bereinigt 1.300 € monatlich.

Der schulische und berufliche Werdegang des Beklagten stellt sich nach seinen Angaben wie folgt dar:

1972 - 1982 POS Abschluss 10. Klasse

1982 - 1984 Lehre Instandhaltungsmechaniker im Z...

1985 - 1986 Wehrdienst

1986 - 1989 Schlosser Z...

1989 - 1990 ABM Z...

1990 - 1996 Rohrleitungsmonteuer Fa. H... J... 1997 - 1998

Rohrleitungsmonteur P... Heizungsbau 1999 - 2001

Rohrleitungsmonteur M...-Montagen 2001 - 2006 arbeitssuchend

2006 - 31.3.2007 M...-Kraft Stadt P....

Zu berücksichtigen ist ferner, dass sich der Beklagte nach den eigenen vorgelegten Bewerbungsschreiben unter anderem für folgende Tätigkeiten bzw. Tätigkeiten in folgenden Bereichen beworben hat:

- Instandhaltungsmechaniker

- Rohrleitungsmonteur

- Rohranlagenmonteur

- Schweißer/Vorrichter

- Anlagenbau

- Stahl- und Maschinenbau

- Industrieanlagenbau

- Montagetechnik

- Straßen- und Tiefbau

- Tankanlagen und Energiebau

- Installations- und Verfahrenstechnik

- Rohrleitungs-, Stahl- und Behälterbau

- Anlagenbau und Haustechnik

- Heizungstechnik.

Es ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Beklagte diese Bewerbungen ernst gemeint hat. Das bedeutet, dass er selbst der Auffassung gewesen ist, dem Anforderungsprofil an eine entsprechende Stelle genügen zu können. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Beklagte trotz seiner vorgetragenen gesundheitlichen Einschränkungen jedenfalls tatsächlich zutraut, noch als Heizungsbauer, Schweißer etc. sowie in den anderen vorgenannten Bereichen arbeiten zu können. Daran muss er sich für die Bestimmung der fiktiven Einkommenshöhe festhalten lassen.

Ausweislich seiner vorgelegten Lohnsteuerkarte hat der Beklagte bereits im Kalenderjahr 1998 auf der Grundlage von Lohnsteuerklasse I/1,0 Kinderfreibetrag bei der Firma M...-Montagen ein bereinigtes Jahresnetto von gut 30.661 DM erzielt. Das entspricht umgerechnet rund 1.306 € im Monatsdurchschnitt. Vor diesem Hintergrund hält der Senat es für gerechtfertigt, dem Beklagten auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich bei ihm im Jahr 2007 letztlich um einen so genannten beruflichen Wiedereinsteiger handelte, auf der Grundlage von Steuerklasse III/0,5 Kinderfreibetrag ab 1/2007 im Anschluss an das Amtsgericht jedenfalls ein bereinigtes Monatsnettoeinkommen von 1.300 € fiktiv zuzurechnen.

4.

Im Kalenderjahr 2007 war der Beklagte neben der Klägerin seiner nicht erwerbstätigen neuen Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet. Es ist davon auszugehen, dass die Ehefrau bei einer entsprechenden Erwerbstätigkeit des Klägers und Erzielung eines Arbeitseinkommens in Höhe von bereinigt 1.300 € keinen oder allenfalls in geringerer Höhe Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gehabt hätte, als sie sie tatsächlich bezogen hat. Unter Berücksichtigung eines dem Beklagten gegenüber seiner Ehefrau nach Ziffer 21.4 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen OLG zuzubilligenden eheangemessenen Selbstbehalts von 915 € im Kalenderjahr 2007 verbleibt bei einem fiktiven Einkommen von 1.300 € für den Kindes- und Ehegattenunterhalt nur ein Betrag von 385 €. Das reicht zur Deckung des notwendigen Bedarfs der nach altem Recht im Kalenderjahr 2007 (bis zum 31.12.2007) gemäß § 1609 Abs. 2 BGB a. F. noch unterhaltsrechtlich gleichrangigen Klägerin und der Ehefrau des Beklagten nicht aus. Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte gegenüber seiner minderjährigen Tochter nur auf einen notwendigen Selbstbehalt von 820 € berufen kann. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer zweistufigen Mangelberechnung , denn auch seiner minderjährigen Tochter schuldet der Beklagte Unterhalt nur bis zur Grenze seiner (fiktiven) Leistungsfähigkeit. Die Mangelverteilung führt für das Jahr 2007 zu folgenden gekürzten Unterhaltsansprüchen der Klägerin (vgl. zu den Einzelheiten der Unterhaltszumessung im Mangelfall Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 112 ff.):

Bedarf Ehefrau: 710 €

Bedarf Klägerin (135 %): 364 € (von 1 bis 6/2007)

361 € (von 7 bis 12/2007)

Gesamtbedarf: 1.074 €/1.071 €

Verteilungsmaße: 385 €

Anspruch der Klägerin

in der 1. Stufe: 364 x 385 : 1.074 = aufgerundet 131 € (von 1 bis 6/2007)

361 x 385 : 1.071 = aufgerundet 130 € (von 7 bis 12/2007).

Die für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende Differenz aus den gegenüber der Ehefrau und der Tochter zu berücksichtigenden unterschiedlichen Selbstbehaltsbeträgen von (915 € -820 € =) 95 € kommt der Klägerin zugute. Das führt zu folgender Berechnung eines gekürzten Unterhaltsanspruchs der Klägerin in der 2. Stufe:

131 € + 95 € = 226 € (von 1 bis 6/2007) 130 € + 95 € = 225 € (von 7 bis 12/2007)

5.

Unstreitig hat der Beklagte für die Monate 1 bis 3/2007 jeweils 150 € tatsächlich geleistet.

Diese Zahlungen sind anzurechnen.

ab 1/2008

Auf Grund der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsreform bedarf es seither keiner Mangelfallberechnung mehr. Seit dieser Zeit geht die Klägerin gemäß § 1609 Nr. 1 BGB der Ehefrau des Beklagten unterhaltsrechtlich im Rang vor. Das bedeutet, dass der Unterhaltsanspruch der minderjährigen Tochter vollständig zu erfüllen ist, bevor der Unterhaltsanspruch der Ehefrau zum Tragen kommt.

Bei einem fiktiven Monatsnettoeinkommen von bereinigt 1.300 € und einem zum 1.1.2008 auf 900 € angestiegenen notwendigen Selbstbehalt ist der Beklagte jedenfalls in Höhe des vom Amtsgericht ausgeurteilten Unterhalts von monatlich 288 € leistungsfähig. Allerdings hat die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 29.1.2008 eine Heraufsetzung ihres Unterhalts auf 288 € beansprucht. Dieser Schriftsatz ist dem Beklagten in 2/2008 zugegangen. Die Klägerin kann daher für 1/2008 nur 269 € und erst ab 2/2008 monatlich 288 € beanspruchen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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