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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.04.2003
Aktenzeichen: 10 UF 57/03
Rechtsgebiete: RegelbetragVO, UnterhaltstitelanpassungsG, ZPO, BGB


Vorschriften:

RegelbetragVO § 2 der
UnterhaltstitelanpassungsG § 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 655 Abs. 3
ZPO § 655 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 655 Abs. 5
ZPO § 655 Abs. 5 Satz 2
BGB § 1612 b
BGB § 1612 c
BGB § 1612 b Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
10 UF 57/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 6. Dezember 2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schwedt vom 30. Oktober 2002 durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter

am 17. April 2003

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragsgegner hat an den Antragsteller folgenden monatlichen Unterhalt zu zahlen:

- 125 % des jeweiligen Regelbetrag der zweiten Altersstufe nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung abzüglich anzurechnenden anteiligen Kindergeldes von 48,57 € für die Zeit von Januar bis Juni 2001,

- 125 % des jeweiligen Regelbetrag der zweiten Altersstufe nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung abzüglich anzurechnenden anteiligen Kindergeldes von 48,06 € für die Zeit von Juli bis Dezember 2001,

- 125 % des jeweiligen Regelbetrag der zweiten Altersstufe nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung abzüglich anzurechnenden anteiligen Kindergeldes von 48,57 € für die Zeit ab Januar 2002.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 300 € festgesetzt.

Gründe:

Das als Erinnerung bezeichnete Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gemäß §§ 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz, 655 Abs. 5 ZPO anzusehen und als solche zulässig. Insbesondere kann trotz der Verweisung in § 655 Abs. 5 Satz 2 ZPO auf § 655 Abs. 3 ZPO das Rechtsmittel von beiden Parteien, also auch vom Antragsteller, eingelegt werden (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 655, Rz. 22).

Die sofortige Beschwerde ist nur zum Teil begründet. Die vom Amtsgericht vorgenommene Kindergeldanrechnung ist geringfügig abzuändern. Soweit der Antragsteller mit dem Rechtsmittel erstmals eine Unterhaltsfestsetzung auch für die 3. Altersstufe verlangt, handelt es sich um eine im Beschwerdeverfahren unzulässige Antragserweiterung.

Gemäß § 655 Abs. 5 Satz 2 ZPO i. V. m. § 655 Abs. 3 Satz 1 ZPO können Einwendungen gegen die Berechnung des Betrages der nach den §§ 1612 b, 1612 c BGB anzurechnenden Leistungen, also insbesondere gegen die Kindergeldanrechnung, nach § 1612 b BGB geltend gemacht werden. Die diesbezügliche Einwendung des Antragstellers ist jedoch nur zu einem geringen Teil begründet.

Das Amtsgericht hat vom 1.1.2001 an bis zum 9.4.2004 Unterhalt in Höhe von 125 % des jeweiligen Regelbetrages der 2. Altersstufe abzüglich eines anzurechnenden anteiligen Kindergeldes in Höhe von 48,57 € festgesetzt. Dass das Amtsgericht den Unterhalt durchgehend dynamisiert festgesetzt und nicht, wie es geboten wäre, den Unterhalt bis zum In-Kraft-Treten der nächsten Änderung der Regelbetrag-Verordnung, also bis zum 1.7.2003, beziffert hat (vgl. hierzu Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, § 1, Rz. 307), kann, da nicht angefochten, auf sich beruhen. Das Amtsgericht hätte aber im Hinblick darauf, dass schon während des Unterhaltszeitraums bis zum 1.7.2003 unterschiedliche Regelbeträge galten, eine nach Zeitabschnitten differenzierende Kindergeldanrechnung vornehmen müssen.

Der Regelbetrag (Ost) für die 2. Altersstufe belief sich am 1.1.2001 auf 392 DM, sodass 125 % des Regelbetrages 490 DM ergeben. Gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB unterbleibt eine Kindergeldanrechnung, soweit der Unterhaltspflichtige außer Stande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten.

135 % des Regelbetrages von 392 DM ergeben 530 DM. Dieser Betrag wird mit dem festgesetzten Unterhalt von 490 DM um 40 DM unterschritten. Eine Anrechnung des hälftigen Kindergeldes von damals 135 DM findet daher in Höhe von 95 DM (= 135 DM - 40 DM) statt. Das sind 48,57 €, also genau der Kindergeldanteil, der im angefochtenen Beschluss festgesetzt ist. Insoweit bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg.

Ab 1.7.2001 belief sich der Regelbetrag (Ost) für die 2. Altersstufe auf 411 DM. 125 % des Regelbetrages machen 514 DM aus, 135 % des Regelbetrages 555 DM. In Höhe der Differenz dieser beiden Beträge, also in Höhe von 41 DM, unterbleibt die Kindergeldanrechnung. Es ist daher Kindergeld in Höhe von 94 DM (= 135 DM - 41 DM) anzurechnen. Das sind 48,06 € und damit ein geringfügig niedrigerer Betrag als vom Amtsgericht mit 48,57 € festgesetzt. Insoweit hat das Rechtsmittel Erfolg. Denn eine geringere Anrechnung des Kindergeldes führt zu einem höheren Zahlbetrag, kommt also dem unterhaltsberechtigten Antragsteller zugute.

Für die Zeit ab Januar 2002 ist von einem Regelbetrag von 211 € auszugehen. Der festgesetzte Unterhalt von 125 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe macht 264 € aus, während sich 135 % des Regelbetrages auf 285 € stellen. In Höhe der Differenz von 21 € unterbleibt die Kindergeldanrechnung. Es ist daher Kindergeld von 56 € (= 77 € - 21 €) anzurechnen. Dieser Betrag liegt höher als vom Amtsgericht angenommen. Eine höhere Kindergeldanrechnung würde den Unterhaltsanspruch des Antragstellers verkürzen. Eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung kommt insoweit nicht in Betracht. Denn es gilt das Verbot der so genannten reformatio in peius, das Verschlechterungsverbot (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 572, Rz. 39).

Zu Unrecht verlangt der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde, dass das Kindergeld allgemein gemäß § 1612 b BGB anzurechnen sei, weil die vorgenommene Bezifferung für ihn bei der Vollstreckung von Rückständen zu Nachteilen führe. Denn eine Dynamisierung des Kindergeldes, wie sie dem Antragsteller offenbar vorschwebt, widerspricht dem Bestimmtheitsgebot von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und kann deshalb nicht verlangt werden (vgl. näher Schael, FPR 2002, 40, 43 f.; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, § 1, Rz. 307).

Schließlich ist das Rechtsmittel unbegründet, soweit eine Unterhaltsfestsetzung für die 3. Altersstufe verlangt wird. Der Antragsteller hat ursprünglich beantragt, den bestehenden Unterhaltstitel dahin abzuändern, dass für die Zeit vom 1.1.2001 bis zum 9.4.2004 125 % des jeweiligen Regelbetrages der 2. Altersstufe zu zahlen seien. Diesem Begehren hat das Amtsgericht in vollem Umfang entsprochen. Erstmals mit der sofortigen Beschwerde hat er darüber hinaus beantragt, Unterhalt in Höhe von 125 % der jeweiligen Regelbeträge auch für die 3. Altersstufe festzusetzen. Demnach liegt eine Antragserweiterung vor. Diese kann mit der sofortigen Beschwerde, mit der nur die in § 655 Abs. 3 ZPO bezeichneten Einwendungen und die Unrichtigkeit der Kostenfestsetzung geltend gemacht werden können, nicht verlangt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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