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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.11.2006
Aktenzeichen: 10 UF 8/05
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, BGB
Vorschriften:
ZPO § 621 e | |
FGG § 53 b Abs. 1 | |
BGB § 1587 o Abs. 1 | |
BGB § 1587 o Abs. 1 Satz 2 | |
BGB § 1587 o Abs. 2 Satz 1 | |
BGB § 1587 o Abs. 2 Satz 2 | |
BGB § 1587 o Abs. 2 Satz 3 | |
BGB § 1587 o Abs. 2 Satz 4 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
10 UF 8/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In der Familiensache
hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr
am 21. November 2006
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 20. Dezember 2004 abgeändert.
Von dem Versicherungskonto Nummer ... der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... wird eine angleichungsdynamische Rentenanwartschaft von monatlich 84,09 €, bezogen auf den 30. Juni 2004, auf das Versicherungskonto Nummer ... des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung N... übertragen.
Der Monatsbetrag der zu übertragenden angleichungsdynamischen Anwartschaft ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.
Ein weitergehender Versorgungsausgleich findet nicht statt.
Die Vereinbarung der Parteien vom 15. Dezember 2004 über den teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs wird familiengerichtlich genehmigt.
Die Kosten beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe:
Die gemäß § 621 e ZPO zulässige befristete Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet und führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Diese erfolgt ohne die in § 53 b Abs. 1 FGG vorgesehene mündliche Verhandlung. Den Beteiligten ist rechtliches Gehör gewährt worden, der Sachverhalt ist hinreichend aufgeklärt und eine Einigung nicht zu erwarten, sodass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann (vgl. Keidel/Weber, FGG, 15. Aufl., § 53 b, Rz. 5).
Die Vereinbarung der Parteien vom 15.12.2004, mit der sie den Versorgungsausgleich teilweise ausgeschlossen haben, wird gemäß § 1587 o Abs. 2 Satz 3 BGB familienrechtlich genehmigt.
Gemäß § 1587 o Abs. 1 BGB können die Parteien im Zusammenhang mit der Scheidung eine Vereinbarung über den Ausgleich von Versorgungsanwartschaften schließen. Das Gesetz hat den Grundsatz der Vertragsfreiheit insoweit nicht aufgehoben, sondern ihn lediglich in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt. Soweit eine notarielle Beurkundung bzw. ein gerichtlicher Vergleich zu Protokoll erforderlich ist und keine Vereinbarung zulasten der Versorgungsträger getroffen werden darf, § 1587 o Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 1 Satz 2 BGB, gibt die in Rede stehende Vereinbarung keinen Anlass zur Beanstandung.
Durch das außerdem als dritte Schranke eingeführte Erfordernis einer gerichtlichen Genehmigung, § 1587 o Abs. 2 Satz 3 und 4 BGB, soll nach den im Gesetzgebungsverfahren hervorgetretenen Absichten (vgl. dazu BVerfG, NJW 1982, 2365) verhindert werden, dass der sozial schwächere Ehegatte bei einer Vereinbarung unter dem Druck der Scheidungssituation übervorteilt wird. Es ist jedoch nicht Sinn der Vorschrift, die Vertragsfreiheit der Ehegatten noch weiter einzuschränken, wenn die Erfüllung dieser Schutzfunktion gesichert ist (vgl. BGH, FamRZ 1994, 234 ff, 235/236). Die erforderliche familiengerichtliche Genehmigung soll daher nur verweigert werden, § 1587 o Abs. 2 Satz 4 BGB, wenn unter Einbeziehung der Unterhaltsregelung und der Vermögensauseinandersetzung die vereinbarte Leistung offensichtlich (vgl. insoweit BGH, NJW 1982, 1363) nicht zur Sicherung des Berechtigten geeignet ist oder zu keinem nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten führt. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich weiterhin, dass ein Rechtsanspruch auf Genehmigung besteht, soweit die gesetzlichen Versagungsgründe und der dargelegte Schutzzweck der Norm nicht eingreifen (vgl. BGH, FamRZ 1994, 234 ff., 235/236; KG, FamRZ 2000, 1157 ff., 1158). Auch ein ausgleichsloser Verzicht steht der familiengerichtlichen Genehmigung dann nicht entgegen, wenn die Angemessenheitsprüfung zu dem Ergebnis führt, dass der Ausgleichsberechtigte auf den ihm an sich zustehenden Zuwachs an Versorgungsanrechten nicht angewiesen ist, etwa im Falle beiderseitiger Berufstätigkeit (vgl. KG, a.a.O.; OLG Oldenburg, FamRZ 1995, 744; Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1587 o, Rz. 14). Im Hinblick auf diese Grundsätze ist die Vereinbarung der Parteien über den teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu genehmigen.
Der ausgleichsberechtigte Antragsteller, der während der Ehe ebenso wie die Antragsgegnerin durchgehend berufstätig war, ist nicht auf den ihm an sich zustehenden Zuwachs an Versorgungsanrechten angewiesen und hat sich, auch wenn der Versorgungsausgleich entsprechend der Vereinbarung der Parteien teilweise ausgeschlossen wird, einen hinreichenden Grundstock für seine Altersversorgung geschaffen. Wie sich aus der weiterhin gültigen Auskunft der Deutschen Rentenversicherung N... vom 14.10.2004 ergibt, hat der Antragsteller bis zu dem am 30.6.2004 eingetretenen Ehezeitende eine Gesamtanwartschaft von 392,86 €, wovon insgesamt 345,38 € auf die Ehezeit vom 1.3.1981 bis zum 30.6.2004 entfallen, erworben. Die Antragsgegnerin hat nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung ... vom 1.2.2006 eine Gesamtanwartschaft von 766,32 € und einen Ehezeitanteil von insgesamt 714,63 € erlangt. Dieser Unterschied beruht zum Teil darauf, dass der Antragsteller nach dem dargestellten Versicherungsverlauf in der Zeit vom 1.1.1998 bis zum 31.1.2001 keine Anwartschaften erarbeitet hat. Dementsprechend ist die Differenz der Versorgungsanwartschaften, lässt man die Zeit vom 1.1.1998 bis zum 30.6.2004 außer Acht, erheblich geringer. Laut Auskunft der Deutschen Rentenversicherung N... vom 9.3.2006 stellt sich der so ermittelte Ehezeitanteil des Antragstellers auf 286,46 €, derjenige der Antragsgegnerin laut Auskunft der Deutschen Rentenversicherung ... vom 1.2.2006 auf 454,64 €. Daraus wird deutlich, dass der Antragsteller nicht in dem Maße auf den Zuwachs von Versorgungsanwartschaften angewiesen ist, wie es die Zahlen nahe legen. Denn die von ihm erworbenen Anwartschaften sind nicht erheblich niedriger als diejenigen der Antragsgegnerin. Der Ehezeitanteil erreicht denjenigen der Antragsgegnerin auch deshalb nicht, weil der Antragsteller während der Ehe gut drei Jahr lang keine Anwartschaften erarbeitet hat.
Zudem ist dem Antragsteller auch unter Berücksichtigung der Vereinbarung der Parteien, wonach die in der Zeit vom 1.1.1998 bis zum 30.6.2004 erworben Anwartschaften außer Betracht bleiben sollen, eine Anwartschaften zu übertragen. Lässt man die in der Zeit vom 1.1.1998 bis zum 30.6.2004 erworbenen Anwartschaften der Parteien außer Acht, steht der Anwartschaft des Antragstellers von 286,46 € eine solche der Antragsgegnerin von 454,64 € gegenüber. Es ergibt sich zugunsten des Antragstellers ein Ausgleichsbetrag von 84,09 € [ = (454,64 € - 286,46 €) : 2]. Ihm steht dann eine Gesamtanwartschaft von 476,95 € (= 292,86 € + 84,09 €) zu. Berücksichtigt man, dass der am 31.10.1960 geborene Antragsteller bei Ehezeitende noch rd. 20 Berufsjahre vor sich hatte, in denen er weitere Anwartschaften erarbeiten kann, stellt sich die bereits erworbene Anwartschaft als hinreichender Grundstock für eine Altersversorgung dar.
Hinzu kommt, dass ein Verzicht auch dann zulässig ist, wenn und soweit der Versorgungsausgleich ohnehin ausgeschlossen wäre, wobei auch unterhalb der Schwelle des Ausschlusstatbestandes des § 1587 c BGB persönliche Billigkeitswertungen der Ehegatten beachtlich sind (vgl. BGH, FamRZ 1982, 471 ff, 472). Die im Rahmen der Genehmigung nach § 1587 o Abs. 2 BGB anzustrengenden Erwägungen erfordern neben der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien regelmäßig die Ermittlung und Würdigung derjenigen Umstände, welche die Parteien zum Abschluss der Vereinbarung bewogen haben (vgl. BGH, a.a.O.). Es kommt darauf an, ob der Zweck des Genehmigungserfordernisses eingreift, den Ehegatten mit den geringeren Versorgungsanwartschaften vor Übervorteilung zu schützen. So kann von einer Übervorteilung etwa auch dann nicht gesprochen werden, wenn ein Ehegatte auf ihm an sich zustehende Versorgungsanrechte im Hinblick auf Umstände verzichtet, die im Rahmen der Härteregelung nach § 1587 c BGB zu berücksichtigen wären, aber für sich gesehen nicht für die Annahme der groben Unbilligkeit ausreichen. In derartigen Fällen kann die hierin liegende persönliche Wertung des Ehegatten billigenswert sein, zumal der Härteregelung des Gesetzes der Rechtsgedanke zugrunde liegt, dass die strikte Durchführung des Versorgungsausgleiches im Einzelfall Gesichtspunkten der Billigkeit zu weichen hat (vgl. BGH, NJW 1982, 1464 ff, 1466).
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich der Antragsteller nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin aus der Ehe heraus jedenfalls im Jahr 1999 einer anderen Partnerin zugewendet hat, mit ihr nach der endgültigen Trennung im Sommer 2000 zusammengezogen ist und mit dieser ein Kind hat, das noch vor Ehescheidung geboren worden ist. Der Antragsteller hat nach der Trennung keinen Unterhalt für die gemeinsamen Kinder St..., geboren am ...1981, und C..., geboren am ...1986, geleistet, sodass die Antragsgegnerin deren Bedarf aus ihren Einkünften bestreiten musste. Dies hat die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 14.12.2004 vorgetragen. Der Antragssteller hat diesen Schriftsatz im Termin vom 15.12.2004 erhalten und alsdann mit der Antragsgegnerin die Vereinbarung über den teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs geschlossen. Er hat also erkennbar eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs im Hinblick auf dieses Verhalten für billig erachtet. Eine Übervorteilung des anwaltlich vertretenen ausgleichsberechtigten Antragstellers ist nicht ersichtlich.
Daher ist der Versorgungsausgleich entsprechend der Vereinbarung vom 15.12.2004 durchzuführen. Gemäß deren Nr. 1 sind die in der Zeit vom 1.1.1998 bis zum 30.6.2004 erlangten Anwartschaften außer Acht zu lassen. Die Anwartschaft des Antragstellers bei der H... Pensionsverwaltung ist daher nicht zu berücksichtigen. Denn der Versicherungsbeginn liegt nach dem genannten Zeitpunkt, nämlich am 1.1.2003. Die Anwartschaft der Antragsgegnerin bei der K... Pensionskasse V... - V... - ist ungeachtet von Nr. 2 der Vereinbarung vom 15.12.2004 schon deshalb nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, weil sie noch nicht unverfallbar ist. Auf der Grundlage der Anwartschaften der Parteien bei der Deutschen Rentenversicherung N... bzw. der Deutschen Rentenversicherung ... ergibt sich der oben berechnete Versorgungsausgleich. Vom Versicherungskonto der Antragsgegnerin ist auf dasjenige des Antragstellers ein Betrag von 84,09 € zu übertragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus 93 a ZPO.
Ende der Entscheidung
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