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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.09.2006
Aktenzeichen: 10 UF 96/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 323
BGB § 313
BGB § 1569
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

10 UF 96/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 12.09.2006

Verkündet am 12.09.2006

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein

auf die mündliche Verhandlung vom 22. August 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Perleberg vom 12. April 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 1.950 € festgesetzt.

Gründe:

Die Parteien streiten über die Abänderung von tituliertem nachehelichen Unterhalt ab 1/2006.

Die im Oktober 1957 geborene Klägerin und der im Juli 1959 geborene Beklagte waren Eheleute. Ihre Ehe ist rechtskräftig geschieden. In einem vorangegangenen Verfahren (14 F 193/03) schlossen die Parteien vor dem Amtsgericht Meldorf am 10.6.2004 unter anderem über den nachehelichen Unterhalt einen Prozessvergleich mit folgendem Wortlaut:

"III. Die Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 150,00 € zu zahlen, zahlbar monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines Monats, beginnend ab 01.07.2004.

IV. Grundlage der Unterhaltsvereinbarung ist ein monatliches Einkommen des Klägers aus Krankengeld bzw. Arbeitslosengeld in Höhe von 700,00 €, ein Einkommen der Beklagten in Höhe von 1.500,00 €."

Der Beklagte war bei Vergleichsabschluss und ist bis heute arbeitslos. Die Klägerin arbeitet vollschichtig. Im September 2005 erwarb sie ein Einfamilienhaus in H..., in dem sie heute wohnt.

Die Klägerin hat in erster Instanz im Wege der Abänderungskläger begehrt, den Wegfall ihrer Verpflichtung zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt an den Beklagten aus dem Prozessvergleich vom 10.6.2004 ab 1/2006 festzustellen, hilfsweise hat sie Auskunft über die aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten verlangt. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Abänderungsklage als unzulässig (mangels Änderung der bei Vergleichsabschluss maßgeblichen Verhältnisse) und den Hilfsantrag der Klägerin als unbegründet (wegen vollständiger Erfüllung ihres Auskunftsbegehrens) abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie insbesondere geltend macht:

Die Verhältnisse hätten sich vor allem durch den Erwerb ihres Einfamilienhauses so verändert, dass sie auf Grund ihrer Kreditverpflichtungen auch unter Berücksichtigung eines Wohnvorteils nicht mehr leistungsfähig sei. Es sei unzumutbar, zur Sicherung des Unterhaltsanspruchs des Beklagten auf diese Eigentumsbildung zu verzichten, zumal diese ihrer Altersvorsorge diene.

Der Beklagte sei nicht mehr krankheitsbedingt arbeitsunfähig, sodass er sich wegen Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit ein fiktives Erwerbseinkommen zurechnen lassen müsse. Ferner sei sein Bedarf wegen des Zusammenlebens mit seiner neuen Lebensgefährtin zu kürzen. Davon abgesehen verfüge der Beklagte tatsächlich über ausreichende Einkünfte in Form von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In jedem Fall stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Unterhaltsforderung zu, weil der Beklagte nicht dargelegt habe, warum er nicht arbeite und selbst für seinen Unterhalt sorge.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Vergleich des Amtsgerichts Meldorf vom 10.6.2004 - 14 F 193/03 - zu Ziff. III dahingehend abzuändern, dass sie an den Beklagten ab dem 1.1.2006 keinen laufenden nachehelichen Ehegattenunterhalt mehr zu zahlen hat, und den Beklagten zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs an sie herauszugeben.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung und hält die von der Klägerin einkommensmindernd geltend gemachten Positionen nicht für abzugsfähig.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches Auskunftsbegehren nicht weiterverfolgt. Außerdem haben beide Parteien insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Es ist daher im Rahmen der zulässigen Berufung nur noch über die Abänderungsklage der Klägerin zu entscheiden. Diese ist zwar zulässig aber unbegründet, sodass das Rechtsmittel der Klägerin ohne Erfolg bleibt.

1.

Der dem Abänderungsverlangen zu Grunde liegende Lebenssachverhalt, auf den die Klägerin ihren Anspruch stützt, ist die seit Abschluss des Unterhaltsvergleichs (10.6.2004) wesentlich veränderte Einkommenssituation der Parteien. Das reicht für die Zulässigkeit der Abänderungsklage aus. Diese ist danach entgegen der Auffassung des Amtsgerichts zu bejahen. Ob die von der Klägerin schlüssig vorgetragenen Tatsachen ihren Abänderungsantrag rechtfertigen, ist (erst) eine Frage der Begründetheit.

2.

Im Rahmen der zulässigen Klage auf Abänderung des am 10.6.2004 geschlossenen Prozessvergleichs ist keine Anpassung, sondern eine Neuberechnung des Unterhalts vorzunehmen.

Bei einem Prozessvergleich erfolgt eine Abänderung nicht nach Maßgabe des § 323 ZPO, sondern den in § 313 BGB niedergelegten Grundsätzen über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Ob eine solche Änderung eingetreten ist, richtet sich nach dem Parteiwillen als dem Geltungsgrund des Vergleichs. Ist in den danach maßgeblichen Verhältnissen seit Abschluss des Vergleichs eine Änderung eingetreten, so muss die gebotene Anpassung der getroffenen Regelung an die veränderten Verhältnisse nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen. Haben sich diese Grundlagen allerdings so tief greifend geändert, dass dem Parteiwillen für die vorzunehmende Änderung kein hinreichender Anhaltspunkt mehr zu entnehmen ist, kann in Betracht kommen, die Abänderung ausnahmsweise ohne fortwirkende Bindung an die (unbrauchbar gewordenen) Grundlagen des abzuändernden Vergleichs vorzunehmen und - im Fall einer Unterhaltsregelung - den Unterhalt wie bei einer Erstfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften zu bemessen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2001, 1140/1142). Entsprechendes gilt, wenn sich dem Vergleich nicht verlässlich entnehmen lässt, auf welcher Geschäftsgrundlage er abgeschlossen worden ist. Dies gilt namentlich dann, wenn sich die Berechnung des im Vergleich titulierten Unterhalts unter Zugrundelegung der verschiedenen Faktoren nicht (mehr) nachvollziehen lässt. In einem solchen Fall bleibt nur die Möglichkeit, den nunmehr geschuldeten Unterhalt - wie bei einer Erstfestsetzung - nach den gesetzlichen Vorschriften neu zu bemessen. Eine Bindung durch oder an den Prozessvergleich kommt dann nicht in Betracht (vgl. hierzu BGH, a.a.O., S. 1143). So liegt der Fall hier.

Der von den Parteien am 10.6.2004 geschlossene Prozessvergleich gibt unter Ziff. IV. nur die beiderseitigen Einkünfte wieder. Ob und welche Abzugspositionen bei der Unterhaltsberechnung im Einzelnen berücksichtigt worden sind, wird in dem Vergleich selbst nicht festgeschrieben. Dies ist auch weder aus dem Protokoll noch aus der Gerichtsakte des Vorprozesses erkennbar. Ebenso wenig lassen sich aus dem beiderseitigen Vorbringen der Parteien hinreichend konkrete Berechnungsmaßstäbe im Hinblick auf ihre Einigung in dem Vorprozess über die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs des Beklagten von monatlich 150 € herleiten.

Da mithin nicht hinreichend verlässlich festgestellt werden kann, auf welcher Geschäftsgrundlage im Einzelnen der Prozessvergleich am 10.6.2004 abgeschlossen worden ist, bemisst sich der nacheheliche Unterhaltsanspruch des Beklagten nunmehr ausschließlich nach materiellem Unterhaltsrecht wie bei einer Neuberechnung des Ehegattenunterhalts.

3.

Die für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Einkommensverhältnisse der Klägerin stellen sich im Abänderungszeitraum wie folgt dar:

a)

Ausweislich der vorgelegten Verdienstabrechnung 12/2005 hat die Klägerin im Kalenderjahr 2005 ein Jahresnettoeinkommen von 18.486,11 € erzielt. Dieses ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte für das Jahr 2006 fortzuschreiben.

Hinzuzurechnen ist die mit Bescheid vom 14.6.2006 in Höhe von 764,79 € festgesetzte Steuererstattung. Ferner ist der Klägerin nach der neuen BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH, FamRZ 2005, 1818/1821) zuzubilligen, einen Betrag von bis zu 4 % ihres Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als zusätzliche Altersvorsorge einkommensmindernd in Ansatz zu bringen. Es errechnet sich danach für das Jahr 2006 ein Betrag von (29.733,38 € x 4 % =) 1.189,34 €. Die (48 Jahre alte) Klägerin sorgt in der Weise zusätzlich für ihr Alter, dass sie im September 2005 ein neues Einfamilienhaus erworben hat und erhebliche Wohnkosten einsparen wird, wenn sie die Zurückführung der Kreditverpflichtungen erfolgt ist. Das kommt ihr auch im Alter zugute und stellt, wie von ihr geltend gemacht, eine unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähige zusätzliche Altersvorsorge der Klägerin dar (vgl. hierzu BGH, a.a.O., S. 1822).

Es errechnet sich somit unterhaltsrechtlich ein Nettoeinkommen der Klägerin ab 1/2006 von [(18.486,11€ + 764,79 € - 1.189,34 €) : 12 =] rund 1.505 € im Monatsdurchschnitt.

b)

Zu Gunsten der Klägerin kann unterstellt werden, dass entsprechend ihrer Auflistung berufsbedingte Fahrtkosten von 172,50 € sowie eine ehebedingte Kreditzahlung von 65,00 € in Abzug zu bringen sind und sich ihr anrechenbares Einkommen damit auf 1.267,50 € reduziert.

c)

Weitergehende Positionen sind dagegen nicht abzugsfähig.

Entgegen der Auffassung der Klägerin stellen Zahlungen auf rückständigen Unterhalt keine abzugsfähigen Positionen im Rahmen der Berechnung des laufenden Unterhaltsanspruchs dar. Andernfalls müsste der Unterhaltsberechtigte seinen eigenen rückständigen Unterhalt mittelbar mitfinanzieren.

Entsprechendes gilt für die von der Klägerin in Ansatz gebrachte Ratenzahlung auf Gerichtskosten aus dem Scheidungsverfahren der Parteien (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 1, Rn. 636 ff).

Die für den Erwerb des neuen Eigenheims im September 2005 aufzuwendenden Hausbelastungen der Klägerin sind ebenfalls nicht abzugsfähig, soweit diese die von ihr für die zusätzliche Altersvorsorge unter a) bereits mit 4 % des Jahresbruttoeinkommens 2005 in Ansatz gebrachten Aufwendungen übersteigen. In diesem weitergehenden Umfang handelt es sich nicht um eheprägende Verpflichtungen, sondern um eine neue Vermögensbildung. Diese kann die Klägerin dem Beklagten unterhaltsrechtlich nicht entgegenhalten.

Allerdings haben nach Aktenlage und insbesondere ausweislich der Schriftsätze im Vorprozess die Parteien während ihres ehelichen Zusammenlebens mietfrei im eigenen Haus gewohnt. Mit der Veräußerung des Hauses im Jahr 2003 ist neben der entsprechenden Kreditbelastung auch der frühere Wohnvorteil ersatzlos entfallen. Zwar kann letzterer sein Surrogat in den Nutzungen finden, wenn ein Ehepartner solche aus dem Erlös seines Miteigentumsanteils am ursprünglichen gemeinsamen Familienheim zieht. Dann setzt sich der eheprägende Wohnvorteil an dem gemeinsamen Haus gegebenenfalls in dem Vorteil fort, welcher ein Ehepartner aus dem mietfreien Wohnen in seinem neuen Eigenheim zieht (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2001, 1140/1142). Nur im Fall einer solchen Fortsetzung des eheprägenden Wohnvorteils kommt der Ansatz neuer Eigenheimfinanzierungskosten in Betracht. Daran fehlt es jedoch im Streitfall.

Wie sich aus der vom Senat beigezogenen Akte des Vorprozesses ergibt, wurde an beide Parteien aus dem Verkauf des gemeinsamen Hauses im Sommer 2003 ein Erlös von jeweils rund 10.250 € ausgekehrt. Unstreitig hat die Klägerin hiervon Hausratsgegenstände und Wohnungsgenossenschaftsanteile im Gesamtwert von rund 10.300 € gekauft und damit das gesamte Geld gerade verbraucht. Es handelt sich folglich bei dem neuen Hauskauf aus September 2005 um eine neue, nicht eheprägende Vermögensbildung der Klägerin, die sich der Beklagten unterhaltsrechtlich nicht entgegenhalten lassen muss.

Sonstige Abzugspositionen macht die Klägerin selbst nicht geltend.

4.

Zur Frage der Erwerbsobliegenheit des seinerzeit und bis heute arbeitslosen Beklagten enthält weder der Vergleich vom 10.6.2004 noch das Protokoll Angaben. Auch insoweit kommt daher materielles Unterhaltsrecht zur Anwendung.

Wie sich aus dem Widerspruchsbescheid der früheren LVA S... vom 3.12.2003 ergibt, ist der (47 Jahre alte) Beklagte trotz seiner Diabeteserkrankung und bestehender gesundheitlicher Einschränkungen zur Verrichtung folgender Tätigkeiten in der Lage:

Leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen 6 Stunden und mehr, ohne längere Anmarschwege (zumutbar 1200 m), ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Bücken, ohne Überkopf- und Vorhaltetätigkeit des linken Armes, ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne besondere Gefährdung durch Lärm.

Hiernach muss von einer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit des Beklagten ausgegangen werden. Zu etwaigen Arbeitsbemühungen ist nichts vorgetragen worden. Solche sind von dem Beklagten auch tatsächlich nicht bzw. in nicht ausreichendem Umfang unternommen worden, wie er im Senatstermin eingeräumt hat. Der Beklagte hat daher gegen seine aus dem Grundsatz der Eigenverantwortung jedes Ehegatten nach der Scheidung gemäß § 1569 BGB folgende Erwerbsobliegenheit verstoßen. Da die Klägerin keine abweichenden Behauptungen aufgestellt hat, muss im Rahmen der Einkommenszurechnung der eingeschränkten Arbeitsfähigkeit des Beklagten im Umfang der vorstehend wiedergegebenen Feststellungen in dem LVA-Widerspruchsbescheid aus dem Jahr 2003 Rechnung getragen werden. Auf dieser Grundlage geht der Senat davon aus, dass der Beklagte mit einer seinen gegenwärtigen Fähigkeiten, Möglichkeiten und Neigungen entsprechenden vollschichtigen leichten Arbeit nicht in der Lage wäre, ein höheres bereinigtes Monatseinkommen als 900 € zu erzielen. Er muss sich daher wegen Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit für ihn erzielbare Erwerbseinkünfte in dieser Höhe fiktiv zurechnen lassen.

5.

Unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Einkommens der Klägerin und einer fiktiven Einkommenszurechnung wegen Erwerbsobliegenheitsverletzung auf Seiten des Beklagten beläuft sich sein monatlicher Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) rechnerisch auf (1.267,50 € - 900 €) x 3/7 = 157,50 €.

Demgegenüber ist in dem Prozessvergleich vom 10.6.2004 lediglich ein geschuldeter Unterhalt von 150 € monatlich tituliert. Der der Klägerin gegenüber dem Beklagten zustehende Mindestselbstbehalt, der im Regelfall in der Mitte zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt angesetzt werden kann (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2006, 683/ 684), bleibt bei einer entsprechenden Unterhaltspflicht gewahrt. Er beläuft sich nach den für den Wohnort der Klägerin maßgebenden Unterhaltsleitlinien des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Stand 1.7.2005) auf monatlich 990 €. Die Klägerin ist daher weiterhin zur Zahlung eines Aufstockungsunterhalts (§ 1573 Abs. 2 BGB) an den Beklagten in Höhe von monatlich 150 € verpflichtet.

Eine von der Klägerin unter dem Gesichtspunkt von Haushaltsersparnissen infolge des Zusammenlebens des Beklagten mit einer neuen Partnerin geltend gemachte Bedarfsminderung kommt nicht in Betracht. Eine solche scheidet in Fällen, in denen Ehegattenunterhalt in Höhe der (3/7-) Quote berechnet wird und geleistet werden kann, grundsätzlich aus. Denn der danach geschuldete Unterhalt ist bereits unter Einschluss der mit einem Zusammenleben in einer Haushaltsgemeinschaft (während der Ehe) verbundenen Vorteile bemessen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1995, 344/ 346). Ebenso wenig ergeben sich durch das Zusammenleben Auswirkungen auf die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit des Beklagten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seiner neuen Partnerin Versorgungsleistungen erbringt oder tatsächlich Zuwendungen von ihr erhält als Entgelt für Haushaltsführung oder sonstige Versorgungsleistungen.

Nach alldem kann die Klägerin mit ihrem Abänderungsbegehren nicht durchdringen. Auch das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht gegenüber der titulierten Unterhaltsforderung steht der Klägerin nicht zu. Das folgt schon aus dem Zweck des Unterhalts, der der laufenden Lebensbedarfsdeckung dient (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rn. 244), bzw. aus dem von den Parteien am 10.6.2004 abgeschlossenen Prozessvergleich. Im Übrigen wird der von der Klägerin geltend gemachten Erwerbsobliegenheitsverletzung bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass ein fiktives Erwerbseinkommen des Beklagten in die Bedarfsermittlung nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien eingestellt worden ist.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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