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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 10 WF 139/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
BGB §§ 1601 ff.
BGB § 1613 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1613 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 139/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Kläger vom 10. Mai 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Freienwalde vom 8. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael als Einzelrichter

am 24. Mai 2007

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Dem Kläger wird für den Zahlungsantrag vom 27. April 2007 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Dr. B. in S. beigeordnet.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde der Kläger ist eine sofortige Beschwerde gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO und als solche zulässig. Sie ist begründet. Die von den Klägern beabsichtige Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

Dem Grunde nach folgt der Unterhaltsanspruch der Kläger aus §§ 1601 ff. BGB. Da die Kläger nur 100 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe verlangen, sich also im Bereich des Mindestbedarfs bewegen, bedarf es hinsichtlich der Höhe des von ihnen geltend gemachten Anspruchs keines weiteren Vortrags. Vielmehr hat der Beklagte als Unterhaltspflichtiger darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er zur Zahlung des begehrten Unterhalts nicht in der Lage ist (BGH, FamRZ 1998, 357; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 6, Rz. 705). Das kann nur im Hauptverfahren erfolgen. Eine Würdigung des vom Beklagten bereits im Prozesskostenhilfeverfahren unterbreiteten Vorbringens und darauf etwa gründende Feststellungen mit dem Ergebnis einer weitgehenden Versagung von Prozesskostenhilfe ist umso weniger angezeigt, also es sich bei der ärztlichen Bescheinigung vom 28.10.2005 um reinen Parteivortrag mit einer überdies nur vorsichtigen Schlussfolgerung derart handelt, "ein Berufswechsel in eine Tätigkeit mit vergleichsweise geringer Handbelastung wäre auf Grund der Befunde ärztlicherseits zu befürworten", der streitig ist, weil die Kläger behaupten, der Beklagte sei weder erwerbs- noch berufsunfähig. Angesichts dieses Standes des wechselseitigen Vortrages kann eine abschließende Feststellung hinsichtlich der Erwerbs- und Berufsfähigkeit des Beklagten nicht schon im Prozesskostenhilfeverfahren getroffen werden.

Das Gleiche gilt für die Frage, ob die Umschulung des Beklagten hinzunehmen ist. Denn die Bewilligung einer Umschulung durch das Arbeitsamt ist lediglich ein Indiz dafür, dass der Unterhaltsschuldner vom Arbeitsamt nicht mehr zu vermitteln ist (BGH, FamRZ 1994, 372, 374; OLG Bremen, FamRZ 1996, 957). Die Umschulung entbindet den Unterhaltspflichtigen nicht von seiner Obliegenheit, sich auf dem freien Arbeitsmarkt um eine Anstellung zu bemühen (OLG Bremen, a.a.O.; OLG Hamm, OLGR 2003, 173; OLGR 2004, 134; OLG Dresden, FamRZ 2003, 1206; OLG Brandenburg, 1. Familiensenat, FamRZ 2003, 1960). In jedem Fall, in dem sich die Frage der Anerkennungsfähigkeit einer Umschulung stellt, ist eine Einzelfallprüfung geboten (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 654), die, nachdem die Kläger eine schlüssige Klage angebracht haben, erst nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Hauptverfahren erfolgen kann. Dort wird das Amtsgericht alsdann auch bedenken, dass dem Umstand eines Umschulungsbeginns etwa noch während des Zusammenlebens des Beklagten mit der gesetzlichen Vertreterin der Kläger besonderes Gewicht zukommt.

Für die Vergangenheit können die Kläger gemäß § 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB Unterhalt ab September 2006 verlangen. Denn Ende September 2006 ist der Beklagte nach dem Klagevorbringen zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zwar geht der Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes in der Höhe erbrachter Leistungen nach dem SGB II und dem UVG auf den Leistungsträger über, sodass, wenn es nicht zu einer Rückübertragung auf den Leistungsempfänger kommt, der ursprüngliche Unterhaltsgläubiger übergegangene Unterhaltsansprüche aus der Zeit vor Klageerhebung mangels Aktivlegitimation und dadurch entfallende Prozessführungsbefugnis nicht gerichtlich verfolgen kann (Verfahrenshandbuch Familiensachen/Schael, § 1, Rz. 317 ff., 319). Dass die Kläger derartige öffentliche Leistungen erhalten haben, lässt sich nicht feststellen. Leistungen nach dem SGB II können lediglich den für den Beklagten erteilten Bewilligungsbescheiden, und zwar nur für die Zeit des, wenn auch getrennten, Wohnens des Beklagten und der gesetzlichen Vertreterin der Kläger mit den Kindern im selben Haus bis einschließlich Mai 2006 entnommen werden. Die nachfolgenden Bescheide des Job-Centers Märkisch-Oderland, jedenfalls die vom 22.8.2006 und 6.2.2007, weisen nur noch den Beklagten selber als Leistungsempfänger aus. Feststellungen dazu werden im Hauptverfahren zu treffen sein, ebenso zu der Frage, ob und gegebenenfalls seit wann Unterhaltsvorschuss gezahlt wird. Nach dem Vorbringen der Kläger und ihren Prozesskostenhilfeerklärungen ist das nicht der Fall.

Nach alledem ist, wie geschehen, zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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