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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.01.2002
Aktenzeichen: 10 WF 149/01
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO


Vorschriften:

RPflG § 1 Abs. 1
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 121 Abs. 2
ZPO § 659
ZPO §§ 688 ff.
ZPO § 694
ZPO § 651 Abs. 1
ZPO § 127 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 149/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 6. September 2001 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 29. Juni 2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schael, den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr und die Richterin am Amtsgericht Schulte-Homann

am 21. Januar 2002

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragstellerin wird Rechtsanwältin H in B zu den Bedingungen einer in B ansässigen Rechtsanwältin beigeordnet.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß §§ 1 Abs. 1 RPflG, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antragsteller in ist für das vereinfachte Verfahren zur Festsetzung von Unterhalt Rechtsanwältin H beizuordnen.

Ist, wie vorliegend, eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, § 121 Abs. 2 ZPO. Maßgeblich für die Frage der Erforderlichkeit der Vertretung durch einen Anwalt sind Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache einerseits und die Fähigkeit des Hilfsbedürftigen, sich mündlich und schriftlich auszudrücken, andererseits (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 121, Rz. 4). Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger ist mit Rücksicht darauf, dass der Gesetzgeber das amtliche Merkblatt zum Ausfüllen des Antrags mit dem Hinweis auf anwaltliche Beratung versehen hat, ein Anwalt beizuordnen (OLG Schleswig, MDR 2000, 706; Schulz, FuR 1998, 385; Sommerfeldt, DAVorm 1999, 169, 184; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, § 1, Rz. 274; a.A. KG, FamRZ 2000, 762 mit kritischer Anmerkung Kuhnigk; OLG München., FamRZ 1999, 1355 mit ablehnender Anmerkung van Els; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 121, Rz. 6; Zöller/Philippi, a.a.O., § 646, Rz. 1; Niepmann, MDR 2000, 613, 619; für eine Einzelfallprüfung OLG Bamberg, FamRZ 2000, 1225 sowie OLG München, FamRZ 1999, 792, 793). Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass im vereinfachten Verfahren der nach § 659 ZPO eingeführte Vordruck für den Antrag zu verwenden und in dem ebenfalls mittels des eingeführten Vordrucks zu bewältigenden Mahnverfahren nach §§ 688 ff. ZPO ein Anwalt nach überwiegender Auffassung nicht beizuordnen ist (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 121, Rz. 5 m.w.N.). Denn während im Mahnverfahren der Widerspruch gemäß § 694 ZPO ohne nähere Begründung eingelegt werden kann und auf Antrag des Gläubigers ohne weitere Sachüberlegungen ins streitige Verfahren führt, muss sich der Antragsteller im vereinfachten Verfahren mit etwaigen Einwendungen des Antragsgegners sogleich inhaltlich auseinandersetzen, um entscheiden zu können, ob er die Durchführung des streitigen Verfahrens nach § 651 Abs. 1 ZPO beantragen soll (FamVerf/Gutjahr, a.a.O.; a. A. OLG München, FamRZ 1999, 1355). Auch steht der Antragsteller schon bei Einleitung des vereinfachten Verfahrens vor der schwierigen Aufgabe, im Hinblick auf die Antragstellung das Einkommen des Unterhaltspflichtigen schätzen zu müssen (OLG München, FamRZ 1999, 792, 793).

Der Anwaltsbeiordnung steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin ihren Unterhaltsfestsetzungsantrag mit Schriftsatz vom 9.5.2001 zurückgenommen hat. Allerdings ist der für die Prozesskostenhilfebewilligung und damit auch für die Beiordnung maßgebliche Zeitpunkt derjenige der Entscheidung in der Tatsacheninstanz auf der Grundlage des letzten Erkenntnisstands des Gerichts (Zöller/Philippi, a.a.O., § 119, Rz. 44; vgl. auch FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 165). Bei Verzögerung der Entscheidung durch das Gericht kann aber auch der Zeitpunkt der Entscheidungsreife bei ordnungsgemäßem Verfahrensverlauf maßgebend sein (vgl. OLG Dresden, MDR 1998, 185; Zöller/Philippi, a.a.O., § 119, Rz. 45 ff; FamVerf/Gutjahr, a.a.O.). Von einem solchen Fall ist das Amtsgericht offensichtlich ausgegangen, da es der Antragstellerin erst nach Antragsrücknahme durch Beschluss vom 29.6.2001 Prozesskostenhilfe bewilligt und durch Beschluss vom selben Tage die Anwaltsbeiordnung abgelehnt hat. Wenn danach hinsichtlich der Prozesskostenbewilligung auf den Erkenntnisstand vor Antragsrücknahme abzustellen ist, muss gleiches auch für die Beiordnungsentscheidung gelten. Vor Antragsrücknahme aber war, wie bereits ausgeführt, die Beiordnung eines Rechtsanwalts im vereinfachten Verfahren geboten.

Die Beiordnung erfolgt zu den Bedingungen einer in B ansässigen Rechtsanwältin. Da sich der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hierzu ausdrücklich bereit erklärt hat, kann dahinstehen, ob eine solche eingeschränkte Beiordnung auch ohne Zustimmung des Rechtsanwalts erfolgen kann (so OLG Nürnberg, FamRZ 2002, 106 m.w.N.) oder ob es der Zustimmung stets bedarf (so OLG Zweibrücken, FamRZ 2002,107; Zöller/Philippi, a.a.O., § 121, Rz. 13, jeweils m.w.N.; vgl. zum Ganzen auch FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 276 f. m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

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