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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 09.07.2007
Aktenzeichen: 10 WF 176/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 176/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein als Einzelrichterin

am 9. Juli 2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 26. April 2007 in der Fassung des teilweisen Abhilfebeschlusses vom 25. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen die teilweise Versagung von Prozesskostenhilfe (PKH) führt nicht zum Erfolg. Dem Kläger kann für sein Unterhaltsbegehren jedenfalls keine weitergehende PKH als die ihm bereits vom Amtsgericht in seinem teilweisen Abhilfebeschluss vom 25.06.2007 gewährte bewilligt werden.

1. Unterhaltsbedarf

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen im Streitfall bereits Bedenken gegen den Ansatz der Pauschale für einen auswärts lebenden Studenten. Der Kläger wohnt nach seiner eigenen Darstellung die überwiegende Zeit im Haushalt seiner Mutter in R.... Dass der Kläger mit seiner Mutter in der von ihr allein angemieteten Wohnung in Form einer Wohngemeinschaft zusammenlebt und Miete an sie zahlt, reicht für die Annahme eines eigenen Haushaltes nicht. In der Wohnung der Mutter in R... liegt nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand der Lebensschwerpunkt des Klägers. Daran ändert auch der jeweils nur mehrere Wochen dauernde vorübergehende Aufenthalt während der theoretischen Studienabschnitte nichts. Es kann daher auch für das summarische PKH-Verfahren grundsätzlich nur von einem Unterhaltsbedarf des Klägers in Höhe eines im Haushalt eines Elternteils lebenden Kindes ausgegangen werden. Dieser richtet sich im Streitfall - angesichts der Leistungsunfähigkeit und einer nicht vorzunehmenden fiktiven Einkommenszurechnung auf Seiten der Kindesmutter - allein nach dem Einkommen des Beklagten und nicht nach einem festen einkommensunabhängigen Pauschalsatz.

Die Kosten für auswärtige Unterbringung während der Zeiten der theoretischen Ausbildung sind als studienbedingter Mehrbedarf zu berücksichtigen. Diese bedürften allerdings der konkreten Darlegung. Daran fehlt es bislang. Der Kläger trägt vor, dass er während der theoretischen Studienabschnitte in einer von ihm angemieteten Wohnung im Studentenwohnheim in E... lebe. Dass er diese Wohnung bzw. das Zimmer auch während der praxisorientierten Studienabschnitte unterhält bzw. unterhalten muss - mit monatlichen Mietzahlungen in Höhe von 155 € zzgl. 9 € Stellplatzkosten - , ist nicht hinreichend dargelegt und auch nicht belegt. Insbesondere ist ein entsprechender Mietvertrag weder zur Gerichtsakte noch zum PKH-Heft gereicht worden. Der Kläger macht zudem im Rahmen seiner in 3/2007 unterzeichneten Formularerklärung keine zusätzlichen Mietaufwendungen für eine Wohnung in E... geltend. Gegen die Notwendigkeit der dauerhaften Vorhaltung eines Zimmers in E... sprechen auch die vorgelegten Bafög-Bescheide. Es ist wenig wahrscheinlich, dass ein Mehraufwand für Unterkunftskosten während der praxisorientierten Studienabschnitte bei der BAföG-Berechnung unberücksichtigt bliebe, wenn es sich insoweit um notwendige und nicht vermeidbare dauerhafte Zusatzkosten handeln würde.

Die einkommensabhängigen Tabellensätze decken den gesamten angemessenen Lebensbedarf des Volljährigen ab. Ausbildungsaufwand in der üblichen Form (Fachliteratur, Kursgebühren, Fahrtkosten) sind im Allgemeinen darin enthalten. In den Unterhaltsbeträgen der Unterhaltstabellen ist aber auch der Wohnbedarf mit eingeschlossen. Die Wohnungsgewährung durch einen Elternteil ist dementsprechend eine von dem volljährigen Kind gegebenenfalls aus dem Unterhalt zu entgeltende Leistung (vgl. hierzu BGH, FamRB 2006, 3 /4; Eschenbruch/ Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl., Rn. 3230).

Wie der Student und der Elternteil bei dem er wohnt, intern abrechnen, ist eine Frage der zwischen beiden getroffenen Absprache. Der Student hat keinen Anspruch auf Naturalunterhalt.

Mithin liegt es im Ermessen des mit dem Studenten zusammenlebenden Elternteils, diesem die Wohnungsgewährung und den Naturalunterhalt (Essen, Kochen, Waschen, Putzen) freiwillig und ohne Entgelt oder gegen Zahlung eines bestimmten Betrages zukommen zu lassen. Alle von dem anderen Elternteil erbrachten Leistungen sind aus dem Barbedarf aufzubringen. Folglich ist im Streitfall sowohl das Kindergeld als auch die Ausbildungsvergütung ungekürzt um die geltend gemachte und an die Mutter geleistete Wohnkostenbeteiligung auf den Barunterhalt des Klägers anzurechnen (vgl. hierzu BGH, a.a.O.).

Auf der Grundlage eines für das Jahr 2005 festgestellten unstreitigen Monatseinkommens des Beklagten, das in die 7. Einkommensgruppe der für den Wohnort des Klägers maßgebenden Brandenburgischen Unterhaltsleitlinien einzuordnen ist, ergibt sich nach den jeweils gültigen Unterhaltsleitlinien (Stand: 1.7.2005 bzw. 1.7.2007) ein monatliche Bedarf des volljährigen Klägers nach der 4. Altersstufe in Höhe von 476 € bis 6/2007 und 471 € ab 7/2007.

Im Hauptsacheverfahren bedarf es der Feststellung der aktuellen Einkünfte des Beklagten in den Jahren 2006/2007 unter Einbeziehung etwaiger Steuererstattungen oder -nachzahlungen. Entsprechendes gilt für die Frage einer etwaigen Höherstufung und eines daraus folgenden höheren Tabellenunterhaltsbedarfs des Klägers.

2. Heimfahrten/Fahrtkosten

Mehr als eine Fahrt im Monat während der theoretischen Studienabschnitte in E... ist dem Kläger als Mehraufwand unterhaltsrechtlich nicht zuzubilligen. Auf der Grundlage des vorgelegten Blocklagenplans liegen die Theoriephasen während des vom Kläger am 1.10.2006 begonnenen Studiums wie folgt:

20.11.2006 - 24.12.2006

08.01.2006 - 25.02.2007

30.04.2007 - 22.07.2007

01.10.2007 - 23.12.2007

17.03.2007 - 08.06.2008

01.09.2008 - 23.11.2008

09.02.2008 - 03.05.2009

Zu Gunsten des Klägers ist daher für den in 2006 fallenden Unterhaltszeitraum keine Heimfahrt in Ansatz zu bringen. Für die drei in 2007 liegenden Theoriephasen sind dem Kläger in der erste Phase eine Heimfahrt und in den beiden weiteren jeweils zwei Heimfahrten, also insgesamt fünf im Jahr 2007, zuzubilligen. Für das Jahr 2008 sind (2 x 2 =) vier Fahrten und für 2009 bis zum Studienende (am 30.9.2009) nur noch zwei Heimfahrten unterhaltsrechtlich anzuerkennen.

Diese Heimfahrten kann der Kläger allerdings mit den preisweiteren öffentlichen Verkehrsmitteln - unter Inanspruchnahme von Spartarifen - bewerkstelligen oder auch in Form von Fahrgemeinschaften mit anderen Studenten. Für die Notwendigkeit der Nutzung des eigenen Pkw zwischen R... und E... ist nichts vorgetragen. Hierfür bestehen auch nach den Umständen keine Anhaltspunkte.

Hinzu kommt, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen einschließlich seiner Formularerklärung im PKH-Heft nicht ergibt, dass der Kläger überhaupt ein eigenes Fahrzeug unterhält. Er hat vielmehr ausdrücklich angegeben, dass kein Kraftfahrzeug vorhanden ist. Die als ausbildungsbedingte Fahrtkosten vom Kläger in Ansatz gebrachte Kilometerpauschale, die die Pkw-Fahrtkosten abdecken soll, ist daher bereits nicht schlüssig dargelegt. Das gilt nicht nur für die Heimfahrten, sondern auch für Fahrten des Klägers zu seinem Ausbildungsbetrieb in S... während der praxisintegrierten Studienabschnitte.

3. Anrechenbare Eigeneinkünfte

Unter Berücksichtigung der Ausbildungsvergütung, des Kindergeldes und der unstreitigen Bafög-Zahlungen verfügt der Kläger von 10/2006 bis 9/2007 über Eigeneinkünfte in Höhe von insgesamt (328,39 € + 154 € + 123,50 € =) rd. 606 € monatlich. Nach Abzug eines unstreitigen ausbildungsbedingten Mehrbedarfs von 25 € monatlich verbleiben 581 €. Die Eigeneinkünfte des Klägers erhöhen sich infolge des Anstiegs seiner Ausbildungsvergütung im zweiten Studienjahr, also ab 10/2007, um einen Bruttobetrag von monatlich 27 €.

Diesen in vollem Umfang bedarfsdeckend anzurechnenden Eigeneinkünften steht ein monatlicher Elementarunterhaltsbedarf des Klägers von 476 € bzw. 471 € gegenüber. Das Amtsgericht hat dem Kläger im teilweisen Abhilfebeschluss vom 25.6.2007 PKH für eine Unterhaltsforderung in Höhe von 242,50 € monatlich bewilligt. Dem Kläger stehen damit aus der über seinen Tabellenbedarf hinausgehenden Einkommensspitze zuzüglich dieses Unterhaltsbetrages mehr als 340 € monatlich zur Verfügung. Mit diesen Mittel ist er jedenfalls in der Lage, seine Aufwendungen für die auswärtige Unterbringung während der theoretischen Studienabschnitte sowie sämtliche ausbildungsbedingten Fahrtkosten (Heimfahrten/Fahrten zum Ausbildungsbetrieb) vollständig abzudecken.

Dem Kläger kann folglich keine weitergehende PKH, als ihm vom Amtsgericht in dem teilweisen Abhilfebeschluss bereits gewährt worden ist, bewilligt werden. Sein unterhaltsrechtlicher Gesamtbedarf wird jedenfalls durch die Eigeneinkünfte und den vom Amtsgericht angenommenen Unterhaltsbetrag in vollem Umfang abgedeckt. Angesichts des auch im PKH-Verfahren geltenden so genannten Verschlechterungsverbots scheidet eine teilweise PKH-Aufhebung aus. Es bedarf daher gegenwärtig keinen weiteren Feststellungen zu den genauen ausbildungsbedingten Gesamtfahrtkosten und dem zusätzlichen Unterbringungsaufwand des Klägers während der theoretischen Studienabschnitte.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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