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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 16.08.2007
Aktenzeichen: 10 WF 202/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 4
ZPO § 707 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 767
ZPO § 769
BGB § 195
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 197 Abs. 2
BGB § 207
BGB § 209
BGB § 218 a. F.
BGB § 371
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 202/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 18. Juli 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 3. Juli 2007 durch die Richterin am Oberlandesgericht Berger als Einzelrichterin

am 16. August 2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Versagung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 25. Februar 2000 richtet, nach einem Gegenstandswert von bis zu 600 € als unzulässig verworfen.

Insoweit ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist, soweit sie sich gegen die Versagung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung richtet, unzulässig und daher zu verwerfen. Denn gegen einen Beschluss, mit dem gemäß § 769 ZPO die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung abgelehnt worden ist, findet in entsprechender Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Anfechtung nicht statt (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 769, Rz. 13).

Soweit die Klägerin erneut die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung begehrt und insoweit auf die Vollstreckungsverfahren Bezug nimmt, besteht eine Zuständigkeit des Senats nicht. Eine solche Notzuständigkeit könnte allenfalls angenommen werden, wenn für den erneuten Antrag ein besonderes Eilbedürfnis dargelegt und glaubhaft gemacht worden wäre (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 769, Rz. 3). Dies ist jedoch nicht geschehen.

Im Übrigen, nämlich soweit sich die Klägerin gegen die Verweigerung von Prozesskostenhilfe wendet, ist die sofortige Beschwerde gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Denn die von der Klägerin beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

Da die Klägerin mit der Beschwerdeschrift den - auf mangelnde Bedürftigkeit nach Aufnahme der Ausbildung bzw. Eintritt der Volljährigkeit gestützten - Antrag auf Abänderung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses vom 1.8.2003 zurückgenommen hat und nur noch die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung gemäß § 767 ZPO begehrt, kommt eine grundsätzlich mögliche Umdeutung des Klageantrags (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 323, Rz. 16) nicht mehr in Betracht. Denn eine Umdeutung setzt voraus, dass sie dem mutmaßlichen Willen der Partei entspricht (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., Vor § 128, Rz. 25), was im Hinblick auf die ausdrückliche Erklärung der Klägerin nicht angenommen werden kann. Die hinreichende Erfolgsaussicht der nunmehr allein verfolgten Vollstreckungsabwehrklage ist jedoch zu verneinen.

Gegenstand der Vollstreckungsabwehrklage, welche die Abänderungsklage grundsätzlich ausschließt (vgl. BGH, NJW 2005, 2313), ist allein die gänzliche oder teilweise, endgültige oder zeitweilige Vernichtung der Vollstreckbarkeit, d.h. sie dient der Durchsetzung rechtsvernichtender und rechtshemmender Einwendungen (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 767, Rz. 1; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 323, Rz. 15). Um solche handelt es sich bei dem Einwand der Erfüllung, Verjährung oder Verwirkung (Zöller/Herget, a.a.O., § 767, Rz. 12), nicht jedoch bei dem Einwand des Wegfalls der Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers, etwa durch Entgegennahme von Bafög-Leistungen oder des Eintritts der Volljährigkeit des unterhaltsberechtigten Kindes (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 323, Rz. 16; Zöller/Herget, a.a.O., § 767, Rz. 13).

Danach kann die Klägerin mit ihrem Vortrag, die Beklagte habe von August 2003 an Bafög-Leistungen und einen Fahrtkostenzuschuss erhalten, im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage ebenso wenig durchdringen wie mit dem Hinweis auf den Eintritt der Volljährigkeit am 24.1.2005. Denn all dies betrifft den rechtsbegründenden Tatbestand, der mit einer Abänderungsklage geltend gemacht werden könnte. Die Einwände der Verjährung und Verwirkung sind zwar zulässig, aber nicht begründet.

Der Einwand der Verjährung greift schon deshalb nicht durch, weil die Verjährung von Ansprüchen auf Kindesunterhalt für die Zeit der Minderjährigkeit gemäß § 207 BGB gehemmt ist (vgl. dazu Göppinger/Wax/Macco, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 1507; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 230). Dies führt gemäß § 209 BGB dazu, dass die Verjährungsfrist erst mit Eintritt der Volljährigkeit der Beklagten am 25.1.2005 in Lauf gesetzt wurde und somit die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB bisher nicht abgelaufen ist, ungeachtet dessen, dass für die titulierten Unterhaltsansprüche der Beklagten, die bis zur Rechtskraft des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses vom 25.2.2000 aufgelaufen waren, gemäß § 218 BGB a. F. bzw. § 197 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung die dreißigjährige Verjährungsfrist gilt (vgl. Kalthoener/Büttner/ Niepmann, a.a.O., Rz. 231; Eschenbruch, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl., Rz. 1695).

Die Unterhaltsansprüche der Beklagten sind auch nicht verwirkt. Zwar kommt Verwirkung rückständigen Unterhalts auch vor Ablauf der Verjährungsfrist in Betracht, wenn sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment erfüllt sind. Der Verwirkung unterliegt aber nur der jeweilige Anspruch als solcher (BGH, FamRZ 2007, 453). Welche Unterhaltsansprüche im Einzelnen verwirkt sein sollen, lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Ungeachtet der Frage, wie lange der Verwirkungszeitraum bei titulierten Unterhalt zu bemessen ist (vgl. dazu Eschenbruch/Wohlgemuth, a.a.O., Rz. 3147 c), wird allerdings auch das Umstandsmoment (vgl. dazu Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 232) zu verneinen sein. Denn die Beklagte hat bereits gut ein Jahr nach Erlass des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses vom 25.2.2000 den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 10.7.2001 erwirkt und danach fortlaufend versucht, zu vollstrecken, das letzte vom Kläger genannte Vollstreckungsverfahren wurde, wie sich den angeführten Aktenzeichen entnehmen lässt, im Jahr 2004 eingeleitet. Die Beklagte hat also der Klägerin keinen Anlass gegeben, darauf zu vertrauen, sie werde ihre Unterhaltsansprüche nicht mehr geltend machen.

Der weiter geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses steht der Klägerin ebenfalls nicht zu. Zwar kann der Schuldner in entsprechender Anwendung von § 371 BGB die Herausgabe des Vollstreckungstitels vom Gläubiger verlangen, wenn der zu Grunde liegende Anspruch erfüllt oder sonst erloschen ist (vgl. BGH, NJW 1994, 3225 ff.; Zöller/Stöber, a.a.O., § 757, Rz. 5; Zöller/Herget, § 767, Rz. 2 Stichwort "Klage auf Herausgabe des Vollstreckungstitels"). Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Wie oben ausgeführt, sind die titulierten Unterhaltsansprüche der Beklagten nicht erloschen. Soweit sich die Klägerin auf Abänderungsgründe beruft, mag sie sich an das örtlich zuständige Gericht wenden (s. dazu auch Wendl/Thalmann, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 8, Rz. 185).

Im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung der Einstellung der Zwangsvollstreckung ergeht keine Kostenentscheidung, da dessen Kosten als Kosten der Hauptsache anzusehen sind (vgl. Senat, FamRZ 1996, 356).

Die Nebenentscheidung hinsichtlich der Beschwerde gegen die Prozesskostenhilfeentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Antrag vom 9.8.2007 auf Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren ist zurückzuweisen, weil für das PKH-Verfahrens selbst einschließlich des PKH-Beschwerdeverfahrens keine PKH bewilligt werden darf (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 114, Rz. 3 m. w. N.).

Ende der Entscheidung

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