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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.02.2008
Aktenzeichen: 10 WF 238/07
Rechtsgebiete: FGG, BGB, SGB VIII


Vorschriften:

FGG § 50
FGG § 56 g Abs. 5 Satz 1
BGB § 1684 Abs. 4 Satz 3
BGB § 1697
BGB § 1789
BGB § 1915
SGB VIII § 18 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 238/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend das Kind F... F...,

hier: wegen der Festsetzung einer Vergütung

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde des Landes Brandenburg vom 31. Juli 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 25. Juli 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael die Richterin am Oberlandesgericht Berger und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

am 7. Februar 2008

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Antrag des Beteiligten zu 2. auf Festsetzung einer Vergütung wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Durch Beschluss vom 6.6.2006 hat das Amtsgericht dem Jugendamt "die Entscheidungsbefugnis im Hinblick auf den Umgang des Kindes... mit seinem Vater und das Aufenthaltsbestimmungsrecht" für das Kind übertragen und zugleich den Beteiligten zu 2. "zur Ausgestaltung und Durchführung von Umgangskontakten zwischen dem Vater und dem Kind ... als Umgangspfleger eingesetzt." Auf die Beschwerde der Mutter hat der Senat am 8.8.2007 die Vollziehung dieses Beschlusses ausgesetzt. Durch Beschluss vom 21.11.2006 hat er den Umgang anderweitig geregelt, der Mutter, soweit die Durchführung des Umgangs betroffen ist, das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und insoweit das Jugendamt zum Pfleger bestimmt. Durch Schreiben vom 15.11.2006 hat der Beteiligte zu 2. angeregt, "seine Bestellung als Umgangspfleger auch noch durch das zuständige Vormundschaftsgericht vornehmen zu lassen", was am 1.12.2006 geschehen ist.

Mit dem Antrag vom 27.3.2007 hat der Beteiligte zu 2. Aufwendungsersatz und Vergütung für seine Tätigkeit in der Zeit vom 9.6. bis zum 2.12.2006 geltend gemacht. Das Amtsgericht hat dem Antrag durch Beschluss vom 25.7.2007 entsprochen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Bezirksrevisor.

II.

Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde gemäß § 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG anzusehen und als solche zulässig. Sie ist auch begründet. Denn dem Beteiligten zu 2. steht eine Vergütung aus der Landeskasse nicht zu.

Nachdem die Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 6.6.2006 durch den Senatsbeschluss vom 8.8.2006 ausgesetzt worden ist, kann der Beteiligte zu 2. für die Zeit danach schon deshalb keine Auslagenerstattung und Vergütung verlangen, weil es eine Grundlage für sein Tätigwerden nicht mehr gegeben hat. Aber auch für die Zeit davor kommt die Zahlung eines Aufwendungsersatzes und einer Vergütung aus der Staatskasse nicht in Betracht, und zwar unabhängig davon, ob der Beteiligte zu 2. aufgrund des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 6.6.2006 als Umgangsbegleiter nach § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB, wie der Beschwerdeführer meint, oder als Umgangspfleger, wie es der Wortlaut des Beschlusses vom 6.6.2006 nahe legt, anzusehen ist.

Soweit der Beteiligte zu 2. als Umgangsbegleiter anzusehen sein sollte, steht ihm ein Auslagenerstattungs- und Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nicht zu, weil es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt. Wird ein Dritter, wie hier der Beteiligte zu 2., im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit als Umgangsbegleiter ausgewählt, so muss er "mitwirkungsbereit" sein und kann sein Einverständnis von der Übernahme der Kosten abhängig machen. Dann müssen sich die Eltern einigen, wer die Kosten tragen soll (vgl. Staudinger/Rauscher (2006), § 1684, Rz. 323; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsgb.), Deutsche Standards zum begleiteten Umgang, Teil 3, Anm. 8.2.3, S. 65 oben). Allerdings stellt die Umgangsbegleitung eine Aufgabe der Jugendhilfe dar, sodass regelmäßig das Jugendamt, soweit es die Aufgabe übernimmt und sie durch eigene Mitarbeiter bzw. außenstehende Fachkräfte erfüllen lässt, die Kosten trägt, § 18 Abs. 3 SGB VIII (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25.8.2004, 2 WF 5/04, veröffentlich bei juris; Staudinger/Rauscher (2006), § 1684, Rz. 323). Ob das Jugendamt die Kosten etwa auch dann tragen muss, wenn es an der Ausgestaltung des Umgangs nicht beteiligt ist, sondern von vornherein eine dritte Person herangezogen wird, braucht hier nicht entschieden zu werden (s. a. OLG Saarbrücken, a.a.O.).

Aber auch wenn der Beteiligte zu 2. aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts vom 6.6.2006 als Umgangspfleger anzusehen sein sollte, muss ihm die Staatskasse keine Aufwandsentschädigung und Vergütung zahlen. Denn der Beteiligte zu 2. ist in der Zeit bis zur Aussetzung der Vollziehung dieses Beschlusses am 8.8.2006 nicht wirksam bestellt worden, sondern erst rd. vier Monate später im Dezember 2007. Der Pfleger kann zwar nach § 1697 BGB unmittelbar vom Familiengericht ausgewählt werden. Dies ersetzt aber nicht die förmliche Bestellung durch das Vormundschaftsgericht, §§ 1915, 1789 BGB (vgl. BayObLG, FamRZ 2000, 568, 569; OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 1601; OLG Dresden, FamRZ 2001, 715, 716; Staudinger/Coester (2006), § 1697, Rz. 2; Bestelmeyer, FamRZ 2000, 1068, 1069). Dementsprechend kommt ein Anspruch des Pflegers auf Ersatz seiner Auslagen und Vergütung nur für Tätigkeiten in Betracht, die er entfaltet hat, nachdem er vom Vormundschaftsgericht wirksam bestellt worden ist (vgl. OLG Karlsruhe, OLGR 2002, 232; OLG Saarbrücken a.a.O.; KG, ZKJ 2006, 472; Menne, ZKJ 2006, 472).

Auch aus Gründen des Vertrauensschutzes ist es nicht geboten, dem Beteiligten zu 2. eine Vergütung bereits im Hinblick auf die Tätigkeiten, die er vor seiner Bestellung durch das Vormundschaftsgericht bis zum 8.8.2006 entfaltet hat, zu bewilligen.

Soweit es um die Vergütung des Verfahrenspflegers nach § 50 FGG geht, ist anerkannt, dass Tätigkeiten über den nach dem Gesetz vorgesehenen Aufgabenbereich hinaus aus Gründen des Vertrauensschutzes dann vergütungsfähig sind, wenn die Tätigkeit auf einen ausdrücklichen Auftrag des Gerichts hin entfaltet worden ist (Senat, Beschluss vom 13.2.2007 - 10 WF 257/06 -, FamRZ 2008, 73; OLG Brandenburg, 3. Senat für Familiensachen, FamRZ 2005, 1108; OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. Januar 2003 - 8 W 27/03 und 28/03 -, veröffentlicht bei Juris; OLG Stuttgart, OLGR 2002, 269; OLG Schleswig, OLGR 2000, 428; a. A. Bienwald, FamRZ 2008, 74). Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes sind aber hier im Rahmen der Vergütung des Beteiligten zu 2. nicht zu beachten.

Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Frage der Abgrenzung der vergütungsfähigen Tätigkeiten im Einzelnen, die in der Praxis oft große Schwierigkeiten bereitet, sodass bei der Abrechnung Vertrauensschutzgesichtspunkte eine Rolle spielen können. Vielmehr ist vorliegend die grundsätzliche Frage berührt, ob der Pfleger wirksam bestellt ist und deshalb seine Tätigkeit überhaupt schon aufnehmen darf.

Der Beteiligte zu 2. konnte nicht bereits auf Grund des Beschlusses des Familiengerichts vom 6.6.2006 darauf vertrauen, für jedes im Anschluss daran entfaltete Tätigwerden eine Vergütung zu erhalten. Da er berufsmäßig tätig geworden ist, musste er wissen, dass er noch nicht wirksam bestellt war (so auch KG, a.a.O.). Im Übrigen durfte der Beteiligte zu 2. auch nicht auf den Bestand des Beschlusses des Amtsgerichts vertrauen, nachdem ihn die Mutter von F... über das Rechtmittel informiert hatte, wie sich seinem an das Amtsgericht gerichteten Schreiben vom 4.8.2006 entnehmen lässt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 131 Absatz 1 Satz 2 KostO, 13a Absatz 1 Satz 1 FGG.

Ende der Entscheidung

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