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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 10 WF 245/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 124 Nr. 4
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 572 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 245/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgericht auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 13. Juni 2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. Mai 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr als Einzelrichter

am 8. März 2007

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Das als Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO aufzufassen und als solche zulässig.

II.

Die sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Die Prozesskostenhilfe kann nicht aus den vom Amtsgericht angeführten Gründen aufgehoben werden. Vielmehr bedarf es weiterer Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners.

1.

Gemäß § 124 Nr. 4 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist. Eine Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe darf aber nicht erfolgen, wenn die Nichtzahlung der Raten nicht auf einem Verschulden des Bedürftigen beruht (BGH, NJW 1997, 1077 f.).

a)

Ein Zahlungsrückstand im Sinne des § 124 Nr. 4 ZPO liegt vor. Auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts vom 3.6.2004 hat der Antragsgegner monatliche Raten von 60 € zu leisten. Tatsächlich hat er, beginnend mit Juli 2004, durchgängig monatliche Raten von lediglich 30 € geleistet. Damit ist er länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Rückstand.

b)

Dass die Nichtzahlung der Raten nicht auf einem Verschulden des Bedürftigen beruht, hat das Amtsgericht nicht ausreichend geprüft.

aa)

Soweit sich der Antragsgegner allerdings darauf beruft, sich regelmäßig im Ausland aufzuhalten, hat das Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 7.11.2006 zutreffend darauf hingewiesen, dass regelmäßige Auslandsaufenthalte seit November 2005 keine Erklärung für Ratenrückstände nach dem 3.6.2004 sind.

bb)

Soweit der Antragsgegner auf seine finanziellen Belastungen hinweist und damit offenbar deutlich machen will, nicht in der Lage zu sein, monatliche Raten von 60 € aufzubringen, hätte dies näherer Prüfung durch das Amtsgericht bedurft.

Im Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 4 ZPO kann ein Hinweis der Partei auf die Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage als Abänderungsantrag gemäß § 120 Abs. 4 ZPO zu deuten sein (Senat, FamRZ 2001, 633; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 124, Rz. 19 a). Ein solches Begehren kann der Aufhebung der Prozesskostenhilfe dann entgegengehalten werden, wenn die Zahlungsverzögerung auf eine Verschlechterung der Einkommensverhältnisse des Bedürftigen zurückzuführen ist. Hat die Partei hingegen die Raten schon zu einer Zeit nicht gezahlt, als sie noch leistungsfähig war, bleibt es bei der Anwendung des § 124 Nr. 4 ZPO auch dann, wenn sie danach leistungsunfähig wird (OLG Stuttgart, FamRZ 1987, 403; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rz. 850; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, § 1, Rz. 299).

Andererseits kann die Partei aber im Aufhebungsverfahren auch geltend machen, von vornherein nicht in dem vom Gericht angenommenen Umfang leistungsfähig gewesen zu sein (FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 299). Bei der Prüfung, ob die Nichtzahlung der Raten auf einem Verschulden des Bedürftigen beruht, ist das Gericht nämlich nicht an die Feststellungen und Bewertungen im Rahmen des ursprünglichen Bewilligungsbeschlusses bzw. im vorliegenden Fall des Beschlusses vom 3.6.2004, durch den im Wege der Abänderung nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO erstmals Raten festgesetzt wurden, gebunden (BGH, NJW 1997, 1077 f.).

Vor diesem Hintergrund hätte das Amtsgericht nicht allein, wie mit seiner Verfügung vom 5.6.2006 geschehen, darauf hinweisen dürfen, dass eine Abänderung nur möglich sei, wenn der Antragsgegner nachweise, dass die Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bereits zum Juli 2004 eingetreten sei. Vielmehr hätte das Amtsgericht die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners im Zeitpunkt der Ratenfestsetzung am 3.6.2004 im Einzelnen feststellen müssen um prüfen zu können, ob der Antragsgegner bereits damals zur Zahlung der Raten nicht in der Lage war. Dies gilt umso mehr, also sich jenem Beschluss nicht im Einzelnen entnehmen lässt, auf welcher Grundlage monatliche Raten von 60 € angeordnet worden sind.

2.

Da die Feststellungen des Amtsgerichts nach den vorstehenden Ausführungen nicht ausreichen, um die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung zu rechtfertigen, ist die Sache gemäß § 572 Abs. 3 ZPO an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Das Amtsgericht wird die notwendigen Feststellungen treffen und alsdann unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut prüfen, ob die Prozesskostenhilfebewilligung aufzuheben ist. Für das weitere Verfahren wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner auf der Grundlage des bisherigen Akteninhalts mit zwei Einwendungen, die seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse betreffen, nicht wird durchdringen können.

a)

Der Antragsgegner hat ein Schreiben seines Arbeitgebers vom 31.5.2006 vorgelegt. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses und eine damit etwa einhergehende Verminderung der Einkünfte kann aber erst mit Ablauf der Kündigungsfrist nach dem 30.6.2006 eingetreten sein und erklärt nicht die verminderten Ratenzahlungen bereits ab Juli 2004.

b)

Auch der Hinweis auf monatliche Kreditraten von 241 € im Hinblick auf den Darlehensvertrag bei der ...bank greift nicht durch. Zu Recht hat das Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung darauf hingewiesen, dass der Vortrag des Antragsgegners insoweit nicht nachvollziehbar ist. Die hohen Raten von 241 € monatlich zahlt er offenbar auf Grund des vorgelegten Kreditvertrages vom 31.10.2005. Eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit bereits ab Juli 2004 lässt sich hiermit nicht erklären. Die behauptete Umschuldung von noch aus Zeiten der Ehe mit der Antragstellerin stammenden Verbindlichkeiten hat der Antragsgegner nicht hinreichend belegt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, in welcher Höhe vor der Umschuldung Raten zu zahlen waren.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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