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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.12.2006
Aktenzeichen: 10 WF 261/06
Rechtsgebiete: ZPO, HausrVO, FGG


Vorschriften:

ZPO § 20 a Abs. 2
ZPO § 91 a
HausrVO § 20 Satz 2
FGG § 13 a
FGG § 19 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 261/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

am 18. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 5. Oktober 2006 abgeändert.

Die Gerichtskosten des Hausratsverfahrens fallen den Parteien je zur Hälfte zur Last. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Im Übrigen werden die Rechtsmittel der Antragstellerin verworfen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens fallen den Parteien je zur Hälfte zur Last. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: zwischen 601 € und 900 €

Gründe:

Die Rechtsmittel der Antragstellerin haben nur teilweise Erfolg.

I.

Das am 10.10.2006 beim Amtsgericht eingegangene Schreiben der Antragstellerin vom 8.10.2006 ist als sofortige Beschwerde nach § 20 a Abs. 2 ZPO gegen die amtsgerichtliche Kostenentscheidung anzusehen. Sie ist zulässig und begründet.

1.

Es kann dahinstehen, ob das am 25.10.2006 beim Amtsgericht eingegangene Schreiben der Antragstellerin vom 22.10.2006, in dem sie sich gegen den amtsgerichtlichen Kostenbeschluss vom 5.10.2006 wendet, fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist eingegangen ist. Bereits das Schreiben der Antragstellerin vom 8.10.2006 stellt eine zulässige sofortige Beschwerde gegen die isolierte Kostenentscheidung dar.

Zeitlich ist die Beschwerde zulässig, sobald die gerichtliche Verfügung erlassen ist. Bei einer - wie hier - nicht verkündeten Entscheidung ist das der Fall, wenn sie mit dem Willen des Gerichts aus seiner Verfügungsgewalt hinaus gegeben worden ist, indem z.B. eine für die Beteiligten bestimmte Ausfertigung von der Geschäftsstelle der Post zugeleitet wurde. Die vorherige Bekanntmachung, insbesondere die formgerechte Zustellung (§ 16 Abs. 2 FGG), ist keine Voraussetzung dafür, dass die Entscheidung existent wird, auch nicht in den Fällen der sofortigen Beschwerde. Mit dem Zeitpunkt des ersten Hinausgehens ist die Entscheidung als bestehend anzusehen, auch wenn sie noch nicht allen Beteiligten bekannt gemacht worden ist (vgl. hierzu Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19, Rn. 51). Mit ihrem am 10.10.2006 bei Gericht eingegangenen Schreiben vom 8.10.2006 hat die Antragstellerin daher wirksam sofortige Beschwerde eingelegt gegen die vom Amtsgericht bereits am 5.10.2006 getroffene Kostenentscheidung. Die Herausgabe dieser Beschlussausfertigung aus dem inneren Geschäftsbetrieb des Amtsgerichts war dabei nicht nur am 5.10.2006 verfügt und die Zuleitung an die Deutsche Post AG am 9.10.2006 erfolgt. Vielmehr ist sie dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners ausweislich des zurückgesandten Empfangsbekenntnisses am 10.10.2006 formgerecht zugestellt worden.

Das Schreiben der Antragstellerin vom 8.10.2006, mit dem sie begehrt, dass die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden, ist damit eine wirksame und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde gegen den Kostenbeschluss vom 5.10.2006. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 100 € (§ 20 a Abs. 2 FGG), und das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt worden.

2.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die isolierte Kostenentscheidung vom 5.10.2006 ist auch begründet.

a)

Das Amtsgericht hat nicht über die Hauptsache, sondern nur über die Kosten entschieden. Es hat auch nicht die Erledigung der Hauptsache ausdrücklich festgestellt. Eine Feststellung der Erledigung ist sowohl im Amtsverfahren als auch im Antragsverfahren, um das es sich vorliegend handelt, erforderlich. Es soll für alle Beteiligten klargestellt sein, dass über die Hauptsache nicht mehr entschieden wird (vgl. hierzu BayObLG, FamRZ 1991, 846/847). Aus dem isolierten Kostenbeschluss und den weiteren Hinweisschreiben an die Antragstellerin ergibt sich, dass das Amtsgericht die Hauptsache als erledigt angesehen hat. Das ist, bezogen auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung am 5.10.2006, auch rechtlich nicht zu beanstanden.

In einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat sich die Hauptsache erledigt, wenn nach seinem Beginn ein Ereignis eingetreten ist, das die Sach- und Rechtslage so verändert, dass die Voraussetzungen für eine gerichtliche Entscheidung über den Verfahrensgegenstand nicht mehr gegeben sind (vgl. hierzu Keidel/Kahl, a.a.O., § 19, Rn. 85). Auch vorliegend führte die Rücknahmeerklärung der Antragstellerin hinsichtlich des Anhängers und des Segelflugzeuges am 4.10.2006 sowie der Umstand, dass der Antragsgegner zur antragsgemäßen Herausgabe der sechs von der Antragstellerin genannten Gegenstände bereit war, dazu, dass eine Verfahrensbeendigung durch Erledigung der Hauptsache eingetreten ist. Eine weitergehende Sachentscheidung ist von der Antragstellerin bis zum 5.10.2006 weder schriftsätzlich noch im Verhandlungstermin vom 4.10.2006 erstrebt worden. Dies ist erst nach Erlass der die erste Instanz beendenden isolierten Kostenentscheidung mit Schreiben der Antragstellerin vom 22.10. und 1.11.2006 geschehen, in denen von ihr ein neuer Sachantrag (Ausgleichszahlung/Nutzungsvergütung) angekündigt wurde.

b.

Zu Unrecht hat aber das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 5.10.2006 die Kosten des erledigten Hausratsverfahrens zu 5/6 der Antragstellerin und zu 1/6 dem Antragsgegner auferlegt. Diese Entscheidung bedarf der Korrektur.

§ 20 Satz 2 HausrVO enthält eine für das Hausratsverfahren gegenüber § 13 a FGG und § 91 a ZPO vorrangige Sondervorschrift über die Kostenerstattung (vgl. hierzu Keidel/Zimmermann, a.a.O., vor § 13 a, Rn. 24, und § 13 a, Rn. 58). Gemäß § 20 Satz 2 HausrVO kann der Richter bestimmen, dass die außergerichtlichen Kosten ganz oder teilweise zu erstatten sind. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass auch im Hausratsverfahren, wie auch in anderen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Die Auferlegung von Kosten bedarf besonderer Rechtfertigung. Das gilt auch im Fall der teilweisen oder vollständigen Antragsrücknahme (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., § 20 HausrVO, Rn. 3). Eine Verpflichtung des antragstellenden Beteiligten, zusätzlich Kosten der Gegenseite zu tragen, kommt nur dann in Betracht, wenn das (zurückgenommene) Verfahren von vornherein eindeutig ohne jede Erfolgsaussicht gewesen ist. Ansonsten bleibt es bei dem Grundsatz, dass die Beteiligten eines Hausratsverfahrens ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Brudermüller, a.a.O.).

Von einer offensichtlichen Erfolglosigkeit der später zurückgenommenen Anträge der Antragstellerin hinsichtlich des Anhängers und des Segelflugzeugs kann schon nach dem Gang des Hausratsverfahrens keine Rede sein.

Da hinsichtlich der Gerichtskosten die gleichen Grundsätze heranzuziehen sind, die bei der Frage der Erstattung außergerichtlicher Kosten Bedeutung haben, war die Kostenentscheidung des Amtsgerichts dahin abzuändern, dass die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last fallen und jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Das bedeutet, dass keine Partei der anderen außergerichtliche Kosten zu erstatten hat (vgl. Senat, FamRZ 2002, 1356).

II.

Soweit sich die Antragstellerin mit ihren Widerspruchsschreiben vom 1.11. und vom 13.11.2006 gegen die an sie gerichteten amtsgerichtlichen Schreiben vom 26.10. und vom 6.11.2006 wendet, ist insoweit eine Anfechtbarkeit nicht gegeben. Diese beiden Schreiben enthalten bloße Mitteilungen der Rechtsauffassung der Amtsrichterin. Eine beschwerdefähige Verfügung im Sinne von § 19 Abs. 1 FGG liegt in diesen Meinungsäußerungen nicht. Sie greifen nicht in die Rechte der Antragstellerin ein. Das gilt auch für den zutreffenden Hinweis der Amtsrichterin, dass der neue Antrag der Antragstellerin vom 1.11.2006 auf Zahlung einer Nutzungsvergütung nach dem Verlauf des vorliegenden Hausratsverfahrens in einem neuen Verfahren geltend zu machen sei. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wurde ihr insoweit auch keine Prozesskostenhilfe bewilligt. Diese wurde ihr im Termin vom 4.10.2006 nur hinsichtlich ihres Herausgabebegehrens gemäß Ziffer 1. a - f des Antrages vom 2.12.2005 gewährt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 20 HausrVO.

Ende der Entscheidung

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