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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 29.01.2001
Aktenzeichen: 10 WF 3/01
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 124 Nr. 4
ZPO § 570
ZPO §§ 567 ff.
ZPO § 127 Abs. 4
RPflG § 20 Nr. 4 c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 3/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 24. Mai 2000 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 9. Mai 2000 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schael, den Richter am Landgericht Gutjahr und den Richter am Amtsgericht Werth

am 29. Januar 2001

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Das Amtsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Antragstellerin zu Unrecht aufgehoben. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 124 Nr. 4 ZPO liegen nicht vor.

Gemäß § 124 Nr. 4 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist. Der für das Verfahren nach § 20 Nr. 4 c RPflG zuständige Rechtspfleger muss der Partei vor Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechtliches Gehör gewähren (Schoreit/Dehn, BerH/PKH, 6. Aufl., § 124 ZPO, Rz. 4; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 124, Rz. 19; Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 124, Rz. 4; MünchKomm/Wax, ZPO, 2. Aufl., § 124, Rz. 19), also auf Rückstände hinweisen (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe, 2. Aufl., Rz. 850). Die Partei darf durch die Aufhebung nicht überrascht werden (Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 124, Rz. 19, 21). Diesem Erfordernis hat die Rechtspflegerin beim Amtsgericht vorliegend nicht Rechnung getragen.

Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 21.1.1999 ist der Antragstellerin Prozesskostenhilfe bei Festsetzung monatlicher Raten von 90 DM ab 1.5.1999 bewilligt worden. Die Raten für die Monate Mai bis Juli 1999 hat die Antragstellerin zunächst nicht eingezahlt, worauf sie durch Verfügung der Rechtspflegerin vom 2.7.1999 unter Androhung der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung hingewiesen worden ist. Mit Verfügung vom 4.8.1999 hat die Rechtspflegerin an die Einzahlung der mittlerweile rückständigen Raten von insgesamt 360 DM erinnert. Ausweislich der Zahlungsanzeige II hat die Antragstellerin am 05,08.1999 370 DM bei der Gerichtszahlstelle eingezahlt. Den Zahlungseingang hat die Rechtspflegerin unter dem 30.09.1999 vermerkt. Durch Verfügung vom 10.11.1999 hat die Rechtspflegerin die Antragstellerin sodann darauf hingewiesen, dass die Raten für die Monate September bis November 1999 von insgesamt 270 DM bislang nicht eingegangen seien. Mit Verfügung vom 29.03.2000 hat die Rechtspflegerin die Raten nochmals angemahnt, bevor sie am 09.05.2000 den angefochtenen Beschluss erlassen hat. Dabei hat sie offensichtlich übersehen, dass ausweislich der Zahlungsanzeige III, die im bei den Akten befindlichen Beiheft Prozesskostenhilfe eingeklebt ist, die Antragstellerin am 08.11.1999 einen Betrag von 270 DM bei der Gerichtszahlstelle eingezahlt hatte. Hierbei handelt es sich offensichtlich um die Begleichung der offenen Raten für die Monate September bis November 1999, so dass die diesbezüglichen Rückstände eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses nicht mehr rechtfertigen konnten.

Die Frage, ob die Antragstellerin ab Dezember 1999 etwa weitere Raten zu zahlen hatte und ob dies tatsächlich geschehen ist, kann dahinstehen. Dies zu prüfen, fällt nicht in die Entscheidungsbefugnis des Senats. Allerdings hat das Beschwerdegericht seine Entscheidung grundsätzlich nach dem letzten Erkenntnis stand zu treffen (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 119, Rz. 46). Die Vorschrift des § 570 ZPO, wonach die Beschwerde auf neue Tatsachen und Beweise gestützt werden kann, gilt auch im Beschwerdeverfahren über die Prozesskostenhilfe (Senat, FamRZ 1998, 1521; Zöller/Philippi, a.a.O., § 127, Rz. 35). Doch ist Gegenstand der Beschwerde stets derjenige der Vorinstanz (Baumbach/Lauterbach/Albers, a.a.O., § 570, Rz. 3; Zöller/Gummer, a.a.O., § 570, Rz. 3). Auf die in erster Instanz gestellten Anträge kann es dabei nicht ankommen. Denn anders als im gewöhnlichen Beschwerdeverfahren nach §§ 567 ff. ZPO, in dem ein Streit zwischen Verfahrensgegnern zu regeln ist (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O., § 570, Rz. 1), ist Ausgangspunkt für die angefochtene Aufhebungsentscheidung nach § 124 Nr. 4 ZPO nicht der Antrag einer Partei. Vielmehr hat der Rechtspfleger von Amts wegen zu prüfen, ob ein Aufhebungsgrund vorliegt (Zöller/Philippi, a.a.O., § 124, Rz. 20). Mit der Beschwerde greift die bedürftige Partei dann allein die konkrete, vom Rechtspfleger getroffene Aufhebungsentscheidung an. Diese allein ist vom Beschwerdegericht daraufhin zu überprüfen, ob die Aufhebungsvoraussetzungen tatsächlich vorliegen, so insbesondere auch, wie vorliegend, ob ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden ist.

Soweit nach Ablauf des Zeitraums, auf den der Rechtspfleger seine Aufhebungsentscheidung stützt, die Partei erneut länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate in Rückstand gerät, kann dies eine Aufhebung nach § 124 Nr. 4 ZPO wiederum nur nach entsprechendem Hinweis rechtfertigen. Gerade vorliegend bedarf es, für den Fall, dass weitere Ratenrückstände aufgelaufen sein sollten, eines erneuten Hinweises durch die Rechtspflegerin. Nur auf diese Weise kann vermieden werden, dass die Antragstellerin durch die Aufhebung überrascht wird. Dies gilt umso mehr, als die mit der Verfügung vom 10.11.1999 ausgesprochene Androhung der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung unmittelbar mit den für die Monate September bis November 1999 aufgelaufenen Rückständen in Zusammenhang stand. Diese aber hatte die Antragstellerin bereits beglichen, bevor sie die Verfügung des Amtsgerichts erreicht hat. Daher muss sie ohne nochmalige vorherige Androhung nicht mit dem Entzug der Prozesskostenhilfe rechnen.

Die Prüfung, ob etwa weitere Ratenrückstände aufgelaufen sind, obliegt nach dem Vorstehenden dem Rechtspfleger. Er wird der Antragstellerin gegebenenfalls die entsprechenden Hinweise erteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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