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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.05.2006
Aktenzeichen: 10 WF 83/06
Rechtsgebiete: RVG, GKG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 32 Abs. 2
GKG § 6 Abs. 1
GKG § 32 Abs. 1
GKG § 42 Abs. 1
GKG § 42 Abs. 5
GKG § 53 Abs. 2 Satz 1
GKG § 63
GKG § 63 Abs. 3 Satz 1
GKG § 63 Abs. 3 Satz 2
GKG § 68
GKG § 68 Abs. 3
ZPO § 276
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
10 WF 83/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 9. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 20. Juli 2005 in der Fassung des Beschlusses vom 14. September 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr als Einzelrichter

am 17. Mai 2006

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Streitwert wird für das Hauptverfahren anderweitig auf 6.020 € und für das Verfahren über die einstweilige Anordnung anderweitig auf 3.010 € festgesetzt.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig. Da die Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Beschwerde damit begründen, der Wert sei zu niedrig festgesetzt worden, ist davon auszugehen, dass sie die Beschwerde nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen der Partei eingelegt haben (vgl. Senat, JurBüro 1998, 421; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 32 RVG, Rz. 14). Das Beschwerderecht folgt aus § 32 Abs. 2 RVG i. V. m. § 68 GKG (vgl. Hartmann, a.a.O., § 32 RVG, Rz. 22).

Die Beschwerde ist begründet. Der Streitwert ist für das Hauptsacheverfahren anderweitig auf 6.020 €, für das Verfahren über die einstweilige Anordnung anderweitig auf 3.010 € festzusetzen.

Das Amtsgericht hat der Wertbemessung offensichtlich eine monatliche Unterhaltsrente von 277 € zu Grunde gelegt. Dies ist zu Unrecht geschehen, da die Klägerin mit der Klageschrift monatlichen Trennungsunterhalt von 430 € begehrt hat. Allerdings ist ihr durch Beschluss des Amtsgerichts vom 27.1.2005 Prozesskostenhilfe nur "im Umfang von 277 € monatlichen Trennungsunterhalt" bewilligt worden. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Klage in vollem Umfang, also mit einem geforderten Unterhaltsbetrag von monatlich 430 €, rechtshängig geworden ist. Dabei kommt es, worauf die Beschwerdeführer zu Recht hinweisen, nicht darauf an, dass der am 15.2.2005 bei gleichzeitiger Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens gemäß § 276 ZPO erfolgten Zustellung der Klageschrift nicht zu entnehmen ist, dass die Klage nur im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe als zugestellt gelten soll. Denn selbst wenn eine solche Einschränkung ausdrücklich erklärt worden wäre (vgl. hierzu Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, § 1, Rz. 324), änderte dies nichts daran, dass die Gebühren nach dem vollen Wert, also auf der Grundlage einer monatlichen Unterhaltsrente von 430 €, angefallen wären.

Die Gerichtsgebühren, derentwegen der Streitwert gemäß § 63 GKG vorrangig festgesetzt wird, der gemäß § 32 Abs. 1 GKG grundsätzlich auch für die Rechtsanwaltsgebühren maßgeblich ist, werden gemäß § 6 Abs. 1 GKG mit der Einreichung der Klageschrift fällig. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Klage mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verbunden wird. Anders liegt es nur, wenn klargestellt wird, dass eine Klageerhebung noch nicht beabsichtigt sei bzw. der Klageantrag nur unter der Bedingung gestellt werden soll, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wird (BGH, FamRZ 1996, 1142; FamRZ 2005, 794). Die Klarstellung kann dadurch erfolgen, dass dem Schriftsatz, mit dem Prozesskostenhilfe beantragt wird, eine als Entwurf bezeichnete Klageschrift beigefügt ist, die möglichst nicht unterzeichnet ist, oder, wenn beide Anträge in demselben Schriftsatz gestellt werden, die Erklärung, dass über das Prozesskostenhilfegesuch vorab entschieden werden soll bzw. dass die Klageschrift dem Gegner erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugestellt werden soll bzw. dass Bedingung oder Voraussetzung für die Klageerhebung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, § 1, Rz. 147 m. w. N.). Vorliegend ist eine solche Klarstellung nicht erfolgt. Mit zwei gesonderten Schriftsätzen vom 14.10.2004 hat die Klägerin einerseits den Klageantrag gestellt und begründet und andererseits um Prozesskostenhilfe für die Klage nachgesucht. Eine Erklärung dahin, dass eine Klageerhebung noch nicht beabsichtigt sei, lässt sich keinem der beiden Schriftsätze entnehmen.

Nach alledem ist der Streitwert auf der Grundlage einer geforderten monatlichen Unterhaltsrente von 430 € zu bemessen. Im Hinblick darauf, dass zwei Monate rückständiger Unterhalt im Sinne von § 42 Abs. 5 GKG, nämlich für die Monate September und Oktober 2004, neben dem laufenden Unterhalt im Sinne von § 42 Abs. 1 GKG ab November 2004 zu berücksichtigen sind, weil der Monat der Klageerhebung, hier Oktober 2004, zum rückständigen Unterhalt zählt (vgl. FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 619), beträgt der Streitwert für das Hauptsacheverfahren 6.020 € (= 14 Monate x 430 €).

Entsprechend abzuändern ist auch der Wert für das einstweilige Anordnungsverfahren. Dabei ist gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 GKG vom sechsmonatigen Bezug auszugehen. Auch hier erhöht, obwohl es sich insoweit um einen unzulässigen Antrag handelt, geltend gemachter rückständiger Unterhalt den Wert (Handbuch des Fachanwalts Familienrecht - FA-FamR/Keske, 5. Aufl., 17. Kap., Rz. 62; FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 621). Die Klägerin hat im Wege der einstweiligen Anordnung Trennungsunterhalt ab November 2004 verlangt, wobei dieser Antrag im November 2004 beim Amtsgericht eingegangen ist. Damit liegt ein Monat rückständiger Unterhalt vor. Der Wert für das einstweilige Anordnungsverfahren beträgt demnach 3.010 € (= 7 Monate x 430 €).

Der Abänderung des Streitwerts für das Verfahren über die einstweilige Anordnung steht nicht der Umstand entgegen, dass das Amtsgericht seinen ursprünglichen Beschluss vom 20.7.2005 nur hinsichtlich des Wertes für das Hauptsacheverfahren abgeändert und die Prozessbevollmächtigten des Beklagten nur gegen den letztgenannten Beschluss Beschwerde eingelegt haben. Denn der Streitwert muss von Amts wegen stets richtig festgesetzt werden (vgl. Senat, JurBüro 1998, 418; Hartmann, a.a.O., § 68 GKG, Rz. 19). Das Beschwerdegericht kann gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, wenn das Verfahren insbesondere wegen der Entscheidung über den Streitwert in der Rechtsmittelinstanz schwebt, den Wert entsprechend von Amts wegen ändern. Es gilt lediglich gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eine Zeitschranke dahin, dass die Änderung nur innerhalb von sechs Monaten zulässig ist, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Vorliegend ist über den Klageantrag nicht durch Urteil entscheiden worden. Vielmehr hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 2.6.2005 Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt. Eine Äußerung des Beklagten hierzu liegt erst mit dem Schriftsatz vom 9.12.2005, mit dem auch die vorliegende Beschwerde eingelegt worden ist, vor. Selbst wenn man mit diesem Schriftsatz übereinstimmende Erklärungen dahin, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei, annehmen wollte, wäre eine anderweitige Erledigung des Verfahrens im Sinne von § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG frühestens mit Eingang jenes Schriftsatzes am 12.12.2005 eingetreten (vgl. hierzu auch Hartmann, a.a.O., § 63, Rz. 55), sodass die Sechsmonatsfrist noch nicht verstrichen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG (vgl. auch Hartmann, a.a.O., § 32, Rz. 23).

Die Eingaben bzw. Anträge unter I. und II. des Schriftsatzes vom 9.12.2005, mit dem zugleich die vorliegende Streitwertbeschwerde eingelegt worden ist, richten sich an das Amtsgericht, das hierüber nun befinden wird.

Ende der Entscheidung

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