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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.08.2002
Aktenzeichen: 10 WF 89/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 4
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 2
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 3
ZPO § 124 Nr. 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 a. F.
ZPO § 571 a. F.
ZPO § 572 Abs. 1 Satz 1 n. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
10 WF 89/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde des Antragstellers vom 17. September 2001 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. August 2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Amtsgericht ...

am 19. August 2002

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO a. F. zulässige Beschwerde ist begründet. Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe abgeändert.

Gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind, § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO. So liegt es hier. Die Sperrfrist von vier Jahren beginnt mit der rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 120, Rz. 26). Das Umgangsregelungsverfahren ist seit dem Senatsbeschluss vom 5.11.1996, durch den der Senat die in der mündlichen Verhandlung vom selben Tag zwischen den Eltern geschlossene Umgangsvereinbarung übernommen hat, rechtskräftig entschieden. Die Frist von vier Jahren nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO ist somit am 5.11.2000 abgelaufen. Das Amtsgericht hat erst durch Beschluss vom 14.8.2001 und damit nach Ablauf der Frist die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zum Nachteil des Antragstellers abgeändert, indem es, nachdem der Senat dem Antragsteller durch Beschluss vom 26.9.1996 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt hatte, nunmehr Raten von 230 DM monatlich festgesetzt hat.

Es kann dahinstehen, ob dann, wenn das Änderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO so zeitig eingeleitet worden ist, dass es bei einer unverzüglichen Antwort der Partei innerhalb der Frist hätte abgeschlossen werden können, auch nach Fristablauf eine Änderung zum Nachteil der Partei beschlossen werden kann, falls die Partei das Verfahren verzögert hat (so OLG Naumburg, FamRZ 1996, 1425; MünchKomm/Wax, ZPO, 3. Aufl., § 120, Rz. 21; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 120, Rz. 20; Zöller/Philippi, a.a.O., § 120, Rz. 26; vgl. auch OLG Bamberg, FamRZ 1995, 1590; OLG Zweibrücken, JurBüro 1995, 310 f., wonach gegebenenfalls die rechtzeitige Einleitung des Abänderungsverfahrens eine Abänderung noch nach Ablauf der Vierjahresfrist rechtfertigen soll). Denn vorliegend ist keine Verfahrensverzögerung durch den Antragsteller ursächlich für die verspätete Abänderungsentscheidung (vgl. auch OLG Naumburg, a.a.O.).

Durch Verfügung vom 28.3.2000, abgesandt am 4.4.2000, hat das Amtsgericht den Antragsteller unter Hinweis auf § 120 Abs. 4 ZPO aufgefordert, den Vordruck zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auszufüllen und zurückzusenden. Der Antragsteller hat hierauf unter dem 29.4.2000 geantwortet und darauf hingewiesen, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich wesentlich verbessert. Mit Verfügung vom 14.6.2000, abgesandt am 17.8.2000, hat das Amtsgericht den Antragsteller nochmals gebeten, den genannten Vordruck auszufüllen und mit entsprechenden Belegen versehen einzureichen. Am 19.9.2000 ist eine vom Antragsteller am 16.9.2000 unterzeichnete Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst zahlreichen Belegen beim Amtsgericht eingegangen. Auf dieser Grundlage hat das Amtsgericht eine Berechnung des vom Antragsteller einzusetzenden Einkommens vorgenommen, wonach monatliche Raten von 350 DM zu zahlen wären, dem Antragsteller diese Berechnung zur Kenntnis gegeben und mit Verfügung vom 21.11.2000, abgesandt am 6.12.2000, mitgeteilt, es werde die Prozesskostenhilfebewilligung vom 26.9.1996 entsprechend abändern. Dem hat der Antragsteller mit Schreiben vom 9.12.2000 widersprochen. Mit Verfügung vom 2.4.2001, abgesandt am 4.5.2001, hat das Amtsgericht dem Antragsteller nunmehr mitgeteilt, es sei beabsichtigt, Raten in Höhe von 270 DM monatlich festzusetzen. Hiergegen hat sich der Antragsteller unter dem 11.5.2001 gewandt. Mit Verfügung vom 25.5.2001, abgesandt am 7.6.2001, hat das Amtsgericht eine weitere Berechnung vorgenommen und die Festsetzung von monatlichen Raten in Höhe von 230 DM angekündigt. Am 14.8.2001 ist schließlich der angefochtene Beschluss ergangen. Angesichts dieses Verfahrensganges hätte eine abändernde Entscheidung viel früher, und zwar noch vor Ablauf der Vierjahresfrist am 5.11.2000, getroffen werden können.

Bereits auf Grund der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, der umfangreiche Belege beigefügt waren, und die am 19.9.2000 eingegangen ist, hätte das Amtsgericht prüfen können, ob eine Abänderung der Prozesskostenhilfebewilligung vom 26.9.1996 in Betracht kommt. Dies ist nicht geschehen. Der Mitteilung von Berechnungen und der Ankündigung, in welcher Höhe die Festsetzung von Raten beabsichtigt sei, die überdies auch erst nach Fristablauf erfolgt ist, hätte es ungeachtet des Anspruchs des Antragstellers auf rechtliches Gehör nicht bedurft. Ebenso wie über einen Erstantrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Vorliegen der von der Partei einzureichenden Unterlagen, § 117 Abs. 2 ZPO, zügig zu entscheiden ist (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, § 1, Rz. 153, 164), muss auch im Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO eine rasche Entscheidung getroffen werden. Eine vorherige Ankündigung der beabsichtigten Entscheidung ist nicht erforderlich. Der Partei steht, sofern sie mit der Entscheidung des Rechtspflegers nicht einverstanden ist, das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, bzw. der sofortigen Beschwerde, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der auf Grund des ZPO-RG vom 2.8.2001 (BGBl. I, Seite 1887, 1889) geltenden Fassung zur Verfügung.

Im Übrigen kann dem Antragsteller unabhängig vom Verfahrensablauf im Einzelnen schon deshalb nicht der Vorwurf der Verfahrensverzögerung gemacht werden, weil er durch die gerichtlichen Verfügungen vom 28.3.2000 und 17.8.2000 zur Vornahme einer Handlung aufgefordert worden ist, zu der er nicht verpflichtet ist. Im Rahmen des Abänderungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO genügt die Partei ihrer Auskunftspflicht damit, dass sie angibt, ob und ggf. inwieweit sich ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wie sie sich aus dem von ihr bei Antragstellung ausgefüllten Vordruck ergaben, geändert haben, und sie diese Angaben, soweit erforderlich, belegt (Senat, FamRZ 1996, 806; OLG Zweibrücken, JurBüro 1995, 310; OLG Dresden, FamRZ 1998, 250 f; OLG Koblenz, FamRZ 1999, 1144; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 120, Rz. 28 sowie § 124, Rz. 10 a; FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 297). Ist dies aber ausreichend, so trägt die unzulässige, da zu weit gehende Forderung nach erneuter Erklärung unter Verwendung des Vordrucks die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nicht. Denn ebenso wie derjenige, der um Prozesskostenhilfe nachsucht, gemäß § 117 Abs. 4 ZPO gehalten ist, sich der Vordrucke zu bedienen, ist gleichermaßen das Gericht im Rahmen des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO gehalten, der Partei mit derselben Deutlichkeit zu vermitteln, welche Erklärung von ihr im Einzelnen verlangt wird. Dem gegenüber kann es nicht Sache der Partei sein, aufgrund eigener Überlegungen zu der Erkenntnis zu gelangen, zu welchen Erklärungen sie nach Maßgabe vorstehender Erwägung verpflichtet ist (Senat, a. a. O.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Aufforderung des Amtsgerichts an den Antragsteller, sich über eine etwaige Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, nicht in der gebotenen Weise erfolgt. Hätte der Antragsteller sich auf die Aufforderung des Amtsgericht überhaupt nicht gemeldet, hätte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht nach § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben werden können. Wenn der Antragsteller hier auf die gerichtliche Verfügung vom 17.8.2000 dennoch eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dennoch vorgelegt hat, kann ihm eine Verfahrensverzögerung nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Abschließend weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass auch das weitere Verfahren des Amtsgerichts nach Ablauf der Vierjahresfrist des § 120 Abs. 4 ZPO nicht geeignet war, das Abänderungsverfahren zu einem zügigen Abschluss zu bringen. Die mehrfache Ankündigung der beabsichtigten Entscheidung durch die gerichtlichen Verfügungen vom 21.11.2000, vom 4.5.2001 und vom 25.5.2001 war, wie bereits ausgeführt, nicht erforderlich. Darüber hinaus hätte es, nachdem die Beschwerde am 19.9.2001 eingegangen war, allein der Nichtabhilfeentscheidung, die am 25.10.2001, getroffen worden ist, und damit verbunden der Vorlage der Sache an das Beschwerdegericht bedurft. Eine Anfrage beim Antragsteller, ob man sein Rechtsmittel aufrechterhalte, wie vorliegend nicht nur im Rahmen der Nichtabhilfeentscheidung vom 25.10.2001, sondern darüber hinaus auch noch durch Verfügungen vom 5.11.2001 und 30.5.2002, wodurch die Beschwerde dem Senat erst am 9.7.2002 vorgelegen hat, war nicht geboten, sondern hatte zu unterbleiben. Nach § 571 ZPO a. F. ist die Beschwerde, sofern ihr nicht abgeholfen wird, vor Ablauf einer Woche dem Beschwerdegericht vorzulegen. Auch bei sofortigen Beschwerden nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO n. F. ist eine Abhilfeentscheidung zu treffen, wobei die Beschwerde, soweit dem Rechtsmittel nicht abgeholfen wird, unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen ist, § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO n. F.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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