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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.04.2005
Aktenzeichen: 10 WF 97/05
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 12 a.F.
Der Streitwert der Ehesache übersteigt, wenn beiden Ehegatten ratenfrei Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, den gesetzlichen Mindeststreitwert von 2.000 € (bzw. früher 4.000 DM) nicht. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung ist es folgerichtig, in Fällen, in denen nur einer Partei Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt worden ist, den Wert für die Ehesache ohne Berücksichtigung des Einkommens der Partei, welche die Prozesskostenhilfe erhalten hat, festzusetzen.
10 WF 97/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 24. Februar 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 16. Februar 2005 in der Fassung des Beschlusses vom 23. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schael, den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr und die Richterin am Oberlandesgericht Rieger

am 21. April 2005

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig. Da die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsstellers die Beschwerde damit begründet, der Wert sei zu niedrig festgesetzt worden, ist davon auszugehen, dass sie die Beschwerde nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen der Partei eingelegt hat (Senat, JurBüro 1998, 421; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 32 RVG, Rz. 14). Das Beschwerderecht folgt mit Rücksicht darauf, dass das Rechtsmittel nach dem 1.7.2004 eingelegt worden ist, aus § 32 Abs. 2 RVG i. V. m. § 68 GKG n. F., vgl. § 72 GKG n. F. (vgl. Hartmann, a.a.O., § 32 RVG, Rz. 22).

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat den Wert für die Ehesache zutreffend auf 3.690 € festgesetzt.

Da das Scheidungsverfahren vor dem 1.7.2004 anhängig geworden ist, gilt hinsichtlich der Wertberechnung § 12 Abs. 2 Satz 1, 2 GKG in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung, vgl. § 72 GKG n. F. Danach ist der Wert des Streitgegenstandes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen, wobei für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen ist. Der Wert darf nicht unter 2.000 angenommen werden, § 12 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 GKG a. F.

Wird beiden Ehegatten Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt, soll dies nach einer Auffassung für die Bemessung des Streitwerts in Ehesachen grundsätzlich ohne Belang sein, insbesondere die Annahme nur des Mindestwertes nicht rechtfertigen (so KG, 3. Zivilsenat - Familiensenat -, KGR 2003, 384; OLG Celle, 10. Zivilsenat - Familiensenat -, OLGR 2002, 153; OLG Hamburg, 1. Familiensenat, OLGR 2000, 437; OLG Hamburg, 3. Familiensenat, FamRZ 2003, 1681; OLG Hamm, 7. Familiensenat, OLGR 2004, 227; OLG Karlsruhe, 5. Zivilsenat - Familiensenat -, FamRZ 2002, 1135; OLG Karlsruhe, 18. Zivilsenat - Familiensenat -, AGS 2003, 515; OLG Koblenz, 1. Familiensenat, OLGR 2004, 127; OLG München, 16. Familiensenat, FamRZ 2002, 683; OLG Oldenburg, 2. Familiensenat, AGS 2002, 231; OLG Schleswig, 4. Familiensenat, OLGR 2003, 272; OLG Zweibrücken, 5. Zivilsenat - Familiensenat -, OLGR 2004, 195 - Rechtsprechung hier wie im Folgenden zitiert nach Juris -; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 12 GKG/§ 3 ZPO/Anhang I, Rz. 32; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., Anhang § 3, Rz. 32; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3, Rz. 34; Madert/Müller-Rabe, Kostenhandbuch Familiensachen, Rz. 18; Praxishandbuch Familienrecht/Neidhardt, R 17; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Keske, 5. Aufl., 17. Kap., Rz. 24). Nach anderer Ansicht übersteigt der Streitwert der Ehesache, wenn beiden Ehegatten ratenfrei Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, den gesetzlichen Mindeststreitwert von 2.000 (bzw. früher 4.000 DM) nicht (OLG Düsseldorf, 1. Familiensenat, EzFamR aktuell 2003, 270; OLG Hamburg, 1. Familiensenat, EzFamR aktuell 2000, 205; OLG Hamm, 11. Familiensenat, FamRZ 2004, 1297 sowie FamRZ 2004, 1664; OLG Schleswig, 1. Familiensenat, OLGR 2004, 306; OLG Stuttgart, 13. Zivilsenat - Familiensenat -, AGS 2001, 12; OLG Stuttgart, 18. Zivilsenat - Familiensenat -, FamRZ 2000, 1518; Anders/ Gehle/Kuntze, Streitwertlexikon, 4. Aufl., "Ehesachen", Rz. 2, 7; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 1169 ff.; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 3, Rz. 16 "Ehesachen"; Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl., § 3, Rz. 25 "Ehesachen"; Schneider, MDR 1985, 353, 354; Schneider, Anm. zu OLG Hamm, KoRsp GKG, § 12, Nr. 85). Durch Beschluss vom 5.4.2005 hat sich der Senat der letztgenannten Auffassung angeschlossen. Zur Begründung hat er angeführt:

Die ratenfreie Bewilligung von Prozesskostenhilfe zeigt an, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien im untersten wirtschaftlichen Bereich bewegen und deshalb der Mindeststreitwert von 2.000 regelmäßig angemessen ist (so auch Zöller/Herget, a.a.O.). Da der Umstand der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG a. F. in jedem Fall als Bewertungsfaktor zu berücksichtigen ist, spricht schon eine einheitliche Bewertungspraxis dafür, in solchen Fällen grundsätzlich den Mindestwert von 2.000 festzusetzen (Schneider, MDR 1985, 353, 354). Denn der Streitwert sollte in einem möglichst einfachen Verfahren ohne kleinliche Rechenexempel bestimmt werden (Schneider/ Herget, a.a.O., Rz. 1039). Im Übrigen trägt diese Betrachtungsweise auch dem Gebot des schonenden Umgangs mit öffentlichen Mitteln Rechnung. Die Inanspruchnahme der öffentlichen Hand im Wege der Prozesskostenhilfe zur Finanzierung eines Rechtsstreits erfordert zugleich, die Belastung der öffentlichen Hand möglichst gering zu halten. Die Parteien können nicht einerseits so bedürftig sein, dass sie ohne eigenen Kostenaufwand prozessieren dürfen, andererseits aber doch so vermögend, dass eine Wertfestsetzung oberhalb des Mindeststreitwerts in Betracht kommt (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 2000, 1518)."

Ausgehend von dieser Rechtsauffassung ist es folgerichtig, in Fällen der vorliegenden Art, in denen nur einer Partei Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt worden ist, den Gegenstandswert für die Ehesache ohne Berücksichtigung des Einkommens der Partei, welche die Prozesskostenhilfe erhalten hat, festzusetzen (OLG Hamm, FamRZ 2004, 1297 m. w. N.). Auf der Grundlage des Nettoeinkommens der Antragsgegnerin von 1.230 , wie mit der Scheidungsantragsschrift angegeben, errechnet sich ein Streitwert von 3.690 (= 3 x 1.230 ), wie vom Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung angenommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG n. F. (vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 32, Rz. 23).

Auch wenn hinsichtlich der Frage, ob bei ratenfreier Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Ehegatten für die Wertbemessung grundsätzlich nur vom Nettoeinkommen des anderen Ehegatten auszugehen ist, unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, ist die Zulassung der weiteren Beschwerde gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts als Beschwerdegericht nicht möglich, §§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 4 Satz 1 GKG n. F.

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