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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.07.2004
Aktenzeichen: 11 U 11/04
Rechtsgebiete: BGB, MBKT, VVG


Vorschriften:

BGB § 812
BGB § 242
MBKT § 4 Nr. 3
MBKT § 4 Nr. 4
VVG § 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Im Namen des Volkes

Urteil

11 U 11/04

Verkündet am 27.07.2004

in dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richter am Oberlandesgericht Groß, Ebling und Hüsgen

auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Das am 7. Januar 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam wird abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil beschwert die Klägerin mit 20.427,59 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von gezahlten Krankentagegeld in Anspruch.

Der Beklagte war bei der Klägerin aufgrund eines Antrages vom März 1998 (Bl. 17, 18 d. A.) krankenversichert. Der Versicherungsschutz schloss auch die Zahlung eines Krankentagegeldes in Höhe von insgesamt 110,00 DM (45,00 DM + 65,00 DM) ein. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung zugrunde (Bl. 19 ff d. A.).

Am 04.02.2000 erlitt der Beklagte auf Kuba einen Unfall und war ab dem 09.02.2000 über ein Jahr lang arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Klägerin leistete in diesem Zeitraum und zwar zunächst bis zum 03.04.2001 und dann für einen weiteren Zeitraum vom 11.05. bis zum 07.06.2001 insgesamt 24.457,65 € an Krankengeld.

Unmittelbar nach dem Beginn des Bezuges der Leistungen, am 18.02.2000, füllte der Beklagte eine Erklärung (Bl. 26 d. A.) aus. In der Erklärung gab er an, er leite einen Betrieb mit 5 Mitarbeitern und habe in den letzten 12 Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 4.500,00 DM erhalten.

Der Beklagte betrieb, jedenfalls seit 1996, als Einzelkaufmann ein eigenes Gewerbe mit Möbeltransporten, Montagen und einem Kurierdienst. Er beschäftigte mehrere Mitarbeiter.

Aus dieser Tätigkeit hatte er im Jahre 1996 einen zu versteuernden Gewinn in Höhe von 50.410,00 DM erzielt. Der Steuerbescheid des Beklagten für das Jahr 1999, erstellt unter dem 11.02.2002 (Bl. 33 d. A.) weist für das Jahr 1999 einen Verlust von 13.847,00 DM aus. Dem Steuerbescheid zugrunde liegt eine Gewinn- und Verlustrechnung vom November 2000 (Bl. 234, 235 d. A.), die als Ergebnis der Einnahmen-, Ausgabenüberschussberechnung unter Berücksichtigung von Abschreibungen in Höhe von 47.331,73 DM und Wertminderungen aus Anlageverkäufen in Höhe von 13.185,52 DM einen Verlust von 13.846,22 DM ausweist.

Die Betriebseinnahmen und -ausgaben wickelte der Beklagte im Jahr 1999 über ein Konto bei der Raiffeisenbank Belzig e. G. ab. Dieses wies zum 04.02.1999 einen Habensaldo von 49.946,24 DM und zum 29.12.1999 einen solchen von 43.144,07 DM aus.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe sie am 18.02.2000 unzutreffend über sein Einkommen informiert.

Das Einkommen i.S.d. § 4 Abs. 2 ihrer Allgemeinen Versicherungsbedingungen sei das nach steuerrechtlichen Vorgaben ermittelte Einkommen. Hiernach habe der Beklagte im Jahr 1999 einen Verlust erwirtschaftet. Die ihr von dem Beklagten im Februar 2000 erteilte Information über sein Einkommen sei daher falsch gewesen. Bei richtiger Information hätte sie von ihrem Recht zur Vertragsanpassung aus § 4 Nr. 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen Gebrauch gemacht und mit Wirkung ab dem 01.04.2000 den Versicherungsanspruch herabgesetzt. An den Beklagten hätte sie dann 20.427,59 DM weniger gezahlt.

Sie hat beantragt,

den Beklagten entsprechend zur Rückzahlung zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, sein Einkommen sei im Jahre 1999 höher gewesen. Er habe aus seinem Betrieb in diesem Zeitraum erhebliche Privatentnahmen getätigt. Darüber hinaus habe er nach hohen Investitionen in Höhe von rd. 200.000,00 DM des Jahres 1997 im Jahre 1999 in erheblichem Umfang Abschreibungen gewinnmindernd in Abzug bringen können, ohne dass dies sein ihm zur Lebenshaltung zur Verfügung stehendes Einkommen geschmälert hätte.

Bereinige man sein Einkommen um diese nicht liquiditätsmindernden Verlustposten, so verbleibe ein Einkommen, das jedenfalls über dem versicherten Einkommen liege.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Beklagten falle eine Obliegenheitsverletzung zur Last, da er gegen die in § 4 Nr. 2 statuierte Verpflichtung verstoßen habe, die Klägerin über wesentliche Änderungen seines Einkommens zu informieren. Dabei sei auf der Grundlage des nicht hinreichenden Vortrages des Beklagten von dem Vortrag der Klägerin auszugehen, dass der Beklagte im Jahr 1999 ein Einkommen nicht erzielt habe. Der Beklagte habe daher die Klägerin im Februar 2000 unzutreffend über sein Einkommen informiert. Er sei dann nach Treu und Glauben gehindert, sich darauf zu berufen, dass nach den Versicherungsbedingungen der Klägerin eine Herabsetzung des Tagegeldanspruches nur für die Zukunft möglich sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er vertieft sein Vorbringen zu seinen Einkünften im Jahre 1999.

Er beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, sowie auf die überreichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB. Rechtsgrund für die Leistungen der Beklagten ist die zwischen den Parteien geschlossene Krankentagegeldversicherung. Eine Anpassungserklärung i. S. d. des § 4 ihrer Versicherungsbedingungen hat die Klägerin nicht abgegeben. Der Beklagte ist auch nicht durch § 242 BGB gehindert, sich auf die Regelung in § 4 Nr. 4 der Versicherungsbedingungen der Klägerin zu berufen, nach der durch eine Herabsetzungserklärung die Leistungspflicht nur für die Zeit nach der Herabsetzungserklärung berührt wird.

Der Beklagte hat die Klägerin durch seine Erklärung vom 18.02.2000 nicht über sein Einkommen getäuscht.

Die Bestimmung des § 4 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Klägerin i.V.m. § 4 Abs. 3, die dem Versicherungsnehmer auferlegt, eine Änderung seiner Einkommensverhältnisse der Versicherung anzuzeigen, begründet keine vertragliche Nebenpflicht des Versicherungsnehmers, sondern stellt eine Obliegenheit dar. Obliegenheiten sind im Gegensatz zu vertraglichen Nebenpflichten keine Rechtspflichten. Zwischen der Verletzung einer Leistungspflicht und einem Gebot, im eigenen Interesse in einer bestimmten Form zu handeln, ist zu unterscheiden (Weihers/Wand, Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufl., Rn. 408 m.u.w.N.). Die Verletzung einer Obliegenheit begründet, insoweit im Gegensatz zur Verletzung einer nebenvertraglichen Pflicht die Schadensersatzansprüche auslösen kann, nur dann Rechtsfolgen, wenn derartige Rechtsfolgen ausdrücklich im Vertrag bestimmt sind. Die Verletzung einer Obliegenheit, an dessen Verletzung der Versicherungsvertrag bestimmte Rechtsfolgen nicht knüpft, bleibt regelmäßig sanktionslos (Weihers/Wand a.a.O.; Bruckmüller, VVG, 8. Aufl., § 6 Anm. 9 u. 11).

Es entspricht daher allgemeiner Auffassung, dass die Verletzung der Anzeigeobliegenheit gem. § 4 Nr. 3 MBKT eine sanktionslose Obliegensverletzung darstellt (Prölls/Martin, VVG, 27. Aufl., § 4 MBKT, Rn. 6; OLG Stuttgart VersR 1999, 1138). Der Versicherer wird im Prozess regelmäßig nicht mit der Behauptung gehört, das Nettoeinkommen des Versicherungsnehmers sei bereits vor dem Versicherungsfall deutlich niedriger gewesen als in der Versicherung zugrunde gelegt. Zwar mag dann im Einzelfall eine Überversicherung entstehen, indes ist im Hinblick auf die Regelung des § 4 Nr. 4 MBKT, der eine Herabsetzung des Krankentagegeldanspruches nur für die Zukunft vorsieht, das tatsächliche Einkommen des Versicherungsnehmers vor dem Versicherungsfall für die Höhe der Leistungspflicht des Versicherers gemeinhin ohne Belang (OLG Karlsruhe VersR 1990, 1350; OLG Köln r+s 1989, 410 und bereits OLG Hamm VersR 1983, 1147). Die Krankentagegeldversicherung ist, jedenfalls wenn sie ausgestaltet ist, wie die Krankentagegeldversicherung des Beklagten, keine Schadens- sondern Summenversicherung. Maßgebend für die Leistung des Versicherungsnehmers ist nicht der Verdienstausfall des Versicherten, sondern das nach den vertraglichen Bestimmungen geschuldete Krankengeld (BGH VersR 2001, 1101).

Ohne eine gesonderte Regelung im Versicherungsvertrag, die zwischen den Parteien fehlt, lässt sich ein Rückforderungsanspruch der Klägerin auch nicht allgemein auf die Überlegung stützen, der Beklagte habe es unterlassen, die Klägerin rechtzeitig über den Rückgang seines Einkommens zu informieren. Die Verletzung einer Obliegenheit begründet, insoweit im Gegensatz zur Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht, gerade keine allgemeinen Schadensersatzansprüche. Es steht dem Versicherer in den Grenzen des § 6 VVG grundsätzlich frei, an die Verletzung von Obliegenheiten Nachteile zulasten des Versicherungsnehmers zu knüpfen. Unterlässt er dies, bleibt die Verletzung der Obliegenheit grundsätzlich sanktionslos (Honsell, Berliner Kommentar zum VVG, 1998, § 6 Rn. 196, 197; Prölls/Martin, a.a.O., § 6 RN. 84 m.u.w.N.).

Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn dem Versicherungsnehmer eine grobe Verletzung tragender Obliegenheiten zu Last fällt, die das vertragliche Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien durchgängig erschüttert. Die Anwendung dieser Grundsätze ist indes auf besondere Ausnahmefälle beschränkt, um schlechthin unannehmbare Ergebnisse zu vermeiden (Honsell, a.a.O.; BGH VersR 1987, 1182, 1183).

Unter Heranziehung dieser Grundsätze kann die Versicherung an eine von ihr behauptete unzutreffende Angabe des Versicherten über die Höhe seines Einkommens aus Anlass des Eintritts eines Versicherungsfalles zulasten des Versicherten Rechtsfolgen nur dann knüpfen, wenn der Versicherte nicht nur sein Einkommen falsch angegeben hat, sondern ihm darüber hinaus bei dieser Angabe zulasten der Versicherung ein jedenfalls deutliches Verschulden zur Last fällt.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Der Beklagte hat die Klägerin nicht über seine Einkommensverhältnisse in vertragsrelevanter Weise schuldhaft getäuscht.

Dabei kann für die Entscheidung des Rechtsstreits zunächst dahinstehen, ob die Angabe des Beklagten, er habe aus seiner Tätigkeit im Jahre 1999 ein Nettoeinkommen von 4.500,00 DM erzielt, zutreffend oder zumindest darstellbar ist.

Der Beklagte hatte bei der Klägerin nur einen Krankentagegeldanspruch in Höhe von 110,00 DM täglich, entsprechend durchschnittlich 3.300,00 DM monatlich versichert. Eine Herabsetzung der Leistungspflicht der Klägerin kam daher nur in Betracht, wenn das Nettoeinkommen des Beklagten unter einem Betrag von 3.300,00 DM monatlich lag und er dies bei Abgabe seiner Erklärung im Februar 2000 jedenfalls erkennen musste.

Hieran fehlt es. Der Begriff des Einkommens nach den Versicherungsbedingungen der Klägerin ist nicht eindeutig. Wenn sich die Klägerin dann dennoch darauf beschränkt, allgemein nach dem Einkommen zu fragen, so genügt der Versicherte seiner Obliegenheit, wenn er ein Einkommen angibt, dass nach den ihm zugänglichen Erkenntnismöglichkeiten einem anerkannten Einkommensbegriff entspricht. Einkommen ist danach jedenfalls auch der Gewinn, den ein Unternehmer nach Abzug der Betriebsausgaben erzielt, entsprechend dem Geldbetrag, den er ohne Berücksichtigung von Abschreibungen und Wertberichtigungen erwirtschaftet hat (Nettoeinkommen nach mikroökonomischer Betrachtung; Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., "Einkommen") .

Der Begriff des Nettoeinkommens ist in den Versicherungsbedingungen der Klägerin, die dem Versicherungsverhältnis zugrunde liegen, nicht eigenständig definiert. Er kann nur im Wege der Auslegung aus dem Sinn und Zweck der Krankentagegeldversicherung erschlossen werden. Diese dient dazu, dem Versicherten die Beträge zur Verfügung zu stellen, die er zur Aufrechterhaltung seines Lebensstandards und zur Finanzierung seiner Lebensführung im bisherigen Umfang bedarf (OLG Hamm a.a.O.).

Das Nettoeinkommen i.S.d. § 4 Nr. 2 der Versicherungsbedingungen der Klägerin ist damit zunächst nicht mit dem steuerlichen Einkommen gleichzusetzen. Einen allgemein verbindlichen Einkommensbegriff gibt es nicht. Insbesondere lässt sich eine allgemeine Verbindlichkeit des nach steuerlichen Maßstäben ermittelten, des zu versteuernden Einkommens, nicht begründen. Der Einkommensbegriff ist vielmehr für jedes Rechtsgebiet, in dem er verwandt wird und für jede vertragliche Reglung, die auf das Einkommen Bezug nimmt, nach Sinn und Zweck der Regelung gesondert zu ermitteln (Göppinger/ Brühl, Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2003 Rn. 511, 708). Hier kann ergänzend auf die unterhaltsrechtliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden, die ebenfalls vor der Aufgabe steht, bei einem Selbständigen auf der Grundlage der betrieblichen Erfolgsrechnungen ein Einkommen zu ermitteln, welches den Lebensstandard des Selbständigen widerspiegelt und so eine Grundlage für die Unterhaltsbemessung sein kann. Hier ist ohne weiteres anerkannt, dass das steuerliche Einkommen mit dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen nicht identisch ist und dass das in einem Einkommensteuerbescheid angegebene Einkommen allenfalls geeignet ist, ein Mindesteinkommen i.S.d. Unterhaltsrechts darzustellen (BGH FamRZ 1982, 680; FamRZ 1985, 357; Brühl, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rn. 709, 710).

Dabei können auch die Ergebnisse einer etwaigen unterhaltsrechtlichen Einkommensermittlung, die wie die Vielzahl der hierzu ergangenen Entscheidungen zeigt, immer auch Einzelfallbetrachtung ist, nicht ohne weiteres auf die Krankentagegeldversicherung übertragen werden. Im Gegensatz zum Unterhaltsrecht ist die Krankentagegeldversicherung nicht darauf gerichtet dem Versicherten auf Dauer einen bestimmten Lebensstandard aus den Mitteln der Versicherung gewähren. Sie soll nur den seiner Natur nach vorübergehenden krankheitsbedingten Einkommensverlust ausgleichen. Für diese Zeit soll der Selbständige aus dem ihm gezahlten Krankentagegeld aber nicht nur seinen Lebensunterhalt finanzieren, sondern gegebenenfalls auch in die Lage versetzt werden, von einer Fortführung seines Gewerbes unabhängige Ausgaben, z. B. Büroraummiete, Unterhaltungskosten eines Fahrzeuges u. ä. zu tragen. Dies kann im Bereich der Krankentagegeldversicherung eine Auslegung des Begriffes "Bruttoeinkommen" als Gesamtbetrag der erzielten Einkünfte ohne Abzug der Betriebsausgaben rechtfertigen, wobei dann zur Ermittlung des Nettoeinkommens von diesem Gesamtbetrag allein die zu zahlenden Steuern abzuziehen sind (OLG Frankfurt VersR 2001, 318, OLGR 1997, 240, 241).

Berechnet man das Nettoeinkommen des Beklagten nach diesen Grundsätzen, so entspräche das Nettoeinkommen des Beklagten im Jahre 1999 dessen Bruttobetriebseinnahmen, da er für dieses Jahr keine Steuern gezahlt hat und solche von daher auch nicht abzuziehen sind.

Aber auch wenn man bei der Berechnung des Einkommens jedenfalls die liquiditätswirksamen Betriebsausgaben berücksichtigt, das in der steuerlichen Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Ergebnis indes um die nicht liquiditätswirksamen Rechnungsfaktoren, also hier die Abschreibungen und die Wertberichtigungen aus dem Anlagevermögen vermindert, verbleibt ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Beklagten, das über dem versicherten Betrag von 3.300,00 DM liegt.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte durch Vorlage der Kontoauszüge sowohl dargelegt als auch bewiesen hat, dass er seinen Lebensunterhalt im Jahre 1999 nicht aus einer fortschreitenden Verschuldung seines Unternehmens finanziert und darüber hinaus durchgängig Beträge zur Verfügung hatte, die es ihm ermöglichten, für seinen privaten Bedarf einen Betrag in Höhe des versicherten Einkommens zu entnehmen.

Der Beklagte konnte daher auf der Grundlage der ihm im Februar 2000 und damit im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung zu Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten ohne weiteres zu der Auffassung gelangen, er habe im Sinne der mit der Klägerin abgeschlossenen Versicherung ein Einkommen, das über dem versicherten Einkommen lag.

Dem Beklagten fällt damit kein Verhalten zur Last, das sich als schwerwiegender Verstoß gegen die wechselseitigen Pflichten aus dem Versicherungsvertrag verstehen ließe, mit der weiteren Folge, dass er nicht gehindert ist, sich darauf zu berufen, dass die Klägerin ihre Leistungen nur mit Wirkung für die Zukunft herabsetzen kann.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 12, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht geboten.

Die Voraussetzungen, unter denen der Verstoß gegen eine sanktionslose Obliegenheit Rechtsfolgen zulasten des Versicherungsnehmers auslösen kann, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt. Der Senat folgt dieser Rechtsprechung. Die Entscheidung der Frage, ob dem Beklagten im Einzelfall ein solcher Verstoß zur Last fällt, ist Einzelfallentscheidung.

Einer abschließenden Klärung der Frage, welches das Nettoeinkommen i.S.d. Versicherungsbedingungen der Klägerin ist, bedarf es hierzu nicht.



Ende der Entscheidung

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