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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 06.11.2007
Aktenzeichen: 11 U 137/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 397
ZPO § 531 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 137/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 06.11.2007

Verkündet am 06.11.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2007 durch

den Richter am Oberlandesgericht Hütter, den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Oberlandesgericht Pliester

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 31. August 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin - Az.: 1 O 483/04 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren, zugleich Wert der Beschwer des Beklagten: 7.282,29 €

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Architektenhonorar für ein nicht verwirklichtes Bauprojekt. Der Anspruch ist der Höhe nach unstreitig (Phase 1 - 3); der Beklagte hat sich damit verteidigt, die Klägerin habe absprachegemäß unentgeltlich tätig werden sollen. Bei dem Objekt handelt es sich um ein Investitionsvorhaben "Umbau eines Jugenddorfs", welches mangels Bewilligung öffentlicher Förderung schon bald aufgegeben wurde. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.282,29 € nebst 5 % Zinsen seit dem 17. Januar 2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben über die honorarbezogenen Absprachen im November 2001 durch uneidliche Vernehmung der Zeugen We..., Wi... und Wa.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das erstinstanzliche Sitzungsprotokoll vom 10. August 2005 (Bl. 122) verwiesen. Sodann hat das Landgericht den Beklagten durch Urteil vom 31. August 2005 zur Zahlung von 7.282,29 € nebst Zinsen verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Zwischen den Parteien sei ein Vertrag über die erbrachten Planungsleistungen geschlossen worden. Die Klägerin habe den ihr obliegenden Nachweis geführt, dass der Vertrag nicht unter der aufschiebenden Bedingung habe stehen sollen, dass das Bauvorhaben realisiert oder die öffentliche Förderung zugesagt werde. Das dahin gehende Vorbringen des Beklagten sei im Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung, die dem Beklagten am 12. September 2005 zugestellt worden ist, wird auf die bei den Akten (Bl. 141) befindliche Leseabschrift Bezug genommen. Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, welche am 10. Oktober 2005 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen ist. Der Beklagte hat das Rechtsmittel - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. November 2005 - durch einen Schriftsatz, bei Gericht eingegangen an diesem Tage, wie folgt begründet:

Das Landgericht habe die Überzeugung von der Nicht-Vereinbarung einer Bedingung zu Unrecht gewonnen. So habe der Zeuge We... ausgesagt, er habe von der Durchführung des Vorhabens abgeraten. Dagegen habe der Zeuge Wi. dieses nicht bestätigt, sondern vielmehr geschildert, dass die Geschäftsführerin der Klägerin Bedenken hinsichtlich der Gewährung von Fördergeldern ebenso geäußert habe wie hinsichtlich der Bezahlung ihrer Leistungen. Der Zeuge Wi. habe im Auto zugehört, wie der Beklagte mit einem Landtagsabgeordneten gesprochen und diesem gesagt habe, jeder arbeite einstweilig auf eigene Rechnung. Im Übrigen habe das Landgericht bestimmte Fragen an den Zeugen Wi. nicht zugelassen.

Schließlich beruft sich der Beklagte auf neue Beweisantritte: Herr E... sei bei dem Gespräch zwischen den Parteien am 28. November 2001 anwesend gewesen; der Beklagte macht geltend, er habe "erst nach dem Urteil" Kontakt zu diesem Zeugen gefunden, weil er (der benannte Zeuge) umgezogen sei. Weiterhin habe auch der Diplom-Ingenieur S... einem weiteren Gespräch zwischen den Parteien beigewohnt. Dies habe er, der Beklagte, erfahren, als er am 26. Oktober 2005 in anderer Sache bei ihm gewesen sei; S... habe ihm aus seinen Akten den unter Beweis gestellten Sachverhalt geschildert.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, es beruhe nicht auf Nachlässigkeit, dass die Gegenbeweisanträge erst in der Berufungsinstanz gestellt worden seien. Seine schon während des Laufs der ersten Instanz durchgeführten Ermittlungen nach dem Aufenthalt des E. seien zunächst erfolglos geblieben, weil dieser nicht über einen festen Wohnsitz verfügt habe. Zur Glaubhaftmachung bezieht sich der Beklagte auf eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 31. März 2006 (Bl. 264 d. A.).

Der Zeuge We. sei unglaubwürdig, weil er auch in anderen Zusammenhängen ihn, den Beklagten, diffamiert habe.

Der Beklagte beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet den zweitinstanzlichen neuen Sachvortrag des Beklagten. Die neu eingeführten Beweise seien nicht zu erheben, weil die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

II.

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung des Honorars verurteilt, welches der Höhe nach unstreitig ist.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin der Beweis für die Tatsache des Vertragsschlusses obliegt. Die Klägerin hat den Beweis geführt, dass die vom Beklagten behaupteten Bedingungen nicht vereinbart waren. Die Berufung weist Fehler in der landgerichtlichen Beweiswürdigung nicht auf, die eine neue Tatsachenfeststellung gebieten würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); die vom Landgericht erhobenen Beweise sind in der angefochtenen Entscheidung nachvollziehbar und überzeugend gewürdigt:

Der Zeuge We. hat entschieden im Sinne der Klägerin ausgesagt. Konkrete Anhaltspunkte für eine Falschaussage ergeben sich nicht. Der Zeuge Wi. hat zwar ausgesagt, er selbst habe umsonst gearbeitet. Er ist aber Händler für Einrichtungsgegenstände und arbeitet in der Akquisitionsphase eingestandenermaßen meist unentgeltlich. Soweit die Berufung darauf Bezug nimmt, dass der Zeuge Wi. sich nicht habe erinnern können, dass die Geschäftsführerin der Klägerin ihre Sorge um das Honorar artikuliert habe, hat der Zeuge selbst gesagt, er habe das alles "locker gesehen" und er könne nicht ausschließen, dass so etwas gesagt worden sei.

Das Vorbringen der Berufung, das Gericht habe einzelne beweiserhebliche Fragen an den Zeugen Wi. nicht zugelassen, wird durch das Protokoll nicht gedeckt. Dass ein Gerichtsbeschluss gem. § 397 ZPO in Bezug auf die Zulässigkeit einzelner Fragen ergangen wäre, ist nicht ersichtlich. Da der Beklagte auch einen Protokollberichtigungsantrag nicht gestellt hat und sein diesbezügliches Vorbringen von der Klägerin bestritten wird (S. 4 der Berufungserwiderung), erschöpft sich die Rüge in einer reinen Behauptung, die eine Neufeststellung der Tatsachen nicht ermöglicht.

Neue Tatsachen und Beweismittel, auf die sich der Beklagte beruft, sind im Berufungsverfahren gem. § 531 Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO, der einzigen hier in Betracht zu ziehenden Ausnahmevorschrift, nicht gegeben. Es ist nämlich nicht feststellbar, dass es nicht auf einer Nachlässigkeit des Beklagten beruht, diese Noven nicht bereits in erster Instanz geltend gemacht zu haben.

Soweit Herr S... betroffen ist, hat der Beklagte nicht dargetan, warum er sich nicht schon in erster Instanz ergänzend auf ihn berufen hat. Die Benennung des Zeugen hätte im Hinblick auf die Verpflichtung der Parteien, Beweismittel frühzeitig vorzubringen (§ 282 Abs. 1 ZPO), schon deswegen zwingend erfolgen müssen, weil dieser nach dem Vorbringen des Beklagten bei einem Gespräch über das Bauvorhaben neben ihm, dem Beklagten, zugegen gewesen sein soll.

Die Bemühungen, E. während des erstinstanzlichen Verfahrens ausfindig zu machen, waren nicht zureichend, sodass es nicht auf die Frage ankommt, ob die Einreichung einer eigenen eidesstattlichen Versicherung zur Glaubhaftmachung geeignet ist. Der Beklagte hat nicht alles veranlasst, was im Rahmen einer sorgfältigen Prozessführung zur Benennung eines Zeugen (einschließlich ladungsfähiger Anschrift) erforderlich war. So ist eine Bezugnahme auf E... in erster Instanz von Seiten des Beklagten ganz unterblieben. Dies ist schon kaum verständlich, wenn der Beklagte, wie er vorbringt, mehrere in Betracht kommende Anschriften kannte. Sich auf das Absenden von Briefen an diese Anschriften E.. .s und auf Versuche, unter einer bekannten Telefonnummer eine Verbindung herzustellen, zu beschränken, war vor diesem Hintergrund nicht ausreichend. Insbesondere, weil der Beklagte keine Rückmeldung E...s erhalten haben will und die an E. gerichtete Post auch nicht als unzustellbar zurückgekommen sein soll, hätte der Beklagte allen Anlass gehabt, intensivere Nachforschungen anzustellen. So ist das Nächstliegende, eine Anfrage an das Einwohnermeldeamt, ganz unterblieben. Auch ist nicht zu erkennen, dass der Beklagte nicht durch rechtzeitige Nachfragen bei gemeinsamen Geschäftspartnern - wie etwa dem Architekten R. - Kontakt zu E. hätte herstellen können.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte wegen der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit ohnehin keine Erfolg versprechende Möglichkeit gehabt hätte, E. rechtzeitig ausfindig zu machen. Die Klage ist dem Beklagten am 13. Januar 2005 (vgl. Bl. 14 d. A.) zugestellt worden. Indes hat der Beklagte vor dem 6. Mai 2005, soweit ersichtlich, keinerlei Bemühungen unternommen, E. ausfindig zu machen.

Berücksichtigt man weiter, dass der Beklagte auch die Möglichkeit nicht genutzt hat, E. wenigstens ohne Adresse zu benennen und - im Falle einer Verzögerung - das Landgericht mit einer entsprechenden Begründung um Terminsaufschub zu bitten, stellt sich das Prozessverhalten des Beklagten insgesamt als nachlässig dar.

Soweit schließlich die Glaubwürdigkeit des Zeugen We. betroffen ist, ist nicht erkennbar, warum diese nicht bereits in erster Instanz - durch Vortrag und Vorhalte an den Zeugen anlässlich seiner Vernehmung - weiter angegriffen worden ist. Die maßgeblichen Vorgänge lagen insoweit fast ausschließlich schon längere Zeit zurück, als der Zeuge vom Landgericht vernommen worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist nach § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Anordnung einer Abwendungsbefugnis (§ 711 ZPO) hat gem. § 713 ZPO zu unterbleiben. Die Revision ist nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.

Ende der Entscheidung

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