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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.06.2008
Aktenzeichen: 11 U 170/05
Rechtsgebiete: EStG, BGB, ZPO


Vorschriften:

EStG § 23 Abs. 1 Nr. 1 a
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 289 S. 1
ZPO § 533 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 170/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 10.06.2008

Verkündet am 10.06.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Oberlandesgericht Pliester

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 24. November 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin - Az.: 3 O 384/02 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 326.861,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 20.000,00 € seit dem 7. September 2002 sowie aus weiteren 306.896,36 € seit dem 28. August 2003 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtlichen weiteren Schaden, der ihnen auf Grund des fehlerhaften Wertgutachtens des Beklagten vom 18. August 1998 entstanden ist und noch entstehen wird, in voller Höhe zu ersetzen, insbesondere die steuerlichen Nachteile, die ihnen daraus entstanden sind und noch entstehen, dass sie das Objekt ... Straße 25, P..., Gebäude- Gebäudenebenflächen, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts P... Bl. 5055, lfd. Nr. 1, Flur 47, Flurstück 81/1 und lfd. Nr. 2, Flur 48, Flurstück 81/2 nicht vor dem 31. Dezember 1998 veräußert haben und zum 1. Januar 1999 eine Änderung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 a des EStG in Kraft getreten ist mit der Folge, dass der Gewinn, den die Kläger aus der Veräußerung ihrer vorgenannten Immobilie durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 31. August 2000 (Nr. 1249 des Notars E... in P...) erzielt haben, der Besteuerung unterlag.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Beklagte. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte 83 %, die Kläger 17 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils für die Gegenseite vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor jeweils Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 447.133 €, davon 43.128 € für den Feststellungsantrag. Die Beschwer der Parteien übersteigt jeweils 20.000 €.

Gründe:

I.

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Schadensersatz wegen der unrichtigen Erstellung eines Wertgutachtens in Anspruch.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der gestellten Anträge wird auf die ausführliche Wiedergabe im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 214.586,41 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Der Anspruch ergebe sich aus pVV des Gutachtenvertrages, wobei die Kläger ein Mitverschulden von 1/3 treffe. Das Gutachten sei schuldhaft falsch; hierdurch sei den Klägern ein Schaden entstanden. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Beklagte Werte angesetzt habe, die nicht mehr vertretbar seien, wodurch der Vorwurf der Fahrlässigkeit ausgefüllt werde. Unvertretbar falsch seien vom Beklagten folgende - den Wert maßgeblich bestimmende -Ausgangswerte angesetzt worden:

- Restaurantmiete: 30,00 DM (Bekl.) statt 12,50 DM (angemessen) pro m²

- Coiffeursalonmiete: 25,00 DM (Bekl.) statt 15,00 DM, allenfalls 17,00 DM (angemessen) pro m²

- Nichtberücksichtigung der fehlenden Nutzbarkeit des hinteren Eingangsbereichs

Der Beklagte habe insoweit unkritisch Vorgaben der Kläger übernommen. Dies sei pflichtwidrig, weil der Vertragszweck auf ein realistisches Gutachten, welches einer Überprüfung bei Verkaufsverhandlungen standhalte, gerichtet sei. Durch die drei vorgenannten Wertdifferenzen habe sich ein Unterschied bei der Beurteilung des Verkehrswerts von 612.800,00 DM ergeben. Der Beklagte hafte auch für leichte Fahrlässigkeit, weil die im Vertrag vorgesehene Haftungsfreizeichnung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit AGBG-widrig sei.

Nicht verantwortlich sei der Beklagte dagegen für folgende Fehlerquellen, die ebenfalls zu einer sachwidrigen Erhöhung des von ihm festgestellten Verkehrswerts geführt hätten:

Die Kläger hätten den Beklagten nicht darüber informiert, dass die Gaststättenpacht teils unbezahlt geblieben sei. Ebenfalls habe der Sachverständige ohne Fahrlässigkeit davon ausgehen dürfen, das Hintergebäude sei in die Wertermittlung einzubeziehen. Der Sachverständige habe auch nicht feststellen müssen, dass das Dachgeschoss nicht ausgebaut werden durfte.

Die Pflichtverletzung sei für den Schaden auch kausal geworden. Bei zutreffender Wertermittlung hätten die Kläger das Grundstück zu den vom Interessenten gebotenen Kaufpreis von 1,8 Mio. DM verkauft. Die Differenz zum tatsächlichen Erlös (1,3 Mio. DM) stelle den Schaden dar. Dieser hätte sich durch Zinsen entsprechend erhöht. Den Mitverursachungsanteil der Kläger hat das Landgericht auf 1/3 bemessen.

Der Feststellungsantrag sei zulässig, weil der Steuerschaden mangels bestandskräftigen Bescheids nicht feststehe, und zu 2/3 ebenfalls begründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung, die den Parteien am 28.11.2005 zugestellt worden ist, wird ergänzend auf die in den Akten befindliche Leseabschrift (Bl. 785 ff.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richten sich die selbstständigen Berufungen beider Parteien. Die Kläger haben das Rechtsmittel am 28.12.2005 eingelegt und - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 28.02.2006 - mit Schriftsatz, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen an diesem Tage, begründet. Der Beklagte hat das am 07.12.2005 eingelegte Rechtsmittel - ebenfalls nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist - am 28.02.2006 begründet.

Die Kläger erweitern die Klage mit der Berufungsbegründung und führen aus:

Die Tatsachen, die ein Mitverschulden/eine Mitverursachung der Kläger begründen könnten, lägen nicht vor und seien vom Landgericht nicht festgestellt worden. Ein Verhalten der Kläger sei auch nicht kausal für einen Teil des Schadens geworden.

Der Umstand, dass die Restaurantmiete schleppend gezahlt worden sei, sei vom Landgericht zu Unrecht zu Grunde gelegt worden; denn hierauf habe die Zeugin T... den Beklagten hingewiesen. Das entsprechende Vorbringen im Termin vom 28.11.2002 habe das Landgericht übergangen. Außerdem sei der genannte Umstand ohnehin unerheblich, weil es nicht auf die tatsächlich geschuldete oder gezahlte, sondern auf die nachhaltig erzielbare Miete ankomme. Eine Pflichtverletzung oder ein Verschulden könne die Kläger nicht treffen.

Eine etwaige Lückenhaftigkeit der Angaben der Kläger gegenüber dem Beklagten hätte sich auch nicht ausgewirkt, wie die Herangehensweise des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten zeige. Der Beklagte trage die Beweislast für die Kausalität des Mitverschuldens; dies habe das Landgericht verkannt. Weiter wäre der vom Beklagten ermittelte Betrag unter Berücksichtigung von Mindermieten nur geringfügig gewesen; dies hätte sich auf den kausalen Schaden der Kläger nicht auswirken können.

Im Hinblick auf die Bebaubarkeit des Hintergebäudes führen die Kläger aus: Gehe man mit dem Landgericht davon aus, dass ein Vertretenmüssen auf keiner Seite festzustellen sei, so dürfe dieser Umstand auch nicht bei der Mitverursachungsquote gewertet werden. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (V ZR 420/99) halten die Kläger daran fest, dass der Beklagte zur Überprüfung des Baurechts verpflichtet gewesen sei. Die Kürze der Zeit, die dem Beklagten für die Gutachtenfertigung zur Verfügung gestanden habe, stehe dem nicht entgegen; gegebenenfalls hätte der Beklagte dies zum Anlass näherer Aufklärung machen müssen. Insoweit wird die Beweiswürdigung durch das Landgericht gerügt.

Im Zusammenhang mit der Ausbaubarkeit des Dachgeschosses fehle es an einem Verschulden der Kläger: der Beklagte habe von sich aus alle Unterlagen anfordern müssen, die er als Fachmann für relevant gehalten habe. Im Übrigen würde es an der Kausalität fehlen: Selbst bei vollständiger Information hätte der Sachverständige für das Dachgeschoss einen Wert festgestellt, der nur knapp 140.000,00 DM geringer als der im Gutachten genannte sei. Dann wäre der klägerische Schaden aber in gleicher Weise eingetreten.

Jedenfalls sei die Quote von 1/3 zu 2/3 fehlerhaft berechnet, wenn man die Verursachungsanteile der Parteien rechnerisch bewerten würde.

Der Höhe nach habe das Landgericht den Schaden zu Unrecht gekürzt. Beim entgangenen Gewinn sei das Zinseszinsverbot nicht anzuwenden. im Übrigen wird ein weiterer (höherer) entgangener Gewinn für den Zeitraum bis 31.07.2003 in der Berufungsinstanz klageerweiternd eingeklagt, ebenso ein weiterer entgangener Gewinn für den Zeitraum vom 01.08.2003 bis zum 28.02.2006.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 114.064,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.08.2003 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihnen als Gesamtgläubigern sämtlichen weiteren Schaden, der ihnen auf Grund des fehlerhaften Wertgutachtens des Beklagten vom 18.08.1998 entstanden ist und noch entstehen wird über die erstinstanzlich zuerkannte Feststellung hinaus im Umfang eines weiteren Drittels, somit in voller Höhe zu ersetzen, insbesondere die steuerlichen Nachteile, die ihnen daraus entstanden sind und noch entstehen, dass sie das Objekt ... Straße 25, P..., Gebäude- Gebäudenebenflächen, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts P... Bl. 5055, lfd. Nr. 1, Flur 47, Flurstück 81/1 und lfd. Nr. 2, Flur 48, Flurstück 81/2 nicht vor dem 31.12.1998 veräußert haben und zum 01.01.1999 eine Änderung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 a des EStG in Kraft getreten ist mit der Folge, dass der Gewinn, den die Kläger aus der Veräußerung ihrer vorgenannten Immobilie durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 31.08.2000 (Nr. 1249 des Notars E... in P...) erzielt haben, der Besteuerung unterlag;

3. im Wege der Klageerweiterung den Beklagten darüber hinaus zu verurteilen, an sie weitere 75.354,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (= 09.03.2006) zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen;

die Klage auch hinsichtlich der Klageerweiterung abzuweisen.

Beide Parteien beantragen jeweils,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte begehrt eine vollständige Klageabweisung und führt aus: Der Auftrag habe darin bestanden, auch die ungewissen "Bauanwartschaften" zu berücksichtigen. Diese beinhalteten all das, was die Zeugin T... als Information an den Beklagten weitergegeben habe, insbesondere die Pläne und Skizzen, aus denen sich eine Bebaubarkeit ergebe. Anders als das Landgericht ausgeführt habe, sei also kein reales Verkehrswertgutachten in Auftrag gegeben worden, sondern eines, welches auf Grund der Angaben der Zeugin T... beruhe. Hierzu bezieht sich der Beklagte im Einzelnen auf den zeitlichen Ablauf der Beauftragung.

Das gerichtliche Sachverständigengutachten wird mit der Begründung angegriffen, der Sachverständige habe nicht auf die Stichtagsbezogenheit der Wertermittlung Rücksicht genommen. Es seien erst nach dem Stichtag erhobene Daten rückwirkend in die Beurteilung einbezogen worden. Der Ansatz von nur 10,00 DM für das Büro im Obergeschoss sei zu gering. Im Hinblick auf die Gastronomiemiete habe der Beklagte sich auf die Angaben der Zeugin T... verlassen dürfen, die im Rahmen des Üblichen gelegen hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Der Senat hat den Sachverständigen O... ergänzend angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Vermerk des Berichterstatters vom 29.01.2008 (Bl. 1210 d. A.) verwiesen.

II.

Die Berufung der Kläger ist überwiegend begründet und führt zur Teilabänderung der angefochtenen Entscheidung; die Berufung des Beklagten ist dagegen unbegründet. Der Beklagte ist den Klägern in vollem Umfang zur Leistung von Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung verpflichtet.

1.

Im Ergebnis zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es dem Beklagten oblag, ein zutreffendes Verkehrswertgutachten zu erstellen. Der Auftrag war insbesondere nicht auf die Erstellung eines Gutachtens mit fiktiven, von der Klägerseite vorgegebenen Ausgangswerten gerichtet. Es war Aufgabe des Beklagten, die Informationen, die die Klägerseite ihm hat zukommen lassen, durch eigene Recherchen über die Bebaubarkeit, die Nachhaltigkeit der zu erzielenden Mieten und die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagte sich mit der Zusammenstellung der Informationen begnügen konnte, die er von der Zeugin T... bekommen hat, um hieraus einen rechnerischen Wert zu ermitteln; solches hat die in erster Instanz vernommene Zeugin T... gerade nicht bestätigen können. Auch hat der Beklagte in seinem Gutachten an keiner Stelle darauf hingewiesen, dass die Verkehrswertermittlung von der Richtigkeit bestimmter Parameter abhängig sei, die er in eigener Verantwortung nicht geprüft habe. Will jedoch ein Gutachter sich von dem Inhalt des Gutachtens insoweit distanzieren, so muss er den Auftraggeber konkret darauf hinweisen, dass er sich auf bestimmte Angaben verlassen hat, ohne diese seinerseits einer sachverständigen Prüfung unterworfen zu haben.

2.

Das Gutachten des Beklagten weist einen Verkehrswert aus, der mit 2.450.000,00 € derart von dem wirklichen Verkehrswert abweicht, dass die Abweichung nicht mehr in dem stets zu tolerierenden Spielraum liegt und das Gutachten sich demgemäß als objektiv falsch darstellt.

Der Senat folgt, ebenso wie das Landgericht, der Wertermittlung in dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen O.... Die vom Beklagten gegenüber dem Gutachten vorgebrachten Einwände hat dieser zur Überzeugung des Gerichts ausgeräumt. Insbesondere hat der Sachverständige die Einordnung des Objekts nach Qualität und Lage im Einzelnen erörtert und seine Feststellungen untermauert. So hat er nachvollziehbar ausgeführt, dass die vom Beklagten im Schriftsatz vom 12.10.2007 gewählte Wertermittlung nach der Mitte von Mietspannen für die Frage, welche Miete nachhaltig erzielt werden könne, unzureichend ist. Die Abweichung des "wirklichen Verkehrswertes" von demjenigen, den der Beklagte angesetzt ist, liegt mit ca. 50 % in einer Höhe, die sich weit über einer - in Wertgutachten stets hinzunehmenden - Toleranz befindet. Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten eine zu duldende Toleranz von 30 % ansetzen würde, wäre sein Gutachten falsch gewesen.

Der Beklagte hat die objektiv bestehende Unrichtigkeit des Gutachtens auch zu vertreten; er hat die Verschuldensvermutung (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB), die aus der objektiven Pflichtverletzung folgt, nicht widerlegt.

3.

Den Klägern ist auf Grund der Fehlerhaftigkeit des Gutachtens ein kausaler Schaden erwachsen. Dieser bemisst sich nach einem Vergleich der jetzigen Vermögenslage der Kläger mit derjenigen, die bestünde, wenn der Beklagte ein fehlerfreies Gutachten erstellt hätte.

a. Die Kläger können insoweit zunächst den von ihnen geltend gemachten Mindererlös in Höhe von 255.646,00 € verlangen. Durch das Gutachten des Beklagten haben die Kläger davon Abstand genommen, das bindende Kaufangebot des Interessenten in Höhe von 1,8 Mio. DM anzunehmen, und schließlich das Haus zu dem Preis von 1,3 Mio. DM verkauft.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger das Hausgrundstück zu einem höheren Preis hätten verkaufen und dadurch den Schaden hätten mindern können, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich; solches liegt angesichts des vom gerichtlichen Sachverständigen ermittelten Verkehrswerts auch eher fern.

b. Der weitere Schaden, den die Kläger dadurch erlitten haben, dass sie das Kapital in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.07.2003 nicht verzinslich haben anlegen können, ist ebenfalls ersatzpflichtig. Soweit das Landgericht darauf verweist, dass die in dem Betrag von 71.215,36 € enthaltenen Zinseszinsen nicht verlangt werden können, trägt die Begründung nicht; denn es handelt sich hier nicht um Verzugszinsen, auf die § 289 S. 1 BGB Anwendung fände, sondern um einen nach der Differenztheorie zu leistenden Schaden.

c. Soweit die Kläger mit der Klageerweiterung in zweiter Instanz weitere Schadenspositionen geltend machen, liegen die Voraussetzungen der in dieser Erweiterung liegenden Klageänderung nicht vor, so dass eine Sachentscheidung zu unterbleiben hat.

In Abweichung von dem erstinstanzlich beantragten Zinssatz begehren die Kläger nunmehr einen Satz von 8 % mit der Behauptung, sie hätten im Bereich B... eine Immobilieninvestition mit einer entsprechenden Rendite machen können. Dieses Vorbringen ist vom Beklagten (Schriftsatz vom 28.04.2006) bestritten worden. Die Zulassung dieses Vorbringens in zweiter Instanz würde es - entgegen § 533 Nr. 2 ZPO - erforderlich machen, neue Tatsachen aufzuklären. Gleiches gilt für den weiter geltend gemachten entgangenen Gewinn für den Zeitraum vom 01.08.2003 bis zum 28.02.2006 zur Höhe von 52.833,49 €.

d. Unter Zugrundelegung der Differenztheorie schuldet der Beklagte nicht die Zurückzahlung des Gutachtenhonorars. Hätte nämlich der Beklagte ein zutreffendes Gutachten erstellt - dies ist die Basis für den anzustellenden Vermögensvergleich -, hätte er das Honorar für dieses Gutachten selbstverständlich behalten können.

Der Gesamtanspruch der Kläger bemisst sich daher mit 326.861,36 €.

4.

Im Gegensatz zu der Rechtsansicht des Landgerichts haben die Kläger, wie deren Berufungsbegründung zutreffend ausführt, die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens nicht mit zu vertreten, so dass eine Anspruchskürzung gem. § 254 Abs. 1 BGB nicht in Betracht kommt.

5.

Nach dem Ausgeführten können die Kläger weiterhin die beantragte Feststellung begehren. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war vor dem Bundesverfassungsgericht noch nicht über die Frage der Steuerpflicht hinsichtlich der Veräußerungsgewinne entschieden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Anordnung der Abwendungsbefugnis hat ihre Grundlage in § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Entscheidung grundsätzliche Fragen nicht berührt, sondern auf einer Würdigung des Sachverhalts im Einzelfall beruht.

Ende der Entscheidung

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