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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 11 U 24/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 156 Abs. 2
ZPO § 256
ZPO § 256 Abs. 1
BGB § 278
BGB § 626 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 24/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.10.2007

Verkündet am 16.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2007 durch

den Richter am Oberlandesgericht Hütter, den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Oberlandesgericht Pliester

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 12. Januar 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - Az.: 1 O 103/06 - teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Schulvertrag zwischen den Parteien vom 05./07. Februar 2003 fortbesteht.

Es wird weiter festgestellt, dass das dem Schüler F... S... mit Schreiben vom 02. Februar 2006 und Schreiben vom 21. März 2006 erteilte Hausverbot unwirksam ist. Es wird festgestellt, dass das der Klägerin zu 1 mit Schreiben vom 21. März 2006 erteilte Hausverbot unwirksam ist.

Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern jedweden Schaden, der diesen aus den Kündigungen vom 02. Februar 2006 und vom 21. März 2006 entstanden ist oder entstehen wird, zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger sind Eltern des am ... 1988 geborenen F... S.... Mit der Beklagten haben sie am 05./07. Februar 2003 einen Schulvertrag abgeschlossen.

Nach Anhörung der Kläger und ihres Sohnes sprach die Beklagte gegenüber den Klägern am 02. Februar 2006 die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Schulvertrages und ein Hausverbot für den Sohn F... aus (Bl. 38 d.A.). Eine weitere fristlose Kündigung des Schulvertrages und ein erneutes Hausverbot erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 21. März 2006.

In Bezug auf die Fortsetzung der Schulausbildung haben die Kläger zwei Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung angestrengt (1 O 101/06 und 1 O 151/06 Landgericht Potsdam). Im Rechtsmittelzug hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (13 U 41/06) mit Urteil vom 05. Juli 2006 entschieden, dass dem Schüler nur bis zum Ende des Schuljahres 2005/2006 die Teilnahme am Unterricht zu gestatten sei. Die weitergehenden Anträge hat das Oberlandesgericht dagegen zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausfertigung des genannten Urteils (Bl. 660 d.A. 13 U 41/06) Bezug genommen.

Im vorliegenden Hauptsacheverfahren begehren die Kläger im Ergebnis die Feststellung, dass das Schulvertragsverhältnis fortbestehe, die erteilten Hausverbote unwirksam seien sowie die weitere Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.

Hierzu haben die Kläger behauptet,

die der Kündigung vom 02. Februar 2006 zu Grunde liegenden sexuellen Handlungen seien im Einvernehmen erfolgt, sodass ein Kündigungsgrund nicht vorgelegen habe. Die weitere Kündigung sei ebenfalls nicht gerechtfertigt. Sowohl aus der e-Mail an die Eltern der anderen Schüler wie auch aus der Einleitung der Internetseite gehe hinreichend deutlich hervor, dass sie, die Kläger, Urheber seien.

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, schon der Anfangsverdacht der Vergewaltigung habe sie berechtigt, das Vertragsverhältnis zu kündigen.

Wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der näheren Einzelheiten des weiteren Parteivorbringens wird ergänzend auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 319 bis 324 d.A.) Bezug genommen.

Zu ergänzen ist:

Der Schüler hat im Schuljahr 2006/2007 die 11. Schulklasse in einem Internat in der Schweiz wiederholt.

Das Landgericht hat die Unwirksamkeit des dem Kläger zu 2 erteilten Hausverbots festgestellt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Die Klage sei zulässig. Das gem. § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse folge daraus, dass der Sohn der Kläger durch die Kündigung ein Schuljahr verloren habe und hieraus resultierende Schadensersatzansprüche nicht bezifferbar seien.

Die Klage sei jedoch im Wesentlichen unbegründet; denn die Kündigung vom 02. Februar 2006 sei wirksam. Der zunächst aufgekommene Verdacht der Vergewaltigung der Mitschülerin stelle zwar keinen Kündigungsgrund dar. Die Tatsache, dass der Sohn der Kläger auf dem Schulgelände einvernehmliche sexuelle Handlungen mit der Mitschülerin vorgenommen habe, sei aber geeignet, die fristlose Kündigung zu begründen. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht darauf abgestellt, dass der Sohn der Kläger auf die verschiedenen kulturellen und religiösen Wurzeln der Schülerschaft keine Rücksicht genommen habe. Auch seien die Handlungen an einem Ort erfolgt, an dem sie von Dritten hätten wahrgenommen werden können. Vor diesem Hintergrund hätte es angesichts der Erheblichkeit des Pflichtenverstoßes einer Abmahnung nicht bedurft.

Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung, die den Klägern am 18. Januar 2007 zugestellt worden ist, wird auf die bei den Akten befindliche Urschrift (Bl. 318 ff.) Bezug genommen.

Gegen das Urteil richtet sich die am 02. Februar 2007 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangene Berufung der Kläger. Diese haben das Rechtsmittel - nach mehrfacher Verlängerung der Begründungsfrist, zuletzt bis zum 03. Mai 2007 - mit einem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Kündigungsgrund "einvernehmliche sexuelle Handlungen" sei, nachdem die Kündigung ursprünglich auf den Verdacht der Vergewaltigung gestützt worden sei, in unzulässiger Weise nachgeschoben worden. Im Übrigen vertiefen die Kläger ihre Auffassung, die Handlungen ihres Sohnes stellten keinen Grund zur Kündigung dar. Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 03. Mai 2007 (Bl. 382) verwiesen.

Die Kläger beantragen,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und festzustellen, dass

a. die seitens der Beklagten den Klägern mit Schreiben vom 02. Februar 2006 ausgesprochene außerordentliche Kündigung, hilfsweise ordentliche Kündigung des Schulvertrages vom 05./07. Februar 2003 unwirksam ist und dadurch der Schulvertrag nicht beendet wurde;

b. das dem Schüler F... S... mit Schreiben vom 02. Februar 2006 erteilte Hausverbot hinsichtlich des ganzen Schulgeländes unwirksam ist;

c. die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern jedweden Schaden, der diesen aus der Kündigung vom 02. Februar 2006 und dem erteilten Hausverbot erwächst, zu ersetzen;

d. die seitens der Beklagten den Klägern mit Schreiben vom 21. März 2006 ausgesprochene außerordentliche Kündigung, hilfsweise ordentliche Kündigung des Schulvertrages vom 05./07. Februar 2003 unwirksam ist und dadurch der Schulvertrag nicht beendet wurde;

e. das dem Schüler F... und der Klägerin zu 1 mit Schreiben vom 21. März 2006 erteilte Hausverbot hinsichtlich des gesamten Schulgeländes der B... unwirksam ist;

f. die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern jedweden Schaden, der diesen aus der Kündigung vom 21. März 2006 und dem erteilten Hausverbot erwächst, zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 30. Juli 2007 (Bl. 427 d.A.) und 11. September 2007 (Bl. 436 d.A.).

Dem Senat lagen die Akten 476 Js 7463/06 StA Potsdam und 13 U 41/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht (= 1 O 147/06 und 1 O 103/06) vor; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Frist und Form eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat das Rechtsmittel ganz überwiegend Erfolg.

1.

In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Landgerichts versteht der Senat das Feststellungsbegehren der Kläger (lit. a und d der Anträge) als einheitlichen Antrag dahingehend, dass das zu der Beklagten bestehende Vertragsverhältnis fortbestehe; denn nur das Bestehen des Rechtsverhältnisses, nicht die Wirksamkeit einzelner Kündigungserklärungen, kann Gegenstand eines Feststellungsausspruchs sein.

Das Feststellungsinteresse der Kläger (§ 256 Abs. 1 ZPO) folgt nicht allein aus der Tatsache, dass der Fortbestand des Vertrags Grundlage für die Geltendmachung eventueller Schadensersatzansprüche sein könnte, sondern ergibt sich jedenfalls auch daraus, dass der inzwischen volljährige Sohn der Kläger nach den Erklärungen der Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nach wie vor gewillt ist, die Schule der Beklagten weiter zu besuchen. Da die Kläger, wie sie in der Verhandlung unwidersprochen ausgeführt haben, aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, den Schulbesuch ihres Sohnes in der Schweiz weiter zu finanzieren, ist die Ernsthaftigkeit des klägerischen Begehrens - Fortsetzung des Vertragsverhältnisses - auch glaubhaft; insbesondere ist für den Senat nicht erkennbar, dass die Kläger mit ihrem Antrag (ausschließlich) Zwecke verfolgen, die von einem schutzwürdigen Feststellungsinteresse nicht gedeckt wären.

2.

Die demgemäß zulässige Klage ist hinsichtlich des Feststellungsausspruchs zu lit. a und d begründet. Auf Grund des im Hauptsacheverfahren zu Grunde zu legenden Sach- und Streitstandes kann nicht festgestellt werden, dass der Sohn der Kläger oder diese selbst einen Grund gesetzt haben, der die Beklagte zu fristlosen oder fristgemäßen Kündigung des Schulvertrages berechtigt hätte.

a.

Auf den Vergewaltigungsverdacht, der bis zur Einstellung des Strafverfahrens am 18. Mai 2006 bestand, kann die Kündigung vom 02. Februar 2006 nicht gestützt werden; auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (S. 9 vorletzter Abs. bis S. 10, 2. Abs. des Urteilsumdrucks; Bl. 326 f. d.A.) nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

b.

Zwar stellt die Tatsache, dass der Sohn der Kläger mit seiner Mitschülerin einvernehmliche sexuelle Handlungen der hier in Rede stehenden Art auf einer Toilette der Schule vorgenommen hat, einen schwerwiegenden Verstoß gegen die an jeder Schule geltenden Verhaltenspflichten dar, was die Kläger letztlich auch nicht in Abrede stellen. Wie bereits der 13. Zivilsenat (S. 7 des Urteilsumdrucks; Bl. 666 d.A. 13 U 41/06) zutreffend ausgeführt hat, zieht die Ausübung sexueller Akte in den Räumen der Schule eine "grob fehlerhafte Verhaltensweise dar, die das Ordnungsgefüge einer Schule nicht unerheblich in Mitleidenschaft zieht und die schulische Ordnung in einem Maße stört, dass die Schule Gefahr läuft, ihren Erziehungsauftrag gegenüber den übrigen Schülern nicht mehr hinreichen zu erfüllen." Hinzu kommt, dass der Sohn der Kläger und seine Mitschülerin jedenfalls eine abstrakte Gefahr geschaffen haben, dass ihr Tun von Schülern oder Eltern, die die betroffene Toilette benutzten, akustisch wahrgenommen werden konnte; solche Wahrnehmungen, insbesondere durch gegebenenfalls jüngere Schüler, sind in hohem Maße unerwünscht, und zwar unabhängig von der Frage, wie sich die Schülerschaft zusammensetzt.

Das vorbezeichnete Verhalten des Schülers F... S..., welches die Kläger sich gem. § 278 BGB zurechnen lassen müssen, stellt indes keine derart gravierende Verletzung des Schulbetriebs dar, die eine fristlose oder ordentliche Kündigung rechtfertigen könnte.

Die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB, den das Landgericht zu Recht als Prüfungsmaßstab herangezogen hat, sind nicht gegeben. Für den Inhalt der wechselseitigen Pflichten aus dem Dienstvertragsverhältnis und zur Beantwortung der Frage, ob der Beklagten die Fortsetzung des Schulvertrages zumutbar ist, kommt es in erster Linie auf die Regelungen des Schulvertrages an.

§ 6 Abs. 1 des Vertrages (Bl. 27 d.A.) sieht eine fristlose Kündigung bei "ernsthaftem Fehlverhalten" oder bei von einem Schüler "verursachten schweren Disziplinarmaßnahme" (gemeint offenbar: Disziplinarverstoß) vor. In Ziff. 4 Abs. 2 (Bl. 25 d.A.) enthält der Vertrag daneben nur einen allgemeinen Verweis auf "gesetzlich zulässige Maßnahmen". Ergänzend wird in dem "student book" (Bl. 132, 133) in allgemeiner Form auf die Notwendigkeit des Wohlverhaltens hingewiesen, wobei ausdrücklich unter anderem nur der Drogen- und Alkoholkonsum- und Besitz, das Rauchen, Gewalt und rassistisches Verhalten benannt sind; ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass sexuelle Handlungen im Bereich der Schule zu unterbleiben haben, fehlt hingegen. Ebenso wenig verfügt die Beklagte über ein abgestuftes Disziplinarsystem, vergleichbar dem öffentlicher Schulen (etwa: §§ 63 ff. Brandenburgisches Schulgesetz und Brandenburgische EOMV vom 12. Oktober 1999). Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Inbezugnahme der "gesetzlich zulässigen Maßnahmen" eine Verweisung auf das öffentliche Schulrecht beinhaltet; so bliebe schon unklar, ob B... oder Br... Schulrecht gemeint sein könnte.

Die Kündigung des Schulvertrages als härteste Sanktion muss sich vor diesem Hintergrund - mangels eindeutiger vertraglicher Regelungen - am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. hierzu Münch/Komm-Henssler § 626 RN 87 mit weiteren Nachweisen) messen lassen. Bei der Abwägung der Gesamtumstände stellt sich vorliegend die Kündigung nicht mehr als verhältnismäßig dar:

Der Hinweis der Beklagten, die Schule verfüge über eine international weit aufgefächerte Schülerschaft, vermag auch keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Zwar hat dieser Umstand einerseits eine besondere Pflicht zur Rücksichtnahme zur Folge: Wie bereits der 13. Zivilsenat (S. 9 des Urteilsumdrucks; Bl. 668 d.A. 13 U 41/06) überzeugend ausgeführt hat, führt dies zu besonderen Anforderungen an die Schüler im Hinblick auf die gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Wurzeln der Mitschüler und ihrer Eltern. Gerade aus dem Umstand, dass sich die Beklagte im Hinblick auf diese Erfordernisse die Erziehung zur Toleranz und Rücksichtnahme zu einer besonderen Aufgabe gemacht hat, wie sich aus den zur Akte gereichten Unterlagen ergibt, folgt andererseits auch die Notwendigkeit zur Nachsicht gegenüber dem Fehlverhalten des Schülers, das seine Ursache in einer gewissen Unreife gehabt haben dürfte.

Die von der Beklagten angeführten wirtschaftlichen Gründe (Gefahr des Verlustes von Schülern), die für die Entscheidung des 13. Zivilsenats im Eilverfahren (S. 9 des Urteilsumdrucks; Bl. 668 d.A. 13 U 41/06) noch mitbestimmend waren, vermögen demgegenüber nicht durchzugreifen. Dass andere Eltern das Verhalten des Schülers zum Anlass zur Kündigung genommen hätten oder deswegen von einer Einschulung ihrer Kinder abgesehen hätten, ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Insgesamt ergibt die Abwägung, dass die Fortsetzung des Vertrages zwischen den Parteien durch das Verhalten des Schülers nicht unzumutbar geworden ist; es hätte in jedem Falle zuvor des milderen Mittels einer Abmahnung bedurft. Die Notwendigkeit einer solchen Abmahnung ergibt sich nach der Auffassung des Senats auch aus folgenden Erwägungen:

Der Sohn der Kläger wollte die schulischen Abläufe durch sein Tun nicht stören und hat dies tatsächlich auch nicht getan: Die einvernehmlichen sexuellen Handlungen sollten nach dem Willen beider Beteiligter unbemerkt bleiben. Es ist dem Sohn der Kläger keinesfalls anzulasten, dass die Mitschülerin den Vorgang schulöffentlich gemacht hat.

Dass der Schulvertrag sich zu der Frage des Unterlassens sexueller Handlungen auf dem Schulgelände nicht verhält, bedeutet zwar nicht, dass dem Sohn der Kläger nicht ohne weiteres hätte klar sein müssen, dass sein Verhalten unerlaubt war. Wie der 13. Senat bereits zutreffend ausgeführt hat, ist für einen 17-jährigen Schüler unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Entwicklungsstandes auf Grund allgemeingültiger Verhaltensregeln einsichtig, dass Handlungen der in Rede stehenden Art eine grobe Missachtung des Ordnungsgefüges einer Schule darstellen. Dass der Sohn der Kläger in der Konsequenz der - heimlichen - Handlungen (endgültig) von der Schule verwiesen werden würde, musste ihm jedoch nicht zwingend klar sein.

Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass nicht die sexuelle Handlung des Schülers, sondern erst die Herstellung der "Schulöffentlichkeit" durch die Mitschülerin den äußeren Schulfrieden beeinträchtigt hat. Die Verhaftung des Schülers auf dem Schulgelände aus dem laufenden Unterricht heraus, die geeignet war, erheblich Unruhe auszulösen, ist den Klägern nicht vorzuwerfen.

Die sonach zwingend erforderliche Abmahnung ist in der nachdrücklichen Ermahnung Ende 2001 (vgl. Bl. Anlage B 11; Bl. 143 d.A.) nicht zu erblicken. Die Vorgänge in diesem Zusammenhang liegen mit über vier Jahren - der Sohn der Kläger war zu diesem Zeitpunkt erst 13 Jahre alt - so lange zurück, dass diese Maßnahme schon wegen des Zeitablaufs keine Nachwirkung mehr entfalten konnte. Auch soll sie unter anderem von Schülerinnen geschilderte Berührungen gegen deren Willen betroffen haben, was sich allerdings dem Wortlaut der Ermahnung nicht entnehmen lässt; einvernehmliche sexuelle Handlungen standen bis zu dem hier in Rede stehenden Vorfall jedenfalls nicht zur Debatte.

c.

Das Verhalten der Kläger im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Entscheidung im Eilverfahren ist ebenfalls - auch in der Gesamtschau zu dem Verhalten des Schülers - nicht geeignet, eine Kündigung zu begründen. Das Landgericht hat im Eilverfahren (Urteil vom 07. April 2006; Bl. 151 d.A. 1 O 147/06; S. 5 bis 7 des Urteilsumdrucks) maßgeblich darauf abgestellt, dass die Veröffentlichung des Urteils durch die Kläger letztlich eine Reaktion auf das Rundschreiben der Beklagten vom 03. Februar und 08. März 2006 war, und überzeugend ausgeführt, dass die Art und Weise, in der sowohl die Beklagte als auch die Kläger Dritte über die Vorkommnisse informierten, nicht situationsgerecht war. Die Veröffentlichung auch von Details des Vorfalls sei vor diesem Hintergrund - auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der Sohn der Kläger eines sehr gravierenden Vorwurfs erwehren musste - zu rechtfertigen. Den Ausführungen des Landgerichts in der o.g. Entscheidung schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Soweit die Beklagte auf das Verhalten der Klägerin auf dem Schulgelände abstellt, kommt diesem bei der Gesamtbetrachtung keine maßgebliche Bedeutung zu. Insofern geltend die Erwägungen des Landgerichts entsprechend.

3.

Die Kläger haben ferner ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, soweit sie sich gegen das Hausverbot wenden (lit. b und e der klägerischen Anträge); das Rechtsverhältnis zur Beklagten verlangt auch insoweit Klärung, weil die Frage, ob der Schüler und die Klägerin zu 1 das Schulgelände betreten dürfen, nach Feststellung des Fortbestands des Schulvertrages nicht offen bleiben kann.

Die Klage ist insoweit begründet, weil das von der Beklagten ausgesprochene Hausverbot unwirksam ist. Die Beklagte hat das Hausverbot mit den, wie ausgeführt, unwirksamen Kündigungen begründet. Ob die Beklagte angesichts des Tatverdachts der Vergewaltigung berechtigt gewesen wäre, den Schüler vorübergehend bis zum Ende des Ermittlungsverfahrens vom Unterricht auszuschließen, bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, weil die Beklagte eine solche - mildere - Maßnahme gerade nicht ausgesprochen hat. Für das Hausverbot gegenüber der Klägerin zu 1 gilt Entsprechendes; auch hier ist durch die Beklagte eine Verknüpfung mit der Kündigung vom 21. März 2006 hergestellt worden.

4.

Die Kläger haben schließlich ein Interesse daran, die Schadensersatzpflicht der Beklagten festzustellen; ein eventueller Schaden der Kläger stand jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht fest. Die Klage ist auch insoweit begründet. Der Ausspruch der unwirksamen Kündigungen stellt eine Verletzung von vertraglichen Pflichten durch die Beklagte dar (§ 280 Abs. 1 BGB). Nach dem Vorbringen der Kläger ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie in Folge des Ausschlusses ihres Sohnes von dem Schulbesuch gewisse Mehraufwendungen, etwa in Bezug auf Fahrtkosten, hatten und möglicherweise weiter haben werden. Auch wenn die Beklagte berechtigt gewesen sein dürfte, den Sohn der Kläger während des laufenden Ermittlungsverfahrens vorübergehend vom Unterricht zu suspendieren, ist das Entstehen von Mehraufwendungen, vor allem für die Zeit nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens, nahe liegend.

5.

Soweit die Kläger darüber hinaus die Feststellung begehren, die Beklagte schulde ihnen Schadensersatz wegen der Erteilung des Hausverbots, unterliegt die Klage der Abweisung. Es ist nicht zu ersehen, dass die Erteilung des Hausverbots einen gesonderten Schaden über denjenigen hinaus verursacht haben könnte, der durch die Kündigung des Vertrages - mit der Notwendigkeit einer anderweitigen Beschulung des Schülers - möglicherweise entstanden ist.

III.

Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze der Beklagten (28. September 2007, Bl. 472 d.A.; 02. Oktober 2007, Bl. 509 und 10. Oktober 2007, Bl. 536) geben dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO). Die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 ZPO sind nicht zu ersehen. Die Beklagte hat in dem Schriftsatz vom 28. September 2007 (Bl. 472 d.A.) keine Umstände vorgebracht, die es aus der Sicht des Senats als geboten oder nur wünschenswert erscheinen lassen, erneut in die Verhandlung einzutreten. So belegt der Umstand, dass der Sohn der Kläger mit dem T... C... B... einen Vertrag abgeschlossen hat, schon nicht, dass die Kläger in Wirklichkeit nicht die Absicht hätten, den Vertrag mit der Beklagten fortzusetzen. Es ist insbesondere nicht ausgeschlossen, dass dieser Vertrag nur für den Fall des Prozessverlustes vorsorglich abgeschlossen worden ist, sodass das Feststellungsinteresse in Bezug auf das Fortbestehen des Schulvertrages nicht hinreichend in Zweifel gezogen wird. Ob und inwieweit der Sohn der Kläger die Voraussetzungen für die Aufnahme in die 12. Klasse erfüllt oder die 11. Klasse - erneut - wiederholen müsste, was die Beklagte geltend gemacht hat, ist in diesem Zusammenhang vom Senat nicht zu entscheiden, da die Einzelheiten der tatsächlichen Umsetzung des Schulvertrages nicht Verfahrensgegenstand sind.

IV.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Das Teilunterliegen der Kläger (Feststellung der Schadensersatzpflicht auf Grund der Hausverbote) fällt im Verhältnis zum gesamten Streitstoff nicht ins Gewicht. Das Urteil ist gem. § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Anordnung der Abwendungsbefugnis hat ihre Grundlage in § 711 ZPO. Die Revision ist nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der singulären Umstände des Falls; eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.

Ende der Entscheidung

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