Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.12.2006
Aktenzeichen: 11 U 48/06
Rechtsgebiete: ZPO, EGBGB, BGB


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 156
ZPO § 538 Abs. 2 Ziff. 1
ZPO § 543 Abs. 2
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 639 Abs. 2 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 48/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 05.12.2006

Verkündet am 05.12.2006

in dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Richter am Oberlandesgericht Hütter als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Oberlandesgericht Pliester

auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. März 2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin (2 O 496/05) aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil beschwert beide Parteien um 555.792,00 €

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, einem Diplom-Ingenieur, die Zahlung von 555.792,00 € als Ersatz der Kosten für die Beseitigung von Werkmängeln. Sie hat die Forderung zunächst als Kostenvorschuss geltend gemacht und stützt sich nunmehr hilfsweise auf einen Schadensersatzanspruch.

Hintergrund ist ein Vertrag der Parteien über die Planung einer Sporthalle mit Tribüne, geschlossen am 15.03.1995 zwischen der Klägerin einerseits und dem Beklagten andererseits, damals handelnd unter der Bezeichnung "Planungsgruppe H...". Die Halle wurde am 01.05.1997 in Gebrauch genommen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz nimmt der Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung Bezug. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte, vertreten durch den Zeugen He..., auf das vom Landgericht bereits erwähnte Schreiben der Klägerin vom 12.12.2000 seinerseits mit Schreiben vom 13.12.2002 antwortete und darin u. a. mitteilte, er habe seinem Haftpflichtversicherer "entsprechend der Weisung" der Klägerin "den Schadensfall gemeldet". In dem Schreiben wird seitens des Beklagten außerdem ein Besprechungstermin vorgeschlagen, der unstreitig am 09.01.2003 tatsächlich stattfand und an dem u. a. für den Beklagten der Zeuge He... in Begleitung des Subunternehmers des Beklagten, Wiese, teilnahm. Mit weiterem Schreiben vom 06.03.2003 erklärte Herr He... der Klägerin, dass seiner Auffassung nach weitere Feststellungen zu den Ursachen der beanstandeten Baumängel notwendig seien, und bekräftigte außerdem das Interesse sowohl des Beklagten als auch dessen Haftpflichtversicherer an einer außergerichtlichen Einigung der Parteien.

Schließlich hat der Zeuge He... mit Schreiben vom 04.01.2005, gerichtet an den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, mitgeteilt, dass das im selbständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten seitens des Beklagten noch geprüft und darüber hinaus die Stellungnahme seines Haftpflichtversicherers abgewartet werden müsse.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede greife durch. Dies hat die Kammer im Einzelnen ausgeführt. Auch insoweit nimmt der Senat auf das angegriffene landgerichtliche Urteil Bezug.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Leistungsantrag in vollem Umfang weiterverfolgt. Hilfsweise beantragt sie die Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung sowie die Zurückverweisung der Sache an die Kammer.

Zur Begründung des Rechtsmittels trägt sie wie folgt vor:

Der Sache nach sei, worauf die Kammer ihrer Auffassung nach nicht habe eingehen müssen, die Klage begründet, da in dem selbständigen Beweisverfahren erhebliche Planungsfehler des Beklagten zu Tage getreten seien.

Zwar habe der Beklagte schon in jenem Verfahren die Verjährung der Gewährleistungsansprüche der Klägerin geltend gemacht, jedoch ohne Erfolg darauf die Rüge der Unzulässigkeit einer Beweiserhebung gegründet, wie die Kammer mit Beschluss vom 14.05.2005 beschieden habe.

Einen davon abweichenden Hinweis des Gerichts habe es erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2006 gegeben. Darauf sei das angefochtene Urteil ergangen.

Die Kammer habe somit ihre Hinweis- und Aufklärungspflicht in schwerwiegender Weise verletzt. Zumindest, so meint die Klägerin, hätte sie die mündliche Verhandlung - auch auf den weiteren schriftsätzlichen Klägervortrag hin - wiedereröffnen müssen.

Verfahrensrechtlich zu beanstanden sei bereits, dass die Kammer die Frage der Verjährung im selbständigen Beweisverfahren einerseits und im vorliegenden Erkenntnisverfahren andererseits widersprüchlich beurteilt habe.

Das Vorgehen des Gerichts sei auch aus prozessökonomischen Gründen abzulehnen. Denn bei rechtzeitiger Klärung der Verjährungsproblematik hätten sich zumindest die Kosten der Ergänzungsbegutachtungen sowie des Hauptsacheprozesses vermeiden lassen.

Die das Urteil mit tragende Erwägung der Kammer, die Hemmung der Verjährungsfrist sei bereits durch das Schreiben des Beklagten vom 12.12.2000 beendet worden, so die Klägerin, sei falsch. Denn der Zeuge He... habe darin ausdrücklich aufgefordert, im Falle neuer Beanstandungen "kurzfristig Mitteilung" zu machen. Damit habe er zum Ausdruck gebracht, dass er sich der Behebung der Mängel keineswegs bereits sicher gewesen sei. Daher fehle es entgegen der Auffassung des Landgerichts an einer Mitteilung eines Prüfungsergebnisses.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 555.792,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu leisten, hilfsweise,

den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Neuruppin, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden hat, zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt dabei den bereits in der ersten Instanz von ihm eingenommenen Rechtsstandpunkt mit umfangreichen neuen Rechtsausführungen.

Der Senat nimmt hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Der Rechtsstreit bedarf weiterer Verhandlung. Das Verfahren des ersten Rechtszuges leidet an einem wesentlichen Mangel, aufgrund dessen in erheblichem Umfang weitere Sachaufklärung notwendig sein wird, § 538 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO.

Die Annahme des Landgerichts, die Klageforderung sei verjährt, beruht, soweit die Kammer den Parteienvortrag behandelt, auf fehlerhafter Rechtsanwendung, darüber hinaus aber - unter dem entscheidenden rechtlichen Gesichtspunkt - auf prozessordnungswidriger Verkennung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, wie im Einzelnen noch auszuführen sein wird.

Die Kammer wird bei der weiteren Behandlung der Sache davon auszugehen haben, dass die Klageforderung nicht verjährt ist. Dies wird eine Auseinandersetzung mit sämtlichen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zum Grund und zur Höhe des Schadenersatzanspruchs der Klägerin erforderlich machen, wobei insbesondere Abschluss und Würdigung des selbständigen Beweisverfahrens - 2 OH 21/03 - Landgericht Neuruppin bislang noch ausstehen.

Die von der Klägerin im Rahmen der Berufungsbegründung ausdrücklich erhobenen Verfahrensrügen verfangen indessen nicht.

Die Kammer hat ihre Hinweispflicht nach § 139 ZPO nicht verletzt.

Zutreffend ist zwar, dass der Hinweis, die Einrede der Verjährung werde durchgreifen, erst im Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgt ist. Das ist jedoch nicht zu beanstanden. Zum einen war das Thema der Verjährung angesichts der Beklagtenverteidigung allen Prozessbeteiligten bereits in einem frühen Stadium des Verfahrens bekannt. Zum anderen hatte die Klägerin die Möglichkeit, auf den Hinweis der Kammer einen Schriftsatznachlass zu beantragen, wovon sie keinen Gebrauch machte. Es lässt sich somit nicht erkennen, dass die Kammer insoweit die Rechte der Klägerin beschnitten habe.

Die Entscheidung des Landgerichts ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht als im Rechtssinne "überraschend" zu bezeichnen. Insbesondere hat die Kammer nicht zu einem früheren Zeitpunkt erkennen lassen, dass sie die Klageforderung für nicht verjährt halte. Dies ist auch nicht im selbständigen Beweisverfahren geschehen. Insoweit ist die Argumentation der Klägerin unzutreffend, die Kammer habe in ihrem Beschluss vom 14.04.2005 (2 OH 21/03) ausgeführt, sie halte die Verjährungseinrede für unberechtigt. Richtig ist vielmehr, dass mit jenem Beschluss der Antrag des jetzigen Beklagten zurückgewiesen worden ist, den Beweisantrag der Klägerin bereits als unzulässig zu behandeln. Zur Verjährungsfrage hat die Kammer sich indessen im damaligen Zeitpunkt nicht geäußert.

Schließlich war entgegen der Auffassung der Klägerin die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO nicht geboten. Insbesondere gab ihr nicht nachgelassener Schriftsatz vom 01.03.2006 dem Gericht dazu keinen Anlass. Er enthält keinen Sachvortrag, der neue Gesichtspunkte für die Beurteilung der Verjährungsfrage lieferte. Die Klägerin verweist darin auf den Umstand, dass der Beklagte, vertreten durch Herrn He..., sich bereits am 28.11.2000 mit den Mängelrügen der Klägerin befasst habe. Das aber war bereits geraume Zeit vor der mündlichen Verhandlung unstreitig und zwar vor allem angesichts des nicht bestrittenen Vortrages der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 12.12.2005. Im Übrigen hat die Kammer diesen Sachverhalt in ihrem Urteil auch entsprechend bewertet, nämlich als Beginn der die Verjährung hemmenden Verhandlungen der Parteien.

Schließlich bietet der Akteninhalt keinen Anhaltspunkt für die in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz von der Klägerin außerdem aufgestellte Vermutung, der Beklagte habe die Feststellung der Planungsmängel arglistig vereitelt.

Lassen sich somit die von der Klägerin bei der Begründung ihres Rechtsmittels ausdrücklich beanstandeten Verfahrensfehler nicht feststellen, so wird dennoch das angefochtene Urteil dem erstinstanzlich unterbreiteten Sach- und Streitstand nicht gerecht. Das Landgericht hat einen wesentlichen Teil des Streitstoffs unberücksichtigt gelassen und infolge dessen den Kern unstreitigen erheblichen Vorbringens verkannt. Darin liegt ein Verstoß gegen Grundprinzipien des Zivilverfahrens, insbesondere den Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 1991, 2824; BGH NJW 1993, 538; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1021; OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 1992, 62; OLG Köln ZIP 1983, 869).

Wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 03.11.1992 (BGH NJW 1993, 538, 539) ausgeführt hat, kann ein erheblicher Verfahrensfehler darin liegen, dass das Gericht vertragliche Regelungen nicht zur Kenntnis genommen oder sprachlich falsch verstanden hat oder aber, was auf den vom Senat zu entscheidenden Streitfall zutrifft, ein vergleichbarer Fall der Verkennung des Prozessstoffes vorliegt.

Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn bestimmtes Verhalten der Prozessparteien im Umgang sowohl mit dem jeweiligen Vertragspartner als auch dessen vertraglichen Rechten (hier: Gewährleistungsansprüchen) als unstreitig feststeht, beispielsweise durch vorgerichtliche Korrespondenz dokumentiert wird, gleichwohl aber in der rechtlichen Beurteilung des Gerichts keine Berücksichtigung findet, was die Möglichkeit offen lässt, dass erheblicher Sachvortrag nicht einmal zur Kenntnis genommen worden ist.

Der Senat folgt dem Landgericht im Ansatz, soweit es die rechtliche Ausgangsbeurteilung der Verjährungsproblematik angeht.

Die Kammer geht zutreffend von der Abnahme des vom Beklagten erstellten Werks am 01.05.1997 aus. Das wird mit der Berufung nicht angegriffen. Die Parteien nehmen übereinstimmend eine vertraglich vereinbarte fünfjährige Verjährungsfrist an, die grundsätzlich mit Ablauf des 02.05.2002 enden konnte.

Ebenfalls zutreffend wendet das Landgericht das Bürgerliche Gesetzbuch in der vor dem 01.01.2002 geltenden Fassung an, soweit es sich um die Hemmung der Verjährung in der vor diesem Datum liegenden Zeitspanne geht, Art. 229 EGBGB § 6 Abs. 1 und 2.

Das erste Ereignis, das geeignet war, die Verjährung erneut zu hemmen, war die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens. Maßgebend ist der Eingang des Antrages bei Gericht, im Streitfall also der 01.09.2003. Insofern gilt für den Anspruch der Klägerin, der, wie ausgeführt, frühestens am 02.05.2002 verjähren konnte, das Bürgerliche Gesetzbuch in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung.

Die von der Kammer - insoweit noch zutreffend - in Anwendung des § 639 Abs. 2 BGB a. F. angenommene Hemmung der Verjährungsfrist hat tatsächlich zwei Jahre und achtundneunzig Tage angedauert. Begonnen hat die Fristhemmung, wie auch das Landgericht zutreffend annimmt, mit dem Baustellenbesuch des Vertreters des Beklagten, He..., am 28.11.2000. Entgegen der Auffassung der Kammer hat sie indessen mindestens bis zum 06.03.2003 fortgedauert, dem Zeitpunkt des an die Klägerin gerichteten Schreibens des Herrn He..., worin er, im Anschluss an die Besprechung der Parteien vom 09.01.2003, mitgeteilt hat, er halte weitere Feststellungen zu den Mängelursachen für erforderlich; der Beklagte sei ebenso wie sein Haftpflichtversicherer an einer außergerichtlichen Einigung weiterhin interessiert.

Die nach Auffassung des Senats deutlich längere Hemmung der Verjährungsfrist - jedenfalls bis zum 06.03.2003 - führt dazu, dass mit der Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens am 01.09.2003 erneut eine Hemmung eingetreten ist.

Jedenfalls aber wäre der Beklagte, selbst wenn man in diesem Punkt der Rechtauffassung des Senates nicht folgte, bei Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben angesichts der Besonderheit des Streitfalles gehindert, die Verjährungseinrede geltend zu machen, § 242 BGB, wie noch auszuführen sein wird.

Angesichts dessen muss nicht abschließend darüber befunden werden, ob die Ansprüche der Klägerin etwa auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer so genannten Sekundärhaftung des Beklagten begründet sein könnten, was ebenfalls eine Verjährung ausschlösse.

Im Zusammenhang mit der Erörterung einer Verjährungshemmung nach § 639 Abs. 2 BGB a. F. hat das Landgericht die Frage aufgeworfen, ob der Beklagte den Lauf der Fristhemmung bereits zu einem recht frühen Zeitpunkt durch die Mitteilung eines Prüfungsergebnisses im Sinne dieser Vorschrift beendet habe.

Der Senat teilt indessen die landgerichtliche Bewertung des von Herrn He... verfassten Beklagtenschreibens vom 12.12.2000 nicht. Darin ist allerdings lediglich ein Fehler der Rechtsanwendung zu sehen.

Mit ihren Ausführungen wird die Kammer zum einen der Ratio der gesetzlichen Regelung nicht gerecht. Zum anderen hat sie das sich anschließende Geschehen aus dem Jahre 2002, welches Schlüsse auf die Willenslage vor allem des Beklagten bereits im Dezember 2000 zulässt, nicht hinreichend gewürdigt.

Der entscheidende Grund für den Eintritt der Hemmungswirkung ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass der Besteller durch das Verhalten des Unternehmers davon abgehalten wird, seine Gewährleistungsansprüche (zunächst) weiterzuverfolgen (vgl. auch OLG Hamm BauR 1996, 722).

Das Einverständnis des Bauherrn mit der Prüfung von Mängeln bzw. der Fortsetzung einer solchen Prüfung kann u. a. darin gesehen werden, dass er sich auf die Mängelprüfung durch den Haftpflichtversicherer des Unternehmers eingelassen hat (vgl. BGH BauR 1985, 202). Es obliegt dem Unternehmer, hier also dem Beklagten, die Tatsachen für die Beendigung der Verjährungshemmung darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (vgl. BGH NJW-RR 1994, 373).

In tatsächlicher Hinsicht hat die Kammer in diesem Zusammenhang gänzlich unberücksichtigt gelassen, dass der Beklagte, vertreten durch He..., noch mit Schreiben vom 13.12.2002 der Klägerin mitteilte, er habe seinen Versicherer eingeschaltet.

Bereits dies zeigt, dass die Kammer den Inhalt des Schreibens des Herrn He... vom 12.12.2000 missdeutet hat. Denn zum einen belegt dieser unstreitige weitere Sachverhaltsverlauf, dass die Angelegenheit auch aus der Sicht des Beklagten im Dezember 2000 keineswegs bereits abschließend geklärt war, wie allerdings das Landgericht annimmt. Zum anderen beruht diese Annahme auf einer verkürzenden und im Ergebnis verfehlten Würdigung jenes Schreibens vom 12.12.2000. Denn He... bringt darin nicht zum Ausdruck, dass der Beklagte bereits zu einem Ergebnis seiner Prüfung gekommen sei. Vom Empfängerhorizont der Klägerin konnte darin vielmehr allenfalls die Mitteilung eines Zwischenergebnisses gesehen werden. Die Kammer zitiert das Schreiben richtig, insbesondere dass He... am Ende darum bittet, beim Auftauchen weiterer Probleme "kurzfristig" Mitteilung zu machen. Der Wortsinn wird allerdings vom Landgericht verkannt. Die Formulierung "kurzfristig" kann nämlich, wie vor allem der Schriftverkehr Ende 2002 gerade belegt, nur so verstanden werden, dass zwischen der Mängelfeststellung einerseits und der Mitteilung der Mängel andererseits eine kurze Zeit liegen soll. Nicht gemeint sein kann, dass der Beklagte definitiv erklären wollte, sich nur noch auf eine Verhandlung kurzfristig auftretender Mängel einlassen zu wollen. Angesichts dessen entbehrt auch die von der Kammer angestellte Hilfsberechnung mit dem Ergebnis einer Hemmung um höchstens weitere vier Wochen der tatsächlichen Grundlage.

Im Ansatz zutreffend hat das Landgericht erkannt, dass es der Erörterung bedarf, ob der Beklagte bei der Geltendmachung der Verjährungseinrede gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen hat.

Die negative Beantwortung der Frage und das hierauf beruhende klageabweisende Urteil entbehren einer prozessordnungsgemäß festgestellten Tatsachengrundlage.

Zutreffend ist in diesem Zusammenhang die rechtliche Beurteilung des Landgerichts, dass der Beklagte in seinem Schreiben vom 06.03.2003 die von der Klägerin behaupteten Mängel nicht bereits anerkannt und außerdem keinen Verzicht auf die Verjährungseinrede erklärt hat.

Damit ist allerdings die Problematik einer etwaigen Treuwidrigkeit bei der Geltendmachung der Verjährung nicht abschließend behandelt. Denn es geht darum, ob der Beklagte durch Art und Inhalt seiner mit der Klägerin geführten Verhandlung - von deren Empfängerhorizont aus betrachtet - Anlass bot, von einer Unterbrechung der Verjährung (bzw. nach dem 01.01.2002 geltenden Recht deren neue Hemmung) durch geeignete Maßnahmen, etwa die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens oder eine Klageerhebung, abzusehen. Dieser Gesichtspunkt ist auch und gerade dann von entscheidender Bedeutung, wenn man, wie das Landgericht es tut, vom Ablauf der Verjährungsfrist zulasten des Anspruchsgläubigers, der Klägerin also, grundsätzlich ausgeht.

Dem Gläubiger kann es in Anwendung des § 242 BGB verwehrt sein, sich auf Verjährung zu berufen, wobei indessen der Zweck der Verjährungsregelung es gebietet, strenge Maßstäbe anzulegen und diesen Einwand nur gegenüber einem groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Verpflichtete den Berechtigten durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten oder ihn nach objektiven Maßstäben zu der Annahme veranlasst hat, es werde auch ohne Rechtsstreit eine vollständige Befriedigung seines Anspruchs zu erzielen sein (vgl. BGH im Urteil vom 01.10.1987, NJW 1988, 265, 266).

In diesem Zusammenhang hat die Kammer bei ihrer rechtlichen Bewertung den unstreitigen Sachverhalt nicht einmal ausreichend zur Kenntnis genommen. Dazu gehören insbesondere zwei erhebliche Umstände, nämlich zum einen die am 09.01.2003 unter Beteiligung des Vertreters des Beklagten, He..., durchgeführte Besprechung, zum anderen das Schreiben des Herr He... vom 04.01.2005, einem Datum also, das über vier Jahre nach der vom Landgericht angenommenen Beendigung der Verjährungshemmung liegt.

Beide Umstände bleiben in den rechtlichen Ausführungen ebenso wie in der Sachverhaltsdarstellung des Landgerichts völlig unerwähnt. Damit ist erheblicher unstreitiger Sachverhalt übergangen worden, was u. a. dazu geführt hat, dass die Kammer den Kern übereinstimmenden Parteienvorbringens hat. Hierauf beruht das angefochtene Urteil.

Über die Kosten des Berufungsverfahrens wird vom Landgericht zu entscheiden sein.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht. Der Senat weicht nicht von höchstrichterlicher oder anderer obergerichtlicher Rechtsprechung ab. Die Entscheidung beruht im Wesentlichen auf der Würdigung von Einzelfallgesichtspunkten.

Ende der Entscheidung

Zurück